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Revolution

Karl Hörmann: LChM 1976, Sp. 1383-1385

1. Der sittl. Auftrag an den Menschen umfaßt auch die menschenwürdige Gestaltung der gesellschaftl. Verhältnisse (im Rahmen des Staates und der Völkergemeinschaft). Da die Gegebenheiten des menschl. Daseins ständig wechseln, können befriedigende gesellschaftl. Ordnungen nicht ein für allemal gewonnen werden, sondern sind immer wieder neu zu gewinnen (echter Friede, der nur auf einer Ordnung der Gerechtigkeit und der Liebe aufbauen kann, ist nie endgültiger Besitz, sondern muß immer wieder neu errungen werden; 2. Vat. Konz., GS 78). So kann keine staatl. oder internationale Ordnung für immerwährende Zeiten als unantastbar gelten; Reform stellt sich vielmehr als ständige Aufgabe (Sozialreform).

Allerdings können die notwendigen Änderungen auf verschiedenen Wegen herbeigeführt werden: Evolution ist darauf bedacht (unter Achtung der Staatsverfassung), wertvolle Elemente gegebener Ordnung bestehen zu lassen und sie als Ansatz zu erstrebter Reform zu benützen; Revolution dagegen will (im Gegensatz zur Verfassung) mit der vorgefundenen Ordnung grundlegend brechen und völlig neue Verhältnisse schaffen. Wie die Erfahrung zeigt, rufen Revolutionen meistens für eine mehr oder minder große Zahl von Menschen beträchtl. Leiden hervor.

2. Zur sittl. Beurteilung ist darauf zu achten, gegen wen sich die Revolution richtet: gegen eine im wesentl. gerechte gesellschaftl. (internationale) Ordnung oder gegen ungerechte Strukturen in der Gesellschaft; gegen legitime und ihre Macht rechtmäßig gebrauchende Regierende oder gegen Usurpatoren oder Tyrannen (Widerstand). Revolution kann nur als Kampf gegen Unrecht zulässig sein.

Auch bei gerechter Zielsetzung ist zu fragen, mit welchen Mitteln Revolution betrieben wird. Zu fordern ist die Vermeidung neuen Unrechtes, und zu bevorzugen ist gewaltfreie Auseinandersetzung (überzeugen und motiviert entscheiden) bis zum Rand des Möglichen (das 2. Vat. Konz. lobt jene, die die Mittel haben, im internationalen Rahmen ihr Recht mit Gewalt durchzusetzen, und doch die Geduld zur Anwendung gewaltloser Methoden aufbringen; GS 78). Gegenüber Uneinsichtigen kann als letztes Ausfluchtmittel der Einsatz von Gewalt zulässig werden, wenn er sich auf das Prinzip der gerechten Notwehr zurückführen läßt und wenn er (etwa in Form des Krieges oder des Bürgerkrieges) nicht noch größere Leiden zu schaffen droht, als er abschaffen will (vgl. Paul VI., PP 31).


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