www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation

Leben oder Tod?
Eine kritische Stellungnahme zu: Otto Teply, RU 486 (1997)

Josef Spindelböck

In „Pharmazie sozial“ 2/97, der „Zeitschrift der angestellten Apotheker“, stellt Mag. pharm. Otto Teply die „Abtreibungspille“ RU 486 vor und empfiehlt deren gesetzliche Zulassung auch in Österreich.[1] Nach seiner Darstellung würde RU 486 (oder Mifepriston) bei Abtreibungen das gesundheitliche Risiko für Frauen deutlich senken. Es wäre also in dieser Hinsicht ein medizinischer Fortschritt.[2]

Nun wird sich innerhalb einer Logik der Verhütungs- und Abtreibungsmentalität, der Teply offen zustimmt[3], kaum etwas gegen das Ziel einer derartigen Risikoverminderung für die betroffenen Frauen einwenden lassen. Wer nämlich Abtreibung (euphemistisch oft als „Schwangerschaftsabbruch“ bezeichnet) im angeblichen Interesse der betroffenen Frauen grundsätzlich rechtfertigt[4] (und dies scheint beinahe jede Indikation einzuschließen – nicht nur die medizinische), der wird sich dem Argument auf Dauer nicht verschließen können, daß Mifepriston tatsächlich ein medizinischer und humaner Fortschritt sei und damit der Vernunft entspreche.

Dennoch handelt es sich bei dieser Auffassung um ein krasses und inhumanes Fehlurteil. Denn schon Abtreibung an sich stellt schwerstes Unrecht dar, und zwar gegenüber dem ungeborenen Kind, dessen unveräußerliches Recht auf Leben mit Berufung auf angebliche Interessen und Vorteile der Frau, der Familie oder der Gesellschaft mißachtet wird.

Eine derartige ethische Fehlbeurteilung mit tödlichen Konsequenzen für viele abgetriebene Kinder ist nur möglich, weil eine Seite der Wirklichkeit radikal ausgeblendet wird: daß wir nämlich mitverantwortlich sind für das Leben der ungeborenen Menschen. Denn bei den Ungeborenen handelt es sich, wie sich auf der Grundlage genetischer und embryonalbiologischer Forschungen (vgl. u.a. Erich Blechschmidt[5]) zweifelsfrei belegen läßt, bereits um Menschen, die seit ihrer Empfängnis alle Anlagen zur weiteren Entwicklung in sich tragen und bezüglich ihrer Individualität schon festgelegt sind.[6] Ihre bewußte und direkte Tötung ist daher nichts anderes als Mord.

Im Namen der Menschlichkeit und um des wahren Fortschrittes der Medizin willen, die der Gesundheit von Mutter und Kind zugleich verpflichtet ist und unschuldiges menschliches Leben niemals direkt töten darf [7], muß gegen die Propagierung von RU 486[8] und zugleich gegen jede andere Art der Befürwortung von Abtreibung schärfster Protest erhoben werden!
 


[1] Otto Teply, RU 486, in: Pharmazie sozial, 2/97, 19 f.

[2] „Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch mit Mifepriston stellt also einen echten Fortschritt und eine gefahrlose Alternative zu den bisher praktizierten instrumentellen Verfahren dar.“ (Teply, 20)

[3] „Leider sind weltweit konservative Kreise wie einst gegen die Freigabe der ‚Pille‘ so auch jetzt gegen die medizinische Anwendung von RU 486.“ (Teply, 19)

[4] „Letztendlich werden aber die Vernunft und der Fortschritt siegen, denn intelligente Frauen werden nicht länger hinnehmen, daß andere über ihren Körper und ihr soziales Wohlbefinden bestimmen!“ (ebd.)

[5] Erich Blechschmidt, Sein und Werden. Die menschliche Frühentwicklung, Stuttgart 1982

[6] Vgl. u.a. Clemens Breuer, Person von Anfang an? Der Mensch aus der Retorte und die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens (Abhandlungen zur Sozialethik, Bd 36), Paderborn 1995

[7] Im Hippokratischen Ärzteeid heißt es: „Ich werde keiner Frau ein abtreibendes Gift verabreichen.“ In der „Deklaration von Genf“ (1948) des Welt-Ärztebundes gelobt der Arzt: „Ich werde das menschliche Leben bedingungslos achten, von der Empfängnis an.“

[8] RU 486 ist wegen der mit diesem Präparat verbundenen Tendenz zur Verschleierung und Verharmlosung der Abtreibung ethisch als besonders gefährlich einzustufen.