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Predigt:

Das Vorbild der Heiligen Familie

Fest der Heiligen Familie C (30.12.2018)

L1: Sir 3,2-6.12-14 oder 1 Sam 1, 20-22.24-28; L2: Kol 3,12-21; Ev: Lk Lk 2, 41-52


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Am Sonntag in der Weihnachtsoktav feiert die Kirche das Fest der Heiligen Familie. Zu dieser zählen der heilige Josef und seine jungfräuliche Gemahlin, die Gottesmutter Maria, sowie das Jesuskind.

Gewiss war diese Familie einzigartig, und doch können wir in ihr ein Vorbild für alle christlichen Familien erkennen. Gott hat in seiner Menschwerdung die Familie geheiligt. Er wollte wahrhaft einer von uns werden; er wollte als Menschenkind empfangen und geboren werden von einer Frau, der jungfräulichen Gottesmutter Maria, beschützt von einem Vater, dem heiligen Josef. Jesus wollte die normalen Entwicklungsphasen der Kindheit, des Heranwachsens und Reifens, der Jugendzeit und des Erwachsenenalters auf sich nehmen. Auf diese Weise hat Gott seinen Segen für alle Familien verheißen und ausgegossen!

Das Evangelium von der Wallfahrt des zwölfjährigen Jesus mit seinen Eltern nach Jerusalem mag uns etwas verunsichern: Denn Jesus lässt sich drei Tage lang nicht mehr auffinden. Nachdem Maria und Josef ihre Verwandten befragt haben und in der Pilgergruppe nach Jesus Ausschau gehalten haben, kehren sie nochmals zurück und finden Jesus im Gespräch mit den Schriftgelehrten im Tempel. Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie er als Zwölfjähriger Fragen stellt und sich für die Antworten der Gelehrten interessiert. Dann aber kommen Maria und Josef: Sie sind erleichtert, als sie ihn finden; doch Jesus muss es sich gefallen lassen, dass ihm seine Eltern auch eine Frage stellen: „Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ (Lk 2,48). Es ist keine Anklage, wohl aber ein Ausdruck von Sorge und Liebe, der sich hier zeigt. Jesu Antwort ist rätselhaft; sie verweist auf seinen göttlichen Ursprung: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ (Lk 2,49). Dann aber ging Jesus wieder heim, und er erwies Maria und Josef jenen Gehorsam und jene Liebe, wie sie Kinder ihren Eltern gegenüber zum Ausdruck bringen sollen.

Wenn wir diese Familiensituation mit unseren Familien vergleichen, dann können wir sagen: Es gibt Unterschiede, und es gibt Gemeinsamkeiten. Natürlich ist das Kind Jesus einzigartig: Jesus Christus ist wahrer Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit, und zugleich ist er ein Menschenkind. Die Heilige Familie ist ganz auf den Willen Gottes ausgerichtet. Sie ist ein Lebensraum der Heiligkeit, des gegenseitigen Verständnisses, der liebevollen Annahme und Hingabe. Und doch gibt es auch in dieser Familie Ereignisse, welche die Mitglieder auf die Probe stellen. Jesus erspart sie Maria und Josef nicht, denn sie haben von Anfang an Ja dazu gesagt, dass sich der Heilsplan Gottes in diesem Kind und durch dieses Kind erfüllen wird. Von daher sind Maria und Josef zum Opfer der Hingabe bereit. Nur wissen sie nicht, auf welche Weise es sich vollziehen wird. So gesehen sind sie wirklich überrascht und auch tief betroffen, dass der zwölfjährige Jesus sich für einige Tage ihrer Gemeinschaft entzieht und eigene Wege geht. Doch diese Wege haben nichts mit Eigensinn zu tun oder gar mit jugendlichem Aufbegehren, sondern sind eine Form des höheren Gehorsams gegenüber Gott, den Jesus seinen Vater nennt!

Blicken wir auf unsere Familien: Hier finden wir viel Gutes, wie Wertschätzung, Liebe, Hingabe, Einsatz für andere, friedvolles Zusammenwirken zum Wohl aller. Mitunter treten aber auch Störfaktoren ein, und zwar einfach deshalb, weil wir alle schwach und sündhaft sind. Das ist noch keine Tragik, solange sich die Familienmitglieder wieder zusammenfinden. Ohne Verständnis füreinander, ohne Rücksichtnahme, ohne geduldiges Ertragen so mancher Eigenheiten, ohne Verzeihung und Vergebung wird es nicht möglich sein, ein gutes Familienleben zu führen. Hier aber hilft uns das Beispiel der Heiligen Familie: Jesus, Maria und Josef zeigen uns, wie eine Familie in schwierigen Zeiten zusammenhält und wie sich alle in der Annahme und Verwirklichung des Willens Gottes wieder gemeinsam finden. Denn Gottes Wille ist unser Heil, und Gott meint es immer gut mit uns, auch wenn wir Prüfungen zu bestehen haben.

Darum beten wir heute für alle unsere Familien: wir beten für jene Familien, die in Liebe und Eintracht ihr Leben gestalten; wir beten aber auch für die Ehen und Familien in Krisensituationen, dass sie wieder zueinander finden und die Kraftquelle des Glaubens uns der Liebe neu entdecken. Niemand sei ausgeschlossen von unserer liebevollen Fürsorge; die Kirche möchte auch jene Personen begleiten, die ein Stück weit gescheitert sind in ihren Idealen. Gottes Liebe ermöglicht einen Neuanfang und eröffnet Wege des Heils. Gerade die größten Heiligen der Kirchengeschichte waren zutiefst demütige Menschen, und auch dort, wo jemand zuerst versagt hat, konnte nach einer grundlegenden Umkehr zu Gott der Weg der Gnade neu beschritten werden.

Die Heilige Familie erwirke und schenke unseren Familien die Freude an der Begegnung mit Gott und die herzliche Verbundenheit miteinander. So werden die Kinder auf ihre zukünftigen Aufgaben und Rollen in Kirche und Gesellschaft gut vorbereitet. So begleiten wir alle einander auf unserem Weg ins himmlische Vaterhaus, wo die große Familie aller Kinder Gottes einst jubeln und sich freuen wird in alle Ewigkeit. Amen.