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Die Liebe in der Wahrheit tun
Hinführung zum Jahr des Glaubens mit Papst Benedikt XVI. (August 2012)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Radio Maria Österreich, (1) am 29. August 2012, (2) am 30. August 2012, jeweils um 16.30 Uhr

Liebe Hörerinnen und Hörer von „Radio Maria Österreich“!

Mit dem Apostolischen Schreiben „Porta fidei“, das in Form eines Motu proprio ergangen ist, hat Papst Benedikt XVI. am 11. Oktober 2011 die Ausrufung eines „Jahres des Glaubens“ bekannt gegeben.

„Im Licht all dessen habe ich entschieden, ein Jahr des Glaubens auszurufen. Es wird am 11. Oktober 2012, dem fünfzigsten Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, beginnen und am Christkönigssonntag, dem 24. November 2013, enden“ (Porta fidei, Nr. 4).

Der Anlass dieses Jahres des Glaubens ist also das 50-Jahr-Jubiläum des 2. Vatikanischen Konzils, das am 11. Oktober 1962 eröffnet wurde. Gemäß dem damals gültigen liturgischen Kalender wurde an diesem Tag das Fest der Mutterschaft Marias gefeiert. Seit der Liturgiereform wird das Hochfest der Gottesmutter Maria in der ordentlichen Form des römischen Ritus am 1. Januar begangen; zugleich ist es in der außerordentlichen Form der Messfeier nach dem römischen Ritus weiterhin möglich, den traditionellen Termin des 11. Oktober zu feiern.

Maria ist unser Vorbild im Glauben und die Mutter der Glaubenden. Noch bevor sie ihren Sohn Jesus Christus in ihrem Schoß empfing, hat sie ihn im Herzen schon im Glauben empfangen und aufgenommen. Ihre Verwandte Elisabeth preist sie eben wegen dieses Glaubens selig: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Lk 1,45).

Unser Weg auf Erden ist der des Glaubens. Erst im Himmel werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht schauen. Dann wird der Glaube in Schauen übergehen und die Hoffnung in Besitz. Die Liebe aber wird bleiben.

„Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe“ (1 Kor 13,13).

Das 2. Vatikanische Konzil hatte nicht die Absicht, neue Dogmen des Glaubens vorzulegen. Es wollte vielmehr die Glaubenslehre der Kirche in Anwendung bringen auf die Bedürfnisse unserer Zeit. Insofern ist es ein pastorales Konzil, als es ausgerichtet ist auf das Ziel aller Seelsorge, nämlich die Menschen zur Heiligkeit zu führen, sodass sie nach ihrem Tod und einer vielleicht noch nötigen Läuterung im Reinigungsort (Purgatorium oder Fegefeuer) eintreten dürfen in die himmlische Herrlichkeit.

Als reifste Frucht des 2. Vatikanischen Konzils, was die Glaubenslehre der Kirche betrifft, wie sie unserer Zeit neu verkündet werden soll, gilt der „Katechismus der Katholischen Kirche“. Papst Benedikt XVI. schreibt dazu:

„Auf das Datum des 11. Oktobers 2012 fällt auch das zwanzigjährige Jubiläum der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche, eines Textes, den mein Vorgänger, der selige Papst Johannes Paul II., mit dem Ziel promulgierte, allen Gläubigen die Kraft und die Schönheit des Glaubens vor Augen zu führen. Dieses Dokument, eine authentische Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils, sollte nach dem Wunsch der Außerordentlichen Bischofssynode von 1985 ein Instrument im Dienst der Katechese sein und wurde durch die Zusammenarbeit des gesamten Episkopates der katholischen Kirche erstellt“ (Porta fidei, Nr. 4).

