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Wert (W.) und Wertethik (Wk.), V.

Karl Hörmann: LChM 1976, Sp. 1715-1718

I.-IV. (von Andreas Laun, daher hier nicht aufgenommen)

V. Aufgabe der Wk. ist es, den Menschen zu einem richtigen Verhalten gegenüber den W.en (W.antwort) anzuleiten.

1. Die W.e haben zwar ihrem Eigengehalt nach (objektiv) für alle Menschen od. für bestimmte Menschen in bestimmten Situationen eine bestimmte Bedeutung; der Mensch kann ihnen aber (subjektiv) eine andere Bedeutung beimessen (II 1). Sittl. richtig verhält er sich, wenn er ihnen subjektiv jene Bedeutung einräumt, die ihnen objektiv zukommt. Zu achten ist dabei auf die Seinsgegebenheiten u. -verhältnisse.

2. Als Ordnungsprinzip dient jene Ausformung des menschl. Seins (Persönlichkeit), zu der der Mensch berufen ist u. die er in verantwortl. Selbstgestaltung (Sittlichkeit) erreichen soll. Diese Seinsfülle ist dem Menschen zum Ziel gesetzt; sie ist sein Gut, das nach seiner Bedeutung für ihn seinen vollen W. darstellt. Das vom Menschen zu erfüllende Sollen schlechthin liegt in der Gewinnung dieses W.es; alles ihm Widersprechende (das W.widrige, der Unwert) ist daher zu meiden.

Gemessen an diesem eigentl. (absoluten) W. haben alle anderen W.e nur untergeordnete (relative) Bedeutung. Der Mensch soll es lernen, sich ihrer zu bedienen, soweit sie seinen sittl. W. sichern u. fördern, u. sich ihrer zu enthalten, soweit sie seinen eigentl. W. gefährden.

3. Die W.e können nach ihrer unterschiedl. Bedeutung für die wesentl. Aufgabe des Menschen in (hierarchischer) Stufenfolge angeordnet werden, die der Mensch in seiner verantwortl. Lebensgestaltung zu beachten hat: a) Sach-W.e (Nahrung, Wohnung, Kleidung, sonstige Besitzgüter), b) W.e gesellschaftl. Geltens (Ruf, Ehre; Möglichkeit der eigenen Lebensgestaltung; Wirkmöglichkeit), c) Lebens-W.e (Gesundheit, Lebenskraft), d) geistige W.e (das Wahre, das Schöne), e) sittl. W.e (das sittl. Gute, die Tugend), f) rel. W.e (das Heilige, die Gottverbundenheit). Die geistigen W.e erlangen ihre wahre Bedeutung erst, wenn sie den Menschen zur Gewinnung der sittl. W.e helfen, auf die er unbedingt verpflichtet ist. Da es in diesen letztl. um das geht, was dem Menschen als dem Ebenbild Gottes im Hinblick auf seine Vollendung in Gott gemäß ist, fallen sie in tieferer Schau mit den rel. W.en zus.

4. Wenn der Mensch in einen Konflikt zw. W.en verschiedener Stufen gerät, lautet die Grundregel richtigen Verhaltens: dem höheren W. den Vorrang geben. Und wenn W. u. Unwert einander gegenüberstehen, darf der Unwert bei der Verwirklichung eines W.es höchstens in Kauf genommen werden (Handlung mit zweierlei Wirkung).

Natürl. muß man sich davor hüten, unbegründet einen W.konflikt anzunehmen, im besonderen die Gefährdung des absoluten (sittl.) W.es durch die Entscheidung für einen relativen; ebenso vor der Annahme von Tatsachen, die erst erhärtet werden müssen. Auch die zeitweilige Zurückstellung höherer W.e um der dringend notwendigen Verwirklichung niederer W.e willen ist im Interesse der höheren W.e selbst zu billigen.

Wo jedoch ein echter Konflikt zw. höherem u. niederem W., vor allem zw. absolutem u. relativem W., vorliegt, kann nur die Entscheidung für den höheren W. richtig sein. Wir essen, um zu leben, nicht umgekehrt. Das leibl. Leben für wichtige geistige W.e zu wagen ist zumindest sinnvoll u. erlaubt, wenn es schon nicht zum Gebot gemacht werden kann. Man darf nie den sittl. od. den rel Wert einem niederen W. opfern.

5. Der sittl. W. schlechthin ist die Liebe; darauf ist in den Beziehungen zu den Mitmenschen zu achten. Zur Gesinnung der Liebe ist man allen gegenüber verpflichtet; in den Leistungen muß oft eine Auswahl vorgenommen werden, weil unser Können beschränkt ist (Notwendigkeit des Kompromisses im Sinn der Auswahl). Zur Auswahl können folgende Überlegungen helfen:

a) Wenn zw. einer Rechtspflicht u. einer darüber hinaus gehenden Liebespflicht zu entscheiden ist, hat die Rechtspflicht die größere Dringlichkeit. Die Leistung dessen, was man aus Gerechtigkeit schuldet, ist ja das Mindestmaß der Liebe, auf dem die höheren Leistungen erst aufbauen (wenn also ein Geldbetrag, den ich habe, für beides nicht ausreicht, muß ich mit ihm Schulden bezahlen u. darf nicht Geschenke machen).

b) Die Gemeinschaft hat einen Anspruch auf die Leistungen ihrer Glieder. Je dringlicher das Interesse der Gemeinschaft an einer Leistung ihres Mitgliedes ist, umso mehr ist dieses verpflichtet, auf der gleichen Güterebene (nicht auf einer höheren) sein eigenes Interesse zurückzustellen (die ansonst rechtmäßige Steuerforderung des Staates verliert ihre Berechtigung, wenn sie auf eine unberechtigte Einschränkung der persönl. Freiheit hinausläuft). In vielen Fällen ist daher der Berufspflicht vor persönl. Interessen der Vorzug zu geben.

c) Bei gleichrangigen Pflichten u. gleicher Notwendigkeit gehen näher verbundene Personen voraus (Reihung der nächsten Verwandtschaftsgrade: 1. Gatten, 2. Kinder, 3. Eltern, 4. Geschwister) u. bei gleicher Verbundenheit jene, die in größerer Not sind (bei gleicher Not ist der Gatte dem erwachsenen Kind vorzuziehen; das Kleinkind jedoch, das hilflos u. daher in größerer Not ist, dem Gatten).


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