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Die „Amoris laetitia“ – Kontroverse
Ein moraltheologischer Beitrag zur formalen und inhaltlichen Klärung

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Erstpublikation in: Veit Neumann / Josef Spindelböck / Sigmund Bonk (Hg.) unter Mitarbeit von Susanne Biber, Glaube und Kirche in Zeiten des Umbruchs. Festschrift für Josef Kreiml, Regensburg 2018, 739–755. Prof. Dr. Manfred Gerwing, Eichstätt, würdigt in einer Rezension der FS Kreiml (in: Forum Katholische Theologie 36, 2020, 313–315) diesen Aufsatz folgendermaßen: „Er reflektiert die Amoris laetitia – Kontroverse und liefert so einen moraltheologisch luziden Beitrag zu seiner formalen und inhaltlichen Klärung.“ Die Internetadressen wurden aktualisiert (17.12.2020).

Mit Datum vom 19. März 2016 veröffentlichte Papst Franziskus das nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris laetitia“ (AL) über die Liebe in der Familie.[1] Es gilt als die Frucht zweier vorausgegangener Bischofssynoden zur Thematik von Ehe und Familie, insofern sich Papst Franziskus die Ergebnisse dieser Synoden weitgehend zu eigen macht und sie in lehrmäßiger und pastoraler Form akzentuiert.[2]

 

Eine fokussierte Fragestellung

Dieser moraltheologische Beitrag fokussiert auf die Frage, ob sich durch AL eine neue Situation in Bezug auf die Möglichkeit und Legitimität des Kommunionempfangs von Personen ergibt, die von ihrem rechtmäßigen Ehepartner geschieden sind und mit einem neuen Partner, den sie zivil geheiratet haben, auf eheähnliche Weise („more uxorio“, d.h. mit dem Einschluss sexueller Gemeinschaft) zusammenleben.[3]

Im „Katechismus der Katholischen Kirche“ heißt es unter vorheriger Bezugnahme auf die Worte Jesu über den Ehebruch (vgl. Mk 10,11–12): „Die Kirche hält deshalb daran fest, dass sie, falls die Ehe gültig war, eine neue Verbindung nicht als gültig anerkennen kann. Falls Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetze Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen. Aus dem gleichen Grund können sie gewisse kirchliche Aufgaben nicht ausüben. Die Aussöhnung durch das Bußsakrament kann nur solchen gewährt werden, die es bereuen, das Zeichen des Bundes und der Treue zu Christus verletzt zu haben, und sich verpflichten, in vollständiger Enthaltsamkeit zu leben.“[4]

Gelten diese Ausführungen des KKK noch vollinhaltlich oder ist es durch AL zu einer Modifikation gekommen?

 

Grundlegende Aussagen des 8. Kapitels von „Amoris laetitia“

Menschen in schwierigen Situationen sollen vonseiten der Kirche unterstützt werden, sodass sie auf dem Weg der Heiligkeit voranschreiten. Es geht um Begleitung, Unterscheidung und Eingliederung. Dies betrifft Personen in aufrechter ehelicher Gemeinschaft, dann aber vor allem Getrennte und Geschiedene, und hier wiederum sowohl Personen, die allein leben, wie auch jene, die eine zweite kirchlich nicht anerkannte Verbindung eingegangen sind, aus der vielleicht Kinder entsprungen sind. Wenn die Hirten der Kirche den betroffenen Personen und Paaren beistehen wollen, dann gilt es zuerst, die konkreten Situationen gut zu unterscheiden.[5] Eine Anerkennung und Ermutigung kirchlicherseits verdienen vor allem jene alleingelassenen Partner, die sich nach einer Trennung oder Scheidung nicht wieder mit einem neuen Partner verbinden, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenleben. Sie geben damit ein Zeugnis für ihre Treue gegenüber dem getrennten oder geschiedenen Ehepartner sowie für die Unauflöslichkeit der Ehe als solcher.[6]

Wie aber sieht es mit Personen aus, die von ihrem rechtmäßigen Ehepartner zivil geschieden sind und sich mit einem neuen Partner verbunden haben, um in einer kirchlich nicht anerkannten „Zweitehe“ zu leben?[7]

AL geht grundsätzlich und zuerst einmal davon aus, dass sich die betreffenden Personen in einem Lebensstand befinden, der eine „objektive Situation der Sünde“ darstellt. Zugleich wird im Einzelfall mit der Möglichkeit gerechnet, dass derartige Personen dann von subjektiver Schuld mehr oder weniger entlastet sein können, wenn sie nicht voll verantwortlich für ihre Lage sind.[8] Es gebe jedenfalls keine Sackgassen, in denen jemand notwendigerweise verharren müsse, ohne Aussicht auf die Möglichkeit einer Bekehrung.

Daher sei es sinnvoll, einen „Weg der Begleitung und der Unterscheidung“ einzuschlagen; das Gespräch mit dem Priester könne helfen, in richtiger Weise dasjenige zu beurteilen, „was die Möglichkeit einer volleren Teilnahme am Leben der Kirche behindert, und kann helfen, Wege zu finden, diese zu begünstigen und wachsen zu lassen.“ Es geht um einen stufenweisen Bekehrungsprozess, der jedoch nicht das Gesetz Gottes einer Gradualität (d.h. einer abgestuften Geltung) unterwirft und der in der entsprechenden Unterscheidung „niemals von den Erfordernissen der Wahrheit und der Liebe des Evangeliums, die die Kirche vorlegt, absehen“ kann.[9]

Welche Hilfen bietet die Kirche konkret an für jene Menschen, die sich in einer entsprechenden Situation befinden? Grundlegend geht es um die Versöhnung mit Gott und – soweit möglich – auch von Personen, die sich entzweit und voneinander getrennt haben. Mitunter ist es im Rahmen eines solchen Versöhnungs- und Bekehrungsprozesses möglich, die eheliche Gemeinschaft der rechtmäßigen Gatten wieder aufzunehmen. Dies impliziert dann freilich eine Trennung vom neuen Lebenspartner. Doch bereits Johannes Paul II. hatte in „Familiaris consortio“ zugestanden, dass dies nicht immer möglich sei, entweder wegen der Aussichtslosigkeit einer Versöhnung oder weil es im Hinblick auf die neue Lebensgemeinschaft auch neue und unmittelbar drängende Verpflichtungen geben könne, besonders die Erziehung von Kindern betreffend, aber auch Pflichten der Fürsorge für den neuen Partner bzw. die Partnerin.[10]

Bleibt hier, wie „Familiaris consortio“ ausführt, nur die Alternative zwischen einem Verzicht auf den Kommunionempfang einerseits oder einem Leben mit dem neuen Partner „wie Bruder und Schwester“, also in völliger sexueller Enthaltsamkeit, anderseits, was erst den Weg zum Empfang des Bußsakraments und der heiligen Kommunion möglich macht?