Wir wollen in dieser zweiteiligen Sendereihe auf „Radio Maria“ gemeinsam über das Jahr des Glaubens nachdenken. Eine vierfache Aufgabe stellt sich uns in diesem Jahr und darüber hinaus. Es geht

  1. darum, dass wir die Haltung des Glaubens und der Umkehr in unserem Herzen erneuern und vertiefen,
  2. dass wir dies tun in der Gemeinschaft der Glaubenden, eben der Kirche,
  3. dass wir die von Gott geoffenbarten Inhalte des Glaubens voll und ganz bejahen
  4. und in unserem Leben durch Wort und Tat bezeugen. Deshalb auch der besondere Titel dieser Sendung „Die Liebe in der Wahrheit tun“, in Anlehnung an die Enzyklika „Caritas in veritate“ von Papst Benedikt XVI., die mit Datum vom 29. Juni 2009 veröffentlicht hat. Es geht um den Zusammenhang von Glaube und Handeln. Der Glaube soll sich auswirken im christlichen Leben; er soll Frucht bringen in Werken der Liebe, in einem Leben nach den Geboten Gottes und in der Übung der Tugenden.

Bei diesen Überlegungen und Aufgaben hilft uns die Jungfrau und Gottesmutter Maria als Prototyp aller Gläubigen oder als Ikone der Glaubenden. Ihr Magd-des-Herrn-Sein hat sie im Glauben bejaht und in Hoffnung und Liebe im Leben verwirklicht. Eben darum wurde sie von ihrem Sohn Jesus Christus nach Vollendung ihres irdischen Lebenslaufes in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen und erhielt sie Anteil an seinem Königtum. Mit Jesus Christus, dem König des Weltalls, der als ewiger Sohn Gottes seine Herrschaft von Natur aus ausübt, darf Maria aus Gnade als Königin des Himmels und der Erde herrschen. Sie tut dies in wahrhaft mütterlicher Weise, indem sie fürbittend Sorge trägt für das Heil aller Menschen.

Ein großer Glaubenszeuge ist auch der Heilige des heutigen Tages: Johannes der Täufer. Für den Glauben an Gott hat er sein Leben hingegeben. Im Tagesgebet heißt es:

Allmächtiger Gott,
du hast den heiligen Johannes den Täufer berufen,
deinem Sohn im Leben und im Tod voranzugehen
und für Recht und Wahrheit Zeugnis zu geben.
Gib auch uns die Kraft,
für den Anspruch deiner Lehre
unerschrocken einzutreten.

So widmen wir uns nun der ersten Fragestellung:

1. Wie können wir die Haltung des Glaubens und der Umkehr in unserem Herzen erneuern und vertiefen?

Für den inneren Vollzug und die Haltung des Glaubens verwendet Papst Benedikt in seinem Motu proprio das Bild von einer Tür. Er spricht von der „porta fidei“, der Tür oder dem Tor des Glaubens. Damit schließt er an die Apostelgeschichte (14,27) an, wo es wörtlich über Paulus und Barnabas heißt:

„Als sie dort [nämlich in Antiochia] angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.“ [… καὶ ὅτι ἤνοιξεν τοῖς ἔθνεσιν θύραν πίστεως.]

Dieses Bildwort von der „Tür des Glaubens“ drückt aus, dass der Glaube ein Eintreten in eine neue Wirklichkeit ist. Und das ist etwas, was wir uns nicht selber erwerben oder geben können.

Der Glaube ist vor allem ein Geschenk Gottes im Hinblick auf das ewige Heil, also eine Gnade oder eine übernatürliche Gabe. Gott der Vater zieht die Menschen durch das Wort des Heils in der Gnade des Heiligen Geistes an sich; dieses Wort der Offenbarung ist ergangen in seiner Fülle durch den menschgewordenen Sohn Gottes, das fleischgewordene Wort, also durch unseren Herrn Jesus Christus. Wer den Akt des Glaubens vollzieht, antwortet auf das Geschenk der göttlichen Offenbarung, in der sich Gott uns selbst mitteilt und erschließt.

Der Glaube wird vom Menschen in Freiheit vollzogen und setzt voraus, dass es nicht unvernünftig, sondern im Gegenteil höchst vernünftig ist, wenn wir dem absolut wahrhaftigen, allmächtigen und allgütigen Gott vertrauen.

