www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation

Krankensalbung

Karl Hörmann: LChM 1969, Sp. 693-701

1. Jesus, der selbst viele Kranke heilte, sandte die zwölf Apostel mit dem Auftrag aus, das Reich Gottes zu verkünden und Kranke zu heilen (Lk 9,2). Die Heilgewalt, mit der er sie ausrüstete, stand in Verbindung mit der Vollmacht, die Herrschaft der Dämonen zu brechen (Mt 10,18; Mk 6,7; Lk 9,1; vgl. Mk 16,17 f). Die Apostel führten diesen Auftrag aus (Mk 6,12, Lk 9,6): „Dabei trieben sie viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten“ (Mk 6,13). Die Übung, Kranke „im Namen des Herrn“ zur Heilung mit Öl zu salben, wurde beibehalten; Jakobus weist an: „Ist jemand unter euch krank? Er soll die Presbyter der Gemeinde zu sich rufen lassen. Die sollen über ihn beten, indem sie ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet d. Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden begangen hat, so werden sie ihm vergeben werden“ (Jak 5,14 f). Gestützt auf diese Aussagen der Hl. Schrift sieht die Kirche die Krankensalbung als ein in Christi Anordnung begründetes (D 1694 f 1699 1716 [907 f 910 926]) Heilmittel für Seele und Leib (D 620 1311 1325 1696 [315 695 700 909]), als wahres Sakrament (D 794 833 860 1310 1324 1601 1694 1699 1716 f 1864 2536 3448 [424 451 465 695 700 844 907 910 926 f 1470 2048]) an.

Von der Krankensalbung sind Heilwirkungen für Seele und Leib zu erwarten. Die Seele kann sie von Sünden reinigen („wenn er Sünden begangen hat, so werden sie ihm vergeben werden“, Jak 5,15; D 620 1696 1717 [315 909 927); Thomas von A., S.Th. Suppl. q.31 a.1), näml. 1. von Überresten der Sünde (D 1696 [909]), etwa von Trägheit und Schwäche, die aus der Erbsünde und persönl. Sünden stammen (Cat. Rom. II 6,14) und sich in der Krankheit bes. fühlbar machen, und von zeitl. Sündenstrafen; 2. von läßlichen Sünden (Cat. Rom. II 6,14); 3. von Todsünden in dem Fall, wenn der Kranke erst unter dem Gnadeneinfluß der Krankensalbung zu einer hinreichenden Reue über diese Sünden gelangt. All das läßt die Krankensalbung als Vollendung des Bußsakraments und des ganzen christl. Bußlebens erkennen (D 1694 [907]). Ferner stärkt dieses Sakrament den Kranken seelisch durch Weckung des Vertrauens auf die göttl. Barmherzigkeit („der Herr wird ihn aufrichten“, Jak 5,15; D 1696 1717 [909 927]; 2. Vat. Konz., Presbyterorum ordinis 5) und befähigt ihn so, die Beschwerden der Krankheit (D 1696 [909]) und die Todesnot (D 1694 [907]; Cat. Rom. II 6,14) leichter und heilbringender zu ertragen und den Anfechtungen des bösen Feindes entschiedener zu widerstehen (D 1696 [909]; Cat. Rom. II 6,14). Der leidende und verherrlichte Herr, dem die Kirche den Kranken empfiehlt, kann ihn umso eher aufrichten und retten, je bereitwilliger er sich als Kranker mit Leiden und Tod Christi vereinigt (2. Vat. Konz., Lumen gentium 11). Das Gnadengeschehen der Krankensalbung ist somit eine besondere Auswirkung jener Schicksalsgemeinschaft mit Christus, in der der Christ seit seiner Taufe steht. Wenn die Krankensalbung einen Kranken, der in der Gnadenverbindung mit Gott lebt, darin stärkt (D 1696 1717 [909 927]), erweist sie sich als Sakrament der Lebenden; wenn ein Kranker erst durch sie Vergebung der Todsünden und Gnadenleben erlangt, als Sakrament der Toten. Dem Leib kann die Krankensalbung große Gefügigkeit gegenüber der Seele in der Ausführung des Willens Gottes und in manchen Fällen Gesundheit oder Erleichterung der Krankheit („das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten“, Jak 5,15; D 620 1311 1325 1696 [315 695 700 909]; Cat. Rom. II 6,14) bewirken. Diese Wirkung ist nicht sosehr als eine wunderbare Heilung aufzufassen wie vielmehr als ein Hinüberwirken des übernatürl. Friedens der Seele auf den Leib. Auch unter diesem Gesichtspunkt empfiehlt es sich, die Krankensalbung nicht bis zu dem Zeitpunkt hinauszuschieben, an dem nur mehr eine wunderbare Heilung helfen könnte.

