Vaticanum II - Ad gentes
Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche „Ad gentes“
PAULUS BISCHOF
DIENER DER DIENER GOTTES ZUSAMMEN MIT DEN VÄTERN DES HEILIGEN KONZILS ZUR FORTWÄHRENDEN ERINNERUNG
Einleitung
In der gegenwärtigen Weltlage, aus der für die Menschheit eine neue Situation entsteht, ist die Kirche, die da ist Salz der Erde und Licht der Welt[4], mit verstärkter Dringlichkeit gerufen, dem Heil und der Erneuerung aller Kreatur zu dienen, damit alles in Christus zusammengefaßt werde und in ihm die Menschen eine einzige Familie und ein einziges Gottesvolk bilden.
Im Dank gegen Gott ob der trefflichen Arbeit, die durch den hochherzigen Einsatz der ganzen Kirche bislang vollbracht wurde, will diese Heilige Synode deshalb die Grundsätze der missionarischen Tätigkeit umreißen und die Kräfte aller Gläubigen sammeln, damit das Volk Gottes, auf dem schmalen Weg des Kreuzes voranschreitend, die Herrschaft Christi des Herrn, vor dessen Augen die Jahrhunderte stehen[5], ausbreite und seiner Ankunft die Wege bahne.
Erstes Kapitel
Theologische Grundlegung
Dieser Plan entspringt der „quellhaften Liebe“, dem Liebeswollen Gottes des Vaters. Er, der ursprungslose Ursprung, aus dem der Sohn gezeugt wird und der Heilige Geist durch den Sohn hervorgeht, hat uns in seiner übergroßen Barmherzigkeit und Güte aus freien Stücken geschaffen und überdies gnadenweise gerufen, Gemeinschaft zu haben mit ihm in Leben und Herrlichkeit. Er hat die göttliche Güte freigebig ausgegossen und gießt sie immerfort aus, so daß er, der Schöpfer von allem, endlich „alles in allem“ (1 Kor 15,28) sein wird, indem er zugleich seine Herrlichkeit und unsere Seligkeit bewirkt. Es hat aber Gott gefallen, die Menschen nicht bloß als einzelne, ohne jede gegenseitige Verbindung, zur Teilhabe an seinem Leben zu rufen, sondern sie zu einem Volk zu bilden, in dem seine Kinder, die verstreut waren, in eins versammelt werden sollen[7].
Denn Christus Jesus ist in die Welt gesandt worden als wahrer Mittler Gottes und der Menschen. Da er Gott ist, „wohnt in ihm leibhaftig die ganze Fülle der Gottheit“ (Kol 2,9); der menschlichen Natur nach aber ist er, „voll Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14), als neuer Adam zum Haupt der erneuerten Menschheit bestellt. So hat der Sohn Gottes die Wege wirklicher Fleischwerdung beschritten, um die Menschen der göttlichen Natur teilhaft zu machen; unseretwegen ist er arm geworden, da er doch reich war, damit wir durch seine Armut reich würden[13]. Der Menschensohn kam nicht, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld hinzugeben für die vielen, das heißt für alle[14]. Die heiligen Väter verkünden beständig, daß nicht geheilt ist, was nicht von Christus angenommen ist[15]. Er hat aber, ausgenommen die Sünde, die volle Menschennatur angenommen, wie sie sich bei uns findet, die wir elend und arm sind[16]. Christus, „den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat“ (Joh 10,36), hat nämlich von sich selbst gesagt: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt, frohe Botschaft den Armen zu künden; er hat mich gesandt, zu heilen, die zertretenen Herzens sind, den Gefangenen Freilassung anzukündigen und den Blinden das Augenlicht“ (Lk 4,18). Und an anderer Stelle: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und heil zu machen, was verloren war“ (Lk 19,10).
Was aber vom Herrn ein für allemal verkündet oder in ihm für das Heil des Menschengeschlechts getan worden ist, muß ausgerufen und ausgesät werden bis ans Ende der Erde[17], beginnend von Jerusalem aus[18]. So soll, was einmal für alle zum Heil vollzogen worden ist, in allen im Ablauf der Zeiten seine Wirkung erlangen.
In dieser Sendung setzt die Kirche die Sendung Christi selbst fort, der den Armen frohe Botschaft zu bringen gesandt war, und entfaltet sie die Geschichte hindurch. Deshalb muß sie unter Führung des Geistes Christi denselben Weg gehen, den Christus gegangen ist, nämlich den Weg der Armut, des Gehorsams, des Dienens und des Selbstopfers bis zum Tode hin, aus dem er dann durch seine Auferstehung als Sieger hervorging. Denn solchermaßen sind alle Apostel in der Hoffnung gewandelt, sie, die in vielerlei Trübsal und Leiden ausfüllten, was an den Leiden Christi noch fehlt für seinen Leib, der da ist die Kirche[32]. Oft auch erwies sich das Blut der Christen als Same[33].
Diese Bedingungen hängen entweder von der Kirche oder von den Völkern, den Gemeinschaften und den Menschen ab, an die sich die Sendung richtet. Obgleich nämlich die Kirche von sich aus die Gesamtheit oder die Fülle der Heilsmittel umgreift, wirkt sie doch nicht immer und nicht sogleich im vollen Umfang und kann dies auch nicht. Vielmehr kennt sie Anfänge und Stufen in ihrer Tätigkeit, mit der sie den Plan Gottes zu verwirklichen sucht. Ja bisweilen ist sie genötigt, nach glücklich begonnenem Voranschreiten abermals einen Rückschritt zu beklagen, oder sie verbleibt doch wenigstens in einem gewissen Zustand der Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit. Was aber die Menschen, Gemeinschaften und Völker anlangt, so berührt und durchdringt sie diese nur schrittweise, und nimmt sie so in die katholische Fülle auf. Jeder der genannten Bedingungen bzw. Stadien müssen eigene Wirkformen und geeignete Mittel entsprechen.
Gemeinhin heißen „Missionen“ die speziellen Unternehmungen, wodurch die von der Kirche gesandten Boten des Evangeliums in die ganze Welt ziehen und die Aufgabe wahrnehmen, bei den Völkern oder Gruppen, die noch nicht an Christus glauben, das Evangelium zu predigen und die Kirche selbst einzupflanzen. Sie werden durch die missionarische Tätigkeit verwirklicht und meist in bestimmten, vom Heiligen Stuhl bestätigten Gebieten ausgeübt. Das eigentliche Ziel dieser missionarischen Tätigkeit ist die Evangelisierung und die Einpflanzung der Kirche bei den Völkern und Gemeinschaften, bei denen sie noch nicht Wurzel gefaßt hat[34]. So sollen aus dem Samen des Gotteswortes überall auf der Welt wohlbegründete einheimische Teilkirchen heranwachsen, die mit eigener Kraft und Reife begabt sind. Sie sollen eine eigene Hierarchie in Einheit mit dem gläubigen Volk sowie die zum vollen Vollzug christlichen Lebens gehörigen Mittel in einer der eigenen Art gemäßen Weise besitzen und so ihren Teil zum Wohl der Gesamtkirche beitragen. Das hauptsächliche Mittel dieser Einpflanzung ist die Verkündigung der Frohbotschaft von Jesus Christus, die auszurufen der Herr seine Jünger in die ganze Welt gesandt hat, damit die Menschen, wiedergeboren durch das Wort Gottes[35], mittels der Taufe der Kirche eingegliedert werden, die als Leib des fleischgewordenen Wortes vom Wort Gottes und vom eucharistischen Brot genährt wird und lebt[36].
Bei dieser missionarischen Tätigkeit der Kirche treten verschiedene Bedingungen zuweilen nebeneinander auf: zunächst solche des Neubeginns oder Pflanzens, dann solche der Neuheit oder Jugend. Sind diese vorüber, so endigt dennoch die missionarische Tätigkeit der Kirche nicht. Vielmehr obliegt den inzwischen konstituierten Teilkirchen die Pflicht, sie fortzusetzen und das Evangelium den einzelnen zu verkündigen, die noch draußen stehen. Überdies ändern sich die Gemeinschaften, innerhalb deren die Kirche besteht, aus verschiedenen Ursachen nicht selten von Grund auf, so daß völlig neue Bedingungen auftreten können. Dann muß die Kirche erwägen, ob diese Bedingungen ihre missionarische Tätigkeit neuerdings erfordern.
