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Predigt:

Lieben wie Gott uns liebt

7. Sonntag im Jahreskreis A (23.02.2014)

L1: Lev 19,1-2.17-18; L2: 1 Kor 3,16-23; Ev: Mt 5,38-48


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Von Gott her sind wir alle reichlich beschenkt: Er hat uns das Leben gegeben, und er erhält uns im Dasein. All die vielen Gaben der Natur und des Geistes, die uns geschenkt sind, gehen letztlich auf ihn zurück, den Spender aller guten Gaben. Ja, mehr noch: Der Glaube lehrt uns, dass Gott Liebe ist. Aus Liebe hat er uns ganz persönlich ins Dasein gerufen, und seine Liebe schenkt uns ewiges Leben in der Gemeinschaft mit ihm.

Gott ist der Ursprung alles Guten; er ist der Schenkende. In seinem Sohn Jesus Christus hat er sich selbst für uns zu einer Gabe der Liebe gemacht, sodass wir zu ihm vertrauensvoll „Vater“ sagen können. Wir dürfen ihn lieben in der Freiheit der Kinder Gottes.

Von daher sind die Aufforderungen, heilig zu sein, da Gott heilig ist (vgl. Lev 19,2) und vollkommen zu sein, weil auch der himmlische Vater vollkommen ist (Mk 5,48), zu verstehen. So wie Gott uns alle reich beschenkt und gut ist zu allen Menschen, sind auch wir aufgerufen, das Empfangene mit anderen zu teilen und die Güte und Liebe weiterzugeben, die uns zuteil geworden ist.

Wo aber liegt die Grenze für unser Wohlwollen sowie für unser Tun des Guten gegenüber anderen? Wer verdient unsere Liebe? Und wo sollen wir besser damit aufhören, da unsere Liebe sonst nur zurückgewiesen und verschmäht würde?

Jemand sagt vielleicht: „Ich bin zu denen gut, die auch mir Gutes erweisen. Ich vergelte Gleiches mit Gleichem, also Gutes mit Gutem und Böses mit Bösem.“ Diese Logik der Vergeltung hat zwar den Anschein der Gerechtigkeit, und doch ist sie fatal für unser soziales Zusammenleben: Denn jeder wird zuerst warten, dass ihm der andere etwas Gutes erweist. Keiner wird damit beginnen, das Gute zu tun, und dann geschieht es eben überhaupt nicht. Böses aber wird gemäß dieser Logik sofort vergolten, und im Eifer des Heimzahlens sogar im Übermaß. Denn es gilt ja, dem anderen – der als Gegner oder Feind wahrgenommen wird – einen Denkzettel zu verpassen! Ist nicht das Zusammenleben vielerorts von einer solchen Haltung geprägt? Beeinträchtigt eine solche Sichtweise nicht auch immer wieder die Beziehungen zwischen den Staaten und Völkern?

Andere sind bereits einen Schritt weiter in der Einsicht. Sie sagen: „Wir wollen den Nächsten lieben!“ Allerdings: wer der Nächste ist, das definieren sie selbst. Meist gehen dann diese Menschen mit ihrer streng kontrollierten Liebe nicht über den Kreis ihrer Angehörigen hinaus; im jüdischen Gesetz war es immerhin schon der Volksgenosse, der von dieser Liebe umfasst wurde, und manchmal auch der Fremde. So jedenfalls in der Botschaft der Propheten, welche darauf hinwiesen, dass gerade die Armen und Ausgegrenzten besonders der Liebe bedürfen. Es sind jene Menschen, die diese Liebe nicht auf gleiche Weise erwidern können. Das Gute, das die Menschen ihnen erweisen, bleibt dann scheinbar unabgegolten. Jedoch: Bei Gott sind alle guten Taten wie in einem Buch verzeichnet; er schenkt denen ihren Lohn, welche Gutes tun, ohne dass sie von anderen etwas dafür erwarten können.

Und dann kommt Jesus mit einer offenbar unzumutbaren Forderung: Es genügt nicht, sagt er, nur die zu lieben, die uns lieben und die uns Gutes tun! Wir sollen auch die Feinde lieben – also jene, die uns gar nicht gut gesonnen sind und von denen wir überhaupt nichts Gutes zu erwarten haben. Die Begründung, die er dafür anführt, lautet: Auch Gott lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten; er gibt allen ohne Unterschied. Als Kinder dieses guten Vaters sollen wir seine Vollkommenheit nachahmen und Gutes auch dort tun, wo wir keine Gegenleistung dafür erwarten können. Sogar auf die Gefahr hin, dass wir ausgenutzt werden, sollen wir Gutes tun. Nur so werden Brücken der Versöhnung und des Friedens erbaut.

Wie aber soll dies möglich sein? Die Antwort Gottes lautet: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“ (2 Kor 12,9). Immer wenn der Mensch offen ist für das Wirken dieser Gnade der Versöhnung, dann wird Gott durch unsere Liebe Menschen zusammenführen, die sich getrennt haben, und so Hass und Feindschaft überwinden! Dazu erbitten wir die Fürbitte der Gottesmutter Maria, der Mutter der Versöhnung. Amen.