www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation

Das gesamtkirchliche „Jahr des Priesters“
Aus teilkirchlicher (österreichischer) Perspektive gesehen (19. November 2009)

Robert Bösner

Papst Benedikt XVI. hat den Priestern aller Diözesen der Welt, aber auch den christgläubigen Laien für die Dauer eines Jahres den heiligen Pfarrer von Ars, Hw. Jean Marie Vianney (* 1786 – + 1859) ausdrücklich als Vorbild zur hilfreichen Vertiefung ihres priesterlichen und laienapostolischen Selbstverständnisses gegeben.

Für die Priester bedeutet dies, dass sie sich in Verbundenheit mit ihrem eigenen Diözesanbischof (als einem unter vielen Mitgliedern des Weltkollegiums der Apostelnachfolger ‚cum et sub Petro’ zusammen mit den Mitbrüdern ihrer jeweiligen „sakramentalen Bruderschaft“ (dem Presbyterium ihrer Diözese) immer mehr verbunden wissen, sowohl in der Ausübung ihres Dienstes als auch im Streben nach persönlicher und gemeinsamer Heiligkeit.

Dabei ist zu beachten, dass „die Priester auf eine ihnen eigene Weise zur Heiligkeit gelangen – nämlich durch aufrichtige und unermüdliche Ausübung ihrer Ämter im Geiste Christi.“ (vgl. PO n.13 erster Absatz) Dabei sollen sie aber bedenken, dass sie sich nicht sosehr als ein religionsgeschichtlicher ‚Heiliger Mann’ singulär durch autonome Aszese und Selbstdisziplin ‚heiligen’, um damit mehr Einfluss und Wirksamkeit auf die Menschen zu haben, sondern dass sie „Diener des Hauptes sind zur vollkommenen Auferbauung seines ganzen Leibes, der Kirche, und (Anm.: so zugleich) Mitarbeiter des Bischofsstandes.“ (vgl. PO 12 erster Satz). „Durch diese Heiligkeit wird auch in der irdischen Gesellschaft (!) eine menschlichere Weise zu leben gefördert.“(vgl.: LG, n 40, zweiter Abschnitt)

Ein ganzes Jahr lang (19. Juni 2009 bis 12. Juni 2010) soll dabei die erwähnte Vorgabe, nämlich das Wirken und das Leben des heiligen Pfarrers von Ars, als die Grundlage für das weltweite „Jahr des Priesters“ gelten. Was in diesem Jahr, unterstützt durch die Möglichkeiten zum Empfang eines vollkommenen Ablasses, an Vertiefung im Bemühen der Priester beginnen wird, das soll nach diesem Jahr weiterwirken sowohl in die Vergangenheit hinein (Heilung und Heiligung vielleicht oft unzureichenden Anfänge des Mitwirkens mit der unzerstörbaren Gnadengabe der Teilhabe am ‚spiritus presbyterii’) als auch in die Zukunft ihres priesterlichen Lebens hinein.

Der heilige Pfarrer von Ars, diese vorbildliche Priesterpersönlichkeit der altehrwürdigen Erzdiözese Lyon, durfte mit Hilfe der Gnade Gottes nach den Wirren der französischen Revolution spektakuläre pastorale Erfolge zeitigen und so die Kirche Frankreichs aus tiefsten Erniedrigungen durch einen totalitären Staat (Code Napoleon) zu neuem Leben führen. Auch in so individualistisch aufgespaltener Zeit wie der heutigen soll dieses damalige Vorbild priesterlichen Seelsorgseifer zur Erneuerung unseres zerrütteten und orientierungslos gewordenen kirchlichen Lebens beitragen und möglichst viele Priester zu neuem Eifer inspirieren. Nicht von ungefähr sind mehrere Gelegenheiten zum Empfang eines vollkommenen Ablasses in diesem Priesterjahr bestimmt, die das Bemühen der Priester übernatürlich bereichern können, wenn sie ihren „Dienst und ihr Leben“ (vgl. den deutschsprachigen Untertitel des Dekretes des 2. Vatikanischen Konzils „Presbyterorum ordinis“) von neuem dem Herrn weihen. (Vgl. St. Pöltner Diözesanblatt Nr 9/09 vom 15. November 2009, S. 43: „Dekret der Apostolischen Pönitentiarie“ zum Jahr des Priesters.)

Es ist aber eigens darauf hinzuweisen, dass der hl. Vater, Papst Benedikt XVI, mit dieser Vorgabe des exemplarischen Lebens des Hl. Pfarrers von Ars nicht die Absicht verband, diese heilige Priestergestalt aus Frankreich als das einzige Vorbild für die Priester der ganzen Welt hinzustellen.

Viele Presbyterien der einzelnen Diözesen Europas und all der anderen Kontinente haben wohl auch selbst unter ihren Mitgliedern Beispiele vorbildlichen priesterlichen Wirkens und Lebens, die ebenfalls geeignet wären, ermutigende Hilfe für das Heiligkeitsstreben ihrer zeitgenössischen und späteren Priesterkollegen zu sein, nicht nur (!) in Frankreich. Diese lokalen vorbildlichen Priester hätten sogar den Vorteil, dass sie aus dem gleichen Kulturkreis kommen und so in dem einen und anderen Aspekt für ihre Nachfolger leichter verständlich wären als ein Priester aus einem anderen Land oder gar Kontinent.

Es wäre aber falsch, diese zwei Vorbild-Möglichkeiten gegeneinander auszuspielen, nämlich das vom Papst für alle Priester der Weltkirche vorgegebene Modell und auf der anderen Seite die von der Kirchengeschichte den einzelnen Ortskirchen vorgegebenen Vorbilder. Die päpstliche Vorgabe des Lebens und Wirkens des Hl. Pfarrers von Ars will nicht die lokalen Vorbilder heutiger und früherer Generationen von Priestern für das Verständnis des Heiligkeitsstrebens der heutigen Presbyter ausblenden.

Die päpstliche Vorgabe gibt eher einen maßgeblichen Standard für das wieder, was Vollgestalt der Ausübung priesterlicher Diensterfüllung und gläubiger apostolischer Existenzentfaltung ist, einen Standard also, nach dem die lokalen und teilweise zeitgleich woanders lebenden Priestergestalten interpretiert werden können und sollen.