Außerdem sind die Verhältnisse manchmal von der Art, daß für bestimmte Zeit die Möglichkeit fehlt, die Botschaft des Evangeliums direkt und sofort vorzulegen. Dann können und müssen die Missionare geduldig, klug und zugleich mit großem Vertrauen wenigstens Zeugnis ablegen für die Liebe und Güte Christi und so dem Herrn die Wege bereiten und ihn in gewissem Sinn gegenwärtig werden lassen. So wird deutlich, daß die missionarische Tätigkeit zuinnerst aus dem Wesen der Kirche hervorquillt. Sie breitet ihren heilschaffenden Glauben aus, verwirklicht in der Ausbreitung ihre katholische Einheit und wird von ihrer Apostolizität gehalten. Sie ist Vollzug der kollegialen Gesinnung ihrer Hierarchie und bezeugt, verbreitet und fördert ihre Heiligkeit. Mithin unterscheidet sich die missionarische Tätigkeit unter den Heiden sowohl von der pastoralen Tätigkeit, die den Gläubigen gegenüber auszuüben ist, als auch von den Bemühungen, die zur Wiederherstellung der christlichen Einheit unternommen werden. Gleichwohl sind diese beiden mit dem missionarischen Wirken der Kirche aufs engste verbunden[37]; denn Spaltung der Christen „ist ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung des Evangeliums vor allen Geschöpfen“[38] und verschließt vielen den Zugang zum Glauben. Mithin sind von der Notwendigkeit der Mission her alle Gläubigen dazu gerufen, daß sie in einer Herde vereint werden und so vor den Völkern von Christus, ihrem Herrn, einmütig Zeugnis ablegen können. Wenn sie aber den einen Glauben noch nicht voll zu bezeugen vermögen, so müssen sie sich dennoch von gegenseitiger Wertschätzung und Liebe beseelen lassen.
Durch sie sammelt und ordnet der mystische Christusleib immerfort Kräfte zum eigenen Wachstum[43]. Ihr nachzugehen werden die Glieder der Kirche durch die Liebe getrieben, mit der sie Gott lieben und durch die sie mit allen Menschen in den geistlichen Gütern des gegenwärtigen wie des künftigen Lebens Gemeinschaft zu haben verlangen. Endlich gehört diese missionarische Tätigkeit zur vollen Verherrlichung Gottes, indem die Menschen sein Heilswerk, das er in Christus vollzogen hat, bewußt und in seiner Ganzheit annehmen. So wird durch sie der Plan Gottes erfüllt, dem Christus gehorsam und liebend gedient hat zur Herrlichkeit des Vaters, der ihn dazu gesandt hat[44], daß das ganze Menschengeschlecht ein Volk Gottes bilde, in den einen Leib Christi zusammenwachse und zu dem einen Tempel des Heiligen Geistes aufgebaut werde, Das entspricht, da es die brüderliche Eintracht zum Ausdruck bringt, ganz den innersten Wünschen aller Menschen. So wird endlich der Ratschluß des Schöpfers, der den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen, wahrhaft erfüllt, wenn alle, die an der menschlichen Natur teilhaben, in Christus durch den Heiligen Geist wiedergeboren, in einmütigem Schauen der Herrlichkeit Gottes sagen können: „Vater unser“[45].
Missionarische Tätigkeit ist nichts anderes und nichts weniger als Kundgabe oder Epiphanie und Erfüllung des Planes Gottes in der Welt und ihrer Geschichte, in der Gott durch die Mission die Heilsgeschichte sichtbar vollzieht. Durch das Wort der Verkündigung und die Feier der Sakramente, deren Mitte und Höhepunkt die heilige Eucharistie darstellt, läßt sie Christus, den Urheber des Heils, gegenwärtig werden. Was immer aber an Wahrheit und Gnade schon bei den Heiden sich durch eine Art von verborgener Gegenwart Gottes findet, befreit sie von der Ansteckung durch das Böse und gibt es ihrem Urheber Christus zurück, der die Herrschaft des Teufels zerschlägt und die vielfältige Bosheit üblen Tuns in Schranken hält. Was an Gutem in Herz und Sinn der Menschen oder auch in den jeweiligen Riten und Kulturen der Völker keimhaft angelegt sich findet, wird folglich nicht bloß nicht zerstört, sondern gesund gemacht, über sich hinausgehoben und vollendet zur Herrlichkeit Gottes, zur Beschämung des Satans und zur Seligkeit des Menschen[52]. So strebt die missionarische Tätigkeit auf die eschatologische Fülle hin[53], denn durch sie wird bis zu dem Maß und der Zeit, die der Vater in seiner Vollmacht festgesetzt hat[54], das Volk Gottes ausgebreitet, dem prophetisch gesagt ist: „Erweitere deines Zeltes Raum, und deine Zelttücher spanne aus! Spare nicht!“ (Jes 54,2.)[55] So entfaltet sich der mystische Leib bis zum Maß des Vollalters Christi[56], und der geistliche Tempel, worin Gott angebetet wird in Geist und Wahrheit[57], wächst und wird aufgebaut „auf dem Fundament der Apostel und Propheten, während Christus selbst der Eckstein ist“ (Eph 2,20).
Zweites Kapitel
Die eigentliche Missionsarbeit
Artikel 1
Das christliche Zeugnis
Um dieses Zeugnis Christi mit Frucht geben zu können, müssen sie diesen Menschen in Achtung und Liebe verbunden sein. Sie müssen sich als Glieder der Menschengruppe, in der sie leben, betrachten; durch die verschiedenen Beziehungen und Geschäfte des menschlichen Lebens müssen sie an den kulturellen und sozialen Angelegenheiten teilnehmen. Sie müssen auch mit ihren nationalen und religiösen Traditionen vertraut sein; mit Freude und Ehrfurcht sollen sie die Saatkörner des Wortes aufspüren, die in ihnen verborgen sind. Sie sollen aber auch den tiefgreifenden Wandlungsprozeß wahrnehmen, der sich in diesen Völkern vollzieht. Sie sollen dahin zu wirken suchen, daß die Menschen unserer Zeit, allzusehr auf Naturwissenschaft und Technologie der modernen Welt bedacht, sich nicht den göttlichen Dingen entfremden, sondern im Gegenteil zu einem stärkeren Verlangen nach der Wahrheit und Liebe, die Gott uns geoffenbart hat, erwachen. Wie Christus selbst das Herz der Menschen durchschaut und sie durch echt menschliches Gespräch zum göttlichen Licht geführt hat, so sollen auch seine Jünger, ganz von Christi Geist erfüllt, die Menschen, unter denen sie leben und mit denen sie umgehen, kennen; in aufrichtigem und geduldigem Zwiegespräch sollen sie lernen, was für Reichtümer der freigebige Gott unter den Völkern verteilt hat; zugleich aber sollen sie sich bemühen, diese Reichtümer durch das Licht des Evangeliums zu erhellen, zu befreien und unter die Herrschaft Gottes, des Erlösers, zu bringen.
Die christliche Liebe erstreckt sich auf alle, ohne Unterschied von Rasse, gesellschaftlicher Stufe oder Religion; sie erwartet nicht Gewinn oder Dankbarkeit; denn wie Gott sich uns mit ungeschuldeter Liebe zugewandt hat, so sind auch die Gläubigen in ihrer Liebe auf den Menschen selbst bedacht und lieben ihn mit der gleichen Zuwendung, mit der Gott den Menschen gesucht hat. Wie also Christus durch die Städte und Dörfer zog, jederlei Krankheit und Gebrechen heilend zum Zeichen der kommenden Gottesherrschaft[3] so ist auch die Kirche durch ihre Kinder mit Menschen jeden Standes verbunden, besonders aber mit den Armen und Leidenden, und gibt sich mit Freuden für sie hin[4]. Sie nimmt an ihren Freuden und Schmerzen teil; sie weiß um die Erwartungen und die Rätsel des Lebens, sie leidet mit in den Ängsten des Todes. Denen, die Frieden suchen, bemüht sie sich in brüderlichem Gespräch zu antworten, indem sie ihnen Frieden und Licht aus dem Evangelium anbietet.
Bei der Aufrichtung einer gesunden Wirtschafts- und Sozialordnung sollen die Christgläubigen ihre Arbeit einsetzen und mit allen anderen zusammenarbeiten. Mit besonderer Sorge mögen sie sich der Erziehung der Kinder und der heranwachsenden Jugend durch Schulen verschiedener Typen annehmen; diese Schulen soll man nicht bloß als ein hervorragendes Mittel zur Bildung und zum Aufstieg der christlichen Jugend betrachten, sondern gleichzeitig als äußerst wertvollen Dienst an den Menschen, besonders an den Entwicklungsvölkern, um die menschliche Würde zu höherer Geltung zu bringen und um bessere menschliche Lebensbedingungen vorzubereiten. Ferner sollen sie sich an den Anstrengungen der Völker beteiligen, die sich bemühen, im Kampf gegen Hunger, Unwissenheit und Krankheit bessere Lebensverhältnisse zu schaffen und den Frieden in der Welt zu festigen. Es soll der Wunsch der Gläubigen sein, bei dieser Tätigkeit in kluger Weise bei den Vorhaben mitzuarbeiten, die von privaten sowie öffentlichen Institutionen, von Regierungen, internationalen Organen, von den verschiedenen christlichen Gemeinschaften und auch von den nichtchristlichen Religionen unternommen werden.
Dabei will sich die Kirche auf keine Weise in die Leitung des irdischen Staatswesens einmischen. Sie beansprucht kein anderes Recht, als mit Gottes Hilfe in Liebe und treuer Bereitschaft den Menschen zu dienen[5].