Hören wir die Worte von Papst Benedikt XVI., mit denen er das Apostolische Schreiben „Porta fidei“ einleitet. Er schreibt gleich zu Beginn:

„Die ‚Tür des Glaubens‘ (vgl. Apg 14,27), die in das Leben der Gemeinschaft mit Gott führt und das Eintreten in seine Kirche erlaubt, steht uns immer offen. Es ist möglich, diese Schwelle zu überschreiten, wenn das Wort Gottes verkündet wird und das Herz sich durch die verwandelnde Gnade formen lässt. Durch diese Tür zu gehen bedeutet, einen Weg einzuschlagen, der das ganze Leben fortdauert. Er beginnt mit der Taufe (vgl. Röm 6,4), durch die wir Gott Vater nennen dürfen, und endet mit dem Übergang durch den Tod hindurch in das Ewige Leben, das Frucht der Auferstehung Jesu, des Herrn, ist. Er wollte durch das Geschenk des Heiligen Geistes alle, die an ihn glauben, in seine Herrlichkeit einbeziehen (vgl. Joh 17,22). Den Glauben an die Trinität – den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist – zu bekennen entspricht an einen einzigen Gott, der die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,8), zu glauben: an den Vater, der zu unserem Heil in der Fülle der Zeit seinen Sohn gesandt hat; an Jesus Christus, der in dem Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung die Welt erlöst hat; an den Heiligen Geist, der die Kirche durch die Jahrhunderte führt in der Erwartung der Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit“ (Porta fidei, Nr. 1).

Wie wunderbar ist doch dieser Weg des Glaubens! Wir können Gott dem Herrn nicht genug dafür danken glauben zu dürfen und wollen besonders in diesem Jahr die Akte des Glaubens im Herzen erwecken und erneuern.

Zu allererst geht es um die Umkehr zum Herrn, um die Bekehrung. Diese vollzieht sich grundlegend bei diesen Menschen, die sich als Erwachsene auf die Taufe vorbereiten, aber auch in jenen, welche die Taufgnade durch eine Todsünde verloren haben und sie sich im Sakrament der Buße wieder schenken lassen. Darüber hinaus ist für jeden Christen eine tägliche Umkehr nötig; eben damit wir auf dem rechten Weg bleiben, den Gottes Gnade uns führen will.

Dieses Anliegen bringt Papst Benedikt folgendermaßen zum Ausdruck:

„Aus dieser Sicht ist das Jahr des Glaubens eine Aufforderung zu einer echten und erneuerten Umkehr zum Herrn, dem einzigen Retter der Welt. Im Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung hat Gott die rettende Liebe vollends offenbart und ruft die Menschen durch die Vergebung der Sünden zur Umkehr des Lebens (vgl. Apg 5,31). Diese Liebe – so der Apostel Paulus – führt den Menschen in ein neues Leben: ‚Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben‘ (Röm 6,4). Durch den Glauben gestaltet dieses neue Leben die gesamte menschliche Existenz nach der radikalen Neuheit der Auferstehung. Im Maß der freien Bereitschaft des Menschen werden seine Gedanken und Gefühle, seine Mentalität und sein Verhalten allmählich geläutert und verwandelt auf einem Weg, der in diesem Leben nie gänzlich vollendet wird. Der ‚Glaube, der in der Liebe wirksam ist‘ (vgl. Gal 5,6), wird zu einem neuen Maßstab für das Denken und Tun, der das ganze Leben des Menschen verändert (vgl. Röm 12,2; Kol 3,9–10; Eph 4,20–29; 2 Kor 5,17)“ (Porta fidei, Nr. 6).

Kommen wir nun zum zweiten wichtigen Anliegen dieses Jahres!

2. Wir erneuern das Bekenntnis unseres Glaubens in der Gemeinschaft der Glaubenden, eben in der Kirche.

Glauben heißt auf Gottes Wort bauen, das er an uns richtet und das uns die Kirche verkündet. Christlicher Glaube ist immer schon kirchlich vermittelter Glaube. Daher ist es inkonsequent und letztlich unmöglich zu sagen: „Mit der Kirche will ich nichts mehr zu tun haben; doch den christlichen Glauben trage ich weiterhin im Herzen.“

Ein solcher Mensch lebt von Voraussetzungen, die er ablehnt: Er will nicht mehr zur Gemeinschaft der Glaubenden gehören, und sagt dennoch, er glaube. Ist das nicht ein Widerspruch? Bildlich gesprochen: Er sägt sich selbst den Ast ab, auf dem er sitzt. Das aber kann auf Dauer nicht gutgehen.