Johannes Paul II. hatte nämlich ausdrücklich festgestellt: „Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, dass, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, ‚sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind‘.“[11]

Auch AL 298 verweist in Fußnote 329 in Verbindung mit FC 84 auf diese „von der Kirche angebotene Möglichkeit, ‚wie Geschwister‘ zusammenzuleben“; zugleich wird die damit verbundene Schwierigkeit eines partnerschaftlichen, aber doch geschwisterlichen Zusammenlebens in fortdauernder Enthaltsamkeit anerkannt.[12]

Gerade weil es von Gottes Gnade her keine endgültigen Sackgassen für den schuldig gewordenen Menschen geben kann (auch nicht für Menschen, die in „irregulären“ Beziehungen leben), ist es wichtig, die Dynamik der Bekehrung und des stufenweisen Wachstums in den Blick zu nehmen. Wenn hier ein erster Schritt erfolgt, dann sind auch weitere Schritte zum Guten hin möglich, und gerade darauf setzt Franziskus in AL sein Hauptaugenmerk:

In Fußnote 351 von AL heißt es in Bezug auf die im entsprechenden Artikel (Nr. 305) angesprochene „Hilfe der Kirche“ für ein stufenweises Wachstum inmitten von Begrenzungen: „In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein. Deshalb ‚erinnere ich [die Priester] daran, dass der Beichtstuhl keine Folterkammer sein darf, sondern ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn‘ (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium [14. November 2013], 44: AAS 105 [2013], S. 1038). Gleichermaßen betone ich, dass die Eucharistie ‚nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen‘ ist (ebd., 47: AAS 105 [2013], S. 1039).“[13]

Dies ist zunächst einmal ganz klassisch zu verstehen: dass nämlich Menschen, die den festen Willen haben, die Sünde zu meiden, dennoch wieder fallen können, ja dass auch eine vorausgesehene Wahrscheinlichkeit des sittlichen Versagens der Echtheit des Bekehrungswillens keinen Abbruch tut, der gerade deshalb immer wieder der Hilfe der Sakramente bedarf.[14]

Kann jedoch Fußnote 351 zusammen mit Fußnote 336[15] eine objektive Grundlage bieten für eine über FC 84 hinausgehende Zulassung betroffener Personen zu den Sakramenten? Können Personen in einer kirchlich nicht anerkannten „Zweit-Ehe“ in gewissen Fällen auch dann die heilige Eucharistie empfangen, wenn sie nicht sexuell enthaltsam leben? Besteht hier, wie Kardinal Kasper und andere meinen, ein durch AL eröffneter, über die kirchliche Tradition und das bisherige kirchliche Lehramt hinausgehender erweiterter Ermessens-Spielraum?[16]

Um hier abseits einer Polemik verhärteter Fronten der Auslegung inhaltlich weiterzukommen, ist es nötig, grundsätzlicher und umfassender nach der Intention und lehramtlichen Verbindlichkeit des Apostolischen Schreibens AL zu fragen.

 

Theologische Gewichtung der lehramtlichen Verbindlichkeit von AL

Wie das 2. Vatikanische Konzil in seiner Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“ erklärt, gebührt dem Lehramt der Kirche, welches der Papst und die mit ihm verbundenen Bischöfe ausüben, auch dort ein religiöser Gehorsam des Verstandes und Willens, wo es sich nicht um unfehlbare und definitive Lehräußerungen handelt. Im Bereich des „Magisterium authenticum“ gilt nämlich: „Die Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren, sind von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren. Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen. Dieser religiöse Gehorsam des Willens und Verstandes ist in besonderer Weise dem authentischen Lehramt des Bischofs von Rom, auch wenn er nicht kraft höchster Lehrautorität spricht, zu leisten; nämlich so, dass sein oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den von ihm vorgetragenen Urteilen aufrichtige Anhänglichkeit gezollt wird, entsprechend der von ihm kundgetanen Auffassung und Absicht. Diese lässt sich vornehmlich erkennen aus der Art der Dokumente, der Häufigkeit der Vorlage ein und derselben Lehre und der Sprechweise.“[17]

Dass „Amoris laetitia“ grundsätzlich in diese Kategorie lehramtlichen Sprechens hineinfällt, lässt sich kaum bestreiten. Formal gesehen kommt „Amoris laetitia“ als Apostolischem Schreiben eines Papstes dieselbe Autorität zu wie „Familiaris consortio“. Da aber lehramtliche und pastorale Dokumente der Kirche keinen erratischen Block bilden, der unterschiedslos zu gewichten wäre, ist nach der inneren Struktur von AL und auch nach dem Gesamtzusammenhang seiner Aussagen mit der kirchlichen Lehre zu fragen. So gesehen lassen sich innerhalb von „Amoris laetitia“ Aussagen erheben, die ausdrücklich zum Glaubensgut der Kirche gehören. Das ordentliche kirchliche Lehramt referiert hier gleichsam in beständiger und endgültiger Weise Wahrheiten, die für das Glaubensbewusstsein der Kirche unaufgebbar sind. Dass die gültige und sexuell vollzogene sakramentale Ehe absolut unauflöslich ist, gehört hier ebenso dazu wie die Grundbedingung für den fruchtbaren Empfang der Heiligen Eucharistie, nämlich als Getaufter frei zu sein von subjektiver schwerer Schuld.[18]