Erst dadurch, dass der Heilige Vater einen heilig gesprochenen Priester allen Priestern (zusammen mit ihren zuständigen Bischöfen) für ihr Heiligkeitsstreben als ‚verbindliches’ Leitbild vorgestellt hat, erhält jede Diözese und jedes Land gleichsam eine ‚Lesehilfe’ für ihre eigenen lokal gewachsenen Priestervorbilder. Diese heiligen Priestergestalten können von ihren eigenen Mitbrüdern nicht zuerst dadurch besser gewertet werden, dass sie ‚diözesaneigene’ Vorbilder sind (das hätten die einzelnen Diözesen bis jetzt auch schon tun können), sondern weil sie auf ihre Weise der Zielrichtung des Lebens des hl. Pfarrers von Ars entsprechen: „objektivierte Anschaulichkeit“.

Ihn hat der Papst für alle als Maß an Heiligkeitsstreben vorgegeben und es geht „nur mehr“ darum, wie weit die diözesaneigenen Priester, sei es, dass sie vor oder nach dem Hl. Pfarrer von Ars gelebt haben, diesem Vorbild entsprochen haben oder gerecht geworden sind.

Wenn man „nur“ auf die Verehrung der vorbildlichen Priester der eigenen Diözese schaute, dann könnte man aus dieser ‚Vorliebe’ heraus gerne die Verehrung der „diözesaneigenen“ Vorbilder auch auf andere Diözesen ausdehnen wollen (was auf ihre Weise eventuell auch andere Diözesen mit ihren Vorbildern machen wollten); und ein (fast unheiliger) ‚Konkurrenzkampf’ zwischen den verschiedenen möglichen Vorbildern wäre vorprogrammiert. Die Sinnspitze des ,Jahres der Priester“ wäre das aber nicht. Eher ein Kräfteverschleiß.

So aber fällt durch die universelle päpstliche Vorgabe eines exemplarischen Priesters gesamtkirchliches Licht auf die vielen vorbildlichen Priester, die oft im Verborgenen wirkten oder unauffällig wirken wollten und die das Zweite Vatikanische Konzil im fünften Kapitel der Kirchkonstitution „Lumen gentium“ eigens lobend hervorgehoben hat. Vgl.: LG. V. Kapitel: „Die allgemeine Berufung zur Heiligkeit in der Kirche“ n 41, 3. Absatz:

„Die Priester sollen ähnlich wie die Ordnung der Bischöfe, um die sie einen geistlichen Kranz bilden, in Teilnahme an deren Amtsgnade durch Christus … in täglicher Ausübung ihrer Pflicht in der Liebe zu Gott und den Nächsten wachsen. Sie sollen das Band priesterlicher Gemeinschaft wahren, an jedem geistlichen Gut Überfluss haben und vor allen (Anm.: Menschen) ein lebendiges Zeugnis für Gott geben, als eifrige Nachahmer jener Priester, die im Laufe der Jahrhunderte in oft demütigem und verborgenem Dienst ein hervorragendes Beispiel von Heiligkeit hinterließen. Ihr Lob lebt in der Kirche Gottes. Im pflichtmäßigem Gebet und Opfer für ihre Gemeinde und das ganze Volk Gottes sollen sie erkennen, was sie tun und nachahmen, was sie vollziehen… zur Freude der ganzen Kirche Gottes“

„ Alle Priester, und vor allem die, die auf ihren besonderen Weihetitel hin Diözesanpriester heißen, sollen bedenken, wie sehr die treue Verbundenheit und großmütige Zusammenarbeit mit ihrem Bischof zu ihrer Heiligkeit beiträgt.“

Nach diesem eher einführenden Teil ist es nun an der Zeit, sich einmal in der eigenen Diözese, im eigenen Ordensinstitut, sowie in den benachbarten Diözesen der Heimat umzuschauen. Frei von „allem Rühmen“, das der hl. Apostel Paulus für „unnütz“ erklärt hat ( vgl. 2 Kor 12,1b), soll es nun einmal eine erste Orientierungs­hilfe geben bezüglich jener vorbildlichen Mitbrüder des eigenen Kirchenverbandes. Mit jenem „päpstlichen Scheinwerferlicht“ können wir sie aus ihrer oft ausdrücklich gewünschten oder auch eventuell von anderen verhängten (!) Verborgenheit hervorleuchten lassen.

Es sei dem Verfasser gestattet, dabei mit den ihm eher vertrauten Mitbrüdern aus der eigenen Diözese St. Pölten zu beginnen.

Diözese St. Pölten

  • Hw. (Pfr.) Lokalprovisor Michael Brenner, Roggendorf/Eggenbg (1806–68).
    Noch nicht selig gesprochen, auch der Diözesanprozess wurde noch nicht eingeleitet, daher ist Pfr. Michael Brenner nicht einmal „Diener Gottes“.

Prämonstratenser-Orden, Stift Geras in der Diözese St. Pölten

  • Hw.H. Jakob Kern OPräm, Stift Geras (1897–1924) seliggesprochen durch Papst Johannes Paul II in Wien am 21.06.98; sinniger Weise am „Helden“-Platz in Wien.

In unserer, wie auch in den anderen Diözesen unserer Heimat wird es sicher noch viele andere vorbildliche priesterliche Mitbrüder geben, deren Leben und Bedeutung dem Verfasser jedoch nicht so geläufig sind.

Es wird sogar einer eigenen Fragestellung wert sein, ob man unter den im „Martyrologium der Kirche Österreichs“ aufgezählten Blutzeugen auch vorbildliche Mitbrüder finden wird, die dem Anliegen des Papstes entsprechen und mehr oder weniger dem – allen Priestern vorgegebenen Modell des hl. Pfarrers von Ars – nahe gekommen sind und sie das Bemühen um Heiligkeit durch Gebet und Opfer für die Erlösung der Welt vorbildlich auszeichnet.

Oder soll man eher „nur“ unter denen suchen, die in „ruhigeren“ Zeiten vorbildlich ihre priesterliche Berufung gelebt haben? Diese zweite Fragestellung will nicht die Heldenhaftigkeit der Blutzeugen als Opfer totalitärer Regime mindern, noch dazu, weil ja der Heilige Jean Marie in der Kindheit und Jugend mit seiner Familie die totalitäre Tyrannei der Aufklärung als Folge der französischen Revolution selbst erlebt hat. Aber als Pfarrer von Ars hat er dann mit großem Eifer und Hingabe gegen die allgemeine religiöse Gleichgültigkeit und Vergnügungssucht mit Gebet und stellvertretenden Opfer gewirkt und unerwartete Bekehrungs„erfolge“ erleben dürfen, wohl aber auch die Anfechtungen des Widersachers Gottes.