Sowohl auf weltkirchlicher Ebene als auch in den Bereichen der einzelnen Bischofskonferenzen und Diözesen wird das „Jahr des Glaubens“ je eigene Schwerpunkte und Akzentsetzungen erfahren.

Papst Benedikt schreibt, es geht der ganzen Kirche um das treue Bekenntnis des Glaubens:

„Wir wollen dieses Jahr in würdiger und schöpferischer Weise feiern. Es soll intensiver über den Glauben nachgedacht werden, um allen, die an Christus glauben, zu helfen, ihre Zustimmung zum Evangelium bewusster und stärker werden zu lassen, vor allem in einem Moment tiefgreifender Veränderungen, wie ihn die Menschheit gerade erlebt. Wir werden die Gelegenheit haben, den Glauben an den auferstandenen Herrn in unseren Kathedralen und in allen Kirchen der Welt, in unseren Häusern und bei unseren Familien zu bekennen, damit jeder das starke Bedürfnis verspürt, den unveränderlichen Glauben besser zu kennen und an die zukünftigen Generationen weiterzugeben. Die Ordens­gemeinschaften sowie die Pfarrgemeinden und alle alten wie neuen kirchlichen Realitäten werden Gelegenheit finden, in diesem Jahr das Credo öffentlich zu bekennen“ (Nr. 8).

Die Österreichische Bischofskonferenz legt einen besonderen Schwerpunkt auf eine qualifizierte Katechese. D.h. es geht um eine Glaubensunterweisung, welche die Menschen erreicht und zugleich den Glauben unverfälscht weitergibt. Die österreichischen Bischöfe haben ein neues Dokument vorgelegt, das den Titel trägt: „Verkündigung und neue Evangelisierung in der Welt von heute“. Es wurde in der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz (vom 19.-22. März 2012) approbiert. „Das neue Dokument nimmt erfahrungsbezogen die Mitte des Glaubens in Blick. Es formuliert Kernbotschaften des Glaubens altersgemäß und auf die jeweilige Zielgruppe hin“ (Erklärung nach der Frühjahrsvollversammlung, Nr. 2, in: Amtsblatt der ÖBK, Nr. 57, 1. Juni 2012, S.3).

In Österreich werden am 11. Oktober 2012 die Türen der Kirchen um die Mittagszeit weit geöffnet werden; das Läuten der Glocken soll zum Gebet des „Engel des Herrn“ einladen. Die einzelnen Diözesen setzen während des Glaubensjahres besondere Schwerpunkte. So soll in der Diözese St. Pölten, der ich angehöre, die Fastenzeit als Intensivzeit zur besonderen Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Glaubensbekenntnisses genutzt werden, um dann in der Osternacht die feierliche Tauferneuerung in allen Pfarren vornehmen zu können (vgl. Diözesanblatt St. Pölten, Mai 2012).

Ein drittes Anliegen gibt es:

3. In diesem Jahr des Glaubens und darüber hinaus sollen wir die von Gott geoffenbarten Inhalte des Glaubens voll und ganz bejahen.

Wer Gott ganz vertraut und auf ihn baut, zweifelt nicht an dem, was Gott uns um unseres Heiles willen mitgeteilt hat. Alles was Gott geoffenbart hat und uns die Kirche zum Glauben vorlegt, nehmen wir mit göttlichem und katholischem Glauben an und halten es für unfehlbar wahr. Der allwissende und wahrhaftige Gott kann uns nicht in die Irre führen. Beim Glauben geht es daher sehr wohl auch um Inhalte. Dazu schreibt Papst Benedikt XVI.:

„Wie man feststellen kann, ist die Kenntnis der Glaubensinhalte wesentlich, um die eigene Zustimmung zu geben, das heißt um sich dem, was von der Kirche vorlegt wird, mit Verstand und Willen völlig anzuschließen. Die Kenntnis des Glaubens führt in das Ganze des von Gott offenbarten Heilgeheimnisses ein. Die gegebene Zustimmung schließt also ein, dass man, wenn man glaubt, freiwillig das gesamte Glaubensgeheimnis annimmt, denn der Bürge für seine Wahrheit ist Gott selbst, der sich offenbart und es ermöglicht, sein Geheimnis der Liebe zu erkennen“ (Porta fidei, Nr. 10).

