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Predigt:

Saure Trauben und untreue Winzer

27. Sonntag im Jahreskreis A (05.10.2014)

L1: Jes 5,1-7; L2: Phil 4,6-9; Ev: Mt 21,33-44


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

An diesem Sonntag feiern wir hier in Mühldorf das Erntedankfest. Die vielen Gaben aus der Natur lassen uns aufschauen zu Gott, dem Schöpfer aller Dinge. Ihm gilt unser Lob und Dank! Unser ganzes Leben ist ein Geschenk. Wir dürfen es Gott anvertrauen, und wir wollen ihn bitten, dass er uns selber zu einer Gabe der Liebe macht, die ihm wohlgefällt.

Lassen wir uns aber gerade auch heute von den Lesungen dieses Sonntags im Herzen berühren! Es sind immerhin zwei Texte, die mit der Ernte zu tun haben, ja sogar mit der Weinernte.

Da ist in der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja von einem seltsamen Streit die Rede: Der Besitzer eines Weinberges blickt prüfend auf den Ertrag des Jahres. Er bemerkt dabei, dass es diesmal nicht zu seiner Zufriedenheit ausfällt: Die Trauben sind sauer! Welch ein Missgeschick! Und nun beginnt dieser Besitzer des Weinbergs einen rhetorischen Streit: Er klagt den Weinberg an, so als ob dieser dafür verantwortlich wäre, dass er keine guten Trauben trägt, sondern nur schlechte. Dabei hat der Winzer alles für diesen Weinberg getan; er hat ihn kultiviert, den Boden gelockert und es an nichts fehlen lassen. Dennoch trägt der Weinberg keine süßen Trauben, sondern man findet daran nur saure Beeren.

Ein wenig können wir angesichts dieser drastischen Worte heuer mitfühlen: Infolge des langen Regens gibt es auch im Bereich der Wachau und im Spitzer Graben mehr saure Beeren als sonst. Sollen wir jetzt auch zu lamentieren beginnen und den Weinberg anklagen? Nein, gewiss, das bringt nichts! Denn der Weinberg kann nichts dafür; die Natur war eben heuer in ihren Wetterbedingungen nicht immer so günstig. So ist der gute Wein etwas seltener; dafür aber gibt es Erträge von anderen Früchten, die reichlicher ausgefallen sind. Nicht jedes Jahr ist gleich, und wir spüren, wie abhängig wir von der Natur sind und auch bleiben werden.

Die Lesung aus dem Buch Jesaja hat freilich noch eine andere Aussage und Bedeutung. Der Weinberg bedeutet das Volk Israel; Gott hat es aufs Beste betreut, so wie ein Winzer auf seinen Weinberg achtgibt und ihn kultiviert. Leider sind die erhofften Früchte ausgeblieben! Und hier ist der Vorwurf Gottes an sein Volk berechtigt: Diese sind ja tatsächlich dafür verantwortlich, dass sie keine gute Frucht gebracht haben. Sie haben schuldhaft versagt und haben die Liebe, die ihnen Gott erwiesen hat, nicht erwidert.

In ähnlicher Weise spricht Jesus im Evangelium von einem Gutsbesitzer, der zuerst seine Knechte und dann sogar seinen Sohn aussendet, um den ihm zustehenden Ertrag von den Winzern einzuholen. Diese jedoch verweigern den Knechten und dann dem Sohn des Gutsbesitzers den rechtmäßigen Anteil am Ertrag. Sie misshandeln und töten zuerst die Knechte, dann sogar den Sohn. Die Konsequenz wird sein, dass der Gutsbesitzer die bösen Winzer zur Verantwortung zieht, sie für ihre Untaten bestraft und den Weinberg anderen Winzern übergeben wird, die ihm den Ertrag zur rechten Zeit abliefern wollen.

Auch hier handelt es sich um ein Bild für die Beziehung Gottes zu den Menschen. Jesus richtet das Gleichnis als ernste Mahnung an die Hohenpriester und Ältesten seines eigenen Volkes. Doch können wir die Worte des Herrn auch auf uns beziehen: Denn auch uns ist viel geschenkt worden; uns hat Gott Großes anvertraut im Leben. Erweisen wir uns dessen als würdig? Sind wir wirklich gute Verwalter der Gaben des Herrn?

Leider nicht immer! Wir brauchen hier nicht auf die großen von uns Menschen verantworteten Missstände und Unglücke verweisen, wie den unheilvollen Einfluss einer überbordenden Ausbeutung der Natur auf deren Gleichgewicht und das Klima oder auf die Schrecken der Kriege, die zur Zeit an verschiedenen Orten der Welt die Menschen in Angst versetzen. Jeder möge vor seiner eigenen Tür kehren und überlegen, ob wir in unserem Leben die Gaben Gottes richtig nutzen. Dazu zählen auch die eigenen Talente; dazu gehören auch die Gaben aus der Natur sowie der Ertrag unserer Arbeit. Sind wir bereit, all dies zum Guten einzusetzen und auch an das Wohl der anderen zu denken? Oder leben wir nur für uns selber als krasse Egoisten und tun dies auch auf Kosten und zum Schaden anderer?

Wenn wir dankbar bleiben und mit anderen teilen, was uns zugefallen ist, wird unsere Freude von Dauer sein. So aber lasst uns Gott loben und ihn preisen für die Überfülle seiner Gaben und Gnaden, die er uns zugedacht hat, damit sie uns zum Heil gereichen mögen. Bitten wir die heilige Gottesmutter Maria, die Rosenkranzkönigin, um ihre Fürsprache bei Gott in allen unseren Anliegen!

Amen.