Vielleicht kann ein hw. Mitbruder aus einer anderen Diözese das Thema für seine Mitbrüder „weiterstricken“ und die obige Liste vervollständigen.

Dem Verfasser selbst sind nur die schon selig gesprochenen vorbildlichen Priester bekannt.

Diözese Innsbruck

  • Hw. Hr. Pfarrer Otto Neururer, Götzens, Tirol, erster Märtyrer des pfarrerlichen Hirtendienstes in Österreich nach der NS-Machtergreifung, der 1940 im KZ Buchenwald mit den Füßen an Haken aufgehängt wurde, bis er – nach 34 Stunden mit dem Kopf nach unten hängend – sein Leben aushauchte. Grund: weil er einer katholischen Frau seiner Pfarre abgeraten hat, die von den NS-Machthaber neu eingeführte pflichtgemäße standesamtliche Registrierung mit einem aus einer katholischen Ehe geschiedenen Nationalsozialisten als „Eheersatz“ zu nehmen, weil sie so aller geistlichen Ehrenrechte in der katholischen Kirche verlustig ginge.

     

    Pfarrer Neururer wurde zusammen mit dem folgenden Marianistenpater P.Jakob Gapp am 24. November 1996 in Rom seliggesprochen.

Marianistenorden

  • Hw. P.Jakob Gapp CM, Blutzeuge seines Bemühens, „ ein guter Priester sein“ zu wollen und der, ähnlich wie der in Linz selig gesprochene Landwirt Franz Jägerstätter (Diözese Linz) nicht anders konnte als auch angesichts des Todes seine grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber der nationalsozialistischen Ideologie und deren propagierten Rassenwahn sowie deren antikirchlichen und antichristlichen Grundeinstellung aufrecht zu halten.

    Beide waren durch das aus dem überzeugten christlichen Glauben motivierte Mitleben mit der katholischen Kirche (vgl. die Enzyklika: „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI, 1938) – in das Problembewusstsein eingeführt.

    Bei P. Gapp kam noch dazu, dass er sich als Gymnasiallehrer für Religion im ordenseigenem Gymnasium in Graz mit der religiösen Zeitgeschichte auseinandersetzte und als ehemaliger Arbeitersohn erst recht Hitlers „Mein Kampf“ studierte, um seine Gymnasiasten als moderne Christen für die Herausforderungen der Zeit intellektuell und erzieherisch zu wappnen

Erzdiözese Wien:

  • P. Anton Maria Schwarz COp., der geistliche „Vater“ der Arbeiterlehrlinge im Wien der Gründerzeit, der für sie die Ordensgemeinschaft der Kalasantiner gegründet hat, die sie seelsorglich begleiten sollte.
  • Der Selige Sühnepriester Hw. H. Jakob (Franz Alexander) Kern OPräm, Stift Geras. *1897 – +1924.

    Das sühnende Einstehen des Sel. Jakob Kern OPräm. für einen abgefallenen Prämonstratenser-Priester aus dem Kloster Strahov in Prag, wird durch die Person des Hl. Pfarrers von Ars aus der lokalen und ordenseigenen Bedeutsamkeit in einen weltkirchlichen Zusammenhang gestellt.

    Der erwähnte Priester der „Tschechischen Nationalkirche“ Hw. Bohumil Zahradnik hat nämlich zusammen mit einem anderen Priester aus patriotisch-nationalen Gründen die „Tschechische Nationalkirche“ 1919 gegründet und in diesem Zusammenhang hunderttausende Katholiken seiner Heimat zum Abfall von der katholischen Kirche gebracht.

    Hintergrund war die 1918 mit der Gründung der Tschechoslowakischen Republik erlangte Freiheit von der deutschsprachigen Habsburgermonarchie. Um nur ja nichts mit der österreichisch-ungarischen Monarchie gemeinsam zu haben, hatten die beiden eine Tschechische Nationalkirche gegründet. Aber auch bei uns im benachbarten Land Österreich hat Bohumil Zahradnik zum Abfall geworben (Vortragsreihe 1919 in Wien auf Einladung der „Gemeinschaft der Freidenker“ mit 50.000 Austritten in einer Woche).

    Der Priesterseminarist des Wiener Erzbischöflichen Seminars und ehemalige Offizier Franz Alexander Kern war vom gezielten kirchenschädigenden Verhalten dieses abgefallenen Priesters tief betrübt. Und so wollte er die Schmerzen und die Operationen als Folge seiner Kriegsverletzungen (eiternder und nicht heilen wollender Lungendurchschuss) bis zur letzten Ganzhingabe für den Mitbruder aufopfern, der unehrenhaft alle gegebenen Versprechungen und Gelübde gebrochen hatte. Mit allen Konsequenzen bis zum Eintritt in den Prämonstratenserorden und bis zur letzten Operation ohne (!) Narkose (wegen Herzschwäche) hat er seine Sühnebereitschaft für das Heil dieses (unbekannten) Kollegen bekundet.

    Was der heldenhafte Sühnepriester in seinem Sterbejahr 1924 noch nicht wissen konnte, das war, dass er durch sein stillschweigendes stellvertretendes Opfer für einen von der katholischen Kirche abgefallenen Priester nicht nur dessen Individualschicksal ausgesühnt hat, sondern auch das josephinische Staatskirchentum österreichischer Prägung mit seiner Fortsetzung in der damaligen jungen Tschechoslowakei , und darüber hinaus auch noch die chinesische (!) Nationalkirche.

    Bei den Überlegungen der Kommunistischen Partei Chinas um das Jahr 1950 nämlich, wie man die damals aufblühende katholische Kirche Chinas (vgl. die Bluttaufe der Legion Mariens in China) schwächen könne, hat man sich von einem anderen abgefallenen Priester (dem Kulturminister der kommunistischen Nachkriegsregierung der tschechoslowakischen Volksdemokratie, Minister Plujhar), den Mao-tse-tung eigens nach China eingeladen hatte, beraten lassen. Die Machthaber bräuchten nur die zerstörerische Kraft des Systems „Nationalkirche“ im Kampf gegen die katholische Kirche einsetzen! Man hat damals von der tschechischen Nationalkirche die berühmt-berüchtigt gewordenen „drei Selbständigkeiten“ „abgepaust“ und so mit Hilfe der erst zu gründenden (!) chinesischen (National-) Kirche die (bestehende katholische) Kirche in China bekämpft, schwer geschwächt, die Gläubigen in Verwirrung gebracht und zusätzlich nach dem Vorbild der von der kommunistischen Partei Tschechiens mit eigens eingerichteten Kirchensekretariaten auf allen Ebenen die katholische Kirche immer wieder geknebelt.