Andere Darlegungen innerhalb von AL sind – auf der Grundlage der von der Kirche bezeugten Offenbarungswahrheit – eher pastoraler Art, was beispielsweise die Ausführungen im 6. Kapitel im Hinblick auf die Vorbereitung zur Ehe und auch zur kirchlichen Begleitung bereits verheirateter Paare betrifft. Nicht alles in der Kirche ist lehramtlich festgelegt. Papst Franziskus erklärt ausdrücklich, dass es einen legitimen Freiraum für unterschiedliche Meinungen in der Kirche gibt und geben muss, und zwar auf der Basis des gemeinsamen katholischen Glaubens und einer gemeinsamen Disziplin:

„Indem ich daran erinnere, dass die Zeit mehr wert ist als der Raum, möchte ich erneut darauf hinweisen, dass nicht alle doktrinellen, moralischen oder pastoralen Diskussionen durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden müssen. Selbstverständlich ist in der Kirche eine Einheit der Lehre und der Praxis notwendig; das ist aber kein Hindernis dafür, dass verschiedene Interpretationen einiger Aspekte der Lehre oder einiger Schlussfolgerungen, die aus ihr gezogen werden, weiterbestehen. Dies wird so lange geschehen, bis der Geist uns in die ganze Wahrheit führt (vgl. Joh 16,13), das heißt bis er uns vollkommen in das Geheimnis Christi einführt und wir alles mit seinem Blick sehen können. Außerdem können in jedem Land oder jeder Region besser inkulturierte Lösungen gesucht werden, welche die örtlichen Traditionen und Herausforderungen berücksichtigen. Denn ‚die Kulturen [sind] untereinander sehr verschieden, und jeder allgemeine Grundsatz […] muss inkulturiert werden, wenn er beachtet und angewendet werden soll‘.“[19]

Was folgt aus dieser grundsätzlichen Unterscheidung im Hinblick auf die hier fokussierte Fragestellung? Der Papst kann und will in AL gemäß dem Wortlaut seines Schreibens keine neue Lehre vorstellen, die in Widerspruch steht zu dem, was die Kirche in diesen Fragen bis jetzt vertreten hat. Für die Begleitung von Personen in derartigen „irregulären“ Situationen im Sinne eines Prozesses der Unterscheidung, der zu einer möglichst intensiven Integration ins kirchliche Leben führen soll, wird von Papst Franziskus in AL – mit einem Zitat aus dem Schlussdokument der Bischofssynode von 2015 – auf die „Lehre der Kirche“ und die entsprechenden „Richtlinien des Bischofs“ verwiesen.[20] Ebenso wenig wird von AL eine Neuordnung im Rechtsbereich – also dem „forum externum“ – intendiert.[21]

AL zielt eine möglichst qualifizierte seelsorgliche Begleitung von betroffenen Gläubigen im „forum internum“, also dem Gewissensbereich an. Hier aber kann nicht etwas völlig anderes gelten, als es die äußere Disziplin der Kirche vorsieht, auch wenn tatsächlich die Konsequenzen oder Auswirkungen einer rechtlichen Norm nicht notwendig immer dieselben sein müssen.[22] Alle Vorschläge und Überlegungen pastoraler Natur müssen derart sein, dass sie die Unauflöslichkeit der Ehe und die Notwendigkeit des Freiseins von subjektiv schwerer Schuld für den würdigen und fruchtbringenden Kommunionempfang weder theoretisch noch praktisch in Frage stellen. Dies ist Papst Franziskus bewusst, und so stellt er im 8. Kapitel von „Amoris laetitia“ darauf ab, dass eine pastorale Begleitung das Wohl und Heil der konkreten Menschen im Auge haben muss und sich insofern – unbeschadet der Gültigkeit universaler sittlicher und rechtlicher Normen – ein Eingehen auf konkrete Personen und ihre Situationen nicht nur nahelegt, sondern sogar erforderlich ist.[23]

„Amoris laetitia“ ermutigt die Seelsorger und pastoralen Mitarbeiter dazu, jene Personen, welche durch äußere und innere Hindernisse am Leben der Kirche nicht voll teilnehmen können, im einem Prozess der stufenweisen Bekehrung näher dort hinzuführen. Papst Franziskus spricht von einem Weg des inneren Wachstums, der durch Gottes Gnade auch für Menschen möglich ist, die sich in menschlich gesprochen verfahrenen und ausweglosen Situationen befinden. Dem persönlichen Gewissen, das der Bildung und Begleitung bedarf, kommt hier eine unersetzliche Rolle zu, indem es den jeweils nächsten Schritt zum Guten hin aufzeigt, den der Mensch im Vertrauen auf die Gnade Gottes setzen kann und soll.[24] Weil dies ein ganz persönlicher Weg ist, den der einzelne vor Gott und mit Gott gehen darf, entzieht er sich einer letzten Beurteilung von außen. Unbeschadet dessen bedarf das Gewissen der Ausrichtung auf die objektiven Kriterien der Sittlichkeit, welche im Gebot der Gottes- und Nächstenliebe ihren Brennpunkt finden.

Wenn mit „Lumen gentium“, Nr. 25, nach der von Papst Franziskus in AL „kundgetanen Auffassung und Absicht“ bezüglich der Thematik des möglichen Kommunionempfangs bestimmter Personengruppen gefragt wird und diese Auffassung und Absicht sich erkennen lässt „aus der Art der Dokumente, der Häufigkeit der Vorlage ein und derselben Lehre und der Sprechweise“, so kann festgestellt werden: Der Papst ist bemüht, seine Sichtweise als Ergebnis eines synodalen Prozesses zu präsentieren. Bis in einzelne Formulierungen hinein – auch das strittige Thema betreffend – folgt er den Vorgaben der beiden Bischofssynoden über Ehe und Familie, auf deren Bestätigung und Weiterführung in AL kurz eingegangen werden soll.

