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Predigt:

Karfreitag C (13.04.2001)

L1: Jes 52,13-53,12; L2: Hebr 4,14-16 ; 5,7-9; Passions-Ev: Joh 18,1-19,42


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Am heutigen Tag gedenkt die Kirche des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus am Kreuz. Es ist ein Tag der Trauer über das unschuldige und so schmerzvolle Leiden des Herrn, das er um unserer Sünden willen freiwillig erduldet hat. Wir sollen uns abwenden von unseren Sünden und auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen, die uns gerade im Zeichen des Kreuzes offenbar geworden ist.

Immer wenn wir die Heilige Messe feiern, wird das Leiden und Sterben des Herrn sowie seine Auferstehung unblutig gegenwärtig gesetzt. Am heutigen Tag kennt die Kirche keine Meßfeier. In ihrer Karfreitagsliturgie, die wir jetzt begehen, steht das Leiden des Herrn in der Passion nach Johannes sowie sein Sterben am Kreuz im Mittelpunkt. Dem heiligen Kreuz erweisen in der feierlichen Kreuzverehrung wir höchste Ehrerbietung!

Was bedeutet das Kreuz für uns? Haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt, daß wir es gedankenlos übergehen, wenn es überhaupt noch an den Wänden unserer Häuser hängt oder wir es in den Kirchen bemerken? Oder gibt es Augenblicke, wo wir erschüttert werden vor dem, was am Kreuz dargestellt wird: vor dem bitteren Leiden unseres Herrn, das die Grausamkeit der Menschen ihm zugefügt hat?

Ja, fragen wir uns ganz direkt: Wofür steht das Kreuz eigentlich – für die Grausamkeit der dem Herrn zugefügten Qual oder für den Triumph der göttlichen Liebe, die selbst im Leiden nicht aufhört, sondern ihre Stärke beweist und sich in der Ganzhingabe vollendet?

Sicher sind es die menschlichen Sünden, die das Leiden des Herrn verschuldet haben. Wie viele Verbrechen sind schon im Lauf der Geschichte von Menschen verübt worden, wieviel Böses gegen Gott und die Menschen ist schon begangen worden! Auch wir sind nicht ohne Schuld. Und all dies hat der Herr auf sich genommen, um es durch seine Liebe zu sühnen.

Indem er der rohen Gewalt keinen Widerstand leistete, sondern sich ganz den Händen seiner Peiniger auslieferte, hat er ihren Haß besiegt und alles Böse überwunden. Am Kreuz Christi ist das Böse, das sich ausgetobt hat bis zum Letzten, an seine Grenze gelangt, die dessen Überwindung bedeutet. Das Gute hat endgültig über das Böse gesiegt. Das Leben ist stärker als der Tod. Liebe triumphiert über den Haß. Die göttliche Vergebung ist größer als das Maß menschlicher Schuld.

Das alles dürfen wir heute dankbar bekennen. Im Kreuz liegt darum Hoffnung für alle unschuldig Gemarterten und Entrechteten, für alle Gedemütigten und Verfolgten. Der Sohn Gottes hat sich solidarisiert mit allen in ihrer Menschenwürde verletzten und mißachteten Menschen, er hat das Los jener auf sich genommen, die in ihren Rechten verletzt werden. Fortan ist die Wahrheit dessen offenkundig: Alles, was wir unserem Nächsten tun – an Gutem oder an Bösem –, das tun wir letztlich Christus. Denn er begegnet uns in jedem Menschen.

Sollten wir nicht angesichts dieser rettenden Tat der Liebe unseren Kleinmut aufgeben und unsere Verzagtheit überwinden? Sollten wir nicht die Hartherzigkeit und Überheblichkeit unseres Denkens und Wollens fallen lassen und Gott unseren ganzen Glauben, unser vorbehaltloses Vertrauen und unsere größtmögliche Liebe schenken?

Gott hat uns zuerst geliebt, seine Liebe ist ohne Maß, sie hat kein Ende. Es gibt nichts Negatives mehr, das nicht durch das Leiden und Sterben des Herrn am Kreuz überwunden ist. Durch seinen Tod hat er unseren Tod – den zeitlichen des Leibes und den ewigen aufgrund der Sünde – ein für allemal besiegt. In seiner Auferstehung wurde uns das Leben neu geschenkt.

Als Jesus gefangengenommen wurde und sich freiwillig dem Leiden und Tod auslieferte, das verließen ihn seine treuesten Jünger. Nur wenige harrten aus bis unter das Kreuz. Eine von diesen Personen war Maria, die Mutter Jesu. Sie glaubte und vertraute, auch in aller Dunkelheit und Not ihres Herzens. Ihre Treue und Liebe war stärker als der Tod ihres Sohnes, den sie erlebten mußte. Wie groß muß ihr Schmerz gewesen sein, als sie den toten Sohn in Händen hielt, wie dies manche Künstler so beeindruckend dargestellt haben!

Und doch: Das Herz Mariens, von Leid gesättigt, war voller Vertrauen. Ihr Glaube war zutiefst davon überzeugt, daß auf das Dunkel das Licht folgt, auf den Tod das Leben und die Auferstehung. Auch uns ruft ihr Beispiel zu: Glaubt dem Herrn, der für uns solche Marter erduldet hat. Er schenkt uns sein Leben und seine Liebe, ohne Ende.

Bald feiern wir Ostern. Bis dahin dürfen wir den Herrn in seiner Grabesruhe anbeten. Nicht die Hoffnungslosigkeit regiert, sondern die Verheißung immerwährenden Lebens erfüllt unser Herz. Ja, Christus hat uns durch das Kreuz erlöst. Ihn preisen wir dafür, jetzt und in Ewigkeit. Amen