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Praxis der Predigterarbeitung
Exzerpt des Buches von Bischof Dr. Alois Schwarz

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Alois Schwarz: Praxis der Predigterarbeitung. Graz-Wien-Köln 1986 (Styria). Dieses Exzerpt wurde erstellt am 29.5.1988, HTML-Layout am 21.7.1997, Seitenzahlen in Klammern.

1. Persönliche Betroffenheit vom Wort Gottes (13)

1.1. Wort des lebendigen Gottes, das zum Leben befreit

Gott: vielfach gesprochen, unüberbietbar in Christus (Hebr 1,1 f). Hl. Schrift als Wort des lebendigen Gottes. Predigt soll Echo darauf sein: persönliche Betroffenheit nötig. So möglich, das Wort Gottes zu verkünden, nicht Menschenwort (1 Thess 2,13).

1.2. Ehrfurcht vor dem Sprechen Gottes (15)

Schweigen als „Mutterschoß des Wortes“ (Schlier), Hören auf Gott, Gebet um Erleuchtung (Hl. Geist) und für die Hörer der Predigt.

1.3. Betrachtende Textlesung (17)

Entweder vorgegebene oder ausgewählte Schrifttexte.
Nicht sofort „verzwecken“ (Nutzen für die Predigt), sondern: wo ergreift mich der Text existentiell?
Suchen, entdecken und verweilen. Hören auf Gott und die Kirche, Bereitschaft zur Wandlung des Herzens.

2. Die Erschließung der biblischen Botschaft oder eines theologischen Themas (20)

Objektive Seite: bibeltheologische Auseinandersetzung. Leseordnung: gegen bloß funktionales Auswerten. Situation der Hörer zur Zeit der Predigt der Propheten, Christi oder der Apostel kennen.

2.1. Die ursprüngliche Verkündigungsabsicht (21)

Die Heilsereignisse wurden von Anfang an „in freier Treue zum Wort Gottes“ in verschiedener Weise verkündigt, je nach der Zielgruppe und der Situation. Die Fragen der Hörer und ihre Erfahrungen sind in die Botschaft eingegangen.

2.2. Exegetische und bibeltheologische Kommentare lesen (21)

Vat II fordert intensives Studium der Hl. Schrift (DV 24).

Kommentar kann falsch benutzt werden als Textersatz. Positiv: über die individualistische Auslegung hinauskommen zum Verständnis der Kirche. 2 Petr 1,20: „Keine Weissagung der Schrift darf eigenmächtig ausgelegt werden.“ Bindung an die Kirche und rechtes Leben als Voraussetzung des Verständnisses. Dienende Funktion einer recht verstandenen historisch-kritischen Methode.

Erwartungen an einen Kommentar:

  • nötige Information ohne weitschweifige Details
  • klarer Standpunkt „in der hermeneutischen Debatte“
  • soll Kontext und historische Situation vorstellen
  • Hinführung zur oft poetischen und mythischen Sprache der Heiligen Schrift
  • Bewußtmachen der Eingebundenheit in die Gemeinschaft der Kirche

Kommentare in Auswahl:

Neue Echter Bibel, Geistliche Schriftlesung, Herders theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Regensburger Neues Testament.

2.3. Vermittlung theologisch zentraler Themen (27)

Predigt nicht nur über biblische Texte, sondern auch über grundlegende Glaubenswahrheiten wie:
klares Gottesbild, Dreifaltigkeit, Hl. Geist, Weg der „gekreuzigten Liebe“, Leben des Auferstandenen unter uns, Theologie der Liturgie, theologische Begründung moralischer Appelle, modellhafte Christusnachfolge anhand von Heiligen

2.3.1. Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus (28)

Wahres Gottesbild anstelle von Götzen (Beschäftigungen, Leidenschaften, Gebrauchsgegenstände, Ideologien, Personen, eigenes Ich, ...).

Vater-Anrede Gottes: schon im AT (z.B. Ps 103,13: „Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, ...“). Gott als Vater: Herkunft, Gegenwart und Zukunft. Ein Gott der Geschichte. Im NT: zur Gottesbezeichnung schlechthin (abba = „Papa“). Zwei Seiten der Predigt Jesu: barmherziger Vater und Reich Gottes. Heil wird geschenkt, nicht machbar. Paulus spricht vom „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (z.B. Gal 1,3). Gleichzeitig Ermutigung zur Nachfolge Jesu als des Gekreuzigten.

In heidnischer Umwelt: zuerst Bezeugung der Wirklichkeit Gottes, dann erst Predigt von Christus, seinem Sohn.

2.3.2. Das Zeugnis von der Auferstehung Jesu (31)

Endgültige Hoffnung in der Auferstehung Jesu, an der auch wir einmal teilhaben sollen. In unserer gegenwärtigen, vom Tod in verschiedensten Gesichtern bedrohten Welt besonders wichtig. Überwindung von Angst und Egoismus.

2.3.3. Die Botschaft vom Gekreuzigten (33)

Wahre Christusnachfolge fordert das Mitleiden mit Christus, dem Gekreuzigten, um teilzuhaben an seiner Verherrlichung. Im Schwachen und Ohnmächtigen zeigt Gott seine Kraft (1 Kor 1,26–28).

2.3.4. Das Wirken des Heiligen Geistes (35)

Hl. Geist als „Lebenskraft Gottes“ (Y. Congar). Christus besitzt den Geist in seiner Fülle. Er sendet ihn, durch den Heiligen Geist ist er bleibend unter uns gegenwärtig. Im Heiligen Geist wird uns die Freiheit der Kinder Gottes geschenkt, die uns auch in Not und Verfolgung standhalten läßt. Er ist das innere Lebensprinzip der Kirche.

2.3.5. Die Feier christlichen Lebens (37)

Liturgie: Gedächtnis der Heilstaten Gottes; nicht bloß Erinnerung, sondern Vergegenwärtigung und Teilhabe am Heil. Existentielle Antworten von Gott her gegeben. Besonders Heilung und Verzeihung.

