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Predigt:

12. Sonntag im Jahreskreis A (25.06.2017)

L1: Jer 20,10-13; L2: Röm 5,12-15; Ev: Mt 10,26-33


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wir wollen über ein Wort Jesu nachdenken, das zutiefst befreiend ist. Es stammt aus dem Evangelium nach Matthäus und lautet: „Fürchtet euch nicht vor den Menschen!“ (Mt 10,26).

Worum geht es; was ist damit gemeint? Vielleicht ist es hilfreich, wenn wir zuerst auf die eigene Erfahrung blicken:

Wir tun im Leben gut daran, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Wenn dies in Liebe und mit Aufmerksamkeit füreinander geschieht, so ist dies eine zutiefst menschliche, ja auch christliche Haltung.

Es gibt aber auch Formen der falschen Rücksichtnahme aufeinander. Es kann sein, dass jemand aus Angst, dem anderen zu missfallen, keinen eigenen Standpunkt bezieht. Dieser Mensch fällt niemals auf und eckt nie an und lebt scheinbar mit allen in Frieden. Doch um welchen Preis! Es könnte bis zu dem Grad gehen, dass eine solche Person alles in sich hineinfrisst und auf diese Weise psychisch schwer zu tragen hat. Wer sich nie aussprechen kann, weil er immer fürchten muss, anderen zu missfallen, ja wer sogar die eigenen Lebensüberzeugungen zurückstellt und überall nachgibt, der lebt so, als müsste er sich vor anderen dafür entschuldigen, dass er überhaupt lebt und existiert. Und dies ist eine Haltung, die weder den betroffenen Menschen guttut noch Gott gefällt.

Jesus hingegen befreit uns dazu, dass wir einander annehmen können, wie wir sind. Wir brauchen uns nicht mehr zu verleugnen. Indem er uns das wahre Gottvertrauen lehrt und die damit verbundene Gottesfurcht, nimmt er alle Angst von uns, dass wir anderen missfallen könnten. Diese innere Freiheit bedeutet nicht Rücksichtslosigkeit, sondern ist eine Freiheit des Dienens und der Liebe. Ja, es ist auch eine Freiheit, Gott zu bekennen und vor den Menschen von ihm Zeugnis zu geben!

Denn was kann uns letztlich passieren, wenn wir in Gottes Liebe gegründet und geborgen sind? Menschen können uns zurückweisen, uns tadeln, uns kritisieren; ja, es ist im Extremfall sogar möglich, dass ein Jünger Christi verfolgt wird, ins Gefängnis kommt, misshandelt wird oder das Leben verliert, wenn er sich zu Gott bekennt. Dennoch bedeutet dies alles nichts, wenn Gott bei uns ist und uns im Guten bestärkt. So sind viele Heilige und Märtyrer den guten Weg gegangen, auch angesichts so mancher Widerstände! Und immer wieder ist es wichtig, Zivilcourage zu üben, wenn vielleicht Unrecht geschieht und wir dem entgegensteuern können. Die Worte Jesu sind eine großartige Verheißung: „Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.“ (Mt 10,32).

Wir tun also nichts Unrechtes, wenn wir im öffentlichen und privaten Raum von Gott Zeugnis ablegen – im Gegenteil! Viele Menschen sind orientierungslos und suchen nach den Quellen der Wahrheit und Liebe, die uns Gott im geöffneten Herzen seines Sohnes Jesus Christus erschließt. Wäre es da nicht eine schuldhafte Unterlassung und ein Zeichen von Lieblosigkeit und Ignoranz, wenn wir diesen Menschen nicht von Jesus Christus erzählen würden?

Dort, wo verschiedene Glaubenswahrheiten in der öffentlichen Wahrnehmung außer Blick geraten oder gar geleugnet werden, braucht es wenn nötig auch „einsame“ Zeugen, welche die Fahne Christi hochhalten und auf diese Weise die Richtung weisen. Haben wir keine Angst; fürchten wir uns nicht, denn Gott ist bei uns!

Jesus spricht im Evangelium dieses Sonntags vom Gottvertrauen. Denn die wahre Gottesfurcht bedeutet Ehrfurcht vor Gott, und zwar auf der Grundlage von Liebe. Nicht Angst vor Gott brauchen wir zu haben, obwohl er – wie Jesus sagt – „Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann“ (Mt 10,28).

Bei Gott sind wir mehr wert als viele Spatzen, die auch von der Vorsehung Gottes geleitet werden. Weil wir aber durch den Glauben und die heilige Taufe zu Kindern Gottes geworden sind, schenkt uns Gott die Freiheit der Liebe. So wirken wir mit der Gnade Gottes unser Heil und setzen uns ein für unsere Mitmenschen, damit auch sie Anteil an der Liebe Gottes erhalten.

Wer Gott anbetet, der braucht sich vor keiner anderen Macht zu fürchten. Empfehlen wir uns der Fürbitte der Gottesmutter Maria, damit wir in unserer eigenen Schwachheit und Gebrechlichkeit immer neu die liebevolle Fürsorge Gottes erfahren! Amen.