    Durch die Verehrung des Sühnepriesters Jakob Kern, evtl. am „Weltgebetstag für China“ am 24. Juni, nächstes Jahr zum dritten Mal (ULF von Sheshan bei Shanghai) hätte die katholische Weltkirche in ihren Reihen einen großen himmlischen Fürbitter für das so sehr ersehnte Anliegen von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI.: nämlich für die Versöhnung der in drei Bereiche zerrissene katholische Kirchengemeinschaft Chinas. Mit starker ideologischer Propaganda, mit großem administrativen Druck und brutalem Psychozwang und gezielten Morden hat die kommunistische Führung dieses Modell durchgedrückt.

    Bei dem Anliegen der genannten Päpste geht es um die Versöhnung zwischen der vom totalitären Einparteienstaat mit allen Mitteln „besetzt“ gehaltenen Mehrheitskirche mit der sich nicht vereinnehmen lassen wollenden Gruppe von papsttreuen Katholiken (sog. Untergrundkirche), die die ohnmächtige, eher im verborgenem wirken müssende Seite der einen katholischen Kirche in China W und jene dritte nicht unbeträchtliche Gruppe von Katholiken, die in den vielen Gefängnissen und Umerziehungslagern (Gehirnwäsche) eingesperrt sind und wo katholische Bischöfe, Priester und christgläubige Laien (zusammen mit Glaubenszeugen anderer christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften) das eine Zeugnis für Christus und seine Kirche ablegen.

    Wer hätte 1924 daran gedacht, dass dieser edle, bescheidene und seeleneifrig im Waldviertel lebende und gesundheitlich geschwächte (Aushilfs-)Priester, ein sühnender Fürbitter in der weltweiten Verbundenheit aller Priester in der einen apostolischen Sendung ist und ein opferbereiter Zeuge für das – dem wahren Glauben entsprechende – Kirchenbild ? Was ist nämlich eine von Petrus losgelöste Kirche anderes als eine leere Kirchenattrappe?

    Der siebzig Jahre vorher lebende Curé Vianney, le Curé d´Ars, hat als Kind seine Erstkommunion des Nachts in einer Scheune empfangen, weil seine Eltern wollten, dass nur ein Priester ihrem Sohn die hl. Erstkommunion reichen solle, der die ganze Treue zur heiligen, katholischen und apostolischen Kirche hielt. Sie wussten, dass er dafür vom Staat verfolgt war und nur als Geheimpriester wirken konnte. Das Bemühen seiner Eltern um die dem wahren Glauben entsprechende Kirchengemeinschaft hat dieses Kind schon von allen Anfängen erlebt. Später als Bursche wollte er nicht im Heer Napoleons, des Kirchenunterdrückers, kämpfen und deswegen desertierte er und hat sich dadurch selbst in große Lebensgefahr gebracht. Es war ein Glück, dass er einen gleichgesinnten geistlichen Onkel gehabt hat, der ihn versteckte und unterstützte und später auf die Reifeprüfung vorbereitete, um ihm die Voraussetzungen für seinen (persönlich schwierigen) Weg zum Priestertum zu ermöglichen.

    Wer hat 1924 daran gedacht, dass der selige Chorherr Jakob Kern in seiner Tiefendimension des stellvertretenden Opferns ganz mit dem Hl. Jean Marie Vianney übereinstimmte? Dessen starkes Fasten, Beten und Opfern kam nämlich so, wie bei Jakob Kern, nicht aus einem bestimmten spirituellen „Übereifer“ heraus, sondern es waren jene Teile der Bußopfer, die er wegen der menschlichen Schwäche seinen (vielen) Beichtkinder nicht auferlegen konnte und die er dafür selbst zu ihrem Heil und zur dankbaren Ehre dem gekreuzigten Erlöser gegenüber auf sich genommen hat.

    So hat auch der selige Jakob Kern alle Schmerzen bis zu seiner letzten Lungenoperation, die er – wie schon erwähnt – wegen seines geschwächten Herzens ohne Narkose (!) auf sich nahm, für diesen Mitbruder, D. Bohuslav Zahradnik OPraem, und seinen Mitstreiter, den geistlichen Religionsprofessor Dr. Farsky, aufgeopfert.

    Dieses anfordernde Beispiel des Sühnepriesters Jakob Kern ist eine bedeutsame Gottesgabe sowohl für die ganze Diözese St. Pölten, in der sich das altehrwürdige Prämonstratenserstift Geras befindet und wo er mit diözesaner Anstellung seelsorglich gewirkt hat und wo er jetzt in der Stiftskirche begraben liegt, als auch für die Erzdiözese Wien, wo er als Sohn einer Wiener Straßenbahnerfamilie geboren wurde und im Dienste Jesu, des Weltenerlösers, Priester für die Erzdiözese werden wollte. Es war Kardinal Piffl von Wien, der die Ernsthaftigkeit des göttlichen Sühne-Rufes bei ihm mit Hilfe des damals im Amt befindlichen Regens Handlos erkannte und ihn mit seinem bischöflichen Segen in seine innere Berufung entsandte. Jakob Kern ist mit seinem anfordernden Beispiel aber auch eine Gottesgabe für die ganze Kirche in Österreich und in Tschechien.

    Nicht „Ja“ sagen zu falschen ekklesiologischen Wegen auch wenn es mit großem Opfereinsatz ausgesühnt werden soll. Denken wir an folgende Themen, die heute irgendwie in der Kirche in Österreich aktuell sind : an „Initiativen“ basisorientierter Kirchenbilder, an ein „pastorales Klein-Kirchentum“ ohne apostolischen Zusammenhang, denken wir an die auf verschiedenen Flüssen (Donau, Rhone, Niger, St. Lorenz Strom in Kanada, Amazonas) schwimmenden Schiffe, auf denen in nachgestellten Weiheliturgien Frauen sich voll bewusst ungültig von einem ungültig oder nicht geweihten episkopalen „Dressman“ weihen lassen, damit sie sich überall zur Verwirrung der Öffentlichkeit in Szene setzen können.