Welche Glaubensinhalte sind gemeint? Die wesentlichen Inhalte finden wir im Credo – also im Glaubensbekenntnis – zusammengefasst. Es ist daher sinnvoll, im Jahr des Glaubens dieses Bekenntnis bewusst zu beten und über die einzelnen Glaubensartikel nachzudenken. Dazu hilft uns die Heilige Schrift und der Katechismus der Katholischen Kirche; ebenso hilfreich sind das Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche und der Jugendkatechismus (YouCat). Katechetische Unterweisungen und Vorträge in den Pfarren und Gruppen helfen, sich mit den Inhalten des Glaubens auseinanderzusetzen. Vielleicht gibt es da und dort eine Gruppe von Interessierten, die sich gemeinsam mit den Inhalten des Katechismus befasst und sich darüber austauscht.

Das Wort Gottes ist keine trockene Satz-Wahrheit, die uns zwar bekannt wird, aber letztlich in Distanz lässt, sondern wer wirklich glaubt, der vollzieht die Ganzhingabe des Herzens an Gott und übereignet sich ihm mit Verstand und Wille. Die Inhalte des Glaubens werden so zu Offenbarungen der göttlichen Liebe und zu Leuchtsternen für unseren Lebensweg.

Und dann der vierte Schwerpunkt, den wir setzen sollen:

4. In diesem Jahr des Glaubens geht es besonders auch darum, den katholischen Glauben in unserem Leben durch Wort und Tat zu bezeugen.

Maßgeblich sind stets Liebe und Wahrheit („Caritas in veritate“). Genau so heißt auch der Titel einer Enzyklika von Papst Benedikt XVI.: Mit Datum vom 29. Juni 2009 veröffentlichte Papst Benedikt XVI. seine bisher dritte Enzyklika nach „Deus caritas est“ und „Spe salvi“: Die Sozialenzyklika „Caritas in veritate“ ist auch im Jahr des Glaubens wichtig und richtet sich „an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die Personen gottgeweihten Lebens, an die christgläubigen Laien und an alle Menschen guten Willens“. Sie handelt „über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit“.

Die Titelbezeichnung „Caritas in veritate / (wörtl.) die Liebe in der Wahrheit“ ist eine Anspielung auf Eph 4,15, wo es heißt:

„Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir ihn erreicht haben. Er, Christus, ist das Haupt.“

In der lateinischen Fassung (Vulgata) lautet dies wörtlich: „veritatem autem facientes in caritate crescamus in illo per omnia qui est caput Christus”. Die Schlüsselpassage liest sich also genau: „die Wahrheit in Liebe tun“, um gerade so in ihm durch alles zu wachsen und Christus das Haupt zu erreichen.

Benedikt XVI. hält es für „notwendig, die Liebe und die Wahrheit nicht nur in der vom heiligen Paulus angegebenen Richtung der ‚veritas in caritate‘ (Eph 4,15) miteinander zu verbinden, sondern auch in der entgegengesetzten und komplementären von ‚caritas in veritate‘“, wie er in Nr. 2 erklärt. Es geht also um das rechte Verständnis der menschlichen Entwicklung in ihrer sozialen Dimension, und zwar sowohl in der Zielrichtung der Wahrheit, geleitet von der Liebe, als auch in Zielrichtung der Liebe, von der Wahrheit geleitet.