Die Jünger Christi hoffen, durch die enge Verbindung mit den Menschen in ihrem Leben und Arbeiten ein wahres Zeugnis abzulegen und auch da zu deren Heil beizutragen, wo sie Christus nicht ganz verkünden können. Sie suchen ja nicht den rein materiellen Fortschritt und Wohlstand der Menschen, sondern sie fördern ihre Würde und ihre brüderliche Gemeinschaft, indem sie religiöse und sittliche Wahrheiten vermitteln, die Christus mit seinem eigenen Licht erhellt hat; auf diese Weise öffnen sie langsam einen volleren Zugang zu Gott. So wird den Menschen in der Erlangung des Heils durch die Liebe zu Gott und zum Nächsten geholfen; das Geheimnis Christi beginnt aufzuleuchten, in dem der neue Mensch erschienen ist, der nach Gott erschaffen wurde[6], in dem Gottes Liebe sich geoffenbart hat.
Artikel 2
Die Verkündigung des Evangeliums und die Sammlung des Gottesvolkes
Diese Bekehrung muß man gewiß notwendig als anfanghaft auffassen, aber doch als ausreichend, damit der Mensch verstehe, daß er, der Sünde entrissen, in das Geheimnis der Liebe Gottes eingeführt werde, der ihn zu seiner persönlichen Gemeinschaft in Christus ruft; denn unter dem Einfluß der Gnade beginnt der Neubekehrte seinen geistlichen Weg, auf dem er, durch den Glauben schon mit dem Geheimnis des Todes und der Auferstehung verbunden, vom alten Menschen hinüberschreitet zum neuen Menschen, der in Christus vollendet ist[13]. Dieser Übergang bringt einen fortschreitenden Wandel seines Empfindens und Verhaltens mit sich; er muß sich in seinen sozialen Auswirkungen kundtun und sich während des Katechumenates langsam entwickeln. Da der Herr, dem er glaubt, ein Zeichen des Widerspruchs ist[14], muß der Neubekehrte oft Bruch und Trennung erleben, aber auch Freuden, die Gott nicht nach Maß austeilt[15].
Die Kirche verbietet streng, daß jemand zur Annahme des Glaubens gezwungen oder durch ungehörige Mittel beeinflußt oder angelockt werde, wie sie umgekehrt auch mit Nachdruck für das Recht eintritt, daß niemand durch üble Druckmittel vom Glauben abgehalten werde[16].
Nach uraltem kirchlichem Brauch sollen die Motive der Bekehrung erkundet und wenn nötig gereinigt werden.
Endlich werden sie durch die Sakramente der christlichen Initiation von der Macht der Finsternis befreit[19]; mit Christus sterben sie, werden sie begraben und erstehen sie[20]; sie empfangen den Geist der Kindschaft[21] und feiern das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung des Herrn mit dem ganzen Gottesvolk.
Es ist zu wünschen, daß die Fasten- und Osterliturgie so erneuert werde, daß sie die Katechumenen zur Feier des österlichen Geheimnisses bereitet, bei deren festlicher Begehung sie durch die Taufe für Christus wiedergeboren werden.
Um diese christliche Initiation im Katechumenat sollen sich aber nicht bloß Katechisten und Priester kümmern, sondern die ganze Gemeinde der Gläubigen, besonders aber die Taufpaten, so daß den Katechumenen von Anfang an zum Bewußtsein kommt, daß sie zum Gottesvolk gehören. Da das Leben der Kirche apostolisch ist, sollen die Katechumenen lernen, durch das Zeugnis des Lebens und das Bekenntnis des Glaubens zur Verkündigung des Evangeliums und zum Aufbau der Kirche wirksam mitzuarbeiten.
Die Rechtsstellung der Katechumenen schließlich soll im neuen Gesetzbuch der Kirche klar umschrieben werden; denn sie sind schon mit der Kirche verbunden[22], sie gehören schon zum Hause Christi[23], und nicht selten führen sie schon ein Leben des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.
Artikel 3
Der Aufbau der christlichen Gemeinschaft
Als Mitarbeiter Gottes[25] sollen die Missionare solche Gemeinden von Gläubigen erwecken, die würdig der Berufung, die sie empfangen haben[26], die Ämter, die Gott ihnen anvertraut hat, ausüben: das priesterliche, das prophetische und das königliche Amt. Auf diese Weise wird die christliche Gemeinschaft zum Zeichen der Gegenwart Gottes in der Welt. Sie ist ja selbst ständig im eucharistischen Opfer mit Christus auf dem Weg hinüber zum Vater[27]; unablässig aus dem Wort Gottes genährt[28], gibt sie Zeugnis für Christus[29]; sie wandelt in der Liebe und glüht von apostolischem Eifer[30]. Von Anfang an soll die christliche Gemeinschaft so aufgebaut werden, daß sie, soweit möglich, für ihre eigenen Bedürfnisse aufkommen kann.
Diese Gemeinschaft der Gläubigen soll durch ihre Ausstattung mit den kulturellen Reichtümern der eigenen Heimat tief im Volk verwurzelt sein: Die Familien sollen blühen im Geist des Evangeliums[31], geeignete Schulen sollen ihnen helfen. Durch die Errichtung von Vereinigungen und Gruppen soll das Apostolat der Laien die ganze Gesellschaft mit evangelischem Geist durchdringen; die Liebe zwischen Katholiken verschiedener Riten soll hell leuchten[32]. Unter den Neuchristen soll der ökumenische Geist gepflegt werden. Sie sollen alle, die an Christus glauben, auch wirklich als Christi Jünger anerkennen, die in der Taufe wiedergeboren sind und an sehr vielen Gütern des Gottesvolkes teilhaben. Den religiösen Verhältnissen entsprechend soll man die ökumenische Bewegung so fördern, daß die Katholiken mit den von ihnen getrennten Brüdern, gemäß den Richtlinien des Dekretes über die Ökumenismus, brüderlich zusammenarbeiten im gemeinsamen Bekenntnis des Glaubens an Gott und an Jesus Christus vor den Heiden, soweit dieses vorhanden ist, ebenso im Zusammenwirken in sozialen und technischen sowie kulturellen und religiösen Dingen, wobei man jeden Anschein von Indifferentismus und Verwischung sowie ungesunder Rivalität vermeiden muß. Der Grund für diese Zusammenarbeit sei vor allem Christus, ihr gemeinsamer Herr. Sein Name möge sie zueinanderbringen! Diese Zusammenarbeit soll nicht nur zwischen Privatpersonen stattfinden, sondern nach dem Urteil des Ortsordinarius auch zwischen den Kirchen oder Kirchengemeinschaften und ihren Unternehmungen.
Die aus allen Völkern in der Kirche versammelten Christgläubigen unterscheiden sich nicht von den übrigen Menschen durch Staatsform, Sprache oder Gesellschaftsordnung[33]. Darum sollen sie in den ehrbaren Lebensgewohnheiten ihres Volkes für Gott und Christus leben. Als gute Bürger sollen sie die Vaterlandsliebe wahrhaft und tatkräftig üben. Mißachtung fremder Rassen und übersteigerten Nationalismus aber sollen sie gänzlich meiden und die alle Menschen umfassende Liebe pflegen.
Um all das zu verwirklichen, sind die Laien, also die Christgläubigen, die Christus durch die Taufe eingegliedert sind und in der Welt leben, von größter Bedeutung und verdienen besondere Sorge. Denn es ist ihre eigentliche Aufgabe, vom Geist Christi erfüllt, gleichsam als Sauerteig die zeitlichen Dinge so von innen her zu beseelen und zu ordnen, daß sie immer mehr Christus gemäß werden[34]. Aber es ist nicht genug, daß das christliche Volk anwesend ist und in einem Volk Fuß gefaßt hat; es ist auch nicht genug, daß es das Apostolat des Beispiels ausübt. Dazu ist es gegründet und dazu ist es da, um den nichtchristlichen Mitbürgern in Wort und Werk Christus zu verkünden und ihnen zur vollen Annahme Christi zu helfen.
Zur Einpflanzung der Kirche und zum Wachstum der christlichen Gemeinschaft aber sind verschiedene Dienste notwendig; durch göttliche Berufung werden sie in der Gemeinde der Gläubigen selbst geweckt, und sie müssen von allen sorgfältig gefördert und gepflegt werden. Dazu gehören das Amt des Priesters, des Diakons, des Katechisten und die Katholische Aktion. Ebenso leisten Ordensmänner und Ordensfrauen zur Verwurzelung und Festigung der Herrschaft Christi in den Seelen und zu ihrer Ausbreitung durch ihr Gebet und ihr Wirken einen unentbehrlichen Dienst.
Was dieses Konzil über priesterliche Berufung und Ausbildung festgesetzt hat, soll man da, wo die Kirche erst gepflanzt wird, und in den jungen Kirchen treu wahren. Besonders soll man beachten, was gesagt ist über die enge Verbindung der spirituellen mit der wissenschaftlichen und pastoralen Ausbildung, über die Lebensweise nach dem Evangelium, ohne Rücksicht auf eigenen Nutzen oder Familieninteressen, über die Pflege eines tiefen Verständnisses für das Geheimnis der Kirche. Daraus wird es ihnen wunderbar aufgehen, was es heißt, sich selbst ganz dem Dienst des Leibes Christi in der Arbeit für das Evangelium zu weihen, mit dem Bischof als treue Mitarbeiter verbunden zu sein und ihre Arbeit in Gemeinschaft mit ihren Mitbrüdern zu tun[35].
