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Predigt:

Requiem für Univ. Prof. Dr. Jan Flis

Abschiedsgottesdienst in Sigmundsherberg (03.08.2016)


P. Josef Grünstäudl OSB

Hochwürdigster Herr Diözesanbischof!

Lieber Herr Generalvikar!

Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst!

Liebe Familie des Verstorbenen Herrn Universitätsprofessors und Pfarrers Dr. Jan Flis!

Liebe Pfarrangehörige von Sigmundsherberg und Rodingersdorf!

Lieber Herr Moderator Milo Ambros!

Liebe Pfarrgemeinderäte der Pfarren Sigmundsherberg und Rodingersdorf!

Liebe Cousine und Haushälterin Maria Krauze!

Liebe Verwandte!

Schwestern und Brüder im Herrn!

 

„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!

Noch einmal sage ich: Freut euch!

Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe.

Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!“ (Phil 4,46)

Diese Worte hören wir üblicherweise als Lesung für den 3. Adventsonntag, den „Sonntag der Freude“. Mit diesen bekannten Worten aus dem Philipperbrief beginnt die Parte für den Verstorbenen Theologieprofessor u. Altdechant, emer. Pfarrer Dr. habil. Jan Flis von Sigmundsherberg.

Der Philipperbrief ist ihm besonders in der letzten Zeit sehr bedeutsam geworden – hat er doch darüber auch ausführlich publiziert in einem großen Bibelkommentar, einem anerkannten Gemeinschaftswerk polnischer Bibelprofessoren.

Die „Freude am Herrn“ hat ihn geprägt, getragen und ist sozusagen sein „Testament“. Aus dieser Freude heraus, die von innen kommt, hat er gelebt und sie auch weiter zu geben versucht. Er konnte oft sehr humorvoll sein – bei so manchen Zusammenkünften konnten wir das mit Genugtuung dankbar erleben. Vorerst möchte ich jedoch einige wichtige Daten seines Lebens anführen: Jan Flis wurde am 12. August 1945 in Polichna, Erzdiözese Lublin, in Polen, geboren.

Er wurde auf den Namen des Heiligen Johannes Maria Vianney, den Pfarrer von Ars, getauft. Der Gedenktag dieses hl. Priesters wird morgen in der ganzen Kirche gefeiert. Es fügt sich, dass dieser Gedenktag zugleich sein Begräbnistag ist. Johannes Maria Vianney ist auch der Patron seiner Geburts- und Taufpfarre Polichna in Polen, auf deren Pfarrfriedhof er im Grab seiner Eltern morgen beigesetzt wird.

Nach dem Theologiestudium in Lublin wurde er am 17. Juni 1969 für die Diözese Lublin zum Priester geweiht.

In der Folge war er auf verschiedenen Seelsorgeposten in seiner Diözese tätig, und er absolvierte dabei ein Spezialstudium in Bibelwissenschaft.

1985 promovierte er zum Doktor der Theologie. Anschließend publizierte er sein Hauptwerk, die „Wort-Konkordanz der Millenniumsbibel“ in polnischer Sprache.

Schon im Herbst 1991 (nach dem Heimgang des Pfarrers von Sigmundsherberg) konnte ihn Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn für unsere Diözese St. Pölten gewinnen. Per 1.1.1992 übertrug er Dr. Flis die Leitung der Pfarren Sigmundsherberg und Rodingersdorf, die er bis zu seiner Pensionierung Ende 2015 – also fast 25 Jahre – als Nachfolger des im Herbst des Vorjahres, 1991, verstorbenen Vorgängers, Pfr. GR. Johann Pertzl verwaltete und betreute. Neben seiner Seelsorgetätigkeit in der neuen Doppel-Pfarre habilitierte er sich 2000 an der Katholischen Universität Lublin zum Professor für Neues Testament.

2004 wurde er zum ordentlichen Professor für Neues Testament an die Universität Stettin berufen. Und im Jahr 2005 erhielt er einen Lehrauftrag für Neues Testament an der Philosophisch Theologischen Hochschule St. Pölten.

