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Predigt:

Nur die Liebe zählt

23. Sonntag im Jahreskreis A (07.09.2014)

L1: Ez 33,7-9; L2: Röm 13,8-10; Ev: Mt 18,15-20


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die heutige Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer lenkt unseren Blick auf das Wesentliche. Paulus fasst die sittliche Weisung Jesu zusammen; er gibt uns eine vom Herrn selber stammende praktische Regel, anhand welcher wir unser Leben ordnen können und sollen.

Vorausgesetzt wird das Gebot der Gottesliebe: „Du sollst Gott lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und mit all deinen Kräften und Gedanken!“ (vgl. Mt 22,27; Mk 12,30; Lk 10,27)

Doch die Kurzformel für unser Verhältnis zum Mitmenschen lautet: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.” Wer sich daran hält, tut dem Mitmenschen nichts Böses an, sondern erweist ihm Gutes. Insofern sind alle anderen Gebote darin zusammengefasst, wie Paulus schreibt. Beispielhaft führt er an: „Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren!“

Warum aber sollen wir den Mitmenschen lieben? Zweifellos ist dies ja nicht immer einfach: Es gibt Eigenschaften, die uns an anderen Menschen stören. Manche verstehen es wirklich sehr gut, jemandem lästig zu fallen oder auf die Nerven zu gehen. Und wieder andere sind darauf bedacht, den Mitmenschen beiseite zu lassen, wo es um den eigenen Vorteil geht, oder sie nehmen sogar die bewusste Schädigung des anderen mit in Kauf. Noch schlimmer: Es gibt leider auch Menschen, die den Mitmenschen bewusst Böses antun, sei es um sich für erlittene Schmach oder Unbill zu rächen, sei es infolge einer tragischen Verstrickung in das Böse, die solche Menschen zu Gefangenen ihrer selbst macht, sodass sie dann meinen, der Maßstab für alles übrige sei die eigene Person und Sichtweise. Es bleibt ein Geheimnis, wie tief sich manche Menschen mit dem Bösen identifizieren und wie sie sogar Gefallen daran finden können, andere Menschen zu misshandeln und zu quälen.

Hier aber, beim Gebot der Nächstenliebe, geht es nicht um das Verhalten der anderen uns gegenüber, sondern um unsere Einstellung gegenüber den Mitmenschen und um unser Verhalten ihnen gegenüber. Die Weisung Gottes, die Paulus mit Bezug auf das Alte Testament und die Verkündigung Jesu aufgreift, ist klar und lässt keine Relativierung zu: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Der Mitmensch ist uns gleich an Würde; er ist ebenso wie wir geschaffen nach Gottes Abbild. Die Schwester oder der Bruder neben uns ist ebenso wie wir ausgezeichnet mit einer unverlierbaren Würde, die es jedenfalls zu achten und zu ehren gilt, wie auch immer dieser Mensch auf uns einwirkt. Nicht zuletzt hat der Sohn Gottes in Jesus Christus selber das Antlitz des Menschen angenommen, indem er ganz einer von uns geworden ist, ausgenommen die Sünde. Die zweite göttliche Person hat sich auf diese Weise mit allen Leidenden und an den Rand Gedrängten solidarisiert. Der Sohn Gottes, der ohne Sünde ist, hat die Schuld der Menschen auf sich genommen und uns mit seinem Vater im Himmel versöhnt. Er hat uns geliebt bis zur Vollendung, indem er am Kreuz sein Leben für uns hingab, damit wir das wahre Leben haben.

Sollten wir daher kleinlich und undankbar sein und unsere Liebe gegenüber den Mitmenschen auf einen kleinen Kreis Auserwählter begrenzen? Wenn wir nur die lieben würden, die uns sympathisch sind und die uns Gutes tun, dann folgen wir nicht dem Vorbild Christi. Dort aber, wo sich Menschen vom Geist des Herrn ergreifen und innerlich verwandeln lassen, wird ihr Herz weit, und sie tun Gutes auch denen, dies es nach menschlichen Maßstäben nicht verdienen. Nur diese Kraft der Liebe kann die Welt zum Guten hin verändern. Eine solche Liebe geht weit über die Gerechtigkeit hinaus. Die Gerechtigkeit trachtet danach, dem anderen nichts schuldig zu bleiben. Doch die Liebe schulden wir einander immer; sie lässt sich nicht begrenzen und findet kein Ende.

Wer auf diese Weise liebt, bewahrt die Gemeinschaft mit Gott, der Liebe ist. Jesus Christus hat uns den Weg dazu eröffnet. Nicht auf eigene Leistung dürfen wir uns berufen, sondern das Beschenktsein von Gottes Liebe macht auch uns fähig, diese Liebe weiterzugeben. Auf diese Weise erhalten alle einzelnen Gebote ihren Sinn und wird unsere Gerechtigkeit größer sein als die der Pharisäer, weil sie in Gott begründet ist.

Die heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria hat uns das vollkommene Beispiel der Liebe und Hingabe an Gott und die Menschen gegeben. Ihr unbeflecktes Herz wendet sich vom Himmel aus allen Menschen zu, die in Not sind. Auch wir dürfen uns ihrer Fürbitte anvertrauen, damit wir zu wahrhaft liebenden Menschen werden, welche die großen Taten Gottes verkünden!

Amen.