    Wir österreichische Katholiken müssten uns alle mehr bewusst werden, dass wir alle in das josephinische Staatskirchentum der letzten zweihundert Jahre „hineingeboren“ wurden und aus diesem Grund durchschnittlich kein objektiviertes Problembewusstsein zu dieser Frage haben. Als Österreicher spüren wir dessen Einseitigkeiten und auch seine teilweise stabilisierenden und finanziellen Vorteile; und dennoch müssen wir aus dem Prokrustes-Bett dieser historischen Vorgabe „heraus“-reifen. Das unsensationelle Beispiel des Sühnepriesters Jakob Kern „durchdringt bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark“ unser heutiges Kirchentum und es „richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens“ (vgl. Hebr. 4,12).

    In unserer Heimat will man auch heute noch nicht allzu viel über dieses Thema ‚Nationalkirche’ und ‚Josephinismus’ sprechen. „Wer bist du, dass du so grundsätzliche kirchenpolitische Fragen aufrollst, von einer Diözese aus, oder von zwei , während in den anderen (westlichen) Teilen unserer Heimat die Dinge ganz anders aussehen, als bei ‚euch’ (im Osten der Heimat)?“ „Und erst gar in unserem Nachbarland, der heutigen Tschechischen Republik, wo in den letzten sechzig Jahren das josephinische Staatskirchentum nicht von einem halbwegs traditionellen Staatsverständnis, sondern durch vierzig Jahre von einer kommunistischen Staatsideologie gehandhabt wurde!“ Dadurch konnten die damaligen atheistischen Machthaber mit diesem josephinischen Rechtsinstrument die katholische Kirche zu einer Karikatur ihrer selbst machen, sie fast ganz von Rom trennen und so versuchen, sie von innen her zu zerstören.

    Nur mithilfe des weltweiten, vom Papst Benedikt XVI vorgegebenen Beispiels des hl. Pfarrers von Ars kann man diese für die apostolische Stiftung Jesu, die katholische Kirche, so folgenschweren Weichenstellungen der Aufklärung halbwegs ausgeglichen durchschauen und bewältigen, ohne dabei die eine oder andere Seite der „Opfer“ dieser unseligen Entwicklung einseitig zu bevormunden. Die „cum et sub Petro“ gestiftete apostolische Kirche ist nach den Worten Jesu der „Fels, auf dem ich mir (immer wieder) meine Kirche auferbauen werde und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen!“ (vgl. Mt 16,18).

  • Der vorbildliche Weltpriester Michael Brenner
    Lokalprovisor von Roggendorf bei Eggenburg / Diözese St. Pölten
    (* 24.September 1806, Großsiegharts, + 3. Febr. 1868 in Roggendorf bei Eggenburg)

    (Die meisten Kenntnisse über die Person und das Wirken dieses vorbildlichen Mitbruders aus den Anfängen der von Kaiser Joseh II 1785 gegründeten Diözese St. Pölten konnte der Verfasser aus dem lesenswerten Buch schöpfen, das der Hw. Mitbruder KR Johannes Müllner, der sechste Amtsnachfolger von Pfarrer Brenner in Roggendorf/Eggenburg, in der „Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes“ Band 24 im Jahre 1981 herausgegeben hat. Dieses geistlich interessante Buch ist eine arbeitsreiche Neubearbeitung des Buches von Theologieprofessor (Moral) Dr. Anton Erdinger von der Theol. Lehranstalt St. Pölten, das er seinem ehemaligen Studenten und Seminaristen 1873 gewidmet hat.

    Er ist auf eine andere Weise als der selige Ordenspriester Jakob Kern OPräm. dem von Papst Benedikt XVI. verbindlich aufgezeigten Vorbild sehr ähnlich geworden. Er hat seelsorglich den kirchlichen Josephinismus überwunden. Er ist (noch) nicht selig gesprochen.

    Michael Brenner hatte die einmalige Gelegenheit, dass er seine moraltheologi-schen Studien (Priesterweihe 26. Juli 1833 in St. Pölten) schon als Kaplan von Gars/Kamp vervollständigen konnte, indem er wöchentlich (!) zu Fuß nach Eggenburg ging, um an den „Seelsorgekonferenzen“ der Patres Redemptoristen im neu errichteten Redemptoristenkolleg (1833) teilzunehmen. Dies führte er nach seiner Bestellung zum Provisor von Roggendorf bei Eggenburg 1846 weiter. Nun waren es nur mehr vier Kilometer Weg, um mit den ihm gleich gesinnten Ordenspriestern im Austausch sein zu können, und zwar bis kurz (!) vor seinem Lebensende, Februar 1868.

    Durch die Redemptoristenpatres lernte er das gesamte moraltheologische Werk ihres Ordensbruders, des Hl. Alfons Maria von Liguori (+ 1787) kennen (Kirchenlehrer seit dem 1. Vatikanischen Konzil 1871). Dieser seeleneifrige Jungpriester studierte aufmerksam die Moraltheologie des Hl. Alfons über das gewissenhafte Verhalten des Menschen (vor Gott) auf dem Weg zu seinem vom Erlöser geoffenbarten und vorgegebenem ewigen Ziele. Mit seinem damals noch neuen probabilistischen Ansatz im Vergleich zu einer früher eher rigoristischen Moraltheologie wusste der Hl. Alfons „mit unvergleichbarer Klarheit das Recht zum Verbündeten der Freiheit zu machen.“ (Harnack).

    All diese gemeinsamen Studien und der mitbrüderliche Austausch boten ihm schon von Anfang an eine solide Grundlage für die Verwaltung des Bußsakramentes und für eine gewissenhafte Seelenführung. Nicht leichtfertig, sondern grundlegend geschult, lehrte er die Würde und den Vorrang des persönlichen Gewissens, und so konnte er legitim die jansenistische Barriere in der Sakramentenlehre durchbrechen: Gläubige, die eine Lebensbeichte abgelegt hatten und sich guten Willens zeigten, ermunterte er, öfters zu den heiligen Sakramenten zu gehen, nicht nur einmal im Jahr, im Zusammenhang mit der vorgeschriebenen Osterbeichte! Der Empfang der Osterbeichte wurde damals in der Form „praktiziert“, dass die Gläubigen „am besten“ gleich nach der Beichte zur Kommunion gingen, um nur ja nicht noch etwa eine (leichte) Sünde in der Zwischenzeit zu begehen. Er wies auch seine Beichtkinder darauf hin, dass sie mehrere Male nach einer Beichte zum gläubigen Empfang der heiligen Kommunion gehen könnten, wenn sie keine schwere Sünde begangen hätten.

