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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Ansprache bei der Segnung
der Niederösterreichischen Landhauskapelle
in St. Pölten am 15. November 1996

 
Gepriesen sei Gott, der Schöpfer des Menschen und der Welt, der Geber alles Guten, das Ziel aller Geschichte.

In dieser Stunde richtet sich das Gebet unseres Herzens an Gott, dem wir danken und dem wir alles empfehlen, was heute seinen segensvollen Beginn haben soll. Die neue Landeshauptstadt St. Pölten erhält heute ihr neues Landhaus, wo der Landtag, die Landesregierung und die Verwaltung zum Gemeinwohl der Bürger unseres Landes Niederösterreich zusammenwirken werden. Viele haben an diesem Haus gebaut. Geist und Können, Ideen und Weitblick haben in diesem Haus neue Formen gefunden.

Wegen der Sorge um die Menschen ist in dieser heutigen historischen Stunde unser Blick auf Gott gerichtet: Wie das alte Landhaus in Wien hat auch das St. Pöltner Landhaus hier eine Stätte des Gebets erhalten: die Landhauskapelle. Diese Stätte soll gesegnet werden, da wir sie Gott weihen und dem hl. Landespatron Leopold widmen. Für alle Zeiten sollen gläubige Menschen an diesem Ort beten; es sollen Maß an Christus nehmen jene, denen die Sorge um das Gemeinwohl der Bürger übertragen ist; es sollen hier in turbulenten Stunden den inneren Frieden jene finden, die Gottes Willen zu tun bereit sind.

Die neue Landeshauptstadt gehört zum Gebiet der Diözese St. Pölten. In einer Grußadresse des Bischofs und der Diözese heißt es: "Anläßlich der Segnung und Eröffnung des neuen Niederösterreichischen Landhauses am 15. November 1996 erbittet die Diözese St. Pölten den Schutz und Segen Gottes für unser Land und entbietet dem Präsidenten und den Mitgliedern des NÖ Landtags, dem Herrn Landeshauptmann und der Landesregierung, den Beamten und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zum Gemeinwohl der Bürger die besten Segenswünsche und einen herzlichen Willkommensgruß in der Stadt des heiligen Hippolyt" (St. Pöltner Diözesanblatt vom 1. November 1996, Nr. 11, Seite 1).

Für die Feier des Eucharistischen Opfers in dieser Landhauskapelle und zur immerwährenden Erinnerung an den heutigen Tag stiftet unsere Diözese Kelch und Patene. Die lateinische Inschrift am Kelch lautet in deutscher Übersetzung: "Die Diözese St. Pölten für die Kapelle der Hauptstadt des Landes Niederösterreich. Wie gut passen zusammen Frömmigkeit und Schicksal der Menschen. Österreich, lebe lang! Gott selbst sei Dein Begleiter!"

Der hl. Landespatron Leopold, dem wir diese Kapelle widmen, sei mit seinem heiligen Leben und Tun das Zeugnis dafür, daß Gott in heiligen Menschen Wunderbares wirkt. Sein Fest, das wir alljährlich feiern, sei ein Aufruf zu Gottvertrauen und Gottesfurcht.

Die Wichtigkeit und Würde des Tages nehmen heute auch unsere Gedanken, Pläne und Wünsche in die Pflicht. Erheben wir heute unsere Interessen und Einsichten über die engen Grenzen des Alltags und des kleinlichen Gezänks hinaus. Vereinen sollte uns alle das Wort "Friede". Zur Stadt Gottes Jerusalem sagt der Psalmist: "Wegen meiner Brüder und Freunde will ich sagen: In dir sei Friede" (Ps 122,8).

Erbitten wir heute für unser geliebtes Land den Frieden; immer wieder ist Krieg über unser Land gezogen. Krieg und Verwüstung, Haß und Streit unter den Menschen, unbekümmerter Egoismus und Benachteiligung, Vorurteil und Lüge, Gottlosigkeit und Verachtung des Menschen, Ungerechtigkeit und Entsolidarisierung seien fern von uns.

Der Friede ist eine Gabe Gottes, die das Werk von Menschen guten Willens sein will. Der Friede unter den Menschen kann dauerhaft nur gelingen, wenn er anderes will als die Harmonisierung der bloß menschlichen Bedürfnisse und Ansprüche. Wenn Friede sein soll, muß auch die Ordnung Gottes zu ihrem Recht kommen. Was unter Menschen das friedvolle Zusammenleben trägt und sichert, braucht den göttlichen Grund. Keine irdische Autorität, kein menschlicher Gesetzgeber und kein Geschöpf kann dem Menschen jene Würde verleihen, die Gott selbst jedem Menschen vor allem Zutun der Gesellschaft schon gibt. Es ist die Ehrfurcht vor der Würde des anderen Menschen, die Gerechtigkeit und nicht bloßen Austausch von Interessen ermöglicht; Liebe ereignet sich dort, wo die Ehrfurcht vor der Würde zur reinen Liebe führt, die das Begehren und Brauchen überschreitet.

Ehrfurcht vor der Würde des Menschen, recht gebildetes Gewissen, Gottesfurcht und Gerechtigkeit für alle sind die Säulen des Friedens; sie tragen länger als Absprachen, Pakte und Verträge. Der Friede ist nicht die Grabesruhe, der Friede ist Leben im Wohlwollen und Einstehen füreinander; der Friede ist Gottes Gnade und die Gewissenssache der Menschen.

Christus ist unser Friede (vgl. Eph 2,14). Sein Friedensmahl laßt uns jetzt halten, sein Dankopfer laßt uns Gott darbringen für Frieden und Heil.


Siehe auch:
Hirtenbrief anläßlich der Segnung der Niederösterreichischen Landhauskapelle in St. Pölten

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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 23.10.1997.

 

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