Diese Lehrtätigkeit an beiden Lehranstalten erfüllte er mit großer Gewissenhaftigkeit und vermittelte auf vielfache Weise der akademischen Jugend und den zukünftigen Priestern den Zugang zur biblischen Botschaft. Er hat nicht nur sehr gerne studiert, er hat auch begeisternd doziert und viel publiziert. Es war nicht von ungefähr, dass er in den letzten Jahren vom polnischen Staatspräsidenten zum Ordinarius für NT an der staatlichen Universität Stettin ernannt wurde. Viele seiner Schüler führte er zum Magisterium und auch zum Doktorat. Zum 70. Geburtstag des + Mitbruders haben Professorenkollegen von Stettin (Polen) und St. Pölten in Würdigung seines Lebenswerkes eine umfangreiche Festschrift herausgegeben. Sie zeigt die Wertschätzung auch der Fachkollegen (!).

Als seine Beschwerden immer schmerzhafter wurden und ihn zusehends schwächten, musste er die Pfarre, die er durch fast 25 Jahre geprägt hatte und deren Herz er im Laufe der Zeit gewonnen hatte(!), abgeben. Als Dechant musste ich vor einiger Zeit die Pfarr-Übergabe an den jetzigen Moderator, Herrn Milo Ambros O.Praem., leiten – sie war sehr brüderlich und sehr schön, und sie ließ Hw. Flis für kurze Zeit seine bösartige Erkrankung vergessen.

Prof. Flis wurde von Bischof Prof. Dr. Kurt Krenn auf Vorschlag des Dekanatskapitel auch zum Dechant des ehemaligen Dekanates Eggenburg ernannt (heute Teil des erweiterten Dekanates Horn).

Zu den regelmäßigen Dekanatskonferenzen unter seiner Führung sind die Mitbrüder auffallend gerne gekommen.

Er war auch Mitglied im Priesterrat, und Bischof Küng sagte selbst, dass er im verstorbenen Pfarrer Flis einen verantwortlichen und besorgten Mitarbeiter erlebt hat.

Vielen Dank für seinen aufopfernden Dienst in unserem Dekanat!

Er ist Autor zahlreicher theologischer Bücher und vieler theologischer Artikel und Stellungnahmen, unter ihnen waren auch in deutscher Sprache drei Predigt-Jahreszyklen und eine auffallend reiche Zitatensammlung. Er geht als Träger der Goldenen Ehrennadel der Marktgemeinde Sigmundsherberg in die Lokalgeschichte ein und war auch Feuerwehrkurat der Freiwilligen Feuerwehr Sigmundsherberg.

Auch sportlich war Dechant Flis sehr ambitioniert. In den Neunziger-Jahren hat er mich mehrmals zum Tennisspielen eingeladen, und eines Tages war es so weit. Wir spielten auf dem Platz in Rodingersdorf. Er hat haushoch gewonnen – ich gestehe es neidlos.

Sehr gerne hat er seine polnische Heimat hergezeigt. Es hat schöne Wallfahrten und Pilgerreisen nach Polen organisiert und begleitet. Allen Teilnehmern ist die Wallfahrt bis zum Heiligtum in Lichen im nordwestlichen Polen noch in bester Erinnerung!

Akademische Gruppen, die auf der Reise von seiner polnischen Heimat nach Rom unterwegs waren, kamen zu Besuch, er hat sie begrüßt und sich gefreut, dass sie von Familien der Pfarre willkommen geheißen und als Gäste aufgenommen wurden. Ihr Besuch hat immer auch ein hochstehendes künstlerisches Programm mitgebracht und war ein gesellschaftliches Ereignis für die örtliche Gemeinde.

Am Fest der Eltern der jungfräulichen Mutter unseres Erlösers – der Heiligen Joachim und Anna – wurde Dr. Jan Flis im 71. Lebensjahr und im 48. Jahr seines Priestertums in die ewige Heimat gerufen.

Ein für mich sehr tröstlicher Text in der Heiligen Schrift sind die Worte Jesu, die wir im heutigen Evangelium gehört haben: besonders ist es der Satz Jesu: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“.

 

Liebe trauernde Pfarrgemeinde!

Unser Leben ist ein ständiges Kommen, ein Unterwegssein. Wir gehen und leben auf ein Ziel zu: und das ist Jesus Christus selbst.

