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Predigt:

Im Reich Gottes gelten andere Maßstäbe

25. Sonntag im Jahreskreis A (21.09.2014)

L1: Jes 55,6-9; L2: Phil 1,20ad-24.27a; Ev: Mt 20,1-16a


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wir Menschen sind in unserem Leben oft fast ganz auf diese Welt hin ausgerichtet, und bis zu einem gewissen Grad ist dies auch verständlich. Da gibt es verschiedene Planungen schon in jungen Jahren hinsichtlich der Ausbildung, der Berufswahl und des jeweiligen Lebensstandes. Ist dann eine wichtige Etappe erreicht, so ergeben sich neue Herausforderungen und Ziele. So gesehen ist unser ganzes Leben hier auf Erden ein Ausstrecken auf das, was noch nicht ist, und ein Bemühen um die Verwirklichung all dessen, was uns wichtig erscheint und in unserer Macht liegt.

Dennoch: Dies ist nicht alles! Das Wort Gottes in den Lesungen dieses Sonntags öffnet uns den Blick auf Größeres. Wir sind eingeladen, die Wege Gottes zu betrachten und zu erwägen, die weit über unsere eigenen Vorstellungen hinausgehen. Gott eröffnet auch da Lebenschancen, wo wir Menschen an unüberwindliche Grenzen geraten, und sogar dort, wo jemand schuldhaft versagt hat und menschlich gesprochen gescheitert ist, bietet der gütige und barmherzige Gott dieser Person die Umkehr zum Leben an, wie uns die erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja klarzumachen sucht.

Der Apostel Paulus blickt im Philipperbrief auf eine reiche Zeit seines Wirkens zurück. Er weiß nicht, was ihm jetzt noch alles bevorsteht. Muss er schon bald Abschied nehmen von dieser Welt oder wird er noch gebraucht? Welchen Plan hat Gott mit ihm? Diese Ungewissheit des Künftigen bedrückt den Apostel Paulus aber in keiner Weise. Er ist bereit zu allem, was Gott mit ihm vorhat. Er freut sich auf die ewige Herrlichkeit in der Gemeinschaft mit Christus und ist bereit, aufzubrechen aus diesem sterblichen Leib; zugleich bietet er Gott seine Dienste an, falls er seinem Volk hier noch nötig ist. Seine Lebenseinstellung ist von hoffnungsvollem Vertrauen in die Vorsehung Gottes und in seine Gnadenführung getragen.

Im Evangelium schließlich erzählt Jesus ein Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, die zu ganz verschiedener Stunde vom Gutsherrn für ihre Tätigkeit angeworben werden. Mit den Arbeitern, die er bereits in der Frühe anwirbt, einigt er sich auf einen Denar für den Tag. Was aber werden die erhalten, die er später noch einstellt? Er wirbt ja sogar noch in der elften Stunde Arbeiter an, die dann für genau eine Stunde im Weinberg tätig sind. D.h. nach unserer Tageseinteilung von 17–18 Uhr.

Wie groß ist da die Überraschung und die Freude bei den einen, aber auch das Missfallen bei den anderen, als am Schluss bei der Auszahlung alle Arbeiter den gleichen Lohn von einem Denar erhalten! Wie geht das zusammen mit unseren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit? Hat der Gutsherr Unrecht getan, weil er den Arbeitern der ersten Stunde nicht mehr gegeben hat als denen, die in der letzten Stunde dazu gekommen sind? Rein wirtschaftlich betrachtet müssten wir den kritischen Stimmen Recht geben. Es kann doch nicht angehen, dass der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verletzt wird! Ja, das Gleichnis Jesu stellt eine Herausforderung auch für uns dar.

Jesus will jedoch mit seiner Erzählung nicht die irdische Gerechtigkeit aufheben und in Frage stellen; was er hier anführt, dient als Gleichnis für Höheres. Es geht um das Himmelreich. Und dort gelten offenbar andere Maßstäbe. Diese Maßstäbe sind aber allein deshalb, weil sie anders sind, noch nicht ungerecht. Gottes Wege stehen über unseren Wegen. Das, was wirklich zählt im Himmelreich, ist nicht unsere Eigenleistung, sondern unsere Verfügbarkeit für Gott. Abgerechnet wird am Ende des Lebens, wenn wir Christus dem Herrn über Leben und Tod begegnen. Da wird keiner auf seine eigenen Leistungen und Verdienste pochen können. Noch weniger wird es da zulässig sein, Vergleiche mit anderen anzustellen und auf die vermeintlich höhere eigene Gerechtigkeit zu verweisen.

Was wirklich bleibt und Bestand hat, ist die Bereitschaft der Liebe, also jenes grundlegende Ja im Glauben und in den Werken der Liebe, das wir hier auf Erden jeden Tag erneut im Herzen vollziehen sollen. Wir dürfen auf Gott bauen und auf seine Liebe vertrauen, aber wir können mit ihm keine Rechnung anstellen und uns dabei auf die eigene Würdigkeit und das eigene Tun berufen. Gott ist immer größer als unser Herz, und nichts und niemand kann sich gegenüber ihm rühmen. Letztlich wird uns alles geschenkt, und unser Tun kann nur die Antwort sein auf das Geschenk der Liebe Gottes. Auf diese Weise zeigen unsere Werke die Herrlichkeit dessen auf, was Gott einem jeden von uns anvertraut hat. Dankbarkeit und Freude mögen uns also stets erfüllen, und wir dürfen einander bereichern mit dem, was ein jeder im Reiche Gottes zu wirken vermag. Jesus Christus, der Herr der Herrlichkeit aber, beschenkt uns alle mit seiner Gnade und Liebe! Die Fürbitte der Gottesmutter Maria, des heiligen Josef und auch des Tagesheiligen, des hl. Apostels Matthäus, möge uns allezeit begleiten!

Amen.