Die „Relatio Synodi“[25], also das Abschlussdokument der XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode 2015 über „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“, wurde am 24. Oktober 2015 in allen Teilen mit Zweidrittelmehrheit der abstimmungsberechtigten Synodenteilnehmer angenommen. Der Abschnitt von Nr. 85 erzielte diese Mehrheit nur knapp, mit dem Überhang von einer Stimme: 178 Ja-, 80 Nein-Stimmen. Darin geht es um die pastorale Begleitung von Personen, die zivil geschieden sind, jedoch bei aufrechtem und gültigem Eheband eine neue, eheähnliche Beziehung eingegangen sind. Es ist darin keine Rede von einem möglichen Sakramentenempfang, wohl aber wird die Unterscheidung der Situationen (mit Zitat aus FC 84) betont sowie auf eine ernsthafte Prüfung im Hinblick auf wichtige Aspekte der Versöhnung Bezug genommen.[26] Es wird festgehalten, dass die objektive Situation der Sünde nicht gleichzusetzen ist mit der subjektiven Verantwortlichkeit für eine bestimmte Handlung; auch müssen die Folgen bestimmter Handlungen nicht in allen Fällen dieselben sein. Wesentliche Teile dieser Nr. 85 wurden in AL 300 und 302 aufgenommen.

Die „Relatio Synodi“[27], das am 18. Oktober 2014 verabschiedete Schlussdokument der III. Außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode 2014 über „Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung“, erhielt hingegen nicht in allen Abschnitten eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Papst Franziskus entschied jedoch, dass das Abschlussdokument dennoch vollständig publiziert werden sollte, was auch die nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedeten Artikel 52, 53 und 55 betrifft. In AL werden diese drei Artikel jedoch nicht zitiert. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass der Papst in seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben nicht über das hinausgehen will, was die qualifizierte Mehrheit der Synode (2/3) inhaltlich vorgelegt hat.

 

Einheit des Glaubens und Pluralität bischöflicher Weisungen

Gerade das 8. Kapitel betreffend sind seit der Veröffentlichung des päpstlichen Schreibens „Amoris laetitia“ zahlreiche Stellungnahmen von Bischöfen und Bischofskonferenzen vorgelegt worden. Diese verorten das Schreiben im Kontext ihrer Teilkirchen und versuchen im Hinblick auf die Frage eines möglichen Empfangs der Sakramente der Buße und der Eucharistie für Personen in „irregulären“ Situationen eine Klärung der praktischen Vorgangsweise.

Gleichsam modellhaft geworden ist jene Interpretation, wie sie durch die argentinischen Bischöfe der Region Buenos Aires erfolgt ist.[28] Papst Franziskus hat in einem zuerst persönlich adressierten und informell veröffentlichten, dann in den Acta Apostolicae Sedis als Bestandteil des „magisterium authenticum“ publizierten Schreiben diese Weisungen gutgeheißen.[29]

Die argentinischen Bischöfe legen mit Verweis auf AL 300 einige Minimalkriterien fest, die zu beachten sind, was die Möglichkeit des Zugangs von Geschiedenen, die in einer neuen Verbindung leben, zu den Sakramenten betrifft. Die Kompetenz des jeweiligen Ortsbischofs, diese Kriterien zu präzisieren, zu ergänzen oder auch einzugrenzen, bleibt unangetastet. Sie erklären sinngemäß:

  1. Es sei nicht angemessen, über die Gewährung von Erlaubnissen bezüglich des Zugangs zu den Sakramenten zu sprechen. Es handle sich um einen Prozess der persönlichen und pastoralen Unterscheidung, der von den geistlichen Hirten begleitet werden müsse.
  2. In diesem Prozess gehe es darum, das Kerygma als Kern der frohen Botschaft im Sinn einer Erneuerung der persönlichen Begegnung mit dem lebendigen Herrn Jesus Christus aufzuzeigen.
  3. Bei der pastoralen Begleitung sei es nötig, den Weg der Liebe und Barmherzigkeit zu beschreiten, welcher der Weg Jesu sei. Dabei solle das ganze Leben mit dem Licht des Evangeliums erhellt werden.
  4. Dieser Weg münde nicht notwendigerweise in den Empfang der Sakramente, denn es gebe auch andere Weisen der vollständigeren Integration im Leben der Kirche: eine verstärkte Präsenz in der Gemeinschaft, die Teilnahme an Gebets- oder Reflexionsgruppen sowie die Übernahme verschiedener kirchlicher Dienste.
  5. Wenn es die konkreten Umstände eines Paares als umsetzbar erscheinen lassen, insbesondere wenn beide als gläubige Christen einen Weg des Glaubens beschreiten, könne ihnen vorgeschlagen werden, sich um ein Leben in Enthaltsamkeit zu bemühen. AL wisse um die Schwierigkeiten einer solchen Option und ermutige dazu, das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, wenn jemand in diesem Vorsatz versage.[30]
  6. In anderen Umständen, die komplexer sind und in denen eine Ehenichtigkeitserklärung nicht erreicht werden könne, erweise sich die erwähnte Option vielleicht als nicht durchführbar. Dennoch sei auch hier ein Weg der Unterscheidung möglich. „Wenn man zur Anerkenntnis dessen kommt, es gebe in einem konkreten Fall Einschränkungen in Bezug auf die Verantwortlichkeit und Schuldhaftigkeit (vgl. AL 301–302), insbesondere wenn eine Person erwägt, sie würde in eine weitere Schuld fallen, wenn sie die Kinder aus der neuen Verbindung verlassen müsste, dann eröffnet ‚Amoris laetitia‘ die Möglichkeit des Zugangs zu den Sakramenten der Versöhnung und der Eucharistie (vgl. Fn. 336 und 351). Diese wiederum befähigen die Person dazu, in der Kraft der Gnade zu reifen und zu wachsen.“[31]
  7. Es gelte zu vermeiden, diese Möglichkeit als unbegrenzten Zugang zu den Sakramenten anzusehen oder als Rechtfertigung jeder beliebigen Situation. Es gehe um die Unterscheidung in jedem Einzelfall. Besondere Zurückhaltung sei beispielsweise geboten, wenn nach einer kürzlich erfolgten Scheidung eine neue Verbindung eingegangen werde oder in der Situation desjenigen, der wiederholt seine familiären Verpflichtungen verletzt habe; ebenso, wenn jemand einen Standpunkt der Selbstrechtfertigung einnehme oder die eigene Situation so darstelle, als ob sie ein Teil des christlichen Ideals sein könne. In diesen schwierigeren Fällen sollen die Hirten mit Geduld die Begleitung durchführen, um einen gewissen Weg der Integration zu eröffnen.
  8. Immer sei es wichtig, die Personen daraufhin auszurichten, dass sie sich in ihrem Gewissen vor Gott hinstellten, und hier sei die Gewissenserforschung, zu welcher AL 300 einlade, nützlich, insbesondere mit Bezug darauf, wie man sich gegenüber den eigenen Kindern oder dem verlassenen Ehepartner verhalte. Wenn es noch nicht behobene Ungerechtigkeiten gebe, stelle der Zutritt zu den Sakramenten in besonderer Weise ein Ärgernis dar.
  9. Ein eventueller Zugang zu den Sakramenten solle auf diskrete Weise Verwirklichung finden, vor allem wenn Konfliktsituationen entstehen könnten. Zugleich solle die kirchliche Gemeinschaft in einem Geist des Verständnisses und des Willkommens wachsen, ohne jedoch, dass dies zu Verwirrungen bezüglich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe führe. Die Gemeinschaft sei das Werkzeug der Barmherzigkeit, die unverdient, bedingungslos und frei sei.
  10.  Die Unterscheidung höre nicht auf, da sie dynamisch und allzeit offen sein müsse für neue Etappen des Wachstums und neue Entscheidungen, die das Ideal auf eine vollständigere Weise zur Verwirklichung bringen können (vgl. AL 303), und zwar gemäß dem Gesetz der Gradualität (vgl. AL 295) und im Vertrauen auf die Hilfe der Gnade.

