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Predigt:

28. Sonntag im Jahreskreis C (14.10.2001)

L1: 2 Kön 5,14-17; L2: 2 Tim 2,8-13; Ev: Lk 17,11-19


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Vieles wird uns täglich geschenkt, was wir kaum begreifen und nicht ausreichend schätzen. Oft nehmen wir Dinge als selbstverständlich wahr, die es in Wirklichkeit gar nicht sind! Hand aufs Herz: Wer von uns hat heute schon Gott dafür gedankt, daß er gesund wieder aufstehen konnte? Auch Mitmenschen gegenüber sind wir in vielerlei Weise zu Dank verpflichtet und denken doch so selten daran!

Wen wundert es also, daß von den zehn Aussätzigen, die Jesus geheilt hat, nur einer umkehrt und ihm dafür dankt? Ein Sprichwort sagt: „Undank ist der Menschen Lohn“, und das bewahrheitet sich leider oft. Wenden wir uns diesen Aussätzigen zu: Wie müssen sie doch alle die große Sehnsucht gehabt haben, doch noch einmal – gegen alle Hoffnung – Gesundheit und Heilung zu erlangen. Als Aussätzige waren sie verachtet und von den Menschen gemieden. Niemand wollte ihnen zu nahe kommen, um sich anzustecken. Dazu kam noch, daß man sie für Sünder ansah, die von Gott ihre gerechte Strafe erhielten und ihnen diese angebliche Gottverlassenheit auch menschlich spüren ließ. Sie galten als der Abschaum der Gesellschaft!

Da muß es für diese armen Menschen schon sehr viel bedeutet haben, daß Jesus sich ihnen überhaupt zuwendet und sie spüren läßt, daß sie von ihm angenommen werden, weil Gott alle Menschen ohne Unterschied liebt. Gänzlich unverdient müssen sie die plötzliche Heilung erlebt haben, die ihnen erst zuteil wurde, als sie Jesus verlassen hatten. Er hatte sie ja mit den Worten fortgeschickt: „Geht, zeigt euch den Priestern!“ Die jüdischen Priester sollten bestätigen, daß eine Heilung geschehen war und sie wieder in die Gesellschaft aufnehmen. Unterwegs geschah das große Wunder: Alle zehn Aussätzigen wurden rein!

Nur einer begriff wirklich, was ihm da ganz unverdient zuteil geworden war, und er kehrte zu Jesus zurück, um ihm zu danken. Auf diese Weise gibt er nicht einem Menschen, sondern Gott die Ehre. Jesus geht es nicht um Eigenlob oder Anerkennung von Seiten der Menschen. Sein Herzenswunsch ist es, für alle dazusein und sie von ihren körperlichen Leiden und Gebrechen zu heilen, ja mehr noch sie von ihren Sünden zu erlösen. Er heilt den Aussatz des Leibes und vor allem den der Seele!

Er weiß aber: Nur dann, wenn der Mensch begreift, was Gott ihm Großes schenkt, nur dann, wenn er hinfindet zu jener echten und tiefen Haltung der Dankbarkeit, kann der Mensch auch die Gabe wirklich empfangen, die Gott ihm bereits geschenkt hat oder noch schenken will. Der Undankbare schätzt ja in Wirklichkeit die Gabe gar nicht und freut sich auch nicht wirklich an ihr. Er lebt so, als hätte er das viele Gute gar nicht empfangen. Immerzu denkt er nur an das, was ihm noch fehlt, anstatt das Gute zu sehen, das ihm bereits geschenkt wurde.

Liebe Brüder und Schwestern, geht es uns nicht auch manchmal so? Da sind diese oder jene Sorgen im Leben, die natürlich alle ihre mehr oder weniger große Berechtigung haben. Aber vor lauter Besorgtheit und Trübsal, ja mitunter sogar Unzufriedenheit, Ärger und Aufbegehren vergessen wir das Große und Schöne, das uns das Leben schenkt und täglich für uns bereit hält. Vergessen wir doch nicht: Es sind Gaben des guten Schöpfers, Zuwendungen der göttlichen Liebe. Gott zeigt uns in allem Guten, das wir empfangen, wie sehr er uns liebt. Er offenbart uns vor allem dies, daß er selbst sich uns schenkt in unendlicher Liebe!

In der Hingabe seines Sohnes Jesus Christus am Kreuz ist Gott bis ans Äußerste gegangen und hat uns alles geschenkt, was möglich ist. Sollte uns das nicht genügen und uns mit Vertrauen erfüllen an jedem Tag unseres Lebens? Sollten wir nicht glauben und zuversichtlich hoffen, daß Gott es wirklich gut mit uns meint – mag kommen, was mag, im Leben, ja sogar im Tode?

Vielleicht können wir uns einüben in die Haltung der Dankbarkeit und des kindlichen Vertrauens auf die Vatergüte Gottes. Dann werden wir erfahren, daß wir zufriedener und glücklicher werden. Unser äußeres und inneres Leben wird an Wert gewinnen. Wir werden die Ereignisse, die Dinge und die Personen in einem neuen Licht sehen. Eine Ahnung von jener Erfüllung wird uns geschenkt werden, die Gott im Himmel für uns vorbereitet hat.

Dankbarkeit ist die Fähigkeit, große Dinge zu empfangen, die man sich nicht selber schaffen kann, sondern die einem geschenkt werden müssen. Wer ganz offen ist für Gott – diese Öffnung geschieht im Gebet –, der wird wunderbare Dinge in seinem Leben erfahren. So kann er mit der Gottesmutter Maria jeden Tag einstimmen in das Lob des Herrn, der Großes an uns getan hat!

Nur wer wirklich dankbar sein kann, vermag auch vertrauensvoll zu bitten. Auf diese Weise möge uns Gott schenken, unser Leben in seiner Liebe zu verbringen und einst die ewige und selige Vollendung in der Herrlichkeit des Himmels zu empfangen. Amen