    Für das traditionelle „Verwaltungschristentum“ josephinischer Prägung, das gerne alles bis ins Detail im christlichen (Gemeinschafts-) Leben reglementierte, waren all diese Verhaltensweisen seiner Pönitenten etwas Ungewöhnliches. Mit der Zeit gab es aber z.B. in Gars jetzt an allen Sonn- und Feiertagen Gläubige, die die heilige Kommunion empfingen, später sogar (!) an Werktagen.

    In den 22 Jahren seines Dienstes als Lokalprovisor von Roggendorf/Eggenburg kam es dann so weit, dass Pfarrer Brenner an Sonntagen schon um zwei Uhr morgens in den Beichtstuhl gehen musste, um dem Ansturm der Pönitenten zu bewältigen, die oft mehrere Stunden Fußweg zurücklegten, um bei ihm beichten zu können; und manchmal kam er erst um 15.00 oder 16.00, oft noch nüchtern aus der Kirche und ging in den Pfarrhof hinauf, wo aber schon die Bundesjugend auf ihn wartete. „Am allermeisten ist die Ausdauer zu bewundern“, sagte ein Zeitgenosse, „mit der er das Sakrament der Buße verwaltete.“

    Bereits als Kooperator in Gars verbrachte er den Nachmittag vor Sonn- und Feiertagen im Beichtstuhl zu. Er war ein Beichtvater, der den Frieden Christi ausstrahlte, noch bevor er ihn im Bußsakrament spendete.

    Nicht von ungefähr nannte Professor Erdinger Pfarrer Michael Brenner schon zu seinen Lebzeiten den „Vianney des Waldviertels“, nicht nur, weil beide fast gleich alt wurden und fast gleichzeitig lebten (Brenner starb neun Jahre später als Vianney), sondern weil beide die gleiche Liebe Jesu zu den reumütigen Sündern hatten, beide trotz der vielen Beichtwilligen keine „Lossprechungsmaschinen“ werden wollten und nicht nur als Richter, sondern auch als Vater und als Seelenarzt wirkten.

    So sehr die päpstliche Vorgabe des Hl. Pfarrers von Ars das Wirken des vorbildlichen Lokalprovisors von Roggendorf/Eggenburg als Beichtvater erst richtig ins Relief hebt, so sehr hat Michael Brenner noch eine weitere markante Dimension in seinem priesterlichem Wirken. Er war der, der nach dem Vorbild der hl. Pauline Jaricot schon in seiner Kaplanspfarre Gars/Kamp den „lebendigen Rosenkranz“ eingeführt hatte (es bestanden mehrere „Rosen“; heute noch gibt es eine „Rose“ in Gars) und der damals mit einer kleinen Gruppe entschiedener Gläubigen katholisches Laienapostolat weckte, das er mit den späteren „Bundgemeinschaften mit der Immakulata“ zu großer Blüte brachte.

    Wie fremd solche „Bemühungen“ für die damalige Mentalität waren, nämlich mit geistlicher Begleitung Laienapostel heranzubilden, und wie sehr es in der Zeit des Metternich’schen Polizeistaates und des Biedermeiers als „ärgerliche Neuerung“ für das kirchliche Leben empfunden wurde, diesen Verein „Lebendiger Rosenkranz“ als Priester zu führen, das zeigt folgende Episode: Kaplan Brenner musste sich vor Diözesanbischof Wagner schriftlich rechtfertigen, weil er von der Kreisbehörde (!) angezeigt wurde, dass er angeblich unter dem Deckmantel der Frömmigkeit eine subversive Gruppe

    gegründet habe, die nicht offen, sondern mit „verborgenen Geheimnissen“ arbeite und die deswegen der Behörde sehr suspekt ist. Dass es dabei um die Rosenkranz-Geheimnisse ging, die man wöchentlich austauschte, das konnten sich manche Mit-Christen damals noch nicht gut vorstellen.

    Im Zusammenhang dieses Artikels kann jetzt nur andeutungsweise von der seelsorglichen Wirksamkeit Pfarrer Brenners gesprochen werden. Er war der erste, der in Zusammenarbeit mit dem neuen Redemptoristenorden in der Diözese St. Pölten um die Erlaubnis zur Durchführung einer Volksmission (Juli 1852) unter dem damals neuen Bischof Feigerle gebeten hatte. Mit großem Eifer nahmen bis zu sieben Tausend Menschen an den Missionspredigten teil, und sie mussten unter freiem Himmel gehalten werden. 12 Beichtväter hatten voll zu tun, und „es breitete sich stillschweigend von hier aus seelsorglicher Erneuerungseifer in der ganzen Diözese aus“ (Theologieprofessor Dr. Erdinger, akademischer Lehrer des ehemaligen Seminaristen Brenner).) Nach den 80 Jahren, da Volksmissionen durch den aufklärerischen Eifer des josephinischen Systems verboten waren, konnte christlich-religiöses Leben auch in der Öffentlichkeit wieder aufblühen.

    In ähnlicher Weise hat Pfarrer gespürt, welche geistliche Verengung jener jansenistische Josephinismus für das geistliche Leben der Priester mit sich brachte. Durch die gleichen 80 Jahre hat es keine Priesterexerzitien in der Diözese gegeben. Mit anderen Priestern ist er bei seinem Bischof vorstellig geworden, ob dieser nicht wieder während der großen Ferien im leerstehenden Priesterseminar Exerzitien zulassen könnte. „Mein ganzes Vermögen würde ich für diese bischöfliche Entscheidung geben!“ hat Brenner in einem Brief geschrieben. Aber der altersgeschwächte Bischof konnte sich nur zu der Aussage bewegen lassen: „Das wird mein Nachfolger machen!“ Und es ist tatsächlich so gekommen. Unter den 60 ersten Exerzitanten was auch der seeleneifrige Pfarrer Brenner von Roggendorf/Eggenburg.

    In den fünfzehn Jahren, die Pfarrer Brenner nach der Volksmission noch bis zu seinem Lebensende verblieben waren, weckte er in vielen jungen Menschen, Mädchen und Burschen, aber auch bei Ehepaaren die Bereitschaft, ein „Bündnis mit der Immakulata“ zu schließen.

