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Predigt:

Der Einsatz für die Menschenwürde in gläubigem Gottvertrauen

Österreichischer Nationalfeiertag (26.10.2021)


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der österreichische Nationalfeiertag am 26. Oktober bietet uns die Gelegenheit, Gott dem Herrn für die Freiheit und den Frieden in unserem schönen Land zu danken!

Als am 15. Mai 1955 der Staatsvertrag mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs unterzeichnet wurde, da begann für die Menschen in Österreich eine neue Zeit. Vom Marmorsaal des Schlosses Belvedere in Wien aus verkündete der damalige Außenminister Leopold Figl nach seiner Dankesrede in sichtbarer Ergriffenheit: „Österreich ist frei!“

Für die gläubigen Christen war damit auch erwiesen: Gott hat auf wunderbare Weise geholfen und unser Volk von der Tyrannis des Krieges und der Fremdherrschaft befreit. Die künftigen Geschicke des Landes waren nunmehr wieder in die Hände der österreichischen Bürger gelegt.

Vieles hat sich seither ereignet: Der wirtschaftliche Aufschwung hat zu einem allgemeinen Wohlstand in unserem Lande geführt. Viele haben davon profitiert, auch wenn es weiterhin Menschen in Randschichten gibt, die den gesellschaftlichen Anschluss nicht finden und in Armut und Not leben müssen. Das kirchliche Leben nahm ebenfalls in dieser Zeit einen großen Aufschwung, der sich bis in die Mitte der sechziger Jahre fortsetzte. Das Zweite Vatikanische Konzil und so manche andere kirchliche Initiativen erfüllten viele Menschen mit Hoffnung auf eine gute Zukunft, in welcher der christliche Glaube auch in der Gesellschaft wirksam werden kann.

Eine große Ernüchterung stellte dann die gesetzliche Ermöglichung der straffreien Abtreibung ungeborener Kinder innerhalb der ersten drei Monate nach der Empfängnis dar; seit dem 1. Jänner 1975 ist die sogenannte „Fristenregelung“ (§§ 96–97 StGB) in Kraft. Hier wurde klar, dass der gesellschaftliche Konsens des unbedingten Schutzes des menschlichen Lebens von der Empfängnis an bereits durchbrochen war. Kardinal König sprach damals von einer „tiefen Wunde in unserer Gesellschaft“, denn damit wurde ein „Nein zum Leben“ formuliert, welches sich bis heute in der Geburtenstatistik negativ auswirkt: Unserer Gesellschaft fehlen die Kinder!

Ein ähnlicher Dammbruch in Fragen des Lebensschutzes ereignete sich mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2020, wonach die bisher in jedem Fall ausgeschlossene Beihilfe zum Suizid künftig unter bestimmten Bedingungen straffrei zu stellen sei. Der Gesetzgeber hat vor wenigen Tagen eine Vorlage präsentiert, welche dies ab 1. Jänner 2022 in ziemlich restriktiver Form ermöglichen soll. Auch wenn beteuert wird, dass dies nur wenige Menschen betreffen wird, die in freier Entscheidung davon Gebrauch machen wollen, so ist damit doch eine weitere Abkehr vom unbedingten Schutz des Lebens der menschlichen Person vollzogen. Wohin wird das alles noch führen? Wir wissen es nicht.

Eigentlich kann es für uns Christen nur eine entsprechende Antwort geben: Zugleich mit dem tatkräftigen Einsatz für die Würde des Menschen wollen wir unser Gottvertrauen erneuern. Alle Schwierigkeiten und Prüfungen der Gegenwart, einschließlich der Bedrohungen und Einschränkungen durch die Corona-Pandemie dürfen und sollen wir dem Herrn anempfehlen. In den Jahren vor der Unterzeichnung des Staatsvertrags und danach war es das gemeinsame Rosenkranzgebet, welches vielen Menschen Hoffnung vermittelt hat. Die Gottesmutter Maria, die wir als „Magna Mater Austriae“ verehren, ist auch uns nahe und nimmt in Liebe Anteil an unseren Sorgen. Empfehlen wir uns daher in gläubigem Vertrauen ihrer Fürbitte bei Gott – dann wird unsere Zukunft trotz aller Bedrohungen letztlich doch eine gute sein. Dieses irdische Leben aber möge einst einmünden in die Teilhabe an der ewigen Seligkeit im Himmelreich! Amen.