Die Bischöfe halten abschließend fest, dass sie (mit ihren Priestern) vor allem Hirten sind; sie wollen sich daher den pastoralen Standpunkt des Papstes zu eigen machen.

Inhaltlich fällt auf, dass diese bischöflichen Weisungen pastoraler bzw. disziplinärer Natur sind, also die entsprechende Lehre der Kirche voraussetzen, insbesondere was die Unauflöslichkeit der Ehe, die Exklusivität sexueller Intimität der Ehegatten und die entsprechende subjektive Disposition für den Eucharistieempfang betrifft. Selbst dann, wenn in einem besonderen Fall aufgrund des Fehlens der vollen subjektiven Verantwortlichkeit für eine bestimmte objektive Situation der Sünde der Kommunionempfang erwogen wird, ohne dass die Betreffenden sexuell abstinent leben, ist dies nicht als Erlaubnis anzusehen, sondern eher im Sinne der Toleranz menschlicher Schwachheit, bis eine Entscheidung möglich ist, die vollständiger dem Evangelium Christi entspricht. Es darf nie um eine Bestätigung in der Sünde gehen, sondern um eine Hilfe und Ermutigung zum geistlichen Wachstum. Freilich ist anzufragen, wie realistisch es ist, dass in Einzelfällen ein solcher Weg eröffnet wird und dennoch die Gesamtdynamik der Bekehrung sowie das Festhalten an der Unauflöslichkeit der Ehe nicht in Frage gestellt werden. Die Bischöfe vertrauen hier offenbar auf die Klugheit der Beichtväter, welche die Gläubigen nicht in der Sünde bestätigen dürfen, sondern Schritt für Schritt zur Vollgestalt des christlichen Lebens hinführen sollen.

Inwieweit macht sich Papst Franziskus durch sein Schreiben an die argentinischen Bischöfe deren Interpretation zu eigen, und mit welcher Autorität tut er dies? Der päpstliche Brief an die argentinischen Bischöfe gilt seit seiner Publikation in den „Acta Apostolicae Sedis“ als authentisches Lehramt; dieses kann wiederum als universales Lehramt ausgeübt werden oder als partikuläres. Im konkreten Fall wird eine auf lehrmäßiger Grundlage erfolgte pastorale und disziplinäre Stellungnahme argentinischer Bischöfe päpstlich als zutreffende Konkretion und Anwendung von „Amoris laetitia“ anerkannt. Das Dokument der argentinischen Bischöfe verweist in der Präambel ausdrücklich auf die Eigenverantwortung jedes einzelnen Bischofs, der nötigenfalls auch striktere Weisungen erlassen kann. Es ist also legitim, wenn ein Bischof als oberster Hirte seiner Teilkirche jenem Weg folgt, wie ihn die kirchliche Tradition aufzeigt und auch „Amoris laetitia“ in Erinnerung bringt: nämlich den Kommunionempfang für geschiedene Personen in einer neuen Verbindung nur dann zu ermöglichen, wenn diese sexuell enthaltsam leben wollen, und zwar unter Vermeidung von öffentlichem Ärgernis.

Tatsächlich hat Papst Franziskus nicht nur die Weisungen der argentinischen Bischöfe anerkannt, sondern auch selber durch seinen Kardinalvikar für die Diözese Rom konkrete Richtlinien vorlegen lassen, die restriktiver gefasst sind als die von den argentinischen Bischöfen vorgelegten.[32] Die Beispiele lassen sich durch den Hinweis auf die Bischofskonferenzen bzw. Bischöfe anderer Länder vermehren, wobei es Stellungnahmen gibt, die klar an der traditionellen Disziplin festhalten und dies nicht als Gegensatz zu „Amoris laetitia“ verstehen.[33]

Dass es umgekehrt auch Bischöfe und Bischofskonferenzen gibt, welche eine mehr oder weniger große Öffnung des Kommunionempfangs für nicht enthaltsam lebende Paare in kirchlich nicht geordneten Verbindungen erkennen lassen[34], lässt freilich fragen, inwiefern in einem Land erlaubt sein kann, was in einem anderen Land bzw. in einer anderen Diözese verboten ist. Insofern überrascht es nicht, dass es nicht nur zustimmende Erklärungen von Bischöfen und Theologen zu AL und der darin vertretenen Sichtweise gibt, sondern auch kritische und ablehnende.[35]

Die Zukunft wird zeigen, wie sich die durch „Amoris laetitia“ eröffneten Spielräume auswirken werden.[36]

 

[1] Vgl. Papst Franziskus, Nachsynodales Apostolisches Schreiben „Amoris laetitia“ über die Liebe in der Familie, 19. März 2016, https://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20160319_amoris-laetitia.html (dt.), https://w2.vatican.va/content/dam/francesco/pdf/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20160319_amoris-laetitia_la.pdf (lat.), in: AAS 108 (2016) 311–446.