2.3.6. Darstellung gelebten Glaubens (38)

Zeugnis eines christlichen Lebens (nach K. Lehmann):

  • Nichts Menschliches wird unterschlagen. „Es ist die Freiheit dessen, der die Welt liebt, aber in ihr auch nicht das Letzte erblickt.“ Alles über sich hinaus auf Gott als den einzigen Herrn des Lebens beziehen.
  • In Gott lösen sich alle Widersprüche im Menschen. Er ist größer als unser Denken.
  • Neue „Sachlichkeit“: Uneigennützigkeit, Distanz zu den Dingen, Entschlossenheit und Treue zum Gewissen.

2.3.7. Überzeugende Lebensgestalten (40)

Die Predigt über die Heiligen kann nicht das Paschamysterium Christi verdrängen, sondern führt zu ihm hin. Die Heiligen vermitteln uns die Quelle des geistlichen Lebens, Jesus Christus, aus der sie unmittelbar geschöpft haben. Bekenntnis der Kirche zu den Heiligen ist ein Bekenntnis zu sich selbst. Maria hat hervorragenden Platz unter den Heiligen. Rechte Predigt: keine falschen Übertreibungen oder zu große Geistesenge (LG 67).

Z.B.: Peter Manns, Die Heiligen (nach dem dt. Regionalkalender).

2.4. Predigt als Teilnahme am Glauben der Kirche (41)

Glaube ist immer kirchlich vermittelt, im Heiligen Geist.

Zeichen lebendigen Glaubens der Kirche (nach M. Kehl):

  • Einheit von Gottes- und Nächstenliebe, von Gebet und sozialem bzw. politischem Engagement
  • Solidarität mit den „Kleinen“: Arme, Trauernde, Sanftmütige und Unrecht Leidende, Barmherzige und Friedfertige, Menschen reinen Herzens, um der Gerechtigkeit willen Verfolgte
  • Kirche nennt Unrecht wirklich Unrecht, ohne auf eigene Interessen zu schauen.
  • Unauffällige Tat der Nächstenliebe oder vertrauensvolles Gebet gelten mehr als gescheiteste theologische Gedanken oder öffentlichkeitswirksame Aktionen.
  • Botschaft des Evangeliums und Sakramente lebendig bewahrt

2.5. Predigtvorlagen als Anregung und Hilfe (44)

Keine Vorlage kann von der konkreten Situation der Gemeinde sprechen. Falsch: wörtliche Übernahme oder sogar Ablesen!

Identifikation nötig, um situationsgerecht weiterzugeben. Auch bei der Gestaltung des Vortrags eines „Hirtenbriefes“.

Schritte der Auseinandersetzung (H. Arens):

  • Lesen und Bedenken der Vorlage:
    Gesamteindruck: angesprochen? Eindruck von Einzelheiten?
  • Analyse des Predigtzieles:
    schriftlich. Welches Ziel? Welche Bedeutung hat es für mich und für andere? Können Sie es so bejahen?
  • Analyse der Einzelteile:
    Darstellung: des Textes, der Hörersituation, der Bedeutung zwischen Text und Situation. Können Sie diese Darstellung übernehmen oder wollen Sie sie ändern? Eigene Erfahrungen?
  • Rhetorische Aufarbeitung:
    mehrmals durchlesen, roten Faden in Stichworten, Änderungen vornehmen

Z.B.: Der Prediger und Katechet, Weizenkorn.

3. Das Gespräch mit dem Hörer (48)

3.1. Zeitumstände und Befindlichkeiten des heutigen Menschen

Bewußte Wahrnehmung des Predigers im Hinblick auf die Verkündigung nötig. Z.B. was er bei Hausbesuchen und Pastoralgesprächen erfährt. Sich nicht isolieren, das Vertrauen der Menschen gewinnen. Diskretion bewahren.

Je nach Wohnort schon verschiedene Traditionen und Lebenseinstellungen gegeben.

Unter Umständen Besprechung der Hörersituation mit anderen: Was bewegt die Menschen, was prägt den Lebensraum, worüber redet man (nicht)?

3.2. Probleme der Gesellschaft und Fragen der Öffentlichkeit (50)

Stellungnahme zu gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten zuweilen vom Evangelium her gefordert. Kirche als Anwalt auch der Menschenrechte. Doch falsch: Verwechslung mit leitartikelartigen Stellungnahmen zu tagespolitischen Neuigkeiten.

Gewisses Dilemma: Prediger kann gegensätzliche Erwartungen kaum zufriedenstellen (soll mehr/weniger Stellung nehmen).

Doch oft, „gelegen oder ungelegen“, Wegweisung nach dem Evangelium gefordert, ohne Ansehen der Person.

Hilfreich: gesellschaftliche Analysen, zeitgenössische Autoren.

3.3. Altersspezifische Fragen und Erwartungen (52)

Verschiedene Zielgruppen vom Alter her mit unterschiedlichen Erwartungen. Keine Gruppe auf Dauer übergehen.

3.3.1. Kinder im Gottesdienst der Erwachsenen (53)

Anders als bei reinen Kindergottesdiensten: häufig Kinder beim Pfarrgottesdienst dabei. Eingehen auf sie in der Predigt: kindgemäß das wiederholen, was in der Sprache der Erwachsenen gesagt wurde oder umgekehrt (wenn Zahl größer). Pastorale Chance.

Altersgruppe beachten: Jüngere (bis 9) oder Ältere (9–12 Jahre). Die Älteren ansprechen, da sich an ihnen auch die Jüngeren orientieren; auch als Realitätsalter bezeichnet (Interesse am Realen wächst).

Ältere Kinder: wollen nicht mehr als Kinder angesprochen werden.

Kinder haben zuweilen keine glückliche Kindheit: leiden mit an den Problemen der Eltern. Ihnen zeigen, wie ein Leben mit Jesus den Menschen froh werden läßt.