Um dieses umfassende Ziel zu erreichen, muß die ganze Ausbildung der Alumnen im Licht des Heilsgeheimnisses geplant werden, wie es in der Schrift enthalten ist. Sie müssen lernen, dieses Geheimnis Christi und des menschlichen Heils in der Liturgie gegenwärtig zu finden und in ihrem Leben zu verwirklichen[36].
Diese allgemeinen Erfordernisse der priesterlichen Ausbildung, auch nach der pastoralen und praktischen Seite, müssen nach den Richtlinien des Konzils[37] mit dem Bemühen verbunden werden, den besonderen Formen des Denkens und Handelns des eigenen Volkes entgegenzukommen. Der Geist der Alumnen muß also geöffnet und geschärft werden, damit sie sich ein gutes Wissen und ein rechtes Urteil über die Kultur des eigenen Volkes erwerben können. In den philosophischen und theologischen Disziplinen sollen sie die Beziehungen verstehen, die zwischen ihrer heimatlichen Überlieferung und Religion und der christlichen Religion bestehen[38]. Ebenso muß die Priesterbildung die pastoralen Bedürfnisse des Landes berücksichtigen. Die Alumnen sollen Geschichte, Zweck und Methode der missionarischen Tätigkeit der Kirche kennenlernen, ebenso die besonderen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse des eigenen Volkes. Sie sollen im Geist des Ökumenismus erzogen und zum brüderlichen Dialog mit den Nichtchristen gut vorbereitet werden[39]. All das verlangt, daß die Studien bis zum Priestertum soweit wie möglich im Zusammenleben mit dem eigenen Volk und seinen Lebensgewohnheiten durchgeführt werden[40]. Endlich soll man auch für die Ausbildung in der geordneten kirchlichen Verwaltung sorgen, ja sogar auf wirtschaftlichem Gebiet.
Darüber hinaus soll man geeignete Priester auswählen, die sich nach einiger pastoraler Praxis in höheren Studien an auswärtigen Universitäten, vor allem in Rom, und an anderen wissenschaftlichen Instituten weiterbilden sollen, so daß den jungen Kirchen erfahrene Fachleute aus dem eigenen Klerus für die schwierigeren Aufgaben zur Verfügung stehen.
Wo die Bischofskonferenzen es für gut halten, soll der Diakonat als fester Lebensstand wieder eingeführt werden, entsprechend den Normen der Konstitution über die Kirche[41]; denn es ist angebracht, daß Männer, die tatsächlich einen diakonalen Dienst ausüben, sei es als Katechisten in der Verkündigung des Gotteswortes, sei es in der Leitung abgelegener christlicher Gemeinden im Namen des Pfarrers und des Bischofs, sei es in der Ausübung sozialer oder caritativer Werke, durch die von den Aposteln her überlieferte Handauflegung gestärkt und dem Altare enger verbunden werden, damit sie ihren Dienst mit Hilfe der sakramentalen Diakonatsgnade wirksamer erfüllen können.
Das Amt der Katechisten hat in unseren Tagen, da es für die Glaubensunterweisung solcher Massen und den Seelsorgedienst nur wenige Kleriker gibt, allergrößte Bedeutung. Deshalb muß ihre Ausbildung so vervollkommnet und dem kulturellen Fortschritt angepaßt werden, daß sie ihr Amt, das durch neue und ausgedehntere Aufgaben erschwert wird, als fähige Mitarbeiter der Priester möglichst gut ausüben können.
Man muß deshalb die diözesanen und regionalen Schulen vermehren, in denen die zukünftigen Katechisten die katholische Lehre, mit besonderer Betonung von Schrift und Liturgie, sowie die katechetischen Methoden und die pastorale Praxis erlernen und sich in stetiger Übung von Frömmigkeit und sittlichem Leben zu einem christlichen Verhalten bilden[42]. Zusammenkünfte und Kurse soll man ferner veranstalten, durch die die Katechisten in den Fächern und Fertigkeiten, die zu ihrem Dienst gehören, zu bestimmten Zeiten Auffrischung erhalten und ihr geistliches Leben genährt und gestärkt wird. Außerdem muß man denen, die sich hauptamtlich dieser Arbeit widmen, durch gerechte Vergütung einen gebührenden Lebensstandard und soziale Sicherheit gewährleisten[43]. Es besteht der Wunsch des Konzils, daß durch besondere Mittel der Heiligen Kongregation zur Verbreitung des Glaubens für Ausbildung und Unterhalt der Katechisten gesorgt werde. Wenn es für nötig und zweckmäßig gehalten wird, möge ein eigenes Werk für Katechisten gegründet werden. Die Kirchen werden auch dankbar die hochherzige Arbeit der Hilfskatechisten anerkennen, deren Mitwirkung sie brauchen. Sie leiten in ihren Gemeinden die Gebete und geben den Unterricht. Für ihre wissensmäßige und geistliche Bildung soll ordnungsgemäß gesorgt werden. Es ist außerdem zu wünschen, daß den entsprechend ausgebildeten Katechisten, wo es angezeigt erscheint, die kanonische Sendung in einer öffentlichen liturgischen Feier gegeben werde, damit sie beim Volk in Glaubensfragen größere Autorität genießen.
Die religiösen Genossenschaften, die bei der Pflanzung der Kirche mitarbeiten, sollen von den geistlichen Reichtümern ganz durchdrungen sein, die die Ordenstradition der Kirche auszeichnen, und sie dem Geist und der Anlage eines jeden Volkes entsprechend auszudrücken und weiterzugeben suchen. Sie sollen sorgfältig überlegen, wie die Tradition des aszetischen und beschaulichen Lebens, deren Keime manchmal alten Kulturen schon vor der Verkündigung des Evangeliums von Gott eingesenkt wurden, in ein christliches Ordensleben aufgenommen werden können.
In den jungen Kirchen sollen verschiedene Formen des Ordenslebens entwickelt werden, um die verschiedenen Aspekte der Sendung Christi und des Lebens der Kirche auszudrücken; sie sollen sich verschiedenen pastoralen Arbeiten widmen und ihre Mitglieder für sie ordnungsgemäß vorbereiten. Doch sollen die Bischöfe in ihrer Konferenz darauf achten, daß nicht Kongregationen mit dem gleichen apostolischen Zweck vervielfacht werden, zum Schaden des Ordenslebens und des Apostolates.
Besondere Erwähnung verdienen die verschiedenen Unternehmungen, die das beschauliche Leben verwurzeln sollen; die einen behalten die wesentlichen Elemente der monastischen Lebensform bei und versuchen, die reiche Tradition ihres Ordens zu verpflanzen. Andere kehren zu den einfacheren Formen des altkirchlichen Mönchswesens zurück. Alle aber sollen sich um eine echte Anpassung an die lokalen Verhältnisse bemühen. Das beschauliche Leben gehört eben zur vollen Anwesenheit der Kirche und muß deshalb überall bei den jungen Kirchen Eingang finden.
Drittes Kapitel
Die Teilkirchen
In diesen jungen Kirchen muß das Leben des Gottesvolkes auf allen Gebieten des christlichen Lebens reifen, das nach den Richtlinien dieses Konzils zu erneuern ist. Die Gemeinden der Gläubigen werden immer mehr zu bewußt-lebendigen Gemeinschaften des Glaubens, der Liturgie und der Liebe; die Laien bemühen sich in ihrer weltlichen und apostolischen Tätigkeit, eine Ordnung der Liebe und der Gerechtigkeit im Staatswesen aufzubauen; man benützt die publizistischen Mittel nach Tunlichkeit und mit Klugheit; durch ein wahrhaft christliches Leben werden die Familien zu Pflanzstätten des Laienapostolates, sowie für Priester- und Ordensberufe. Der Glaube wird in angepaßter Katechese gelehrt, in einer dem Volkscharakter harmonierenden Liturgie gefeiert und findet durch entsprechende kirchliche Gesetzgebung Eingang in die wertvollen Einrichtungen und Gepflogenheiten des Landes.
Die Bischöfe aber sollen zusammen mit ihrem Priesterkollegium, mehr und mehr durchdrungen vom Geist Christi und der Kirche, in Verbindung mit der Gesamtkirche denken und leben. Die Gemeinschaft der jungen Kirchen mit der ganzen Kirche muß sehr eng bleiben; deren Traditionselemente sollen sie mit der eigenen Kultur verbinden, um durch den gegenseitigen Austausch von Kräften das Leben des mystischen Leibes zu entfalten[1]. Man soll deshalb die theologischen, psychologischen und menschlichen Ansätze auswerten, die dazu beitragen können, den Sinn für die Gemeinschaft mit der Gesamtkirche zu entwickeln.