Die Krankensalbung ist also das Sakrament der stärkenden Gnade für die Kranken, nicht erst der Sterbenden. Das 2. Vat. Konz. betont, daß an Stelle der Bezeichnung „letzte Ölung“ oder „Sakrament der Sterbenden“ (vgl. D 1698 [910]; Cat. Rom. II 6,2) der Name „Krankensalbung“ verwendet werden soll (Sacrosanctum Concilium 73).

2. Die Krankensalbung bietet dem kranken Christen die Möglichkeit, seine in der Taufe begonnene Eingestaltung in Christus in einer der Krankheit gemäßen Weise zu vollenden.

a) Wohl darf man nicht sagen, daß die Krankensalbung jedem Christen heilsnotwendig wäre, er kann ja die heilsnotwendige Gemeinschaft mit Christus auch auf andere Art pflegen. Immerhin liegt in der Krankensalbung eine so bedeutsame Möglichkeit dazu, daß die Kirche wünscht, niemand möge sie in schwerer Krankheit ungenützt lassen (CICc. 944). Schwerer Sünde könnte man durch ihre verächtl. Zurückweisung schuldig werden (D 1259 1699 1718 [699 910 928]).

Auf der Umgebung des Kranken kann eine schwere Pflicht liegen, ihn mit der Krankensalbung versehen zu lassen, weil sie für ihn eine letzte Hilfe sein kann, zur erforderl. Reue über seine Sünden zu kommen (vgl. CICc. 944).

b) Zum gültigen und fruchtbaren Empfang der Krankensalbung muß der Empfänger bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

b 1) Des Empfanges fähig ist nur ein Getaufter. Durch die Krankensalbung soll ja die in der Taufe grundgelegte Christusgemeinschaft in besonderer Weise ausgestaltet werden.

b 2) Da das Sakrament für die Kranken bestimmt ist („Ist jemand unter euch krank?“ Jak 5,14), kann es nur ein Christ empfangen, der ernstl. erkrankt, also durch Krankheit (auch Altersschwäche) in Todesgefahr geraten ist (D 1324 1698 [700 910]; Cat. Rom. II 6,9; CICc. 940 § 1). Die Todesgefahr ist allerdings nicht erst beim Sterben selbst gegeben, sondern schon dann, wenn die Krankheit (Altersschwäche) anfängt, bedenkl. zu werden (vgl. 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 73). Selbstverständl. soll man auf die Spendung des Sakraments an einen Sterbenden, der noch nicht mit der Krankensalbung versehen wurde, bedacht sein; sogar im Zweifel daran, ob er noch lebt, kann man es ihm bedingungsweise („wenn du lebst“) spenden (CICc. 941; Pius XII., UG 5551 [DRM XIX 620]). Nach der Bestimmung der Kirche soll man die Krankensalbung in derselben schweren Krankheit nur einmal empfangen; wiederholt darf sie werden, wenn der Kranke nach Besserung seines Zustandes durch dieselbe oder durch eine andere Krankheit in neue Todesgefahr gerät (D 1698 [910]; CICc. 940 § 2).

b 3) Als Vollendung des Bußsakraments setzt die Krankensalbung im Empfänger die Fähigkeit, persönl. Sünden zu begehen, also den Vernunftgebrauch voraus (D 3536 [2144]; CICc. 940 § 1).

b 4) Zustandekommen kann das Sakrament nur für den kranken Christen, der es empfangen will (der die habituelle Intention wenigstens eingeschlossen in einem anderen Verlangen hat, z.B. im Wunsch, mit den Heilsmitteln der Kirche versehen zu sterben; vgl. D 2382 [ – ]).

b 5) Als Sakrament, das die dem Menschen in der Kirche gegebene Christusgemeinschaft ausformt, setzt die Krankensalbung voraus, daß der Kranke im Gnadenstand (Sakrament der Lebenden) und im Frieden mit der Kirche lebt.