Der Verstorbene war viel unterwegs zwischen dem Waldviertel, Nord-Polen und wieder zurück, wie Sie wissen aus dienstlichen Verpflichtungen an beiden Stellen. Dabei versuchte er immer, den jeweiligen Menschen zu helfen, dass sie das gemeinsame Ziel entdeckten und leichter finden könnten. Vielleicht haben die Anstrengungen dieser ernstgenommenen Doppelaufgabe auch die Grundlagen seiner Gesundheit geschwächt.

In seinen Aufgabengebieten hat er sich viel einfallen lassen:

Bei den Büchern: wobei der heiliggesprochene Papst Johannes Paul II. eines seiner verfassten Büche (sein Hauptwerk!) neben seinem Schreibtisch liegen hatte und es gerne verwendete: die schon erwähnte Wortkonkordanz der polnischen Millenniumsbibel. Das war für Prof Dr. Jan Flis eine stille Ehre und eine große Freude. Auch ein Kinderbuch zum Thema: „Vater unser“ hat er verfasst: „Hallo, himmlischer Papi!“ Die darin enthaltenen wertvollen Impulse machen auch seine katechetisch-seelsorgliche Seite deutlich.

Auf diversen CD`s hat er im „Jahr der Bibel 2003“ den Text und die Melodie des „Vater unser“ in fast allen europäischen Sprachen und Melodien gesammelt.

In diesem erwähnten „Jahr der Bibel 2003“ führte er uns im Dekanat zu einem wertvollen Gemeinschaftswerk: zu einer „Bibelwallfahrt durch das Dekanat“. In einer „Bundeslade“ (einem eigens angefertigten Holzbehälter) führten wir im Dekanat eine darin enthaltene große Bibelausgabe in Prozession von Pfarrkirche zu Pfarrkirche und stellten sie für einige Wochen dort auf. Zeitgleich baute Dechant Jan in jeder (!) Pfarre eine ansprechende „Bibelausstellung“ auf. Gebet und Schriftlesung versammelte die Gläubigen um das „Wort Gottes“.

Seine „originellste“ Idee war, dass er als Wallfahrtsseelsorger der Autofahrerkirche zum Heiligen Christophorus ein Auto aufschneiden ließ und daraus für die Christophorus-Kirche, die Kirche der Autofahrer, einen besinnlichen „Betschemel“ machen ließ, um so Menschen – immer wieder in ihren verschiedenen Lebenslagen – ansprechen zu können. Hoffentlich bleibt dieser einmalige „Betstuhl“ und diese „Bibellade“ der Pfarre erhalten!

Abschließend komme ich nochmals auf das Trostwort des heutigen Evangeliums zurück:

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“ – dieses Wort Jesu hat Professor Flis auch in der letzten Zeit seiner schweren Krankheit getragen, bis er schließlich im Hospiz in Horn die Augen für diese irdische Welt mit all ihren Mühseligkeiten schließen durfte, nachdem er noch wenige Stunden vorher (!) den mitbrüderlichen Besuch des Vertreters des Diözesanbischofs, den Hwst. H. Generalvikar und den bischöflichen Segen, den er mitbrachte, wahrnehmen konnte.

Jan, Du warst als Theologieprofessor für Neues Testament und als Pfarrseelsorger ein guter und treuer Diener Deines Herrn. Und uns ein gutes Vorbild als geistlicher Mitbruder! Möge für Dich alles wahr werden, was Christus seinen treuen Dienern verheißen hat: „Tritt jetzt ein in die Freude Deines Herrn!“ Amen.

 

Verfasser: Dechant des zuständigen Dekanats Horn, KonsR. P. Josef Grünstäudl OSB.

Endredaktion mit kleinen geschichtlichen Ergänzungen durch den Alt-Dechanten des ehemaligen Dekanats Eggenburg, P. Robert Bösner OSB

 

† Univ. Prof. Dr. Jan Flis, o. Professor für NT an der theol.Fakultät der staatlichen Universität Stettin PL, KonsR. Dr. habil., emer. Pfarrer von Sigmundsherberg -Rodingersdorf, geb. am 12. August 1945, verstarb am 26. Juli 2016 im 71. Lebensjahr und im 48. Jahr seines Priestertums.

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