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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Profil -Interview vom 20.04.1998:

Bischof Kurt Krenn
über Machtverlust, die Unterstützer von Udo Fischer
und die "Unschuld" Groers.

profil: Herr Bischof, ist die Stellungnahme von Kardinal Groer ein Schuldbekenntnis?
Krenn: Nein, ein Beitrag zum Frieden in der Kirche.

profil: Die Opfer waren von der Erklärung Groers sehr enttäuscht.
Krenn: Ich möchte diesen Leuten, die sich Opfer nennen - ich nenne sie nicht so -, nicht nahetreten. Ich möchte auch nicht ihre Motive beurteilen. Aber ich weiß inzwischen einiges, was den Schluß, den die Mehrheit zieht, unzulässig macht. Ich kann diesen Menschen nur raten, zu verzeihen und selber Verzeihung zu suchen. Ich glaube nicht, daß jemand in etwas involviert ist, ohne auch selber ein Sünder zu sein.

profil: Sind die Kläger für Sie also Lügner?
Krenn: Das weiß ich nicht. Aber ich gebe niemandem einen Persilschein, nur weil er sich Opfer nennt.

profil: Aber mit der Formulierung "oft unzutreffende Behauptungen" gesteht sogar Kardinal Groer selbst eine Teilschuld ein.
Krenn: Was damit gemeint ist, weiß nur er.

profil: Ist die Affäre Groer für Sie mit der Erklärung des Kardinals beendet?
Krenn: Für mich hat es die Causa Groer nie gegeben. Ich habe es nur auf mich genommen, einen Menschen zu verteidigen, auf den alle losgehen. Das ist auch in Zukunft mein Wille.

profil: Sie sind von seiner Unschuld nach wie vor überzeugt?
Krenn: Sonst täte ich es ja nicht. Viele Medien erliegen längst übelsten Vorurteilen und haben Kardinal Groer abgeurteilt. Ihm werden heute die elementarsten Menschenrechte verweigert. Die Kirche kann es sich nicht leisten, einen Menschen zu verurteilen, weil er schweigt.

profil: Die Zeugenaussagen gegen den Kardinal sind zahlreich und erdrückend.
Krenn: Ich kenne keine Zeugenaussagen, bisher wurde ich nicht einbezogen. Ich habe genug Einsichten in die Person Groer, die ich schätze. Alles andere muß bewiesen werden.

profil: Die Medien haben viele Zeugenaussagen veröffentlicht.
Krenn: Die Medien veröffentlichen viel, ich selber habe nur einen einzigen Brief erhalten.

profil: Welchen Brief?
Krenn: Das ist egal. Ich habe mit dem Autor darüber gesprochen.

profil: Dem Brief glauben Sie auch nicht?
Krenn: Um dem Schreiber nicht zu nahe zu treten, will ich dazu nichts sagen.

profil: Die Laienorganisationen zeigen sich von der Erklärung des Kardinals ebenfalls enttäuscht.
Krenn: Es geht nicht darum, ob jemand zufrieden ist, es geht darum, was wirklich ist.

profil: Viele Gläubige scheinen so unzufrieden zu sein, daß beim Papstbesuch in St. Pölten Proteste zu erwarten sind. Was werden Sie dagegen unternehmen?
Krenn: Der Heilige Vater wird sehen, was ist, und alles richtig zu bewerten wissen. Nur: Einschüchtern wird uns niemand können. Wer mit solchen Dingen droht, ist in Wahrheit schon längst außerhalb der Liebesordnung der katholischen Kirche. Ich werde sagen: Lieber Heiliger Vater, das gilt ja nicht Ihnen; vielleicht gilt es mir.

profil: Sie haben sich beim Papst immer für die Person Groers eingesetzt. Ist seine Erklärung eine Niederlage für Sie? Zählt in Rom jetzt die Meinung der Bischöfe Schönborn, Eder und Weber mehr?
Krenn: Ich habe mit dieser Sache mehr zu tun gehabt, als die Öffentlichkeit weiß. Ich glaube nicht, daß man einen Verteidiger eines Menschen einen Verlierer nennen kann. Ich habe das nie als Kampf für mich gesehen. Es ist nicht leicht, jemanden zu verteidigen, gegen den alle schreien. Leichter ist es, mit der großen Meute zu bellen. Ich stehe aber hinter der Erklärung von Kardinal Groer und stehe hinter jedem Schritt, den Rom macht. Das ist ein katholisches Prinzip.

profil: Ihre Position scheint auch innerhalb der Bischofskonferenz geschwächt.
Krenn: Das überlassen Sie ruhig mir. Mein Einfluß ist so groß, wie ihn der liebe Gott will. Wenn es weniger Einfluß ist, wird es immer noch genug sein. Eure Waage ist eine Waage, auf der ich mich nicht wiegen lasse. Außerdem verstehen wir Bischöfe uns viel besser, als viele meinen.

profil: Während die Causa Groer zumindest vorerst beendet scheint, ist im Fall Udo Fischer keine Klärung in Sicht.
Krenn: Pater Fischer hat letzten Donnerstag einen Termin bei mir gehabt, ist aber nicht gekommen. Das nenne ich Dialogverweigerung. Jetzt muß er sich bemühen.

profil: Wie beurteilen Sie die 130.000 Unterstützungserklärungen für seine Person?
Krenn: Ich könnte für irgend etwas anderes noch viel mehr Unterschriften zusammenbekommen. Wir leben ja nicht in einer Unterschriftenwelt. Was hat mir zum Beispiel ein Vorarlberger in dieser Sache mitzuteilen? Hier herrscht eine große Inkompetenz. Es geht nicht, daß man jemanden durch Unterschriften aus einer Situation gleichsam heraushaut.

profil: Die Unterschriften sind eine Willensäußerung des Kirchenvolkes.
Krenn: Eines ganz gewissen Kirchenvolkes, da muß man unterscheiden. Diese Willensäußerung bedeutet wenig, sie kommt von Menschen, die oft falsch informiert sind und zum Teil emotional verladen werden. Ich will die Dinge nicht schlechtmachen, aber es sind Menschen, die manchmal gar nicht wissen, wo St. Pölten liegt.

Interview: Peter Schneeberger


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 27.04.1998.

 

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