www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation

Geistliches Testament des verstorbenen Nuntius Squicciarini
(24. April 1927 - 5. März 2006)

Donato Squicciarini

Während ich den Zeitpunkt kommen spüre, die Augen in diesem irdischen Leben zu schließen, das der Herr mir schenken wollte, möchte ich im Geiste vieler Glaubens­zeugen ausrufen: „Alles ist Gnade!“

In dieser Situation ist mir oft ein Satz des Völkerapostels in den Sinn gekommen, den er am Ende seines irdischen Lebens in seinem zweiten Brief an Timotheus geschrieben hat:

“Bonum certamen certavi, cursum consummavi, fidem servavi. In reliquo reposita est mihi corona iustitiae, quam reddet mihi Dominus in illa die iustus iudex: non solum autem mihi, sed et iis, qui diligunt adventum eius. – Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten.“ (2 Tim 4,7f)

Ich bete die Heiligkeit Gottes an und danke dem Geber alles Guten für die mir geschenkten Lebensjahre und für die Berufung zum Priestertum, die in einer christlichen Familie gereift ist, wo meine Eltern ein aufrichtiges Beispiel der Verfügbarkeit in den Willen des Herrn gegeben haben. Als ich den Ruf zum Priestertum gespürt habe, ist es für mich deshalb eine Selbstverständlichkeit gewesen, ihm schon seit den Jahren meiner Kindheit zu folgen. Ich habe meine Ausbildung im Knabenseminar in Potenza begonnen und – auf Wunsche meines Bischofs – im Knabenseminar in Rom, im Römischen Priesterseminar, im Römischen Seminar für die Juristischen Studien und in der Päpstlichen Diplomatenakademie fortgeführt.

Durch die Ermutigung meines damaligen Bischofs, des Salesianers Msgr. Salvatore Rotolo, trat ich im Jahr 1956 in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhles. Nach dem Abschluß der vorgesehenen Studien führte mich dieser Dienst nacheinander nach Panama, nach Columbien, in die Bundesrepublik Deutschland, in die Türkei, in das Staatssekretariat und nach Österreich zu den Internationalen Organisationen in Wien.

Am 30. August 1978 wurde ich durch das Wohlwollen Papst Johannes Pauls II. zum Titularerzbischof von Tiburnia ernannt und am 26. November des gleichen Jahres vom damaligen Erzbischof von Wien, Kardinal Franz König, in der Kathedrale von Altamura, wo ich schon durch Handauflegung durch den obengenannten Bischof Rotolo am 12. April 1952 die Priesterweihe empfangen habe, zum Bischof konsekriert.

Von 1978 bis 1981 wirkte ich als Apostolischer Nuntius in Burundi und von 1981 bis 1989 – auf Wunsch Papst Johannes Pauls II. – in Camerun, Gabun und Äquatorialguinea. 1989 ernannte mich der Heilige Vater zum Apostolischen Nuntius in Österreich und – bis 1994 – zum Vertreter des Heiligen Stuhles bei den Internationalen Organisatio­nen in Wien.

Im Lauf dieser Jahre im Dienst des Heiligen Stuhles und der Weltkirche habe ich überall das Geheimnis der Kirche bewundern dürfen, die trotz der menschlichen Grenzen und Fehler wächst und sich ausbreitet. In der Betrachtung dieser Wirklichkeit habe ich stets an die Gegenwart Gottes in Seiner Kirche geglaubt und an die Wirksam­keit des Handelns Christi, des einzigen Erlösers, in der von Ihm gegründeten Kirche.

“Et ecce ego vobiscum sum omnibus diebus, usque ad consummationem saeculi. –

Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)

Ich habe immer den Beistand des Heiligen Geistes betrachtet, der fortdauernd über der Kirche schwebt und sie im Lauf ihrer Geschichte begleitet.

Ich habe auch die fürsorgliche Gegenwart der seligen Jungfrau Maria vor Augen gehabt, der Mutter eines jeden Christen und der ganzen an Christus glaubenden Gemeinschaft.

Ebenso habe ich auch die Wirksamkeit des Dienstes des heiligen Petrus bemerken dürfen, dem der Herr die Sorge für die ganze Kirche anvertraut hat. „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam. – Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ (Mt 16,18)

Diese Sicht des Glaubens hat mir stets Mut, Kraft und Begeisterung gegeben, um die vom Herrn mir geschenkten Talente in Seinem Dienst fruchtbar zu machen.

Während meiner ganzen Aktivität im Dienst der Weltkirche habe ich mich immer von den Worten meines bischöflichen Wahlspruchs leiten lassen: „Veritas et Caritas“, entnommen dem Brief des heiligen Apostels Paulus an die Epheser (vgl. Eph 4,15).

Ich danke dem Herrn für all das, was ich mit Seiner Hilfe Gutes tun konnte.

Ich bitte um Verzeihung für die Unzulänglichkeiten in Gedanken, Worten, Werken und Unterlassungen. Diese Bitte um Verzeihung richte ich an Gott, den barmherzigen Richter, und auch an die Menschen, die vielleicht meine Absichten als nicht konform mit dem Willen Gottes betrachtet haben können.

Ich lege alles voll Vertrauen in die Hände Gottes: „In manus tuas commendo spiritum meum. – In deine Hände lege ich meinen Geist.“ (Ps 31,6; Lk 23,46)

Nach diesen Gedanken geistlichen Charakters, möchte ich auf den getrennten Blättern meinen letzten Willen bezüglich der meiner Person gehörenden zeitlichen Güter kundtun.

Wien, 2. Februar 2002
Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes

 

+ Donato Squicciarini

Titularerzbischof von Tiburnia

Apostolischer Nuntius in Österreich