Wenn er sich schwerer Sünde bewußt ist, soll er vor Empfang der Krankensalbung durch das Bußsakrament wieder in die Kommuniongemeinschaft der Kirche aufgenommen und mit Gott versöhnt werden („Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, auf daß ihr Heilung erlangt“, Jak 5,16; D 216 620 [99 315]; Cat. Rom. II 6,12; Rit. Rom. VI 1,2). Einem Kranken, der in einer offenkundigen Todsünde unbußferig verstockt verharrt, verweigert die Kirche die Krankensalbung, um nicht an einem Sakrileg mitzuwirken; sie wünscht jedoch die bedingungsweise Spendung („wenn du willst“), falls die Unbußfertigkeit als unsicher erscheint (CICc. 942).

Damit sich der Kranke in wünschenswerter Weise vorbereiten kann, soll ihm die Krankenölung nicht erst in der Todesstunde, sondern schon bei Beginn der Todesgefahr gespendet werden (2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 73; Cat. Rom. II 6,9). Der Kranke soll vor der Krankensalbung beichten und den päpstl. Segen, der unter den entsprechenden Bedingungen mit dem vollkommenen Ablaß für die Todesstunde verbunden ist, empfangen (CICc. 468 § 2; Rit. Rom VI 6) und nach ihr mit der Wegzehrung (Eucharistie) gestärkt werden (2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 74; Instr. C. Sacr. 26.9.1964, 68). Der vollkommene Ablaß durch den päpstl. Segen wird dem Kranken in der Todesstunde zuteil, wenn er sich in einer Verfassung befindet, wie sie auch für die Krankensalbung erwünscht ist, näml. wenn er 1. in Gnadenverbindung mit Gott steht und alle seine Sünden hinreichend bereut (womögl. mit Empfang des Bußsakraments und der Eucharistie), 2. sich durch (mündl. oder, wenn nicht mögl., innerl.) vertrauensvolles Anrufen des Namens Jesus mit dem Heiland vereint und so Leiden und Tod bereitwillig hinnimmt und als Sühne für die Sünden aufopfert.

Wer sich im Stand der Todsünde befindet und ohne seine Schuld nicht beichten kann, erlangt durch die Krankensalbung das Gnadenleben (Sakrament der Toten), falls er mit ihrer Hilfe zu einer hinreichenden Reue über seine schweren Sünden kommt.

Obwohl im Normalfall Spender und Empfänger der Sakramente im Frieden mit der Kirche leben sollen, d. h. nur solche Spender solchen Empfängern die Sakramente spenden dürfen, sieht die Kirche den guten Glauben vieler getrennter Christen und die seelische Not, in die Katholiken geraten können. Wenn Ostchristen, die guten Glaubens von der Kirche getrennt sind, in richtiger seelischer Verfassung von sich aus die Krankensalbung erbitten, darf der kath. Priester sie ihnen spenden, falls sie ihren eigenen Priester nicht erreichen können. In gleicher Lage dürfen Katholiken unter Vermeidung der Gefahr des Irrtums von ostkirchl. Spendern, die von der kath. Kirche getrennt sind, das Sakrament verlangen, wenn es nur in deren Kirche gültig gespendet wird (2. Vat. Konz., Orientalium ecclesiarum 84).