    Einer der schönsten Tage in seinem Seelsorgeleben war der 8. Dezember 1854. Der erst vor einigen Jahren in unserer Zeit selig gesprochene Papst Pius IX verkündete damals feierlich, dass es zum Glauben der Kirche dazugehört, dass Maria schon vom ersten Augenblick ihres Daseins an im Schoße ihrer Mutter Anna frei vom Unheilszusammenhang der Erbsünde war.

    1855 am 29. April wurde in der ganzen Diözese St. Pölten eine große Immakulatafeier gehalten, die natürlich auch in Roggendorf ganz festlich begangen wurde. Die nach drei/vier Jahren schon stattliche Anzahl der „Bundesjugend“ tat dabei ihr Bestes. Bis zum seligen Heimgang dieses „seelsorglichen Überwinders des Josephinismus“ waren es etwa achthundert christliche Jungfrauen (von denen zumindest von sechs bekannt ist, dass sie in einen religiösen Orden eingetreten sind). Auch vierhundert Burschen haben ein Bündnis mit Maria geschlossen (der seeleneifrige Priester hat in Maria Dreieichen mehreren Neupriestern die Primizpredigt gehalten und acht sogen. „Schmerzhafte Freitage“ gepredigt).

    Pfarrer Brenner war, wie schon erwähnt, durch die erfolgreiche Förderung dieser Standesbündnisse (Jungfrauen, Burschen, Männer, Frauen und Ehepaare) der seelsorgliche Überwinder des aufgeklärten josephinischen „Verwaltungs-Kirchenwesens“. Trotz der jährlichen Bündnisfeiern, an denen mehr Teilnehmer in die fünfhundert Personen zählende Gemeinde kamen, als Roggendorf Einwohner hatte, wurde Pfarrer Brenner vom offiziellen

    staatskirchlichen System der Diözese nicht gefördert. Dennoch begann laienapostolisches Leben in den Bundgemeinschaften und in den verschiedenen von ihm gegründeten seelsorglichen Vereinen (Herz Jesu-, Herz Marien-, Anbetungs- und Allerseelenverein) heranzureifen und brachte seelsorglichen Aufschwung in die ganze umliegende Region.

    Es ist bezeichnend, dass mit dem Heimgang des Pfarrers von Roggendorf , Michael Brenner, trotz vieler geeigneter und sogar von ihm gewünschter Bewerber als sein Nachfolger vom Bischöflichen Ordinariat gezielt ein „aufgeschlossenerer“ und kränklicher Priester eingesetzt wurde (Franz Hassak, Pfarrer von 1868–91), der das unerwartete Aufblühen der gläubigen Bereitschaft der Menschen durch Pfarrer Brenner nicht zu schätzen wusste. Er schreibt im Memorabilienbuch (Chronik) der Pfarre: (Mein Vorgänger) „hat beim Zubau zum Pfarrhof nur ein spezielles Interesse – die Pflege außerordentlicher öfterer Versammlungen von den hier bestehenden Standesbündnissen im Auge, wovon ein eigenes Bündnisbuch im pfarrlichen Archiv sich vorfindet. Diese Bündnisse aber wurden von mir nach reiflicher Überlegung und mit guten Gründen aufgehoben.“ Leider hat Pfarrer Hassak auch dementsprechend über die seelsorgliche Tätigkeit seines Vorgängers abfällig gesprochen und auch von anderen Priestern Abbitte (!) verlangt, die das religiöse Aufbauwerk Brenners von der Kanzel unwillkürlich positiv erwähnten und ihn dadurch „in ein schlechtes Licht“ stellten.

    Welche Art von „reiflichen“ Überlegungen und „guten“ Gründen war das wohl, dass man eine Gruppe von ungefähr tausendvierhundert vorwiegend junger Menschen mit großer religiöser Bereitschaft einfach nach fünfzehn Jahren geordneten Gemeinschaftslebens wegschicken und ihnen den priesterlichen Beistand verweigern durfte?

    Es war gerade jene verwaltungsmäßige Sicht des kirchlichen Lebens, mit der man seit 1784 (kaiserliches Wallfahrtsverbot) ohne Wallfahrten und ohne sonstige fromme Übungen in der Öffentlichkeit wohlanständig zu leben hatte, ein christliches Leben, das sich nach den Kirchengeboten zu richten hat, dem politischen Herren gegenüber loyal sein sollte und mit dem durch die besondere Verbindung von „Thron und Altar“ der politische Herrscher ein „geordnetes kirchliches Leben“ durchsetzen wollte. Die Gläubigen sollen „gefälligst“ während der österlichen Zeit „beim zuständigen Seelsorger“ beichten gehen, nicht aber „pfarrflüchtig“ beichten und die hl. Kommunion nicht „irgendwo“ außerhalb der Pfarre empfangen wollen. Zur Veranschaulichung der Seelsorgemethoden in der damaligen Zeit bezüglich „Osterpflicht“ wurde in jenen „josephinischen Jahren“ gleich nach dem Pfingstfest der Beichtstuhl weggetragen und am Kirchen- Dachboden bis zur nächsten österlichen Zeit verwahrt. Während des Jahres hat einfach niemand zu beichten!

    Es wird nicht so oft vorkommen, dass ein Theologieprofessor für seinen ehemaligen Seminaristen Material für dessen diözesanen Vorbereitungsprozess sammelt, um einen römischen Seligsprechungsprozess einzuleiten. Trotz all dieser Bemühungen kam es nicht einmal zur Einleitung (!) des Prozesses. Offenbar hat es hier nicht wie üblich erst am Ende eines Seligsprechungsprozesses in Rom (!) eine Sitzung „de opportunitate“ gegeben, sondern in diesem Fall anscheinend schon vor Beginn der Einleitung des Verfahrens offenbar durch eine gewisse lokale Absprache in St. Pölten (!).

    Wie so oft im Leben – auch der Kirche – lebt alles von Kompromissen. Der oben schon erwähnte Prof. Erdinger schuf fünf Jahre nach dem Heimgang von Pfarrer Brenner mit seinen bisher gesammelten Materialien ein Buch über seinen ehemaligen Studenten. Somit war das aufmerksame Bemühen Prof. Erdingers nicht ganz vergebens, und zwar im doppelten Sinn: Erstens: durch das von ihm verfasste Buch:

    „Der österreichische Vianney“
    Ein Lebensbild
    Verlag Heinrich Kirsch,
    Wien 1873.