Zur inhaltlichen Erschließung vgl. Conferenza Stampa per la presentazione dell’Esortazione Apostolica post-sinodale del Santo Padre Francesco “Amoris laetitia”, sull’amore nella famiglia, 08.04.2016, https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2016/04/08/0241/00531.html .

[2] 3. Außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema: „Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Neuevangelisierung”, 05.-19.10.2014; 14. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema: „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute”, 04.-25.10.2015, https://www.vatican.va/roman_curia/synod/index_ge.htm . Vgl. Christoph Kardinal Schönborn (Hg.), Berufung und Sendung der Familie. Die zentralen Texte der Bischofssynode. Mit einem Kommentar von P. Michael Sievernich SJ, Freiburg 2015.

[3] Insofern ist die Fragestellung hier enger gefasst als in meiner Einführung ins Papstschreiben insgesamt: vgl. Josef Spindelböck, Das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris laetitia”. Ein pastorales Dokument, das die Lehre der Kirche voraussetzt, in: Theologisches 46 (5–6/2016) 203–220, https://www.stjosef.at/artikel/amoris_laetitia_kommentar_spindelboeck.htm

[4] Katechismus der Katholischen Kirche, Neuübersetzung aufgrund der Editio Typica Latina, München-Vatikan 2003, Nr. 1650, im Folgenden abgekürzt mit KKK.

[5] Vgl. Franziskus, AL 298, mit Bezug auf Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben „Familiaris consortio“ (FC) über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, 22. November 1981, Nr. 84, https://stjosef.at/dokumente/familiaris_consortio.htm

[6] Vgl. Franziskus, AL 242, mit Bezug auf Relatio Synodi 2014, 50.

[7] Der Ausdruck „wiederverheiratete Geschiedene“ ist missverständlich. AL verwendet (wie FC) den generellen Begriff einer „irregulären Situation“, jedoch im Unterschied zu FC mit Anführungszeichen.

[8] „Aufgrund der Bedingtheiten oder mildernder Faktoren ist es möglich, dass man mitten in einer objektiven Situation der Sünde – die nicht subjektiv schuldhaft ist oder es zumindest nicht völlig ist – in der Gnade Gottes leben kann, dass man lieben kann und dass man auch im Leben der Gnade und der Liebe wachsen kann, wenn man dazu die Hilfe der Kirche bekommt.“ (AL 305). Ein „negatives Urteil über eine objektive Situation“ bedeute „kein Urteil über die Anrechenbarkeit oder die Schuldhaftigkeit der betreffenden Person.“ (Franziskus, AL 302; vgl. KKK 1735 und 2352).

[9] Franziskus, AL 300, mit Zitat aus der Relatio finalis 2015, Nr. 85.

[10] Vgl. Johannes Paul II., FC 84.

[11] Johannes Paul II., FC 84. Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, 14. September 1994, in: AAS 86 (1994) 974–979 (lat.), https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_14091994_rec-holy-comm-by-divorced_ge.html (dt.).

[12] „Viele, welche die von der Kirche angebotene Möglichkeit, ‚wie Geschwister‘ zusammenzuleben, kennen und akzeptieren, betonen, dass in diesen Situationen, wenn einige Ausdrucksformen der Intimität fehlen, ‚nicht selten die Treue in Gefahr geraten und das Kind in Mitleidenschaft gezogen werden [kann].‘“ – Franziskus, AL 298, Fn. 329. Wenn AL in der Erläuterung des Arguments ein Zitat aus Nr. 51 der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ des 2. Vatikanischen Konzils über die Kirche in der Welt von heute verwendet, welches in seinem Ursprungskontext auf eine gültige sakramentale Ehe bezogen ist, so kann dies gemäß dem Gesamtduktus von AL nicht als kirchliche Anerkennung einer zivilen „Zweit-Ehe“ angesehen werden und auch nicht als sittliche Legitimierung sexueller Akte von Personen, die vor Gott und der Kirche nicht gültig miteinander verheiratet sind.

[13] Franziskus, AL 305, Fn. 351.

[14] Diese Interpretation stimmt überein mit AL 311, Fn. 364, wo genau das zur Sprache kommt und zur Bekräftigung auf das Schreiben Johannes Pauls II. an Kardinal William W. Baum anlässlich des von der Apostolischen Pönitentiarie veranstalteten Kurses für Jungpriester und Weihekandidaten vom 22. März 1996 verwiesen wird, https://w2.vatican.va/content/john-paul-ii/it/letters/1996/documents/hf_jp-ii_let_19960322_penitenzieria.html (it.).

[15] In AL 300, Fn. 336 heißt es, mit Bezugnahme darauf, „dass die Konsequenzen oder Wirkungen einer Norm nicht notwendig immer dieselben sein müssen“: „Auch nicht auf dem Gebiet der Sakramentenordnung, da die Unterscheidung erkennen kann, dass in einer besonderen Situation keine schwere Schuld vorliegt. Dort kommt zur Anwendung, was in einem anderen Dokument gesagt ist: vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), 44. 47: AAS 105 (2013), S. 1038–1040.“

[16] Walter Kardinal Kasper (Die Botschaft von Amoris laetitia. Ein freundlicher Disput, Freiburg 2018) sieht die Bedingung eines enthaltsamen Zusammenlebens nur als „eine aus der Lehre der Unauflöslichkeit der Ehe abgeleitete (!) kirchliche Disziplin“ an (ebd., 83, Anm. 43). Vgl. die auf ausdrückliche Einladung von Papst Franziskus erfolgte Ansprache von Walter Kardinal Kasper beim außerordentlichen Konsistorium der Kardinäle am 20. Februar 2014: Walter Kasper, Bibbia, eros e famiglia, in: Il Foglio, 1. März 2014, Vaticano Esclusivo I-III; dt. Walter Kasper, Das Evangelium von der Familie. Die Rede vor dem Konsistorium, Freiburg im Breisgau 2014. Vgl. dazu Josef Spindelböck, Die Crux der Enthaltsamkeit. Ein moraltheologischer Einspruch zum Vorschlag Walter Kardinal Kaspers, in: Theologisches 44 (2014) 255–258, http://kath.net/news/45278 .