Im Jahr des Glaubens ist es besonders wichtig, dass der Glaube in der Liebe Frucht bringt:

„Der Glaube ohne die Liebe bringt keine Frucht, und die Liebe ohne den Glauben wäre ein Gefühl, das ständig dem Zweifel ausgesetzt ist. Glaube und Liebe erfordern sich gegenseitig, so dass eines dem anderen erlaubt, seinen Weg zu gehen“ (Porta fidei, Nr. 14).

Unser Glaube darf nicht ein Lippenbekenntnis bleiben, sondern soll sich auswirken im gelebten Zeugnis der Christen, im Wort und in der Tat.

„Die Erneuerung der Kirche geschieht auch durch das Zeugnis, das das Leben der Gläubigen bietet: Die Christen sind nämlich berufen, mit ihrer Existenz in der Welt das Wort der Wahrheit, das der Herr uns hinterlassen hat, leuchten zu lassen“ (Porta fidei, Nr. 6).

Um den Weg zu einem bestimmten Ziel erfolgreich zu beschreiten, muss die Grundrichtung stimmen, d.h. es muss das Ziel schon im Blick sein, wenigstens annäherungsweise. Für das menschliche Leben geht es nach Auffassung Benedikts XVI. um eine Grundhaltung, die wir neu lernen sollten: die Anerkenntnis dessen, dass wir uns das Wesentliche im Leben, ja das Leben selbst, aber auch dessen Erfüllung letztlich nicht selbst verdanken, sondern nur als Geschenk empfangen können. Wahrheit, Hoffnung und Liebe haben mit diesem „Prinzip der Unentgeltlichkeit“ zu tun, das neu entdeckt werden soll, um echte Zukunft zu ermöglichen. Ohne die Gerechtigkeit auszuschließen, die für das Zusammenleben unabdingbar ist, gelte doch:

„Die Gemeinschaft der Menschen kann von uns selbst gestiftet werden, aber sie wird allein aus eigener Kraft nie eine vollkommen brüderliche Gemeinschaft sein und jede Abgrenzung überwinden, das heißt, eine wirklich universale Gemeinschaft werden: die Einheit des Menschengeschlechts, eine brüderliche Gemeinschaft jenseits jedweder Teilung, wird aus dem zusammenrufenden Wort Gottes, der die Liebe ist, geboren“ (Caritas in veritate, Nr. 34).

Jede wahre Einheit und Gemeinschaft wird von Gott her ermöglicht, der gerade als der eine Gott in drei göttlichen Personen ein Geheimnis der Liebe ist. Das trinitarische Geheimnis zeigt uns vom göttlichen Ursprung her, wie vollkommene Einheit in vollkommener Beziehung möglich ist:

„Die Dreifaltigkeit ist völlige Einheit, insofern die drei Göttlichen Personen reine Beziehung sind. Die gegenseitige Transparenz zwischen den Göttlichen Personen ist völlig und die Verbindung untereinander vollkommen, denn sie bilden eine absolute Einheit und Einzigkeit“ (Caritas in veritate, Nr. 54).

Ein Abbild dessen ist die Kirche, und auch die geistig-leibliche Einheit der Ehegatten im Ein-Fleisch-Werden. Auf analoge Weise verbindet die Wahrheit die Vernunftwesen untereinander und schafft echte Teilhabe.

Das christliche Menschenbild zeigt auf, dass die Person und die Gemeinschaft jeweils aufeinander zugeordnet sind:

„Wie die Gemeinschaft der Familie in sich die Personen, die sie bilden, nicht auflöst und wie die Kirche selbst die ‚neue Schöpfung‘ (vgl. Gal 6,15; 2 Kor 5,17), die durch die Taufe ihrem Leib eingegliedert wird, voll hervorhebt, so löst auch die Einheit der Menschheitsfamilie in sich die Personen, Völker und Kulturen nicht auf, sondern macht sie füreinander transparenter und vereint sie stärker in ihrer legitimen Vielfalt“ (Caritas in veritate, Nr. 53)

Wir können an dieser Stelle nicht weiter auf die einzelnen Inhalte der Sozialenzyklika „Caritas in veritate“ eingehen. Es werden Themenbereiche angesprochen (z.B. Wirtschaft und Umwelt), die dem ersten Anschein nach nicht viel mit dem christlichen Glauben zu tun haben. Und doch ist es gerade hier wichtig, dass das christliche Zeugnis durchdringt!