    Dadurch wurde Pfarrer Brenner unauffällig der Öffentlichkeit bekannt gemacht, ohne auf die schwierige Aufarbeitung der kirchlich noch voll im Schwunge befindlichen (staatskirchlichen) Doktrin des jansenistischen Josephinismus eingehen zu müssen.

    Zweitens wurde das erwähnte Buch (offenbar auf Spiritualsbeschluss) bis in die späten Vierzigerjahre des 20. Jahrhunderts (Nachkriegszeit) jedes Jahr als Tischlesung im Priesterseminar verwendet. Durch fast ein Jahrhundert hat es stillschweigend Generationen von Seminaristen des Sankt Pöltener Priesterseminars geprägt und Verehrer des vorbildlichen Seelsorgers geweckt. Der Verfasser lernte noch einige Mitbrüder aus dem „Weltpriesterstande“ kennen, z.B. Dechant Friedl , der in Rodingersdorf Verwandte hatte und gelegentlich ihres Besuches auch das Grab dieses tapferen jungen und kirchentreu gesinnten Priesters im nah gelegenen Friedhof von Roggendorf besucht hat.

    Der 2004 emeritierte Diözesanbischof von St. Pölten, Prof. Dr. Kurt Krenn, hat geplant, den Diözesanprozess doch zu eröffnen; aber leider kam es nicht dazu. Er erkannte nämlich, dass die Opportunität dazu in seiner Zeit schon gegeben war, insoferne die Periode des Josephinismus mit all seinen Auswirkungen schön langsam zu Ende geht.

    Viele Verantwortliche (aber auch viele Priester) in der Kirche haben bis vor Kurzem in der Seelsorge noch alles „unhistorisch“ gesehen. Sie waren sich dessen nicht bewusst, dass sie eigentlich noch immer „Kinder“ des sich seit zweihundert Jahre auswirkenden Josephinismus waren, so „modern“, zeitaufgeschlossen, „konziliär“, pastoral, basisorientiert oder erlebnismäßig (eventvoll) sie dachten. Alle geschichtlichen Vorgaben der „pietas austriaca“ waren für sie bezüglich der kirchlichen Ordnungen und des Verständnisses des apostolischen Dienstamtes und derr Pastoraltheologie immer noch in jener theologischen Verkürzung, wie sie sie selbst nicht anders gekannt hatten. Und man war der „festen Überzeugung“, dass das „Vatikanum“ keine erneuernden Aussagen über das kirchliche Amtsverständnis habe.

Das jetzige „Jahr des Priesters“ könnte, letztlich durch Papst Benedikt XVI. veranlasst, die Gelegenheit sein, die diözesangeschichtliche Bedeutung Pfarrer Brenners überhaupt einmal erst richtig zu sehen:

Erstens als den pastoralen Überwinder der oberbehördlich-staatskirchlich verordneten und normierten Seelsorge und Liturgie (bis hinein in die zum jeweiligen Festgrad verordnete Anzahl von Kerzen).

Zweitens als den Befreier aus dem allzu (!) normen-gläubigen Jansenismus durch die seelsorglich richtige Lehre und Praxis des priesterlichen Dienstes an der Erlöserliebe Jesu, mit der ER uns die Vaterliebe Gottes geoffenbart hat. Nur so erhalten die menschliche Person und ihr Gewissen die angepasste „Pflege“ ihrer ureigenen Würde und den Weg in die „Freiheit der Kinder Gottes“.

Drittens hat Pfarrer Brenner mit seinen „Bundgemeinschaften“ eine in den letzten 80 Jahren damals gänzlich unterdrückte und direkt „unerlaubte“ Form des kirchlichen Gemeinschaftslebens wieder zum Leben erweckt. Wie die Erfahrung zeigt, waren viele Menschen damals, vor allem die jungen Menschen, mit großer Sehnsucht zu solchen kirchlich-religiösen Gemeinschaften bereit und fühlten sich befreit. Ob es nicht auch heute so ist?

Dieser Artikel mit der Darstellung der Bedeutung zweier Priester aus der Diözese St. Pölten kann nur der Anfang sein, um auf die befruchtende Bedeutung des gesamtkirchlichen „Jahres des Priesters“ mit Hilfe des vom Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI., vorgegebenen Beispiels, des heiligen Pfarrers von Ars, anschaulich hinzuweisen. Angeblich hat es auch in Tirol (wo?) ebenso einen „österreichischen Vianney“ gegeben. Die anderen drei erwähnten österreichischen selig gesprochenen Priester:

  • Den seliggesprochenen Pfarrer Otto Neururer aus Götzens, Tirol,
  • den seligen Marianistenpriester P. Jakob Gapp CM und
  • den „Vater“ der jungen Arbeiterlehrlinge im Wien der Gründerzeit, den seligen Gründer des Kalasantinerordens, P. Anton Maria Schwarz Cop,

muss der Verfasser zumindest auch deswegen erwähnen, weil fast alle in den letzten ca. 20 Jahren selig gesprochenen Priester unserer Heimat in unserem österreichischen Kirchenleben fast nur lokal-bedeutsam „gehandelt“ werden und scheinbar keine Bedeutung für die Priester der anderen Diözesen und für die Mitglieder der Ordensgemeinschaften in unserer Heimat haben. Erst das gesamtkirchliche „Jahr des Priesters“ könnte diese Mitbrüder aus dem gewissen disziplinären Provinzialismus herausholen, in den sie eine priester- und kirchenferne Einstellung hineingestellt hat. Und möglicherweise wird dieses „Jahr“ auch die große Bedeutung des bisher in der Diözese St. Pölten fast verschwiegenen seelsorglichen Überwinders des Josephinismus mit sich bringen können.

Zu einem dieser Mitbrüder freut es den Verfasser, dass es eine Entlastung und zugleich eine künstlerische Darstellung gibt. Prof. Ernst Degasperi, Wien, hat das Leben und den Heimgang des eher scheuen Märtyrerpriesters Neururer mit seinem Pinsel „beschrieben“ und den Betrachtern das dramatische Geschehen des Geisteskampfes zwischen Gut und Böse im Leben, Wirken und Leidens dieses „treuen Zeugens“ vorgeführt. Er ist einer der seelsorglichen Zeugen für die christliche Einehe im Angesicht des alles niederwalzenden Totalitarismus des Nationalsozialismus. Dieses Opus ist geplant für einen gesellschaftlich- kirchlichen Höhepunkt im „Jahr des Priesters“.