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Predigt:

4. Fastensonntag C (25.03.2001)

L1: Jos 5,9a.10-12; L2: 2 Kor 5,17-21; Ev: Lk 15,1-3.11-32


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wer macht den Anfang des Heils, Gott oder der Mensch? Wendet der Mensch sich zuerst hin zu Gott, oder ist es Gott selbst, der dem Menschen nachgeht und sich ihm voll Liebe zuwendet? Die trostreiche Antwort unseres Glaubens lautet: Gott hat uns zuerst geliebt!

Wir wollen in Anlehnung an das heutige Evangelium das Gleichnis vom verlorenen Sohn, besser: vom barmherzigen Vater betrachten!

Wir kennen dieses Gleichnis gut. Es ist ein Bild, wie es uns Menschen mit Gott ergeht. Gott ist der barmherzige Vater, der den Menschen die Freiheit geschenkt hat. Sie sollen sie in rechter Weise gebrauchen. Gott möchte, daß alle Menschen ihn lieben und das Gute tun, aber er zwingt niemanden zum Guten. So läßt er es zu, daß der jüngere Sohn sein Vermögen auf schlechte Weise durchbringt. Das heißt, dieser tut Dinge, die vor Gott nicht recht sind. Er sündigt und trennt sich auf diese Weise von der Liebe Gottes. Der Sohn lebt zwar noch, aber geistlich ist er „tot“ geworden. Das Leben mit Gott ist verlorengegangen. Der barmherzige Vater aber wartet stets auf die Umkehr.

Da gelangt der Sohn zur Einsicht. Sein Elend ist der Anlaß dazu, er erkennt, daß er auf eigene Kräfte gestellt nicht mehr aus und ein weiß. Seine Reue geht jedoch tiefer: Er denkt an die Liebe seines Vaters und beschließt umzukehren. Wenn ein Mensch umkehrt, dann hat Gott ihn bereits im Herzen dazu eingeladen. Gott macht immer den Anfang, der Mensch gibt die Antwort.

Doch wie empfängt Gott den reumütigen Sünder? Hält er ihm seine Vergehen in aller Ausführlichkeit vor? Demütigt er ihn vor allen anderen? Der verlorene und nun heimgekehrte Sohn weiß: „Verdient hätte ich es“, und er würde es eigentlich erwarten. Schuld trägt ja allein er, und nicht der Vater. Doch was geschieht bei der Heimkehr des Sohnes? Nichts trägt der barmherzige Vater dem verlorenen Sohn nach, im Gegenteil: Er kleidet ihn ein mit großer Pracht! Das heißt: Er schenkt ihm alles neu, was er durch seinen Ungehorsam und durch seine Untreue verloren hat. Das „Kleid der Seele“, die heiligmachende Gnade, als Freundschaft mit Gott, die Annahme als Kind Gottes wird ihm neu zuteil!

Es herrscht großer Jubel und große Freude. Alle freuen sich – bis auf einen. Der daheimgebliebene, „brave“ und stets gehorsame ältere Sohn des Vaters freut sich nicht, als er erfährt, wie großzügig sein Vater den heimgekehrten jüngeren Bruder wieder aufnimmt. Der sogenannte „Gerechte“ kann es nicht ertragen, daß der Vater gütig ist zu dem, der Irrwege gegangen ist und umgekehrt ist. Er macht dem Vater Vorwürfe.

Wir können uns fragen: Wer ist der größere Sünder? Der jüngere oder der ältere? Obwohl der ältere Sohn keine sündhaften Taten wie der jüngere gesetzt hat, ist er dennoch in seinem Herzen stolz und selbstgerecht. Das heißt: Auch er muß sich bekehren, um Anteil am Heil zu erlangen! Das ist die Botschaft dieses Gleichnisses. Erst dann kann er mit dem Vater und dem jüngeren Bruder feiern!

Vielleicht kann uns das nachdenklich machen. Es gibt nicht nur jene offenkundigen Sünden, wo ein jeder sieht: „Der oder die ist auf Abwegen!“, sondern es gibt auch die versteckte Sünde der „Frommen“. Man urteilt leichtfertig und selbstgerecht über die anderen, die „Sünder“, und spricht sich selbst gerecht. Doch wehe: Die Sünden der Überheblichkeit und des Stolzes wiegen vor Gott schwerer als die Sünden des Fleisches!

Hüten wir uns also vor leichtfertigem Urteil, besonders über die jüngere Generation, z.B. über jene, die ohne christlich geordnete Ehe zusammenleben. Ja, ihr Verhalten ist nicht richtig, und es ist eine schwere Sünde! Aber wer gibt uns das Recht, jene Menschen zu verurteilen? Vielleicht hat es ihnen nie jemand richtig gesagt; auch Erwachsene geben ein schlechtes Beispiel; es gibt viele Einflüsse, die junge Menschen in dieser Weise zum Schlechten hinziehen. Besser ist es, für sie zu beten, als in Worten über sie loszuziehen!

Freude aber sollte herrschen über jeden, der sich bekehren kann durch die Gnade Gottes. Denn so lange wir leben, ist es für die Umkehr nie zu spät. Möge die heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria als die Mutter der Barmherzigkeit in Liebe eintreten für alle ihre Kinder! Der Herr nimmt jeden auf, der ehrlichen Herzens bei ihm seine Zuflucht sucht und sein Erbarmen erfleht. Gerade im Sakrament der Buße – in der heilige Beichte – dürfen wir dieses Geschenk des Erbarmens und der Versöhnung von Gott immer wieder neu empfangen. Die Freude über alle, die sich Gott zuwenden, wird groß sein im Himmel und ohne Ende. Amen