Wenn der Prediger Kind vor Gott ist, wird er auch den Kindern gegenüber eine altersgemäße Sprache finden.

3.2.2. Jugendliche im Gespräch mit der Kirche (55)

Jugendliche: heute keine homogene Gruppe. Je nach Milieu, Elternhaus, beruflicher Situation: verschiedene Prägungen; auch verschiedene Einstellungen zum Glauben. Es gibt Engagierte und Fernstehende, oft sehr kritische (Jesus ja, Kirche nein). Diese fragen „nach der Echtheit kirchlichen Handelns und nach der Realität der Bergpredigt“.

Prediger muß diese Menschen dadurch gewinnen, daß er ihnen das Bewußtsein des Angenommenseins und der Liebe gibt, schon vor der Predigt. Z.B. Gesprächskreise. Das Ideal Jesu aufzeigen gegenüber allen Idolen (Stars, Sportler, ...). Ermutigung zu Leben in und mit der Kirche. Angemessene Darstellung der Kirche in ihrer Menschlichkeit und Göttlichkeit, in ihrem Versagen und ihrer Heiligkeit. Aufruf zu Mitverantwortung.

3.3.3. Sehnsucht Erwachsener nach Vertiefung des Glaubens (58)

Es gibt Vorgebildete, die nicht immer mit den Anfangsgründen des Glaubens konfrontiert werden wollen, sondern eine Vertiefung ihres schon bestehenden Glaubens erfahren wollen.

Standortbestimmung als Aufgabe des Predigers:

  • Wie ist das theologische Wissen allgemein?
  • Wie in einer konkreten Fragestellung?
  • Gibt es besonders Vorgebildete?
  • Welche Frömmigkeitsformen werden geübt oder abgelehnt?
  • Welche Erwartungen an die Predigt gibt es? (kurz, konfliktfrei, Selbstbestätigung)
  • Welchen Stellenwert hat die Predigt im pastoralen Gefüge?
  • Welche religiös deutbaren Erfahrungen hat die Zielgruppe? (Z.B. Kasualien: Geburt, Tod, Hochzeit, besondere Anlässe)
  • Welche Erwartungen an die Stationen des Kirchenjahres gibt es?

3.3.4. Einladung Suchender zur Quelle des Lebens (59)

Allgemeiner Heilswille Gottes: 1 Tim 2,4–6 („Gott will, daß alle Menschen gerettet werden“). Dem müssen kirchliche Gemeinde und auch der Prediger dienen. Offenheit der „Kerngemeinde“ gegenüber den Fremden. Es gibt solche, die fallweise den Gottesdienst besuchen, aber auch regelmäßige Gottesdienstteilnehmer, die innerlich fernstehen. Kein vorschnelles Urteilen, sondern Kennenlernen der persönlichen Situation.

Fragen: Wie denke ich über Fernstehende? Nehme ich sie an? Vertrete ich die Interessen Gottes an ihnen? Was ist gut an ihnen? Will ich ihnen das Evangelium überhaupt verkünden?

3.3.5. Glaubensvertiefung für alte Menschen (60)

Viel Verständnis nötig. Sie sind oft ein Leben lang treu zum Glauben gestanden, vielleicht unter Spott ihrer Umwelt. Manche haben Schuld nicht bewältigt; ihnen gegenüber soll der Prediger „Diener der Freude“ sein (vgl. 2 Kor 1,24). Er soll die Frage des Todes bewältigen helfen.

4. Formulierung von Hörerproblemen und Predigtzielen (63)

Durchsehen der Anmerkungen und Notizen.

4.1. Formulierung von Hörerproblemen

Mögliche Fragen der Hörer überlegen und formulieren, versuchen, eine Antwort darauf zu geben. Bezug zur eigenen Erfahrung herstellen: Hatte ich ähnliche Fragen; welche Antworten habe ich (damals) gefunden? Sind mir die Fragen unangenehm, machen sie mich betroffen, überaschen sie?

Zuweilen geben die Menschen ihre Fragen nicht deutlich genug kund; dann zuerst:

4.2. Formulierung eines Predigtzieles (64)

Klare Formulierung in einem Satz, der das Ziel, die „Botschaft“ der Predigt, ausdrücken soll. Nur so Spannung und Zielstrebigkeit. „Ich möchte meinen Hörern sagen, daß ...“

Nicht unbedingt identisch mit dem Predigtthema.

4.3. Klären der Predigtabsicht (65)

Predigtabsicht (auf der Beziehungsebene) muß mit dem Predigtinhalt übereinstimmen (in jedem Teilschritt der Predigt). Falsch z.B.: Prediger will „danken“, doch fordert er nur zur Dankbarkeit auf. Verhältnis des Predigers zu den Hörern wichtig, auch seine Persönlichkeit.

Fragen:

  • Was habe ich vor? („befehlen, bitten, einladen, loben, erfreuen, klagen, klarmachen, beschreiben, verheißen“ als stellvertretende Wörter für die noch möglichen anderen – S.66)
  • Was ist das (z.B. „loben“)?
  • Wie macht man es?
  • Was ist es nicht?
  • Welche Einstellung ist von mir gefordert, um glaubwürdig zu sein?

4.4. Reflexion über Gegenargumente und Einwände (67)

“Jede Predigt bedarf der Weiterführung und Ergänzung.“

Manche Einwände lassen sich entkräften, andere werden zur Herausforderung an die eigene Position.

Behutsam und verständnisvoll vorgehen, nicht in Kleinigkeiten die Kraft vergeben. Ernste Auseinandersetzung über Zeitströmungen ist gefordert.

5. Ausrichtung der Predigtgedanken auf die kognitive, emotionale und handlungsbezogene Ebene (69)

Die eine oder andere Ebene kann stärker hervortreten, je nach Ziel und Absicht der Predigt. Es wird aber nicht zu verantworten sein, eine Ebene völlig auszuschalten.

