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Predigt:

19. Sonntag im Jahreskreis C (12.08.2001)

L1: Weish 18,6-9; L2: Hebr 11,1-2.8-19; Ev: Lk 12,32-48


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wenn wir bewußt durchs Leben gehen, dann haben wir alle wohl schon oft die Erfahrung gemacht, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für bestimmte Dinge ist! Versäumen wir die rechte Zeit für etwas Wichtiges, dann ist eine Chance vertan, die in dieser Weise vielleicht nie wiederkehrt. Wenn es uns hingegen gelingt, die Zeit so zu nützen, wie es unseren Aufgaben und Plänen am besten entspricht, dann ist bereits viel geschehen und grundgelegt für ein Leben, mit dem wir selber zufrieden sein können!

Da läßt sich leicht ein Beispiel finden: Wir begegnen einem Menschen, mit dem wir früher in Freundschaft verbunden waren. Irgend etwas ist aber dazwischen gekommen und hat das gute Miteinander getrübt. So geht man sich nun gegenseitig aus dem Weg. Da fügt es sich, daß sich die Bekannten wieder treffen. Beide begreifen, daß jetzt die Gelegenheit ist, wo sie sich aussprechen und die Mißverständnisse von früher aufklären und überwinden können, wo man den anderen vielleicht sogar um Verzeihung bitten kann. Gelingt es den beiden, ihre Hemmungen und auch ihren Stolz zu überwinden und ein neues Miteinander zu schaffen? Die rechte Zeit wäre da; ob sie auch genutzt wird, hängt von den Betroffenen ab.

In ähnlicher Weise spricht Jesus im heutigen Evangelium davon, daß seine Jünger wachsam sein sollen. Es geht darum, die rechte Gelegenheit, die „Stunde“ nicht zu versäumen, in welcher der Herr kommt. Nur wer auf das Kommen des Herrn wartet, wer sich danach sehnt, wird dann auch bereit sein, ihn zu empfangen. Wer hingegen nicht mit dem Kommen des Herrn rechnet oder dieses gar nicht wahrhaben will, weil er seine eigenen Pläne und Wege über die Wege Gottes stellt, der empfindet das Kommen des Herrn so unangenehm und lästig wie das Kommen eines Diebes in der Nacht.

Liebe Gläubige, woran ist hier zu denken? Meint Jesus die Todesstunde, die uns alle erwartet, von der wir aber nicht wissen, wann sie eintreten wird? Sicher ist nur, daß wir alle einmal sterben müssen. Niemand kennt jedoch den Tag und die Stunde, in der wir aus dieser Welt scheiden und dem Herrn begegnen werden, vor dem wir über unser Leben Rechenschaft ablegen müssen. Unser Leben kann nur dann gelingen, wenn wir den Gedanken an den Tod nicht verdrängen, sondern uns damit auseinandersetzen und im Vertrauen auf Gottes Liebe das irdische Leben mit dem Blick auf die Ewigkeit Gottes bestehen. Würden wir einfach so dahinleben und uns nicht kümmern um Gottes Gebote, so könnte es sein, daß wir einst bitter „erwachen“, wenn der Herr uns zu sich ruft. Denn all die vielen Gelegenheiten, Gutes zu tun, zu beten und den Gottesdienst zu besuchen, die vielen Möglichkeiten, dem Nächsten hilfreich zur Seite zu stehen in den leiblichen und seelischen Nöten, all das ist dann vorbei. Dem Menschen kann es dann gehen wie dem reichen Prasser, der den armen Lazarus täglich vor seiner Tür liegen sah, aber sein Herz nicht vom Mitleid rühren ließ und nur an sich selber dachte.

Mit dieser Stunde, in welcher der Herr kommt, kann sicher auch die letzte Stunde der Menschheit überhaupt gemeint sein: Denn am Ende der Tage wird Christus wiederkommen in Herrlichkeit, um alle Menschen zu richten und die Toten aufzuerwecken. Wer Gutes getan hat, wird zum ewigen Leben auferstehen, die Bösen hingegen zu ewiger Pein, heißt es im Evangelium. Auch hier gilt, daß niemand den Tag und die Stunde weiß, wann der Menschensohn mit seinen Engeln kommen wird, um das Reich Gottes in seiner Macht und Herrlichkeit zu offenbaren. Dann wird alle Not ein Ende haben, und Gott selber wird seine Heiligen trösten und in seinem Reich teilnehmen lassen am ewigen Hochzeitsmahl.

Aber bestimmt sind nicht nur diese so eminent wichtigen Augenblicke – nämlich die eigene Todesstunde und auch die letzte Stunde der Menschheit – gemeint, wenn uns Jesus Christus zur Wachsamkeit auffordert. Sein Ruf: „Seid wachsam!“ gilt für jede Stunde unseres Erdenlebens. Die wichtigste und entscheidendste Stunde für uns liegt nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft, sondern in der jeweiligen Gegenwart. Die gegenwärtige Stunde, das „Jetzt“, ist der Ort unserer Freiheit. Hier und jetzt sind wir aufgerufen, auf Gottes Willen zu hören, gut zu entscheiden und richtig zu handeln. Es gibt keine Ausflucht vor der Aufgabe, die jetzt an uns herantritt. Diesen Aufgaben, diesen Menschen, dieser Begegnung mit dem Herrn müssen wir uns je neu stellen!

Wenn wir uns darum bemühen, dann wird das Vergangene der Barmherzigkeit Gottes anheimgestellt sein. Wir können nicht mehr ändern, was wir falsch gemacht haben, aber wir sollen unsere Sünden aus Liebe zu Gott bereuen. Dann wird uns auch das Zukünfte und schließlich der kommende Tod uns nicht verunsichern und entmutigen, sondern wir werden in Hoffnung auf das ewige Leben alle Prüfungen und Schwierigkeiten des irdischen Daseins mutig bestehen. Nicht im Gestern und nicht im Morgen, sondern im Heute, im „hier und jetzt“ haben wir uns für Gott zu entscheiden. Seine Gnade ist stets anwesend. Der Herr klopft an die Tür unseres Herzens. Ob wir ihm zur rechten Stunde – das ist jetzt – öffnen, liegt allein an uns!

In einem Gebet, das wir alle gut kennen – es ist das „Gegrüßet seist du, Maria“ – wird diese Wahrheit sehr gut zum Ausdruck gebracht. Wir bitten die Gottesmutter Maria um ihre Hilfe und um ihren Beistand, wenn es heißt: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen