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Predigt:

5. Fastensonntag C (01.04.2001)

L1: Jes 43,16-21; L2: Phil 3,8-14; Ev: Joh 8,1-11


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Heute begeht die Kirche bereits den Fünften Fastensonntag. In einer Woche beginnt mit dem Palmsonntag die Karwoche, und bald ist es Ostern!

Das heutige Evangelium enthält eine Botschaft des Trostes und der Zuversicht für all jene, die gesündigt haben und umkehren wollen. Für die Umkehr ist es nie zu spät, und es gibt keine noch so verfahrene Situation, in der Gottes Liebe nicht einen Ausweg eröffnen würde!

Zugleich ist die Begegnung Jesu mit der Ehebrecherin, die man steinigen wollte, eine Warnung vor Hartherzigkeit und selbstgerechtem Urteil. An der Schuld der Frau bestand kein Zweifel: Man hatte sie ja auf frischer Tat ertappt! Also war es – gemäß dem Gesetz des Mose – nur gerecht, daß sie die dafür gebührende Strafe erleiden sollte. Und die war ... die Steinigung!

Den Schriftgelehrten und Pharisäern, die die arme Frau herbeischleppen und zu Jesus bringen, geht es nicht um die Sünderin. Sie haben sie längst abgeschrieben. Vielmehr möchten sie einen Menschen, der versagt hat und schuldig geworden ist, für ihre Zwecke instrumentalisieren. Sie wollen die Frau als Mittel dafür einsetzen, um Jesus Christus eine Falle zu stellen. Wenn er sich jetzt offen gegen das Gesetz des Mose stellt, so können sie ihn als Gesetzesübertreter überführen und der Gotteslästerung anklagen. So denken sie.

Dies weiß Jesus, und er durchschaut ihre Vorgangsweise. Eben deshalb würdigt er die Ankläger zunächst keines Blickes. Er schreibt mit dem Finger auf die Erde, berichtet der Evangelist Johannes. Was er schrieb, wissen wir nicht. Weil die Ankläger keine Ruhe geben und unbedingt eine Stellungnahme Jesu zur Tat dieser Frau erzwingen wollen, richtet sich Jesus schließlich auf. Er sagt nun aber nicht, das Gesetz des Mose sei hinfällig, sondern er gibt eine Antwort, mit der die Ankläger der Frau nicht gerechnet hatten: „Wer von euch ohne Sünde ist“, sagt Jesus, „der werfe als erster einen Stein auf sie.“

Wieder bückt er sich zu Boden und schreibt weiter. Das ist eine von Jesus sehr vornehm ermöglichte Gelegenheit, daß sich die Ankläger kleinlaut zurückziehen. Ein jeder erkennt in seinem Herzen, daß er selber in vielfacher Hinsicht schuldig ist und keiner berechtigt ist, die Frau zu verurteilen. Einer nach dem anderen geht fort.

Der Höhepunkt der Begebenheit ereignet sich aber erst jetzt, als Jesus mit der Frau allein zurückbleibt. Er spricht sie ehrfurchtsvoll an und nennt sie „Frau“. Auf diese Weise gibt er ihr ihre Würde wieder zurück, die sie durch ihr eigenes Tun und in den Augen ihrer Ankläger verloren hat. Dasselbe Wort verwendet Jesus nach dem Evangelisten Johannes übrigens auch, wenn er seine Mutter Maria anspricht.
Nun fragt Jesus: „Frau, wo sind sie geblieben? Hat keiner dich verurteilt?“ Erst jetzt wird der Frau bewußt, welcher Gefahr sie entgangen ist. So antwortet sie: „Keiner, Herr.

Vor ihr steht jetzt der, von dem sie ahnt, daß auf ihn das zutrifft, was er selbst als Bedingung für ein Urteil verlangt hat: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe als erster einen Stein auf sie.“ Jesus Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, ist ihr begegnet und blickt sie voll Liebe an. Er ist wirklich ohne Sünde. Er allein hätte ein Recht, sie zu verurteilen. Doch was tut er? Er spricht sie los von ihren Sünden und sagt: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Der ewige Richter vollzieht sein Gericht dadurch, daß er die Sünderin freispricht und ihr einen Weg der Umkehr ermöglicht. Das ist größer und göttlicher als ihre bedingungslose Hinrichtung für ein in der Tat schweres Vergehen. Ihre Schuld ist vergeben, ein neuer Anfang ist gesetzt. Sie wird dies dankbar annehmen und sich mit Gottes Hilfe um ein heiliges Leben bemühen!

Was bedeutet das für uns, liebe Gläubige? Haben nicht auch wir immer wieder die Barmherzigkeit Gottes nötig? Und schenkt uns nicht Jesus Christus auch ganz persönlich seine liebevolle Zuwendung, wenn wir im Sakrament der Buße durch den Dienst seiner Priester losgesprochen werden von allen Sünden? Gerade in diesem Sakrament zeigt es sich ja, daß das göttliche Gericht über die Sünden zwar in schonungsloser Offenheit und reuevoller Selbstanklage vollzogen wird, zugleich aber die „Los-Sprechung“ als Befreiung von jeder Schuld durch Gottes Barmherzigkeit zugesichert ist für all jene, die diese Gnade annehmen wollen.

Wenn wir an Schuld denken, die wir vor Gott bereuen sollen, so ist nicht nur das äußere Tun maßgeblich, sondern mehr noch die innere Gesinnung und Einstellung gegenüber Gott, den Mitmenschen und uns selbst. Und wer kann schon von sich behaupten, daß sein Herz immer ganz frei und rein ist von allen bösen und ungeordneten Gedanken und Begierden? Wie oft verfehlen wir uns in hartem und lieblosem Urteil über andere und bringen diese bösen Gedanken vielleicht in unseren Worten und Taten zum Ausdruck! Und schließlich das Unterlassen des Guten sowie das Tun des Bösen: Sind wir wirklich immer ganz unschuldig?! Wir alle haben das Erbarmen des Herrn stets nötig!

Nehmen wir seine Liebe an und erweisen wir auch unseren Mitmenschen Erbarmen und Verzeihung. Dann dürfen wir immer wieder neu das Wort Jesu auch auf uns beziehen: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Amen