5.1. Informationswert der Predigt prüfen (69)

Vom häufigen Hören sind bestimmte Bibelstellen schon so bekannt, daß sie gar nicht mehr tiefer bedacht werden. Das „Risiko des Glaubens“ kann fehlen. Dennoch wird viel an Glaubenswissen vergessen. Daher: „Informationen müssen wiederholt werden, aber so, daß sie einen ‚Überraschungswert‘ haben.“

5.1.1. Orientierung und Sinngebung ermöglichen (70)

Der Sinn der Welt liegt außerhalb von ihr. Frage nach dem Sinn des Ganzen nur in Gott zu erhellen. Besonderes Problem: Leiden, vor allem jenes vieler Unschuldiger. Antwort von Gott her im Kreuz und in der Auferstehung Christi. Wahre Befreiung, Frohbotschaft.

In der Unheilssituation zuerst Verheißung; dem, der auf sie eingeht, wird eine neue Erfahrung geschenkt (Herausforderung zur Mitarbeit): neues Menschsein möglich.

5.1.2. Zentrale Inhalte differenziert darlegen (72)

Zentrale Glaubensinhalte verstehbar (soweit möglich) darlegen. Eigenart des Gottesglaubens: Weder ist die Existenz Gottes sinnlich faßbar, noch ist der Glaube an ihn gleichzusetzen mit bloß subjektiver Meinung.

Bedeutung von Dogmen und Kurzformeln des Glaubens: öffentliche und verbindliche Form, in der die Kirche ihren Glauben aussagt.

Eigentlicher Inhalt des Glaubens: Gott selber. Verschiedene Bekenntnisformeln der Urkirche: „Jesus ist der Christus.“ (eine Homologie – vgl. 1 Joh 5,22) oder das Bekenntnis, „daß Gott ihn vom Tode auferweckt hat.“ (Röm 10,9; eine Pistis-Formel).

Nicht neutrales Wiederholen eines Lehrbuches, sondern ein Bezeugen in persönlicher Weise (jeder Prediger „seine Theologie“).

Keine theologischen Streitfragen auf die Kanzel tragen.

Dauerndes Studium der Theologie als Gespräch mit den „Vätern und Brüdern im Glauben“ d.h. mit Schrift, Tradition und konkreter Gemeinschaft der heutigen Kirche.

5.1.3. Katechetische Elemente deutlich machen (75)

Predigt – natürlicher Höhepunkt der Glaubensunterweisung, der Katechese. Katechese im weiteren Sinn: Form der Evangelisation der Christen.

Neben der Predigt über biblische Texte: systematische Predigt wichtig. Überzeugendes Vorleben des Gepredigten. Vgl. Phil 3,17.

5.2. Erlebnisse und Erfahrungen bewirken emotionale Betroffenheit (77)

Das „Herz“ des Zuhörers ansprechen, seine Personmitte.

5.2.1. Persönliches Zeugnis

Identifikation des Zeugen mit dem Bezeugten: immer „auf dem Weg zum Martyrium“ (Schlier). Person tritt zurück. Zeugnis als mitgeteilte Erfahrung, die der andere (noch) nicht gemacht hat. Nicht „objektiv überprüfbar“. Suche nach gemeinsamer Lebenserfahrungen mit dem Angesprochenen.

Gelassenheit trotz Ungewißheit der Annahme.

5.2.2. Erzählend predigen (79)

Menschliche Erfahrung: Sinndeutung durch Erzählen erlebten Geschehens. Vgl. Hl. Schrift: Vergegenwärtigung der Heilstaten Gottes. Dadurch Vermittlung von Heil.

* Sprachliche Mittel:

  • Beschreibungen, Zustände ... in Handlungen auflösen
  • intensives Vergegenwärtigen
  • direkte Rede
  • Antwort auf zuvor gestellte Fragen geben
  • offene Situation der Entscheidung für den Hörer schaffen

* Regeln des Erzählens (Kamphaus):

  • Geschichte muß Eigengut geworden sein
  • dennoch Texttreue
  • anschaulich
  • frei erzählen
  • Standpunkt haben, damit Zielführung der Aussage
  • Erklärungsbedürftige Orte ... – von einer Person her einführen.
  • kein moralisierender Anhang (in sich schon auffordernd!)
  • Besprechung zum Erfahrungsaustausch
  • Erzählungen innerhalb der Predigt in ihrer Zielrichtung
  • nicht Banalitäten, sondern Tiefendimensionen des Alltäglichen
  • Klarheit statt Verschlüsselung
  • Zeit haben
  • Grammatik: kurze Sätze, relativer Anschluß, wenig Adjektive, verbal, direkte Rede
  • Freude am Erzählen
  • Erzählungen sowohl in Motivationsphase als auch als Lösungshilfe einsetzen
  • nicht immer erzählend predigen

Es gibt Geschichtensammlungen (z.B. von Willi Hofsümmer). Auch Einbeziehung moderner Literatur.

5.2.3. In Bildern veranschaulichen (83)

Gesetz der Anschaulichkeit: Der Mensch nimmt wahr, erinnert sich und denkt fast nur in Bildern. Gleichnisse Jesu! Bilder sind mehrdeutig und bedürfen der Auslegung.

Bilder, Statuen, ... aus dem Kircheninnern einbeziehen. Hungertücher, Bildtexte, Dias (eher wenige, Störendes vermeiden).

5.3. Impulse geben, die Botschaft zu leben (85)

Prophet sein: Mahner und Tröster.

5.3.1. Prophetische Predigt

Wirkmächtiges Wort: geschichtsdeutend und -bestimmend. Jahwe selbst spricht durch den Propheten. Wort als Ereignis. Prophetische Herausforderung: Möglichkeit des Heils/Unheils. Entscheidung. Gleichzeitig Zuspruch des Erbarmens Gottes.

5.3.2. Ermutigung zum Handeln (88)

  • “Paraklese“ als Eigenart christlicher Mahnung: zugleich Trostrede (vgl. 2 Kor 1,3). In der Liebe Gottes zum Menschen im Tod und in der Auferstehung Christi begründet.
  • Predigt als Anteilnahme am politischen/gesellschaftlichen Geschehen: gesellschaftliche Wirklichkeit wahrnehmen, zu Unrecht und Mißständen nicht schweigen, konkrete Lösungen aufzeigen/erarbeiten helfen.
  • Keine bloße Moralisierung mit Weckung falscher Schuldgefühle.

6. Liturgie als Ort der Predigt (91)

6.1. Homilie in der Eucharistiefeier

6.1.1. Begriffsbestimmung

Eines der ursprünglichsten Elemente der Liturgie; vgl. jüdischer Synagogengottesdienst (nach Schriftlesung) – so auch Jesus und die Apostel. Kirchengeschichte: anfangs Einheit von Liturgie und Predigt, im MA eher losgelöst.

SC 52: aus dem hl. Text Geheimnisse des Glaubens und Richtlinien für christliches Leben darlegen.

AEM: Wann: Sonn- und Feiertage, zahlreiche Gläubige, besonderer Anlaß. Wer: Leiter des Gottesdienstes.

6.1.2. Mystagogisches Element der Liturgie (93)

Einführung in das Geheimnis, das gefeiert wird. Vom verkündeten Gotteswort zum fleischgewordenen Gotteswort. Auf Christi Gegenwart im Paschamysterium verweisen. Nicht allein durch Erklärung einzelner Zeremonien. Kirchenjahr berücksichtigen.

6.1.3. Homilie als Anamnese (94)

Predigt als Teilhabe am Gedächtnischarakter des Gottesdienstes. Lebendige Begegnung mit Christus, nicht bloß Information.

6.1.4. Heilshafter Charakter der Homilie (95)

Soll Wort des Lebens und der Gnade sein, erlösend, zum Aufbau der Kirche beitragend.

6.1.5. Homilie zum „Lob seiner Herrlichkeit“ (95)

Wie die Liturgie (SC 6) – so auch die Homilie. Vorbereitung auf Credo; auch selbst doxologisch geprägt.

6.2. Kasualpredigt: Deutung menschlicher Situationen (96)

Anders als bei der Homilie bestimmt hier die konkrete Situation den Inhalt der Rede. Doch nicht als alleiniger Maßstab!

Menschen mit sonst nur losem Kontakt zur Kirche können angesprochen werden. Zeugnis von Christen und Gespräch auf mitmenschlicher Ebene sollen hinzukommen. Teilnahme des Predigers an Leid und Freude seiner Hörer: Taufe, Begräbnis, Hochzeit, etc.

Die Menschen spüren lassen, daß sie angenommen sind. Nicht routinemäßig handeln wie ein „Kultbeamter“.

6.3. Sendung zum Dienst am Wort – Bevollmächtigung durch Weihe (98)

Reife Persönlichkeit, theologisches Wissen und spirituelle Lebensweise als Voraussetzungen für Diakonen- und Priesterweihe.

Vier Dimensionen der Kompetenz:

6.3.1. reife Persönlichkeit, fähig zur Begegnung (98)

Prediger bringt seine Ersönlichkeit (Positives und Negatives) mit ein, ob er will oder nicht. Er muß sich selbst in der Tiefe kennen, um die anderen dort anzusprechen. Offenheit für die Beziehung zum Hörer, ihn sozusagen ins Herz schließen (Augustinus). Ansehen, Rechtschaffenheit, Ernsthaftigkeit, Sachkenntnis und Überzeugtsein: wichtig.

Die „Rolle“ muß persönlich übernommen werden und darf nicht als Fassade dienen, hinter der er sich versteckt. Angst nicht verdrängen. Fehlformen: Verdrängung von Angst, Zweifel, Enttäuschung; zwangshaft, gehorsam und fertig, pharisäerhaft.

6.3.2. Fähigkeit zur Mitteilung theologisch zentraler Inhalte (102)

Pluralismus in der Gesellschaft, erhöhtes Kritikbewußtsein: Antwort durch begründete Darstellung des Wesentlichen. Tradition kennen, fachlich verantwortete Auslegung der Hl. Schrift, Wertung theologischer Aussagen.

Identifikation mit dem Gewußten, Bezug zur Spiritualität, homiletische Ausbildung, Spracherziehung.

6.3.3. Leben nach dem Evangelium aus persönlicher Christusbeziehung (104)

Geistliche Befähigung (Kompetenz) des Predigers in engem Zusammenhang mit der menschlichen Entfaltung und persönlichen Reifung. Je nach der Nähe zum Herrn in seiner Nachfolge. „Kongruenz von Lebenszeugnis und amtlichem Auftrag“ (Kamphaus). Persönliches Leben und Beruf untrennbar.

2 Tim 4,5: Leiden für das Evangelium.

6.3.4. Sendung des Predigers zur amtlichen Verkündigung durch Weihe (107)

Neben der Berufung aller Getauften, Zeuge Christi zu sein: spezifischer Auftrag des kirchlichen Amtes zur Predigt im Gottesdienst (durch Weihe). Bischöfe: „Leiter des gesamten Dienstes am Wort Gottes“ (CIC Can. 756). Sicherstellen, „daß“ und „wie“ gepredigt wird. Priester und Diakone als Mitarbeiter des Bischofs. Predigtdienst: eine der hauptsächlichsten Pflichten. Homilie: an Sonntagen und gebotenen Feiertagen. Can. 767: aus dem hl. Text die Glaubensgeheimnisse und die Normen für das christliche Leben vortragen. 5 Stützen (nach Can. 760): Schrift, Tradition, Liturgie, Lehramt, Leben der Kirche. Predigtplan hilfreich. Sorge um Fernstehende.

6.4. Sendung und Beauftragung zur Laienpredigt (111)

“Missio canonica“: Teilhabe von Laien an der amtlichen Verkündigung im Namen und Auftrag der Kirche: Verpflichtung für Lehre und Leben. Predigt von Laien: nach dem alten CIC ganz verboten. Neuer: nicht in der Liturgie, sonst nach den Vorschriften der Bischofskonferenzen.

6.4.1. Richtlinien der ÖBK (111)

Stellungnahme von 1983 verweist auf Richtlinien von 1971 (übernimmt Regelung der DBK von 1970):

Laienpredigt in der Eucharistie „normalerweise“ nicht gestattet, sonst mit Erlaubnis des Bischofs. Theologische und homiletische Befähigung, aktive Beteiligung am Leben der Pfarrgemeinde. Eventuell auch Erteilung auf begrenzte Zeit möglich.

6.4.2. Richtlinien der DBK (113)

Jene von 1974 wurden seit dem neuen CIC nicht mehr offiziell bestätigt (1973). Am 24.2.1988 neue „Ordnung des Predigtdienstes von Laien“ erlassen: keine Laienpredigt „in“ der Eucharistiefeier, wohl aber „bei“ ihr (zu Beginn des Gottesdienstes in Form einer „Statio“). Kontrovers!

7. Der Predigtplan als Predigthilfe

7.1. Der Beitrag der Rhetorik zur besseren Verständigung zwischen Prediger und Hörer (115)

Gnade ist nicht machbar, daher:

einerseits Vorbereitung auf die Predigt durch Meditation und Studium, verständliche Sprache und hörerbezogenen Predigtaufbau; andererseits gelassenes Vertrauen auf das Wirken Gottes.

Beide Haltungen ergänzen einander.

7.1.1. Redewirksame Aufbaumodelle (116)

Ordnung des Predigtinhaltes nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich: klassische Rhetorik, dialektischer Aufbau, lernpsychologisches Modell.

* Modell der klassischen Rhetorik: (117)

Einleitung, Hauptteil, Schluß.

1. Einleitung: soll Kontakt zwischen Hörer und Prediger herstellen, Spannung erzeugen, Interesse und Aufmerksamkeit wecken.

2. Hauptteil: Darlegung des Inhalts. Antik: narratio (Darlegung), confirmatio (Beweise), refutatio (Widerlegung).

Widerlegung und Überzeugung greifen meist ineinander. Logisches oder psychologisches Vorgehen. „Roten Faden“ verfolgen. Logisch z.B. Schluß von Wirkungen auf Ursachen, vom Ganzen auf das Einzelne. Psychologisch: Spannende und entspannende Momente, Konzentration und Auflockerung. Vom Bekannten zum Unbekannten, vom Nahen zum Fernen, vom weniger Wichtigen zum Wesentlichen.

Allgemein gilt: Aufbau muß logisch und psychologisch geschickt, überschaubar und auf Steigerung bedacht sein.

3. Schluß: Zusammenfassung, Wiederholung und Ausklang.

* Der Fünfsatz als Aufbaumodell: (118)

nach Geißner: situativer Einstieg (a), dreischrittiger Mittelteil (b c d) und situative Wirkungsspitze (e).

Vgl. das scholastische Disputationsprinzip oder die neuere Denktheorie (Dewey).

Also: Zielpunkt festlegen, Denkplan erstellen, mit Ansatzpunkt beginnen (Denkimpuls für Hörer).

* Redewirksame Baupläne: (119)

1. Einleitung, Hauptteil (3 gleichwertige Schritte), Schluß (beim Planen zuerst: Planverlauf ungleich Sprechverlauf)

2. Kette: streng chronologische oder logische Abhängigkeit der Glieder

3. Dialektischer Aufbau: Gegenüberstellung von b und c, Schlußfolgerung daraus in d.

4. Vom Allgemeinen zum Besonderen:

a das Allgemeine, b das Besondere, c und d als Begründung für b, e Konsequenz.

5. Vergleich zweier Positionen: a Position von A, b ihre Begründung, c und d analog für B, e eigene Position (andere)

6. Versuch eines Kompromisses:

a Ansicht von A, b Ansicht von B, c gemeinsamer Nenner, d Begründung für Gemeinsamkeit, e Ermutigung auf diesem Weg

7. Ausklammerung einer Ansicht:

a Grundthema, b bisheriger Aspekt, c anderer Aspekt wurde bisher übersehen, d Begründung für dessen Wichtigkeit

* Predigtaufbau nach Lernstufen (Ablaufphasen): (121)

a) Motivation:

Aus dem Erfahrungshorizont der Hörer Hinführung zu einer Haltung der Aufnahmebereitschaft. Zum Suchen anregen.

b) Problemabgrenzung:

Verdichtung dieser Erfahrungen auf ein zu behandelndes Grundproblem. Kern der Fragestellung.

c) Versuch und Irrtum:

Auf Gegenargumente verständnisvoll und konsequent eingehen.

d) Lösungsangebot:

Positive Formulierung einer Antwort auf die gestellte Frage ohne theologische Fachausdrücke. Konfliktlösung anbahnen.

e) Lösungsverstärkung:

“antizipierendes Handeln“: gedankliches Aufzeigen des „Erfolges“ einer empfohlenen Handlung.

7.1.2. Der Sprechdenk-Versuch (123)

Formulierung der Gedanken während des Redens. Das heißt nicht gleich „Stegreifpredigt“. Wie bei der freien Rede auch hier: gut durchdachte und geordnete Stichworte durchaus zu empfehlen.

Gründliche Vorbereitung und Auseinandersetzung. Ziel und Wege dazu müssen dem Prediger bekannt sein. Aber kein Reproduzieren eines fertigen Aufsatzes.

Besondere Beachtung: Begriffe richtig eingesetzt, Satzbau richtig, logische Einleitungen (immer „und“?), Lebendigkeit von Geschichten („Erzählen“), Rede und nicht „Schreibe“.