Diese Kirchen sind jedoch häufig in den ärmeren Gebieten der Erde gelegen und leiden meist noch schwer unter Priestermangel und materieller Not. Sie sind deshalb sehr darauf angewiesen, daß die fortgesetzte Missionstätigkeit der ganzen Kirche ihnen die Hilfe bringt, die vor allem dem Wachstum und der Reifung des christlichen Lebens der Ortskirche dienen soll. Diese Missionstätigkeit soll auch den schon lange gegründeten Kirchen, die sich in einem Zustand des Rückschritts oder der Schwäche befinden, Hilfe bringen.
Indes sollen diese Kirchen ein gemeinsames pastorales Programm und geeignete Unternehmen einleiten, durch die die Berufe zum Diözesanklerus und zu den Orden zahlenmäßig vermehrt, sorgfältiger ausgewählt und wirksamer gepflegt werden[2], so daß sie allmählich für sich selber sorgen und anderen Hilfe bringen können.
Darüber hinaus ist der Dienst des Wortes notwendig, damit das Evangelium alle erreiche. Vor allem muß der Bischof Verkünder des Glaubens sein, der neue Jünger Christus zuführen soll[3]. Um diese hohe Aufgabe richtig zu erfüllen, muß er sowohl die Situation seiner Herde genau kennen als auch die Vorstellungen, die seine Landsleute sich zuinnerst von Gott gebildet haben. Dabei muß er auch auf die Wandlungen sorgfältig achthaben, die die Verstädterung, die Wanderung der Bevölkerung und der religiöse Indifferentismus bewirken.
Die einheimischen Priester sollen in den jungen Kirchen mit Eifer das Werk der Glaubensverkündigung in Angriff nehmen; dabei sollen sie mit den auswärtigen Missionaren zusammenarbeiten, mit denen sie, geeint unter der Autorität des Bischofs, eine einzige Priesterschaft bilden, und zwar nicht nur zur Betreuung der Gläubigen und zur Feier des Gottesdienstes, sondern auch zur Predigt des Evangeliums denen, die draußen sind. Sie sollen bereit sein, sich bei gegebener Gelegenheit sogar frohgemut ihrem Bischof zur Verfügung zu stellen, um die Missionsarbeit in entlegenen und vernachlässigten Distrikten der eigenen Diözese oder auch in anderen Diözesen aufzunehmen.
Mit gleichem Eifer sollen sich die Ordensmänner und Ordensfrauen und ebenso die Laien für ihre Mitbürger, zumal die ärmeren, einsetzen.
Die Bischofskonferenzen sollen dafür sorgen, daß in bestimmten Zeitabständen Kurse zur exegetischen, theologischen, spirituellen und pastoralen Auffrischung stattfinden, damit der Klerus bei der Vielfalt und dem Wechsel der Verhältnisse eine vollere Kenntnis der theologischen Wissenschaften und der pastoralen Methoden erhalte.
Im übrigen soll man treu befolgen, was dieses Konzil vor allem im Dekret über den Dienst und das Leben der Priester festgesetzt hat.
Um diese Missionsarbeit der Teilkirche auszuführen, sind geeignete Helfer erforderlich, und sie sind rechtzeitig in einer Weise vorzubereiten, die der Situation der einzelnen Kirche entspricht. Da aber die Menschen mehr und mehr zu Gruppen zusammenwachsen, ist es sehr angebracht, wenn sich die Bischofskonferenzen gemeinsam über den Dialog mit diesen Gruppen beraten. Wenn sich aber in manchen Gegenden Gruppen von Menschen finden, die von der Annahme des katholischen Glaubens dadurch abgehalten werden, daß sie sich der besonderen Erscheinungsweise der Kirche in ihrer Gegend nicht anpassen können, so wird vorgeschlagen, daß für eine solche Situation in besonderer Weise[4] Sorge getragen werde, bis alle Christen in einer Gemeinschaft vereint werden können. Wenn der Apostolische Stuhl zu diesem Zweck Missionare zur Verfügung haben sollte, mögen die betreffenden Bischöfe sie in ihre Diözesen rufen oder sie gern aufnehmen und ihre Bemühungen tatkräftig unterstützen.
Damit dieser missionarische Eifer bei den eigenen Landsleuten blühe, ist es sehr nützlich, daß die jungen Kirchen sobald wie möglich an dem gesamten Missionswerk der Kirche aktiven Anteil nehmen, indem sie selbst Missionare ausschicken, die überall in der Welt das Evangelium verkünden sollen, auch wenn sie selbst an Priestermangel leiden; denn die Gemeinschaft mit der Gesamtkirche findet gleichsam ihre Krönung, wenn sie selbst an der Missionsarbeit bei anderen Völkern tätig teilnehmen.
Denn die gläubigen Laien gehören gleichzeitig ganz zum Gottesvolk und ganz zur bürgerlichen Gesellschaft: Zu ihrem Volk gehören sie, in dem sie geboren wurden, an dessen Kulturgütern sie durch die Erziehung teilzunehmen begonnen haben, mit dessen Leben sie durch viele gesellschaftliche Bande verbunden sind, an dessen Aufstieg sie durch ihre eigenen Anstrengungen in ihrem Beruf mitarbeiten, dessen Probleme sie als ihre eigenen empfinden und zu lösen suchen. Sie gehören ebenso Christus an, da sie in der Kirche wiedergeboren sind durch Glaube und Taufe, damit sie in der Neuheit des Lebens und Arbeitens Christus zu eigen seien[5] und damit in Christus alles Gott unterworfen werde und endlich Gott sei alles in allem[6].
Hauptaufgabe der Laien, der Männer und der Frauen, ist das Christuszeugnis, das sie durch Leben und Wort in ihrer Familie, in ihrer Gesellschaftsschicht und im Bereich ihrer Berufsarbeit geben müssen. Denn es muß in ihnen der neue Mensch erscheinen, der nach Gottes Bild in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit geschaffen ist[7]. Diese Neuheit des Lebens aber müssen sie im Bereich der heimatlichen Gesellschaft und Kultur ausdrücken, den Traditionen des eigenen Volkes entsprechend. Sie selbst müssen diese Kultur kennen, sie heilen und bewahren, sie müssen sie im Zug der modernen Entwicklung entfalten und endlich in Christus vollenden, so daß der Christusglaube und das Leben der Kirche der Gesellschaft, in der sie leben, nicht mehr äußerlich sei, sondern sie zu durchdringen und zu verwandeln beginne. Ihren Mitbürgern seien sie in aufrichtiger Liebe verbunden, so daß in ihrem Umgang das neue Band der Einheit und der universalen Solidarität sichtbar werde, die aus dem Geheimnis Christi stammt. Auch sollen sie den Glauben an Christus unter denen verbreiten, mit denen sie durch Bande des täglichen Lebens und des Berufes verbunden sind. Diese Pflicht ist um so dringender, weil die meisten Menschen nur durch benachbarte Laien das Evangelium hören und Christus kennenlernen können. Ja, wo es möglich ist, sollen Laien bereit sein, in noch unmittelbarerer Zusammenarbeit mit der Hierarchie die besondere Sendung zu erfüllen: das Evangelium zu verkünden und christlichen Unterricht zu erteilen, um der werdenden Kirche die Kraft zu vermehren.
Die Diener der Kirche sollen das Apostolat der Laien hoch bewerten. Sie sollen die Laien formen, daß sie sich als Glieder Christi ihrer Verantwortung für alle Menschen bewußt werden; sie sollen ihnen das Geheimnis Christi tief erschließen, sie sollen sie auch in die methodische Arbeit einführen und ihnen in Schwierigkeiten zur Seite stehen, im Geiste der Konstitution über die Kirche und des Dekrets über das Laienapostolat.
Hirten und Laien haben also ihre besonderen Aufgaben und ihre eigene Verantwortung, und so soll die ganze junge Kirche ein einziges Zeugnis Christi geben, lebendig und stark, auf daß sie ein leuchtendes Zeichen des Heils sei, das in Christus zu uns gekommen ist.
Um dieses Ziel zu verwirklichen, muß in jedem sozio-kulturellen Großraum die theologische Besinnung angespornt werden, die im Licht der Tradition der Gesamtkirche die von Gott geoffenbarten Taten und Worte, die in der Heiligen Schrift aufgezeichnet sind und von Kirchenvätern und Lehramt erläutert werden, aufs neue durchforscht. So wird man klarer erfassen, auf welchen Wegen der Glaube, unter Benutzung der Philosophie und Weisheit der Völker, dem Verstehen näherkommen kann und auf welche Weise die Gepflogenheiten, die Lebensauffassung und die soziale Ordnung mit dem durch die göttliche Offenbarung bezeichneten Ethos in Einklang gebracht werden können. Von da öffnen sich Wege zu einer tieferen Anpassung im Gesamtbereich des christlichen Lebens. Wenn man so vorangeht, wird jeder Anschein von Synkretismus und falschem Partikularismus ausgeschlossen; das christliche Leben wird dem Geist und der Eigenart einer jeden Kultur angepaßt[10]; die besonderen Traditionen, zusammen mit den vom Evangelium erleuchteten Gaben der verschiedenen Völkerfamilien, werden in die katholische Einheit hineingenommen. So haben schließlich die jungen Teilkirchen mit dem ganzen Reichtum ihrer Überlieferung ihren Platz in der kirchlichen Gemeinschaft, unter voller Wahrung des Primates des Stuhles Petri, der in der ganzen Gemeinschaft der Liebe den Vorsitz führt[11].
Es ist zu wünschen, ja überaus angebracht, daß die Bischofskonferenzen innerhalb der sozio-kulturellen Großräume unter sich Verbindung aufnehmen, damit sie in gemeinsamer Überlegung einmütig dieses Ziel der Anpassung verfolgen können.
Viertes Kapitel
Die Missionare
Denn durch eine besondere Berufung sind diejenigen gezeichnet, die, im Besitz der erforderlichen natürlichen Anlagen, nach Begabung und Charakter geeignet sind, die Missionsarbeit auf sich zu nehmen[5], seien es Einheimische oder Auswärtige: Priester, Ordensleute oder Laien. Ausgesondert zu dem Werk, zu dem sie berufen sind[6], gehen sie, von der rechtmäßige Autorität gesandt, in gläubigem Gehorsam hinaus zu jenen, die fern von Christus sind – Diener des Evangeliums, „damit die Heiden als Opfergabe wohlgefällig werden, geheiligt durch den Heiligen Geist“ (Röm 15,16).
Wenn er den Völkern die frohe Botschaft verkündet, mache er mit Freimut das Geheimnis Christi, an dessen Stelle er steht, kund. Deshalb habe er in ihm den Mut, so wie es seine Pflicht ist, zu reden[9] und sich des Ärgernisses des Kreuzes nicht zu schämen. In der Nachfolge seines Meisters, der sanft und von Herzen demütig war, mache er begreiflich, daß sein Joch nicht drückt und seine Bürde nicht lastet[10]. Durch ein Leben ganz nach den Evangelium[11], in großer Geduld, in Langmut und Güte und in aufrichtiger Liebe[12] lege er Zeugnis ab für seinen Herrn, wenn es sein muß bis zur Hingabe des Lebens. Die Kraft und Tapferkeit dazu wird er im Gebet von Gott erlangen, und so wird er erfahren, daß aus aller Prüfung durch Trübsal und bitterste Armut übergroße Freude strömt[13]. Er sei überzeugt, daß der Gehorsam die besondere Tugend des Dieners Christi ist, der durch seinen Gehorsam das Menschengeschlecht erlöst hat.
Damit die Herolde der Frobbotschaft die Gnade, die ihnen geworden ist, nicht geringachten, sollen sie sich täglich im Geist erneuern[14]. Die Ordinarien und die Oberen aber sollen die Missionare in bestimmten Zeitabständen versammeln, damit sie durch die Hoffnung ihrer Berufung gefestigt und im apostolischen Dienst neu ausgerichtet werden, gegebenenfalls in eigens dazu gegründeten Häusern.
Deshalb sind alle Missionare – Priester, Brüder, Schwestern und Laien – entsprechend ihrem Stand vorzubereiten und auszubilden, damit sie den Anforderungen ihrer künftigen Arbeit gerecht werden können[22]. Ihre wissenschaftliche Ausbildung soll gleich von Anfang an sowohl der Universalität der Kirche als auch der Andersartigkeit der Völker Rechnung tragen. Dieser Grundsatz gilt für alle Disziplinen, die sie auf ihren künftigen Dienst vorbereiten; er gilt aber auch für die übrigen Wissenschaften, in denen sie nutzbringend unterrichtet werden, um eine allgemeine Kenntnis der Völker, ihrer Kulturen und Religionen zu besitzen, die nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart berücksichtigt. Denn wer sich zu einem anderen Volk begeben will, muß dessen Erbe, Sprache und Brauchtum hochachten. Vor allem soll der künftige Missionar sich mit missionswissenschaftlichen Studien befassen, das heißt, er soll die Lehre und die Grundsätze der Kirche bezüglich der Missionstätigkeit kennen; er soll wissen, welche Wege die Boten des Evangeliums im Lauf der Jahrhunderte gegangen sind; er soll die gegenwärtige Missionssituation kennen und die Methoden, die heutzutage als besonders erfolgreich gelten[23].
Wenn auch diese gesamte Ausbildung vom Geist pastoraler Sorge durchdrungen sein muß, so soll dennoch eine eigene und planmäßige Anleitung zum Apostolat geboten werden, sowohl in der Theorie wie durch praktische Übungen[24].
Von den Brüdern und Schwestern sollen möglichst viele katechetisch geschult und gut ausgebildet werden, damit sie noch besser im Apostolat mitwirken können.
Auch wer auf Zeit Aufgaben der Missionsarbeit übernimmt, soll unbedingt eine entsprechende Vorbildung erwerben.
Diese Ausbildungsfächer sollen in den Ländern, in welche die Missionare gesandt werden, so ergänzt werden, daß sie ausführlicher die Geschichte, das gesellschaftliche Gefüge und das Brauchtum der Völker kennenlernen und tieferen Einblick gewinnen in die sittliche Ordnung, die religiösen Vorschriften und die Vorstellungen, die sie sich nach den ihnen heiligen Überlieferungen über Gott, Welt und Mensch zuinnerst gebildet haben[25]. Ihre Sprachen sollen sie so gründlich erlernen, daß sie sich fließend und gewandt ihrer bedienen können und dadurch leichteren Zugang zu Geist und Herz der Menschen finden[26]. Außerdem müssen sie in die besonderen pastoralen Erfordernisse gut eingeführt werden.
Einige aber sollen an missionswissenschaftlichen Instituten oder sonstigen Fakultäten und Universitäten eine gründlichere Ausbildung erhalten, damit sie Spezialaufgaben wirksamer wahrnehmen[27] und den übrigen Missionaren durch ihr Fachwissen Hilfe in der Missionsarbeit leisten können, die zumal in unserer Zeit so viele Schwierigkeiten und Möglichkeiten bietet. Außerdem wäre sehr zu wünschen, daß die regionalen Bischofskonferenzen genügend viele solcher Fachleute zur Verfügung hätten und sich ihres Wissens und ihrer Erfahrung in den schwer zu lösenden Aufgaben ihres Amtes mit Gewinn bedienen könnten. Auch sollte es nicht an Spezialisten fehlen, die die Hilfsmittel der Technik und der Publizistik, deren Bedeutung niemand unterschätzen sollte, vollendet zu handhaben verstehen.
Manchmal werden sie im Bereich einer ganzen Region dringlichere Aufgaben übernehmen, wie z. B. die Verkündigung des Evangeliums bei Gruppen oder Völkerschaften, die aus bestimmten Gründen die Frohbotschaft noch nicht gehört oder ihr bislang widerstanden haben[28].
Wo es nötig ist, werden sie bereit sein, jene, die sich auf Zeit der Missionstätigkeit widmen wollen, durch ihre Erfahrung vorzubereiten und ihnen zu helfen.
Aus all diesen Gründen und weil es noch viele Völker gibt, die zu Christus geführt werden müssen, bleiben die Institute vollauf unentbehrlich.
Fünftes Kapitel
Die Ordnung der missionarischen Tätigkeit
Aus diesem Grunde ist es notwendig, die Arbeiten der Künder der Frohbotschaft und die Hilfeleistungen der übrigen Christgläubigen so zu lenken und zusammenzufassen, daß in sämtlichen Bereichen der Missionsarbeit und der Missionshilfe „alles in der rechten Ordnung geschehe“ (1 Kor 14,40).
Für alle Missionen und die gesamte missionarische Tätigkeit soll nur eine einzige Kongregation zuständig sein, nämlich die „Zur Verbreitung des Glaubens“; ihr steht es zu, die missionarischen Belange auf der ganzen Welt, die Missionsarbeit und die Missionshilfe, zu leiten und zu koordinieren, unbeschadet jedoch des Rechtes der Orientalischen Kirchen[10].
Wenn der Heilige Geist auch auf vielfache Weise den Missionsgeist in der Kirche Gottes weckt und nicht selten der Tätigkeit derer, die das Leben der Kirche zu leiten haben, vorauseilt, so soll diese Kongregation doch ihrerseits die missionarische Berufung und Spiritualität, den Eifer und das Gebet für. die Missionen sowie eine zuverlässige und ausreichende Nachrichtenvermittlung über sie fördern; sie soll sich um Missionare bemühen und sie entsprechend der Vordringlichkeit der Bedürfnisse in den einzelnen Gebieten verteilen. Von ihr sollen ein geplantes Arbeitsprogramm entworfen, angepaßte Direktiven und Prinzipien für die Evangelisierung erarbeitet, Impulse gegeben werden. Von ihr soll die wirksame Beschaffung der materiellen Hilfsmittel angeregt und koordiniert werden, die dann unter Berücksichtigung der Notwendigkeit oder Nützlichkeit, nach der Größe der kirchlichen Distrikte, nach der Zahl der Gläubigen und Ungläubigen, der Werke und Institute, der Helfer und Missionare verteilt werden sollen.
Gemeinsam mit dem Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen suche sie Wege und Mittel, um eine brüderliche Zusammenarbeit mit den Missionsunternehmungen anderer christlicher Gemeinschaften zu ermöglichen und zu ordnen, damit man so miteinander leben könne, daß das Ärgernis der Spaltung soweit wie möglich beseitigt werde.
Deshalb ist es nötig, daß diese Kongregation sowohl ein Instrument der Verwaltung als auch ein Organ dynamischer Steuerung sei, das sich wissenschaftlicher Methoden und zeitgemäßer Arbeitsinstrumente bedient und dabei den heutigen theologischen, methodologischen und missionspastoralen Forschungsergebnissen Rechnung trägt. An der Leitung dieser Kongregation sollen ausgewählte Vertreter all derer wirksamen Anteil mit entscheidender Stimme haben, die am Missionswerk mitarbeiten: Bischöfe aus der ganzen Welt, nach Anhören der Bischofskonferenzen, wie auch Leiter der Institute und der Päpstlichen Missionswerke. Verfahrensweise und Verfassung werden vom Papst festgelegt. Sie alle sind in bestimmten Zeitabständen zusammenzurufen, um unter der Autorität des Papstes die oberste Leitung des gesamten Missionswerkes auszuüben. Der Kongregation soll ein ständiger Kreis fachmännischer Berater von bewährter Kenntnis und Erfahrung zur Verfügung stehen. Ihre Aufgabe wird unter anderem darin bestehen, über die besonderen Verhältnisse der verschiedenen Gebiete und die geistige Orientierung der verschiedenen Menschengruppen sowie auch über die anzuwendenden Evangelisierungsmethoden brauchbare Informationen zu sammeln und wissenschaftlich begründete Folgerungen für die Missionsarbeit und die Missionshilfe vorzulegen.
Die Schwesterngenossenschaften, die regionalen Missionswerke wie auch die Laienorganisationen – zumal die internationalen – seien in einer angemessenen Weise vertreten.
Obliegenheit des Bischofs als des Leiters und des einigenden Zentrums im diözesanen Apostolat ist es, die missionarische Tätigkeit voranzutreiben, zu lenken und zu koordinieren, so jedoch, daß die spontane Initiative derer, die am Werk beteiligt sind, erhalten und gefördert werde. Ihm sind alle Missionare, auch die exemten Religiosen, bei den verschiedenen Arbeiten unterstellt, die zur Ausübung des Apostolates gehören[11]. Zur besseren Koordinierung schaffe der Bischof nach Möglichkeit einen Seelsorgerat, in welchem die Kleriker, Religiosen und Laien durch ausgewählte Delegierte vertreten seien. Überdies möge er Sorge tragen, daß die apostolische Tätigkeit nicht auf die schon Bekehrten beschränkt bleibe, daß vielmehr ein angemessener Anteil der Mitarbeiter und der Mittel für die Evangelisierung der Nichtchristen bestimmt werde.
Wenn zweckmäßig, möge eine derartige Zusammenarbeit auch zwischen verschiedenen Bischofskonferenzen aufgenommen werden.
Wenn einem Institut ein Territorium anvertraut wurde, mögen der kirchliche Obere und das Institut es sich angelegen sein lassen, alles daraufhin anzulegen, daß die neue christliche Gemeinschaft zur Ortskirche heranwachse, die zu gegebener Zeit von einem eigenen Hirten mit seinem eigenen Klerus geleitet werde.
Hört die Überlassung eines Gebietes auf, entsteht eine neue Situation. Die Bischofskonferenzen und die Institute sollen in gemeinsamen Überlegungen die Richtlinien festlegen, die die Beziehungen zwischen den Ortsordinarien und den Instituten regeln[13]. Sache des Heiligen Stuhles aber wird es sein, allgemeine Grundsätze zu umreißen, nach denen regionale oder auch partikulare Übereinkünfte getroffen werden.
Obwohl die Institute bereit sein werden, das begonnene Werk durch Mitwirken in der ordentlichen Seelsorge fortzusetzen, soll doch bei Zunahme des Ortsklerus Vorsorge getroffen werden, daß die Institute, sofern dies ihren Zielen entspricht, der Diözese treu bleiben und großzügig besondere Aufgaben oder einen bestimmten Gebietsteil in ihr übernehmen.
Dies alles wäre in gleicher Weise auch auf die Zusammenarbeit der Missionsinstitute in der Heimat auszudehnen, so daß die Fragen und Aufgaben, die allen gemeinsam sind, leichter und mit geringeren Ausgaben gelöst und durchgeführt werden können, wie zum Beispiel die wissenschaftliche Ausbildung der zukünftigen Missionare, Kurse für Missionare, Beziehungen zu den öffentlichen Behörden oder zu den internationalen und übernationalen Organisationen.
Sechtes Kapitel
Die gesamtkirchliche Missionshilfe
Deshalb mögen alle Kinder der Kirche ein lebendiges Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Welt besitzen, eine wahrhaft katholische Gesinnung in sich hegen und ihre Kräfte für das Werk der Evangelisierung einsetzen. Doch seien alle eingedenk, daß die erste und wichtigste Verpflichtung bei der Ausbreitung des Glaubens darin besteht, ein tiefchristliches Leben zu führen. Ihr Eifer im Dienste Gottes und ihre Liebe zum Nächsten werden der ganzen Kirche neuen geistlichen Antrieb verleihen, so daß sie als Zeichen erscheint, aufgerichtet unter den Völkern[2], als „Licht der Welt“ (Mt 5,14) und als „Salz der Erde“ (Mt 5,13). Dieses Zeugnis des Lebens wird eher seine Wirkung hervorbringen, wenn es – nach den Richtlinien des Dekrets über den Ökumenismus[3] – zusammen mit anderen christlichen Gruppen abgelegt wird.
Aus diesem erneuerten Geiste werden spontan Gebete und Bußwerke Gott dargebracht werden, damit seine Gnade die Arbeit der Missionare befruchte; Missionsberufe werden erstehen und die den Missionen notwendigen Mittel gespendet werden. Damit aber die Christgläubigen, einzeln und insgesamt, über die gegenwärtige Situation der Kirche in der Welt gut unterrichtet sind und die Stimme der Scharen hören, die da rufen: „Hilf uns“[4], sollen ihnen die Nachrichten über die Missionen, auch durch Einsatz der modernen publizistischen Mittel, so dargeboten werden, daß sie die missionarische Aufgabe als ihre eigene erfassen, für die unermeßlichen und tiefen Nöte der Menschen ihre Herzen öffnen und sich gedrängt fühlen, ihnen zu Hilfe zu kommen.
Von Wichtigkeit ist auch die Koordinierung der Nachrichten und die Zusammenarbeit mit den nationalen und internationalen Organen.
Die Gnade der Erneuerung kann in den Gemeinschaften nicht wachsen, wenn nicht eine jede den Raum ihrer Liebe bis zu den Grenzen der Erde hin ausweitet und eine ähnliche Sorge für jene trägt, die in der Ferne leben, wie für jene, die ihre eigenen Mitglieder sind.
So betet die ganze Gemeinschaft und wirkt mit und übt unter den Völkern ihre Tätigkeit aus durch ihre Kinder, die Gott für diese erhabene Aufgabe erwählt.
Von sehr großem Nutzen wäre es, sofern darüber nur das universale Missionswerk nicht vernachlässigt wird, Verbindung mit den aus der Gemeinde selbst hervorgegangenen Missionaren oder mit irgendeiner Pfarrei oder Diözese in den Missionen zu pflegen, damit so die Verbundenheit der Gemeinschaften sichtbar werde und dem gegenseitigen inneren Aufbau diene.
Indem der Bischof in seiner Diözese, mit der er eine Einheit bildet, das Missionswerk anregt, fördert und leitet, läßt er den missionarischen Geist und Eifer des Gottesvolkes gegenwärtig und gleichsam sichtbar werden, so daß die ganze Diözese missionarisch wird.
Aufgabe des Bischofs wird es sein, in seinem Volk, besonders unter den Kranken und Notleidenden, Seelen zu erwecken, die Gott mit bereitem Herzen Gebete und Bußwerke für die Evangelisierung der Welt darbringen; Berufungen von Jugendlichen und Klerikern für die Missionsinstitute bereitwillig zu fördern und es dankbaren Sinnes anzunehmen, wenn Gott einige erwählt, um sie der aktiven Missionsarbeit der Kirche einzugliedern; die Kongregationen diözesanen Rechts zu einem eigenen Beitrag am Missionswerk zu ermuntern und ihnen dabei zu helfen; die Werke der Missionsinstitute, vor allem freilich die Päpstlichen Missionswerke, bei den Gläubigen zu fördern. Letzteren gebührt mit Recht der erste Platz, da sie Mittel darstellen, die Katholiken von Kindheit an mit einer wahrhaft universalen und missionarischen Gesinnung zu erfüllen und zur tatkräftigen Sammlung von Hilfsmitteln zum Wohl aller Missionen gemäß den jeweiligen Bedürfnissen anzueifern[7].
