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Predigt:

In der Schwachheit zeigt sich Gottes Kraft

14. Sonntag im Jahreskreis B (04.07.2021)

L1: Ez 1,28-2,5; L2: 2 Kor 12,7-10; Ev: Mk 6,1b-6


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Gott selbst trägt Sorge um unser Heil. Er hat uns aus Liebe ins Dasein gerufen, und er möchte, dass wir auf Erden so leben, dass wir einst zur seligen Gemeinschaft mit ihm im Himmelreich gelangen.

Wie aber zeigt er uns den guten Weg? Ein jeder Mensch besitzt ein Gewissen, um Gut und Böse unterscheiden zu können. Doch weil wir immer wieder die Orientierung verlieren, hat Gott selbst im Alten und Neuen Bund zu uns gesprochen. Er hat Propheten ausgesandt, so wie Ezechiel, von dem in der ersten Lesung die Rede ist. Ezechiel wurde mit einer schier übermenschlichen Aufgabe betraut: Gott selbst, den er in seiner Herrlichkeit schauen durfte, sandte ihn zu den Söhnen und Töchtern Israels. Diese Aufgabe war insofern herausfordernd, als sich der Prophet Ezechiel an Menschen wenden sollte, die den guten Weg der Treue zu Gott verlassen hatten. Sie waren vom Gott des Bundes abgefallen und verfolgten ihre eigenen Ziele. Wenn nun ein Prophet auftritt und ihnen im Namen Gottes sagt, was gut und richtig ist und sie zur Bekehrung aufruft, so werden sie wahrscheinlich nicht gern auf ihn hören. Und dennoch unterlässt es Gott nicht, seinen Propheten zu senden. Denn Gott liebt dieses Volk, auch wenn es widerspenstig ist, und er lässt nicht ab davon, den Seinen nachzugehen, auch wenn sie sich verirrt und im Gestrüpp abseits des guten Weges verrannt haben!

Der Apostel Paulus, aus dessen zweitem Brief an die Korinther die neutestamentliche Lesung entnommen ist, musste eine ähnliche Erfahrung machen: Er selber war durch die Erscheinung des Auferstandenen vom Saulus zum Paulus geworden und hatte sich bekehrt zu einem Zeugen für die frohe Botschaft Christi. Wenn ihn nun der Herr aussendet zu den Menschen, dann wird ihm stets neu bewusst, wie hoch der Anspruch des Gotteswortes ist und wie schwach und gebrechlich er selbst ist. Die Reaktionen der Menschen auf seine Predigt und sein Wirken sind ja geteilt: Die einen kann er überzeugen und mit der Botschaft Christi vertraut machen, die anderen bleiben skeptisch oder lehnen seine Worte ab. Und einige erweisen sich als militante Gegner, die den Apostel verfolgen und auch misshandeln.

Wie kann Paulus hier bestehen? Er ist doch auch nur ein Mensch! Ja, das ist er, und gerade darin liegt auch ein Trost, wie er selbst schreibt. Denn Gott hat ihm gezeigt, dass sich die Kraft der Gnade Gottes in der Schwachheit vollendet (vgl. 2 Kor 12,9). Je mehr sich der Apostel der eigenen Grenzen bewusst ist, desto mehr kann ihn Gott in seinen Dienst nehmen. Nicht Überheblichkeit und anmaßende Strenge zeichnen den Apostel Paulus aus, sondern bei aller Klarheit des Wortes ist er selber ein Vorbild der Demut, und er rühmt sich sozusagen seiner Schwachheit, damit sich die Kraft Christi darin zeige. Auf diese Weise bringt das Evangelium Christi, welches er verkündet, reiche Frucht!

Im Evangelium nach Markus wird ganz offen darüber gesprochen, wie es Jesus selbst ergangen ist. Der Sohn Gottes ist als Mensch unter den Menschen aufgetreten, und viele haben Anstoß genommen an seiner geringen Herkunft. Aufgrund dessen sagt Jesus, dass ein Prophet an allen anderen Orten besser aufgenommen und gehört wird als in seiner Heimat. Denn dort kennen ihn die Menschen und sind der Meinung: Was will der uns schon sagen? Jesus wird hier ausdrücklich als „Zimmermann“ bezeichnet, als „Sohn der Maria“, und seine Verwandten werden genannt. Woher hat er also diese Weisheit, die ihm gegeben ist? Wer gibt ihm das Recht, seine Lehre zu verkünden? Und es heißt, dass sich Jesus über den Unglauben der Menschen wunderte und in seiner Heimatstadt Nazareth nur wenige Wunder wirkte.

Auch das gehört also zum Schicksal jener, die Jesus nachfolgen und die er in besonderer Weise ruft zur Verkündigung des Wortes Gottes: Sie werden nicht überall Gehör finden, und mancherorts wird man ihnen gerade das vorwerfen, was sie kraft ihrer Herkunft sind: gewöhnliche Menschen. Zugleich aber sind solche Erfahrungen heilsam: Denn hier zeigt sich, dass die von Jesus ausgesandten Jünger nicht ihre eigenen Ideen und Vorstellungen verkünden dürfen, sondern das Wort Gottes. Und dieses Wort ist wirksam auch und gerade dort, wo es von gewöhnlichen Menschen bezeugt wird, die sich ihrer Grenzen und ihrer Schwachheit bewusst sind.

Wenn Jesus Christus, der Sohn Gottes, selbst einer von uns werden wollte und alle Schwachheit mit uns geteilt hat, dann heißt Nachfolge Christi für einen jeden von uns und besonders auch für die Priester, dass wir unsere eigene menschliche Verfasstheit annehmen und mehr auf Gott vertrauen als auf uns selbst. Wir sind und bleiben Diener des Herrn, und das ist gut so. Er ruft und beruft jene, die er erwählt, und er tut dies nicht nach menschlichen Kriterien. In diesem Sinn sei allen gedankt, die in diesen Tagen in besonderer Weise für die Priester beten. Und ein jeder, der getauft und gefirmt ist, darf und soll auch selber Zeuge sein für die frohe Botschaft. Denn das Reich Gottes ist uns nahe, und es bricht sich die Bahn, bis es einst in seiner Vollendung erscheint am Tag Jesu Christi, wenn er wiederkommt in Herrlichkeit. Amen.