7.2. Die Besonderheit der Predigtsprache (125)

Not der richtigen Sprache. Wenn falsch, dann kann Gott durch eine „religiöse“ Sprache auch verloren werden.

Nur aus dem Glauben heraus erschließt sich das Verständnis.

7.2.1. Milieubedingte Sprachbarrieren (126)

Jesus sprach in der Sprache seiner Hörer: Gleichnisse aus ihrem Leben. Abhängigkeit der Sprache vom Milieu:

z.B. Arbeiter: kurze, oft unvollständige Sätze, selten Nebensätze. Kaum Passiv. Konkret. Akademiker: lange, komplexe Sätze. Differenzierungen. Nebensätze und Passiv. Abstrakte Begriffe.

Schwierigkeit des Predigers, der selber Akademiker ist und meist zu Menschen geringerer Schulbildung sprechen muß.

7.2.2. Theologische Fachausdrücke (128)

Z.B. Gnade, Sünde, Laster, Kreuz, Vater, Gott ... sind dem Nichttheologen oft unverständlich bzw. haben sie im gewöhnlichen Leben zuweilen eine andere Bedeutung.

Bedeutung von Assoziationen, die mit einem Wort verbunden sind.

7.2.3. Abstrakte Begriffe (129)

wirken oft wirklichkeitsfremd und unverbindlich. Auch können bloß Scheininhalte bezeichnet werden: z.B. „Begegnung“ (mit wem?), „Nachfolge“, „Hoffnung“, „Glaube“. Oder: „ein neues Leben“ (worin besteht die Neuheit?).

Auch schon in der Formulierung des Predigtthemas vermeiden.

7.2.4. Stilregeln (131)

  • keine Phrasen oder Vorreiter („Ich möchte sagen, daß“)
  • positiv predigen: sonst schwieriger zu verstehen; theologischer Grund: Frohbotschaft. Doch: ernste Situationen ernst nehmen, Trauer zulassen, Umschreibungen des Positiven („ja sagen können“)
  • Tätigkeitswörter, kurze Sätze und Wörter, Aktiv, Präsens
  • pro Satz ein Gedanke (Hauptsätze)
  • auf ungeklärte und unnötige Fachwörter verzichten
  • Verzicht auf „autoritäre Sprachelemente“ wie:
    Versicherungspartikel („ja, doch“), homiletisches Wir, Absolutheitspartikel („all, jeder, ganz, nichts“); Adjektive und Modalverben sparsam verwenden.

7.3. Predigtmanuskript (133)

Auf keinen Fall Auswendiglernen, vielmehr Stichwortzettel mit wörtlicher Einleitung und Schluß. Auch Zitate und wichtige Formulierungen wörtlich. „Sprechdenken“.

Einleitung: kein „Aufhänger“ ohne Bezug zum Ziel der Predigt.

Schlußsatz: große Bedeutung, nicht immer doxologisch, eschatologisch oder moralisierend.

8. Predigt-Vortrag (136)

8.1. Ambo oder Kanzel als Ort der Predigt?

Fester Ort in der Kirche bei der Predigt. AEM: Ambo oder Priestersitz. Auf der Kanzel?

Geschichtlich: zuerst von der Cathedra (Priesterbank) aus, in größeren Kirchen zuweilen von den Chorschranken (cancelli; vgl. Kanzel) oder dem damit verbundenen Ambo. MA: Predigtstühle in der Kirchenmitte (zuerst hölzern, dann steinern). Doch: Predigt wurde losgelöst von der Eucharistie, den biblischen Wurzeln und der Verkündigung der Väter. So bestimmte das Vat II wieder den Ambo zum Ort der Predigt.

Aber bei nicht-eucharistischen Predigten durchaus Kanzel als Ort der Predigt legitim.

8.2. „Würdige und kompetente“ Verkündigung des Evangeliums (138)

Bitte des Verkünders um den Segen vor dem Evangelium; im Segen „digne et competenter“. Oder stilles Gebet: „damit ich dein Evangelium würdig verkünde“.

Vgl. Jes 6: Reinigung der Lippen durch den Seraphen. Kompetenz und Würde nur nach der Anrufung Gottes.

8.3. Sprecherische Ausdrucksmittel (139)

Akustisches Verstehen ist Grundbedingung für Vermittlung von Inhalten bei der Predigt.

8.3.1. Merkmale gesprochener Sprache

Eventuell Umgangssprache oder sogar Mundart. Gegenwartsnah und verständlich. Parenthesen = Einschübe: Kontaktbezogene und kommentierende. Wiederholungen prägen Wichtiges ein, helfen dem Prediger, sich zu sammeln. Auch Versprecher und Neuansätze sind normal; Entschuldigung nur bei schweren Fehlern.

8.3.2. Sprechtechnische Hilfsmittel (140)

ermöglichen deutlicheren Ausdruck des Inhalts. Doch ob er Zeuge ist, hängt davon nicht ab: Rhetorik kann Echtheit nicht ersetzen. Stimmbildung und Sprecherziehung wichtig.

* Sprachmelodie:

auf der natürlichen Tonhöhe sprechen, dadurch Stimmumfang optimal. Tonhöhe und Klangfarbe: Zusammenhang mit dem Inhalt. Falsch: Kanzelton (monotoner Singsang, hoch). Gut: Bruststimme. Eher tiefer beginnen (Ruhe und Sicherheit).

* Betonung:

Akzent nach dem Sinn des Satzes. Regel: Je Satz ein Wort betonen. Adjektiva und Verneinungen selten betonen.

Lautstärke: siehe 8.3.3.

* Sprechtempo:

von Atmung, seelischem Zustand (Nervosität), Zielgruppe (Alte), Tageszeit, Anlaß (Begräbnis), Inhalt abhängig.

“Vorpause“ nach dem Evangelium (in sich Gesinnung des Wohlwollens wecken). Pausen: Lösungspause (nach Sinnschritt): Atemholen, Spannungspause (in S.): Atemhalten (Staupause). Zur Erhöhung der Konzentration, der Spannung, zum Nachdenken und Gebet, zum Ausdruck des Unsagbaren (Betroffenheit, Mysterium).