[17] 2. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“, Nr. 25, https://www.stjosef.at/index.php?id=konzil__suche&id=konzil__suche&doc=LG1&ui=ger&la=ger&lb=lat .

[18] Beides wird von Franziskus in AL klar angesprochen: die Unauflöslichkeit des ehelichen Bundes zwischen Mann und Frau (vgl. AL 52; 53; 62; 86; 123; 124; 134; 165; 178; 243) und ebenso die Notwendigkeit der Selbstprüfung vor dem Empfang der heiligen Eucharistie, um ihren unwürdigen Empfang zu vermeiden (vgl. AL 186).

[19] Franziskus, AL 3.

[20] Vgl. Franziskus, AL 300, mit Zitat aus Relatio finalis 2015, Nr. 85.

[21] „Wenn man die zahllosen Unterschiede der konkreten Situationen – wie jene, die wir vorhin erwähnten – berücksichtigt, kann man verstehen, dass man von der Synode oder von diesem Schreiben keine neue, auf alle Fälle anzuwendende generelle gesetzliche Regelung kanonischer Art erwarten durfte.“ – Franziskus, AL 300. Nirgendwo lässt Papst Franziskus erkennen, dass er die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Modifikation von KKK 1650 oder CIC can. 915 sieht. Vgl. Gero Weishaupt, Gutachten: Gilt nach „Amoris laetitia“ can 915 CIC/1983 noch? Kathnews. Rom und die Welt, 16.02.2017, http://www.kathnews.de/gutachten-gilt-nach-amoris-laetitia-can-915-cic1983-noch .

[22] Vgl. AL 300.

[23] Diese pastorale Sorge um den konkreten Menschen in seinen Bedingtheiten und Schwächen darf nicht zum Missverständnis einer Situationsethik führen, wonach es keine sittlichen Normen göttlichen Rechts gäbe, welche in sich schlechte Handlungen immer und überall verbieten, und zwar unabhängig von den Umständen und den Absichten der betroffenen Personen. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika „Veritatis Splendor“ über einige grundlegende Fragen der kirchlichen Morallehre, 6. August 1993, Nr. 79–83, in: AAS 85 (1993) 1133–1228 (lat.); https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/verlautbarungen/VE_111.pdf (dt.,).

[24] „Selbstverständlich ist es notwendig, zur Reifung eines aufgeklärten, gebildeten und von der verantwortlichen und ernsten Unterscheidung des Hirten begleiteten Gewissens zu ermutigen und zu einem immer größeren Vertrauen auf die Gnade anzuregen. Doch dieses Gewissen kann nicht nur erkennen, dass eine Situation objektiv nicht den generellen Anforderungen des Evangeliums entspricht. Es kann auch aufrichtig und ehrlich das erkennen, was vorerst die großherzige Antwort ist, die man Gott geben kann, und mit einer gewissen moralischen Sicherheit entdecken, dass dies die Hingabe ist, die Gott selbst inmitten der konkreten Vielschichtigkeit der Begrenzungen fordert, auch wenn sie noch nicht völlig dem objektiven Ideal entspricht. Auf jeden Fall sollen wir uns daran erinnern, dass diese Unterscheidung dynamisch ist und immer offen bleiben muss für neue Phasen des Wachstums und für neue Entscheidungen, die erlauben, das Ideal auf vollkommenere Weise zu verwirklichen.“ – Franziskus, AL 303.

[25] In AL zitiert mit Relatio finalis 2015.

[26] Hier sind die „5 Aufmerksamkeiten“, wie sie in der Erzdiözese Wien schon seit einigen Jahren als Kriterium der Versöhnungsbereitschaft vorgestellt werden, mit in das Dokument eingegangen. Es handelt sich um „Aufmerksamkeiten“ gegenüber den Kindern, dem getrennt lebenden Partner (bzw. der getrennt lebenden Partnerin), gegenüber der Schuldfrage, gegenüber treuen Ehepaaren sowie gegenüber dem Gewissen und Gott: vgl. Plattform WIGE, Aufmerksamkeiten. Seelsorgliche Handreichung für den Umgang mit Geschiedenen und mit Menschen, die an eine neue Partnerschaft denken, Neuauflage Dezember 2011, https://www.erzdioezese-wien.at/dl/ptOuJKJLLLLNJqx4KJK/wige_broschuere_aufmerksamkeiten.pdf

[27] In AL zitiert mit Relatio Synodi 2014.

[28] Regiòn Pastoral Buenos Aires, Criterios básicos para la aplicación del capítulo VIII de Amoris laetitia, 5. September 2016, in: AAS 108 (2016) 1072–1074,

https://w2.vatican.va/content/francesco/es/letters/2016/documents/papa-francesco_20160905_regione-pastorale-buenos-aires.html (span.). Vgl. Andreas Wollbold, “Amoris laetitia” ist nun alles klar? 15. Dezember 2017, http://www.awollbold.de/amoris-laetitia-ist-nun-alles-klar

[29] Franciscus, Epistula Apostolica ad Excellentissimum Dominum Sergium Alfredum Fenoy, delegatum Regionis Pastoralis Bonaërensis, necnon adiunctum documentum (de praecipuis rationibus usui capitis VIII Adhortationis post-synodalis “Amoris Laetitia”), 5. September 2016, in: AAS 108 (2016) 1071–1072, https://onepeterfive.com/wp-content/uploads/2017/12/AAS-Section.pdf .

