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ZZ 14/2001

ZZ im Gespräch

Exzellenz Krenn: bei katholischen Couleurstudenten gerne gesehen; Bild: LechnerBildmontage: Diözese St. Pölten

Kurt Krenn, Bischof von St. Pölten, über die Katholische Kirche und die Pius-Bruderschaft
 

Die Kirche braucht kein Marketing!“
 

 


Exzellenz, für die breite Öffentlichkeit ist die Übersiedlung von Bischof Kapellari von Gurk nach Seckau etwas überraschend gekommen. Für Sie ebenfalls?

Professor Dr. Kurt Krenn: Überhaupt nicht. Das war eine logische Ernennung. Kapellari ist ja gebürtiger Leobener, war dann in Kärnten. Und es ist nicht so selten in der Kirche Gottes, daß einer dann in seine Heimat wieder als Bischof zurückkehrt. 

Kapellari sagte in einem Interview gesagt, es wäre ein Opfer für ihn. Hätte man ihn das Opfer nicht ersparen können?

Krenn: Das weiß ich nicht, So ein großes Opfer ist es dann wohl wieder nicht. Sicher, er war gut eingeführt und hat auch gut gewirkt, doch jetzt muß er neu anfangen. Aber ich glaube, er ist noch jung genug, um dies zu tun. 

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was passiert jetzt mit der Diözese Gurk? Da werden eine Reihe von Kandidaten genannt, und eigentlich rechnet die Mehrheit mit dem Abt Henkel-Donnersmarck.

Krenn: Das kann ich nicht bestätigen, aber eine solche Besetzung wäre sicher eine gute. Aber ich weiß nicht, ob es der Papst so will. Das ist eine Sache, die wir nicht beantworten können, wir werden erst jetzt gefragt. Ich halte es für möglich, und wenn es so wäre, für eine gute Lösung, aber ich weiß es wirklich noch nicht, im Augenblick. 

Es hat vor einiger Zeit eine Serie von Kardinalsernennungen gegeben. Überraschend war dabei die Ernennung von Bischof Lehmann? Wie würden Sie das kommentieren?

Krenn: Gar nicht. 

Sie werden immer wieder von einzelnen Kommentatoren mit der Kurie in Verbindung gebracht. Ist das etwas, was Sie anstreben, ist das etwas, was im Raum steht, und wenn dem so ist, in welchem Zeithorizont wäre das. 

Krenn: Was Sie mit Kurie meinen, weiß ich nicht. Das ist momentan überhaupt nicht aktuell. Ich strebe es sicher nicht an. Aber wenn der Papst es will, gehe ich dorthin.

Die Kirche war in Österreich in den letzten Jahren ein bißchen im Aufruhr. Mittlerweile ist es etwas ruhig geworden. Gibt es da bestimmte Gründe dafür?

Krenn: Es zeigt sich doch, daß hinter diesem Aufruhr, wie Sie ihn nennen, natürlich nicht viel ist. Denn man muß ja auch, wenn man Menschen bewegen will, irgendwo Ideen haben, Ziele haben, Geist haben, und wenn das sich nicht zeigt, dann beglückt es die Menschen auch nicht.

Dieser Aufruhr für die Kirche ist nicht besonders gut gewesen. Es hat verstärkt Austritte und eine Abkehr von der Kirche gegeben. In Wien beispielsweise ist die agnostische Bewegung fast genau so stark bereits wie die katholische Bewegung. Glauben Sie, daß sich das jetzt bessern kann?

Krenn: Wien ist immer sehr schwierig. Man soll von diesen Schwierigkeiten nicht auf ganz Österreich schließen. Ich möchte sagen, wir haben es hier viel besser und viel leichter. Man soll also nicht mit dem Finger dorthin zeigen, wo mehr ausgetreten sind. Bei uns z.B. wir sind hier beileibe nicht so geplagt von Austritten. Wir sind in der Statistik, was wenig Austritte betrifft, die zweitbesten. Nur das Burgenland ist noch besser als wir. Ich glaube nicht, daß man so sehr die Austritte immer mit Vorkommnissen in der Kirche oder mit Personen verbinden soll. Das ist auch die Unwilligkeit der Menschen, nämlich den Kirchenbeitrag zu leisten, und manche meinen, sie können sich von dem befreien und treten aus.

Neben personellen und pekuniären Ursachen ist es nicht auch so ein bißchen die Werthaltung in der Öffentlichkeit? Geht es uns nicht ein bißchen zu gut? Also, die Kirchen in Ländern, wo es den Menschen nicht so gut geht, die florieren. Bei uns scheint es offensichtlich nicht so zu sein.

Krenn: Wohlstand ist sicher nicht unbedingt ein Weg zu Gott. Aber ich bin froh, wenn unsere Leute einen gewissen Wohlstand haben, er ist ja nicht zu groß, er ist auch nicht so, daß wir ständig von Armut reden müssen. Aber ich meine auch, daß es dann der Glaube ist, der gegeben sein muß. Denn wenn man einmal nicht glaubt, dann wird manches man einfach nicht tun wollen. Und wir haben ja auch in Österreich bzw. Mitteleuropa unter Christen und Nichtchristen eine große Zahl von Pharisäern. Pharisäer in dem Sinn, daß sie etwas kritisieren und selber genau das gleiche tun. Diese Pharisäer kennen wir. Deswegen ist auch dann deren moralische Zeigefinger nicht sehr glaubwürdig. Aber er richtet Schaden an, denn viele meinen dann, jetzt habe ich eine gute Ausrede, mit der Kirche ins Gericht zu gehen oder diese gar zu verlassen.

