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Predigt:

Ein Gnadenjahr des Herrn

3. Sonntag im Jahreskreis C (24.01.2016)

L1: Neh 8,2-4a.5-6.8-10; L2: 1 Kor 12,12-31a; Ev: Lk 1,1-4; 4,14-21


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

„Die Freude am Herrn ist eure Stärke.“ Mit diesen Worten fasst der alttestamentliche Priester und Schriftgelehrte Esra das zusammen, was das Volk Gottes im tiefsten Herzen bewegt. Durch den Gottesmann Esra wurde nämlich allen Anwesenden, ob groß oder klein, ob reich oder arm, ob gebildet oder nicht, das Gesetz Gottes verkündet.

Tatsächlich ist ja das Gesetz Gottes nicht eine bloße Sammlung von Normen und Vorschriften, sondern lebensspendende Weisheit. Die Frommen des Alten Bundes haben dies bereits so gesehen; nur durch gewisse Einseitigkeiten wurde das Verständnis für Gottes rettende und frohmachende Nähe verdunkelt.

Endgültig hat Gott sich uns Menschen aber in Jesus Christus geoffenbart und uns seine Liebe mitgeteilt. So erfüllen sich am Herrn Jesus Christus die Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja, wo es über den kommenden Erlöser heißt: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt.“ Er verkündet den vor Gott Armen eine frohe Botschaft; er befreit die in Sünde und Schuld verstrickte Menschheit von ihren selbst auferlegten Fesseln; er schenkt den körperlich Blinden das Augenlicht und den geistig Blinden das Sehvermögen des Herzens, und er erlöst die im Herzen Zerknirschten, die sich von ihren Sünden abwenden und zu Gott bekehren. So ruft Jesus Christus in seinem Wirken ein Gnadenjahr des Herrn aus!

Dieses Gnadenjahr Christi dauert länger als ein Kalenderjahr: Die ganze Zeit des öffentlichen Wirkens Jesu ist damit bezeichnet. Doch auch nach dem Tod und der Auferstehung Christi setzt sich diese Gnadenzeit fort: Denn die Kirche ist aufgerufen, das Heilswerk Christi weiterzuführen. Dazu ist ihr der Beistand des Heiligen Geistes geschenkt. Vom Geist Gottes geführt hält die Gesamtheit aller an Christus Glaubenden an der einmal empfangenen Wahrheit fest und dringt immer tiefer darin ein. Jedem Glied der Kirche, die vom Apostel Paulus mit einem geheimnisvollen Leib verglichen wird, kommt eine besondere Aufgabe zu. Die einen sind zu dieser Aufgabe berufen, die anderen zu jenem Dienst. Es gibt kein Konkurrenzverhältnis, denn wer höher steht, soll der Diener aller sein, wie es unser Herr Jesus Christus selber vorgelebt und seinen Aposteln und Jüngern aufgetragen hat. So besteht in der Kirche Christi ein Zusammenwirken aller in Liebe, zum Lobpreis Gottes und zum Wohl und Heil der Menschen.

Haben wir selber schon die Kostbarkeit und Würde unserer christlichen Berufung entdeckt? Sind wir uns dessen ausreichend bewusst, dass wir durch die eine Taufe hineingenommen worden sind in den einen Leib Christi, der die Kirche ist, und dass wir nun in Wahrheit Kinder Gottes heißen und es auch sind? Wir beten in der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen diesmal darum, dass alle Christen gemeinsam dieser großen Berufung entsprechen, die großen Taten des Herrn zu verkünden (vgl. 1 Petr 2,9–10).

Immer wieder hat die Kirche ein „Heiliges Jahr“ proklamiert, in dem wir das Geschenk der Erlösung auf vertiefte Weise annehmen dürfen und sollen. Das „Jahr der Barmherzigkeit“, das Papst Franziskus ausgerufen hat, zeigt uns: Gott liebt uns, auch wenn wir Sünder sind. Sein Erbarmen richtet uns wieder auf und zeigt uns den guten Weg. Das Bußsakrament ist ein Schatz, den es neu zu entdecken gilt. Es weist uns den Weg in eine Zukunft mit Gott – in Einheit mit Christus, dem Erlöser.

Möge uns die Fürbitte der Gottesmutter Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, in unserem Vertrauen auf Gottes zuvorkommende Liebe ermutigen und allezeit im Guten bestärken!

 

Amen.