3. Die gültige und erlaubte Spendung der Krankensalbung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden.

a) Gültig kann dieses Sakrament nur der Priester zustandebringen („er soll die Presbyter der Gemeinde zu sich rufen lassen“, Jak 5,14; vgl. D 216 1325 1695 1697 1719 [99 700 908 910 929]; CICc. 938 § 1). Die Kirche zählt die Spendung zu den Amtsrechten und -pflichten des Ortspfarrers, dem sie die seelische Betreuung der Kranken, besonders der dem Tode nahen, eindringl. aufträgt; alle andern Priester sollen das Sakrament nur spenden, wenn sie seine oder des Ortsordinarius Erlaubnis vernünftigerweise annehmen können. Im Notfall hat aber jeder Priester die Liebespflicht der Spendung (CICc. 468 § 1; c.938 § 2; c.939).

b) Zur wirkl. Spendung der Krankensalbung ist notwendig, daß der Priester sie spenden will. Zur Erlaubtheit der Spendung muß er sich im Gnadenstand befinden; die dringende Notwendigkeit könnte die Spendung durch einen Priester, der sich im Stand der Todsünde weiß, entschuldigen.

c) Den ernsten Willen, das Sakrament zustandekommen zu lassen, erweist der Spender durch die nötige Aufmerksamkeit, die er aufwendet, um die wesentl. Handlung (Materie und Form) richtig zu setzen.

c 1) Als stoffl. Element (entfernte Materie), das bei der Krankensalbung zu verwenden ist, erkennen wir aus der Hl. Schrift Olivenöl („sie sollen über ihn beten, indem sie ihn mit Öl salben im Namen des Herrn“, Jak 5,14). Gemäß dem Konz. von Trient deutet diese Materie die innere Salbung des Kranken durch die Gnade des Hl. Geistes an (D 1695 [908]; vgl. Cat. Rom. II 6,5). Nach der Bestimmung der Kirche muß das Öl zur Krankenölung von einem Bischof (D 216 1324 1695 2762 f [99 700 708 1628 f]; CICc. 945) oder einem Priester, der dazu vom Apost. Stuhl bevollmächtigt wurde (CICc. 945), geweiht sein. In der Regel darf außer dem Notfall nur Krankenöl verwendet werden, das vom zuständigen Diözesanbischof am letzten Gründonnerstag geweiht wurde (CICc. 734 § 1).

Die sakramentale Handlung (nähere Materie) der Krankensalbung besteht in der Salbung des Kranken mit dem Krankenöl (Jak 5,14; D 216 1324 1695 [99 700 908]; CICc. 937). Zu salben sind die Sinnesorgane (Augen, Ohren, Nase, Mund, Hand, Füße) in der von der Kirche vorgeschriebenen Weise, doch soll die Zahl den Umständen angepaßt werden. Sie früher übl. Salbung der Lenden ist jetzt zu unterlassen. Im Notfall genügt eine einzige Salbung an einem Sinnesorgan oder an der Stirn; bei Aufhören der Gefahr sind die übrigen Salbungen nachzuholen (CICc. 947; Rit. Rom VI 1,15; 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 75). Durch die Salbung der Sinnesorgane soll versinnbildet werden, daß der ganze Mensch von den Sünden geheilt werden soll, die er unter wesentl. Mitwirkung der Sinne vollbracht hat (vgl. Cat. Rom. II 6,10).

c 2) Die Worte, die die Salbungen als Sakrament bestimmen (Form), werden als Gebet gesprochen („sie sollen über ihn beten“, Jak 5,14) und heißen: „Durch diese hl. Salbung und seine mildreichste Barmherzigkeit lasse dir der Herr nach, was du durch das Sehen (Hören, Riechen, Schmecken und Reden, Berühren, Gehen) gesündigt hast. Amen“ (D 1324 1695 [700 908]; CICc. 937; Rit. Rom VI 1,19); bei nur einer Salbung an der Stirn: „... was immer du gesündigt hast“ (Rit. Rom VI 1,20). Die umrahmenden Gebete sollen nach dem Wunsch des 2. Vat. Konz., (Sacrosanctum Concilium 75) so gestaltet werden, daß sie der jeweiligen Verfassung des Kranken, der das Sakrament empfängt, gerecht werden.

d) Zu den Pflichten des Spenders zählt es, darauf zu achten, daß der Kranke in die für den gültigen und fruchtbaren Empfang notwendige Verfassung gebracht wird. Begreiflicherweise muß er sich gerade bei diesem Sakrament häufig mit mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit zufrieden geben („Sacramenta propter homines“; „In extremis extrema sunt tentanda“).


© Gemeinschaft vom hl. Josef · 1996 – 2024