Wir sind in der (vor-)österlichen Zeit: Welche Botschaft hat die Kirche, um jetzt einer Wohlstandsgesellschaft zu sage: Vergeßt nicht auf die Werte, die wir Euch bieten können?

Krenn: Unsere Botschaft ist ganz einfach, daß wir den Menschen sagen müssen, Gott ist wirklich. Wenn für den Menschen Gott wirklich ist, dann werden sie auch bereit sein, ihr Leben zu ordnen, werden sie bereit sein, vielleicht manches Böse, was sie getan haben, zu bereuen. Man muß an Gott glauben, damit man überhaupt dann weiß, wo es langgeht. Der Mensch versteht sich selber nicht, wenn er nicht an Gott glaubt. Alle die Klugen, die meinen, es gebe keinen Gott, sind ja auch meistens Pharisäer. Im alten und im neuen Sinn, daß sie eben Prinzipien auftun, Forderungen stellen und meistens selber gar nichts dafür tun.

Ist es jetzt nicht für die heranwachsenden Leute, die ja eigentlich das Hauptinteresse für die Kirche darstellen müssen, sehr schwierig das zu begreifen: Gott ist wirklich? Und was kann man tun, um diese jungen Menschen wieder zu gewinnen?

Krenn: Das kann man schon begreifbar machen, denn man muß selber leben in diesem Anspruch, Gott ist wirklich. Da werden die Leute sagen, warum macht denn der das oder das, oder warum sucht er denn nicht nur seinen Vorteil, sondern denkt an andere. Alle diese Fragen sind ja ein Zeugnis dafür, Gott ist wirklich. Das geht schon, nur glaube ich wirklich, daß wir manchmal etwas müde sind zu sagen, daß Gott wirklich ist, und das auch zu zeigen. Das ist ja nicht nur ein Bekenntnis in Worten, sondern es ist auch ein Lebenszeugnis. Um das geht es. Und das nehmen die Menschen dann schon wahr.

Was ich ansprechen möchte, um jetzt einen modernen Begriff zu verwenden: Fehlt der Kirche nicht ein bißchen das Marketing?

Krenn: Naja, Methoden, Formalien sind wichtig, aber sie machen es nicht aus. Wir werden auch immer wieder angehalten, uns in den Medien gut zu benehmen oder gewinnend zu wirken. Da gibt es ein paar Tricks, die man uns sagt. Aber ich glaube, die Tricks braucht man gar nicht, wenn man überzeugt ist, wenn man mit seinem Leben und seiner Person einsteht. Marketing ist dort notwendig, wo man etwas verschleiern muß. Wir wollen ja nichts verschleiern. 

Wenn sie aber die Wahrheit vertritt, dann ist es umso wirkungsvoller. 

Krenn: Ja sicher, ich bin ja auch nicht dagegen, aber ich sage nur, das macht es nicht aus. Und es wird sich kein Mensch ändern und keiner wird sich bekehren, wenn er, sagen wir mit einem Bischof zu tun hat, der nur Marketing macht, auch wenn er es noch so gut macht. 

Seit kurzem gibt es Gespräche zwischen hohen Stellen der Pius-Bruderschaft und dem Vatikan, erstere in Österreich vertreten durch Pater Dr. Michael Weigel. Was wissen Sie darüber, und wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?

Krenn: Ich weiß davon natürlich und kann mir nur wünschen, daß dieser Versuch, wie soll ich sagen, einer Einigung und einer neuen Gemeinschaft, um das geht es ja, daß der geling. Ich kann nur sagen, ja, es möge gelingen. Ich glaube aber nur, daß diese Versuche alle noch etwas gefährdet sind, denn viele sagen zwar, sie vertreten den Glauben, die Kirche usw. Aber viele wollen einfach nur recht haben. Jeder muß dem anderen auch etwas zugestehen. Ich hoffe, daß es zu einer neuen Gemeinschaft und Versöhnung kommt, wie soll ich sagen, das ist ja gar nicht das Wort, denn es versuchen Papst und Bischöfe und diese Gemeinschaft, die Erzbischof Lefèbvre nicht gegründet hat, nein es ist ja nur einfach eine Tatsache einer bestimmten Opposition, daß das wieder in eins findet, denn ich glaube, die Pius-Bruderschaft hat eine hohe substanzielle Bedeutung, auch für den Glauben. Nur müssen sie auch merken, daß sie nicht allein sind. Und sie müssen sich abgewöhnen, daß sie allein die Besten sind. Sie sollen die Besten sein, aber sie sollen es nicht allein sein.

Das Gespräch führten
W. Tributsch und M. Pfeiffer.

   

 
Univ.-Prof. Dr. Kurt Krenn
Geboren am 28. Juni 1936 in Rannariedl (Oberösterreich). 1947–1954 Realgymnasium in Schlierbach, 1954 Eintritt in das Priesterseminar in Linz. 1955–1965 Studium der Philosophie und der Theologie an der Pontificia Universitas Gregoriana und des Kirchenrechtes an der Pontificia Universitas Lateranensis in Rom. 7. Oktober 1962 Priesterweihe, 1970–1975 Professor der Philosophie in Linz. 3. März 1987 Ernennung zum Weihbischof der Erzdiözese Wien 11. Juli 1991 Ernennung zum Bischof von St. Pölten. Seit dem 15. September 1991 Diözesanbischof von St. Pölten.
   


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