[30] Hier verweisen die argentinischen Bischöfe auf Fn. 329 und Fn. 364 von AL.

[31] Eigene Übersetzung.

[32] Vgl. das Redemanuskript von Agostino Kardinal Vallini, “La letizia dell’amore”: il cammino delle famiglie a Roma, 19 settembre 2016, http://comunitambrosiana.org/wp-content/uploads/2016/09/Relazione2016ConvegnoDiocesano.pdf .

[33] Vgl. Ennio Cardinal Antonelli, Per vivere l‘ «Amoris laetitia». Prefazione del card. Dionigi Tettamanzi, Milano 2016; ders., Leitlinien zur Umsetzung von „Amoris laetitia“ in der Pastoral. Balance zwischen Norm und Anwendung im Einzelfall, in: Kirche heute, Februar/März 2017, 4–7; identisch mit: Amoris laetitia: zu Interpretation und Ausführung, in: Theologisches 47 (2017) 97–104; Charles Chaput, Pastoral Guidelines for Implementing Amoris laetitia, Archdiocese of Philadelphia, July 1, 2016, http://archphila.org/wp-content/uploads/2016/06/AOP_AL-guidelines.pdf ; Vitus Huonder, Die Heiligkeit des Ehebandes. Wort zum Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Amoris laetitia“, 2. Februar 2017, http://www.bistum-chur.ch/bistumsleitung/die-heiligkeit-des-ehebandes-wort-zum-nachsynodalen-apostolischen-schreiben-amoris-laetitia/ ; Stefan Oster, Brief an die Priester im Nachgang zum päpstlichen Schreiben „Amoris laetitia“, 20. Juli 2016, https://stefan-oster.de/brief-an-die-priester-im-nachgang-zum-paepstlichen-schreiben-amoris-laetitia ; Rudolf Voderholzer, Handreichung zur Seelsorge mit wiederverheiratet Geschiedenen, 13. März 2017, http://www.bistum-regensburg.de/typo3conf/ext/mediathek_main/uploads/3/170313_HandreichungSeelsorgewiederverhGeschiedene.pdf ; Athanasius Schneider, Amoris laetitia: Klärungsbedarf zur Vermeidung einer allgemeinen Verwirrung, 27. April 2016, http://www.kath.net/news/54975 .

[34] Vgl. Ständiger Rat der Deutschen Bischofskonferenz, „Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche“. Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral im Licht von Amoris laetitia, 23. Januar 2017, https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2017/2017–015a-Wortlaut-Wort-der-Bischoefe-Amoris-laetitia.pdf ; Gebhard Fürst, Am größten ist die Liebe. Ehe und Familienpastoral im Licht von „Amoris laetitia“, Hirtenbrief an die Gemeinden der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur österlichen Bußzeit 2017, 2. Februar 2017, https://www.drs.de/ansicht/Artikel/bischof-dr-gebhard-fuerst-hirtenbrief-zur-oesterlichen-busszeit-2017–5026.html ; Benno Elbs, Wo die Seele atmen lernt. Ein neuer Blick auf Ehe und Familie mit Papst Franziskus, Graz 2016; Bischöfe von Malta, Kriterien zur Anwendung von Kapitel 8 von Amoris laetitia, 8. Januar 2017, engl. Criteria for the Application of Chapter VIII of Amoris laetitia, http://ms.maltadiocese.org/WEBSITE/2017/PRESS%20RELEASES/Norms%20for%20the%20Application%20of%20Chapter%20VIII%20of%20AL.pdf .

[35] Vgl. Walter Kardinal Brandmüller / Joachim Kardinal Meisner / Raymund Leo Cardinal Burke / Carlo Cardinal Caffarra, “dubia” zu “Amoris laetitia, auf Deutsch publiziert: “Ungelöste Knoten” in Amoris Laetitia: Vier Kardinäle appellieren an Papst Franziskus, CNA Deutsch, 14. November 2016, https://de.catholicnewsagency.com/story/vier-kardinale-appellieren-an-franziskus-zu-ungelosten-knoten-in-amoris-laetitia-1317 ; vgl. Correctio Filialis De Haeresibus Propagatis, 16. Juli 2017, http://www.correctiofilialis.org/wp-content/uploads/2017/09/Correctio-german.pdf ; vgl. auch die Erklärung dreier kasachischer Bischöfe mit dem Titel „Bekenntnis zu den unveränderlichen Wahrheiten über die sakramentale Ehe“, welche auch der emeritierte Salzburger Weihbischof Andreas Laun unterzeichnet hat. https://www.kathpress.at/goto/meldung/1584905/weitere-unterschriften-fuer-neue-kritik-an-amoris-laetitia sowie http://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Die-Dinge-beim-Namen-nennen;art312,184896 .

[36] So erklärt der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in summarischer Weise: „Die Wirklichkeit von Ehe und Familie mündet in heutiger Zeit viel zu schnell in Zerbrechlichkeit. Mit Amoris Laetitia hat der Papst der Kirche einen verbindlichen Weg der pastoralen, barmherzigen Begleitung aufgezeigt. Durch die lehramtliche Anerkennung der Amoris-Laetitia-Interpretation einer südamerikanischen Bischofskonferenz hat Papst Franziskus der Kirche einen Verstehensschlüssel seines Schreibens gegeben. Darin wird zum einen dem unbeschränkten Zugang zu den Sakramenten für Katholiken in jedweden Lebensumständen eine Absage erteilt, die Unauflöslichkeit der Ehe betont und eine Ermutigung von wiederverheirateten Geschiedenen zu sexueller Enthaltsamkeit oder einer Teilnahme am kirchlichen Leben ohne Sakramente ausgesprochen. Die Interpretation der argentinischen Bischöfe betont jedoch auch die Möglichkeit, die sakramentale Hilfe der Eucharistie und Versöhnung zu suchen, in Einzelfällen nach einem ‚Weg der Unterscheidung‘ zusammen mit einem Geistlichen.“ (in: Familie. Weg der Kirche, Rundbrief, hg. vom Referat für Ehe und Familie, Salzburg, Nr. 1/2018, 1–2.)