Weil aber der Bedarf an Arbeitern für den Weinberg des Herrn immer weiter wächst und die Diözesanpriester auch ihrerseits einen immer größeren Anteil an der Evangelisierung der Welt haben möchten, wünscht die Heilige Synode, daß die Bischöfe in Anbetracht des großen Mangels an Priestern, durch den die Evangelisierung vieler Gebiete gehemmt wird, einige ihrer besten Priester, die sich für das Missionswerk anbieten, nach entsprechender Vorbereitung in Diözesen schicken, denen es an Klerus fehlt, wo sie wenigstens für einige Zeit im Geiste des Dienstes das missionarische Amt ausüben mögen[8].
Damit jedoch die missionarische Tätigkeit der Bischöfe sich wirksamer gestalten könne, ist es angebracht, daß die Bischofskonferenzen sich der Angelegenheiten annehmen, die die geordnete Missionshilfe des eigenen Gebietes betreffen. Die Bischöfe sollen in ihren Konferenzen handeln über die Priester des Diözesanklerus, die sich der Evangelisierung der Heiden widmen wollen; über den bestimmten Geldbetrag, den eine jede Diözese in entsprechendem Verhältnis zu den eigenen Einkünften jährlich für das Missionswerk abtreten soll[9]; über die verschiedenen direkten Hilfsmaßnahmen zugunsten der Missionen und deren Leitung und Organisation; über die Unterstützung der Missionsinstitute und der Seminare des Diözesanklerus für die Missionen und nötigenfalls deren Gründung; über die Pflege eines engeren Kontaktes zwischen eben diesen Instituten und den Diözesen.
Zu den Aufgaben der Bischofskonferenzen gehört es gleichfalls, Werke einzurichten und zu fördern, in denen jene, die aufgrund von Arbeiten oder zum Zwecke des Studiums aus den Missionsgebieten einreisen, brüderlich Aufnahme finden und angemessene pastorale Betreuung erhalten. Durch sie werden uns die fernen Völker gewissermaßen zu Nachbarn und wird den von alters her christlichen Gemeinschaften die beste Gelegenheit geboten, mit Nationen ins Gespräch zu kommen, die das Evangelium noch nicht vernommen haben, und ihnen in dem ureigenen Dienst der Liebe und des Beistandes das wahre Antlitz Christi zu zeigen[10].
Die Priester sollen in der Seelsorge den Eifer für die Evangelisierung der Welt unter den Gläubigen anfachen und bewahren. In Katechese und Predigt sollen sie über die Aufgabe der Kirche, Christus den Völkern zu verkünden, unterrichten; sie sollen den christlichen Familien die Notwendigkeit und die Ehre vor Augen stellen, missionarische Berufungen in ihren Söhnen und Töchtern zu pflegen; sie sollen unter den Jugendlichen in den Schulen und katholischen Vereinigungen den Missionseifer mehren, so daß aus ihnen zukünftige Boten des Evangeliums hervorgehen. Sie mögen die Gläubigen lehren, für die Missionen zu beten, und sich nicht schämen, von ihnen Gaben zu erbitten und so gleichsam Bettler zu werden für Christus und das Heil der Seelen[12].
Die Professoren der Seminare und Universitäten werden den Jugendlichen die wahre Situation der Welt und der Kirche darlegen, damit die Notwendigkeit einer intensiveren Evangelisierung der Nichtchristen ihnen deutlich werde und ihren Eifer anfache. In der Darstellung der dogmatischen, biblischen, moraltheologischen und historischen Disziplinen werden sie die in jenen enthaltenen missionarischen Aspekte ins Licht rücken, damit auf diese Weise in den zukünftigen Priestern ein missionarisches Bewußtsein gebildet werde.
Die Institute des kontemplativen Lebens sind durch ihre Gebete, Bußwerke und Entsagungen von größter Bedeutung für die Bekehrung der Seelen, da Gott es ist, der auf die Bitte hin Arbeiter in seine Ernte schickt[14], die Nichtchristen für die Botschaft des Evangeliums öffnet[15] und das Wort des Heiles in ihren Herzen Frucht bringen läßt[16]. Ja, diese Institute werden gebeten, Niederlassungen in den Missionsgebieten zu gründen, wie das nicht wenige schon getan haben, damit sie dort in einer den echten religiösen Überlieferungen des Volkes angepaßten Weise ihr Leben führen und so dem Zeugnis der Herrlichkeit und Liebe Gottes und der Einheit in Christus unter den Nichtchristen Leuchtkraft verleihen.
Die Institute des aktiven Lebens aber – sei ihre Zielsetzung ausgesprochen missionarisch oder nicht – mögen sich aufrichtig vor Gott fragen, ob sie in der Lage sind, ihre Tätigkeit zugunsten der Ausbreitung der Gottesherrschaft unter den Heiden auszuweiten; ob sie irgendwelche Aufgaben anderen überlassen können, um so die eigenen Kräfte für die Missionen einzusetzen; ob es ihnen möglich ist, in die Missionsarbeit einzutreten, notfalls durch entsprechende Anpassung ihrer Konstitutionen, freilich im Geiste des Stifters; ob sich ihre Mitglieder nach Kräften am Missionswerk beteiligen; ob ihre Lebensweise ein der Eigenart und den Verhältnissen des Volkes gemäßes Zeugnis für das Evangelium ist.
Da durch die Eingebung des Heiligen Geistes die Säkularinstitute in der Kirche ständig zunehmen, kann auch ihr Wirken, in Unterordnung unter die Autorität des Bischofs, auf vielfache Weise in den Missionen fruchtbar sein als ein Zeichen der vollkommenen Hingabe für die Evangelisierung der Welt.
In den schon christlichen Ländern arbeiten die Laien am Werk der Evangelisierung mit, indem sie Kenntnis und Liebe der Missionen bei sich und bei anderen pflegen, Berufe in der eigenen Familie, in den katholischen Vereinigungen und in den Schulen wecken und Unterstützung jeglicher Art anbieten, auf daß sie das Geschenk des Glaubens, das sie umsonst empfingen, anderen weiterschenken.
In den Missionsländern mögen die Laien – seien sie von auswärts oder aus dem Lande – in den Schulen unterrichten, sich der weltlichen Angelegenheiten annehmen, im Pfarr- und Diözesanleben mithelfen wie auch die verschiedenen Formen des Laienapostolates einrichten und fördern, damit die Gläubigen der jungen Kirchen so bald wie möglich ihre eigene Rolle im kirchlichen Leben übernehmen können[18].
Endlich mögen die Laien den auf dem Wege der Entwicklung befindlichen Völkern bereitwillig wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit anbieten. Diese Hilfe ist um so mehr zu loben, wenn sie die Gründung solcher Einrichtungen zum Gegenstand hat, die es mit den Grundstrukturen des sozialen Lebens zu tun haben oder die für die Ausbildung derjenigen bestimmt sind, welche Verantwortung im öffentlichen Leben tragen.
Besonderen Lobes wert sind jene Laien, die an Universitäten oder wissenschaftlichen Instituten durch ihre geschichtlichen oder religionswissenschaftlichen Forschungen die Kenntnis über die Völker und Religionen vertiefen und dadurch den Boten des Evangeliums helfen und den Dialog mit den Nichtchristen vorbereiten.
Im Geiste der Brüderlichkeit mögen sie mit den anderen Christen, den Nichtchristen und besonders mit den Mitgliedern der internationalen Verbände zusammenarbeiten und immer dabei im Auge behalten, daß „der Aufbau des irdischen Gemeinwesens im Herrn gegründet und auf ihn hin ausgerichtet werde“[19].
Um all diesen Aufgaben gewachsen zu sein, ist für die Laien eine technische und geistliche Vorbereitung unerläßlich, die in dazu bestimmten Instituten vermittelt werden soll, damit ihr Leben unter den Nichtchristen zum Zeugnis für Christus werde nach dem Wort des Apostels: „Gebt kein Ärgernis, weder Juden noch Heiden, noch der Kirche Gottes, so wie auch ich allen in allem zu Gefallen bin und nicht meinen Vorteil, sondern den Nutzen der vielen suche, damit sie gerettet werden“ (1 Kor 10,32–33).
Schluß
Von derselben Liebe, von der Christus zu den Menschen entflammt war, erglühen auch sie. Eingedenk jedoch, daß Gott es ist, der den Anbruch seiner Herrschaft auf Erden bewirkt, beten sie inständig mit allen Christgläubigen, daß auf die Fürbitte der Jungfrau Maria, der Königin der Apostel, die Völker baldmöglichst zur Erkenntnis der Wahrheit geführt werden[21] und die Herrlichkeit Gottes, die im Antlitz Christi erstrahlt, durch den Heiligen Geist allen aufleuchte[22].
Was in diesem Dekret im gesamten und im einzelnen ausgesprochen ist, hat die Zustimmung der Väter gefunden. Und Wir, kraft der von Christus Uns übertragenen Apostolischen Vollmacht, billigen, beschießen und verordnen es zusammen mit den Ehrwürdigen Vätern im Heiligen Geiste und gebieten zur Ehre Gottes die Veröffentlichung dessen, was so durch das Konzil verordnet ist[*].
Rom, bei St. Peter, am 7. Dezember 1965.
Ich Paulus Bischof der katholischen Kirche
Es folgen die Unterschriften der Väter.