Abschließend stellte Benedikt XVI. in seiner Sozialenzyklika „Caritas in veritate“ fest, dass ein wahrer Humanismus ohne Bezug auf Gott nicht möglich ist. Diese Anerkenntnis ist zugleich eine Ermutigung:

„Die Liebe Gottes ruft uns zum Aussteigen aus allem, was begrenzt und nicht endgültig ist; sie macht uns Mut, weiter zu arbeiten in der Suche nach dem Wohl für alle, auch wenn es sich nicht sofort verwirklichen lässt, auch wenn das, was uns zu verwirklichen gelingt – uns und den politischen Autoritäten und Wirtschaftsfachleuten –, stets weniger ist als das, was wir anstreben. Gott gibt uns die Kraft, zu kämpfen und aus Liebe für das gemeinsame Wohl zu leiden, weil er unser Alles, unsere größte Hoffnung ist.“ (Caritas in veritate, Nr. 78)

Daher schließt das Schreiben mit einem geistlichen Aufruf:

„Die Entwicklung braucht Christen, die die Arme zu Gott erheben in der Geste des Gebets, Christen, die von dem Bewusstsein getragen sind, dass die von Wahrheit erfüllte Liebe, caritas in veritate, von der die echte Entwicklung ausgeht, nicht unser Werk ist, sondern uns geschenkt wird.“

Unverzichtbare Elemente der täglichen Hinwendung zu Gott werden angeführt, und das kann auch für das Jahr des Glaubens hilfreich sein:

„Die Entwicklung beinhaltet Aufmerksamkeit für das geistliche Leben, ernsthafte Beachtung der Erfahrungen des Gottvertrauens, der geistlichen Brüderlichkeit in Christus, des Sich-Anvertrauens an die göttliche Vorsehung und Barmherzigkeit, der Liebe und Vergebung, des Selbstverzichts, der Annahme des Nächsten, der Gerechtigkeit und des Friedens.“ (Caritas in veritate, Nr. 79)

Zwischen dem Glauben und dem Handeln besteht also ein unauflöslicher Zusammenhang. Das „Jahr des Glaubens“ soll nicht bloß eine theoretische Vertiefung bringen, sondern sich ganz und gar auswirken auf die christliche Lebenspraxis. Es geht darum, die Gebote Gottes zu befolgen und die Werke der Liebe zu vollbringen (vgl. Mt 25). Wenn dies geschieht, ist unser Leben nicht umsonst, und wir werden einmal eintreten dürfen ins himmlische Reich, wenn Gott uns zu sich ruft in seine ewige Seligkeit in der Gemeinschaft mit allen Engeln und Heiligen.

„Dank des Glaubens können wir in denen, die unsere Liebe erbitten, das Antlitz des auferstandenen Herrn erkennen. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40): diese seine Worte sind eine nicht zu vergessende Mahnung und eine fortwährende Einladung, die Liebe zurückzugeben, mit der er sich unser annimmt. Der Glaube ist es, der es ermöglicht, Christus zu erkennen, und seine eigene Liebe ist es, die dazu drängt, ihm jedes Mal zu helfen, wenn er auf unserem Lebensweg unser Nächster wird. Vom Glauben getragen, sehen wir hoffnungsvoll auf unser Engagement in der Welt und erwarten dabei ‚einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt‘ (2 Petr 3,13; vgl. Offb 21,1)“ (Porta fidei, Nr. 14).

Papst Benedikt schließt sein Motu proprio „Porta fidei“ mit einer Anempfehlung des Jahres des Glaubens an die Gottesmutter Maria:

„Vertrauen wir der Mutter Gottes, die ‚selig‘ gepriesen wird, weil sie ‚geglaubt hat‘ (Lk 1,45), diese Zeit der Gnade an“ (Porta fidei, Nr. 15, Schlusswort).

Glaubensbekenntnis von Nicäa-Konstantinopel

Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.

Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:

Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen

durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
Amen.