* Artikulation:

sorgsame Aussprache der Laute. Für den Hörer reden, dadurch auch bessere Artikulation. Nicht affektiert oder mit mundartlichen Fehlern. Achtung auf richtiges Atmen.

8.3.3. Mikrophon (144)

Mit Feingefühl eventuell wertvolle Hilfe. Verstärkung jener Tonbereiche, die verschluckt oder nicht verstärkt werden (hohe Töne). Richtiger Abstand! (zu nahe: Kreischen). Richtige Aufstellung (kein Hindernis). Verstellen möglichst vermeiden.

8.4. Eigengesetzlichkeiten der Körpersprache (146)

Ausdruck in Mienenspiel, Gestik, Blickkontakt und Körperbewegungen: möglichst natürlich, situations-, hörer- und inhaltsgemäß.

* Erster Eindruck:

Wir beurteilen andere vor allem nach Mimik und Tonfall. Prediger ist als ganzer Mensch „Medium“ für das Wort Gottes.

* Gestik:

keine rein äußerliche anlernen.

* Allgemeine Gestik-Regeln:

Arme nicht hängen lassen. Bejahende Gesten: nach oben oder zum Körper hin. Verneinende: umgekehrt. Gesten bewußt und klar akzentuieren. Pro Satz höchstens eine Geste.

* Blickkontakt und Zuhörerreaktionen:

Reaktionen der Zuhörer vor allem durch den Blickkontakt zu erschließen (verschiedene Personen im ganzen Raum ansehen).

Z.B.: Negativ – Zuhörer unterhalten sich, schauen aus dem Fenster, blicken auf die Uhr, schütteln den Kopf, schauen weg. Positiv – Zuhörer blicken Redner offen, direkt und freundlich an, nicken. Ambivalent – Anblicken des Nachbarn.

* Äußere Erscheinung:

Auf das, was der Prediger ändern kann (Kleidung), soll er besonders achten. Ansonsten Gefahr des Ärgernisses und der Ablenkung.

9. Predigtnacharbeit (150)

9.1. Predigtgespräche als Hilfe für den Prediger

Noch ziemlich selten. Unmittelbar nach der Predigt: Hemmschwelle, da Verletzlichkeit des Predigers noch größer ist.

Fragen: was wollte die Predigt sagen? Was hat mich angesprochen, was hat mich befremdet, geärgert?

Einordnung der Antworten in „Wahrnehmung, Erleben und Einfälle“ möglich.

9.2. Hilfen zur Predigtnacharbeit für die Hörer (152)

Bereitschaft zur Annahme des Wortes Gottes aus dem Mund des beauftragten Zeugen nötig. Anregungen (nach J.M. Sailer):

Für den Prediger um Gottes Geist beten. Sich fragen: Wie kommt das Wort Gottes bei mir an? (Sand, Felsen, Erde) Auf die letzte Begegnung mit Gott blicken. Sich nach der Predigt fragen: hatte ich die Bereitschaft, das Wort Gottes zu hören? Bin ich der Erkenntnis des Christentums näher gekommen? Was habe ich eingesehen, dazugelernt? Was ergriff mich am meisten? Wie kann ich das Gehörte auf mich anwenden? Wie kann ich Gehörtes behalten?

9.3. Weiterführende Glaubensgespräche (153)

In Familien und pfarrlichen Gruppen. Sie helfen, die Frucht der Predigt zu bewahren. Ein Predigtgespräch kann eingebunden sein.

10. Schema der Predigterarbeitung (155)

1) Persönliche Konfrontation mit dem Text:

Ehrfurcht, Gebet, Stille. Betrachtend lesen. Was spricht wie an? (ob positiv oder negativ). Dabei verweilen.

Frage: was fängt der Text mit mir an?

2) Exegetische Erschließung des Textes:

Aufmerksam (laut) lesen. Textzusammenhang und ähnliche Texte beachten. Kommentare lesen.

Frage: was wollte der Schriftsteller damals den Hörern sagen?

Ein Kernsatz: Er wollte sagen, daß ...

3) Einbeziehen von Predigtvorlagen:

Lesen und Bedenken. Was gefällt (nicht)? Kritisch sein, besonders wenn die Vorlage gefällt. Analyse, Abänderung, Übernahme einzelner Teile.

4) Blick auf die Hörer-Gemeinde:

Vergegenwärtigung der Hörer: Ort, Zeit, Umstände, Bildung, soziale Schicht, Alter, Interesse, Erwartungen, Denken und Reden der Hörer.

5) Zusammenschau von „Predigt-Ideen“ und Hörer-Situation:

Auswahl aus dem gesammelten Stoff: was kann ich den Hörern mitgeben? Klärung der Predigtabsicht (trösten, mahnen, ...)

Formulierung des Predigtziels (prägnant, ohne Fachausdrücke) aus Erfahrung und Wort Gottes.

Formulierung der Hörerprobleme: Verschiedene Erfahrungen verdichten. Wesentliches vom Unwesentlichen trennen.

6) Dialektische Gliederung des Materials:

verschiedene Sichtweisen eines Themas aufzeigen, Einwände suchen, Hilfen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten geben.

7) Sprechdenk-Versuch:

Gedankenfolge formulieren. Kontrolle: Inhalt (Argumente) -Sprache (Sprechakt) – Situationsbezug – Aufbau (Steigerung).

Erstellung von Einleitung und Schluß.

8) Erstellung eines Predigtplanes:

a) Einleitung

b) Problemstellung

c) und d) Verschiedene Sichtweisen und Einwände

e) Lösungsvorschlag (Predigtziel)

f) Schluß

Einleitung, Schluß und Zitate wörtlich, sonst Stichwörter.

9) Predigt halten

10) Dankgebet