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Predigt:

Die Seligpreisungen Jesu als Weg zum Frieden und zur Versöhnung

4. Sonntag im Jahreskreis A (29.01.2023)

L1: Zef 2,3;3,12-13; L2: 1 Kor 1,26-31; Ev: Mt 5,1-12a


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die Seligpreisungen Jesu nehmen einen besonderen Ort im Evangelium nach Matthäus ein; sie stellen den Anfang der Bergpredigt dar, also jener langen Unterweisung, die Jesus vor vielen versammelten Menschen in Gegenwart seiner Jünger von der Anhöhe eines Berges aus gehalten hat.

Wir kennen diese Seligpreisungen dem Wortlaut nach gut, und doch müssen wir wahrscheinlich alle zugeben, dass es schwierig ist, sich den Geist oder die innere Gesinnung dieser Seligpreisungen anzueignen. Dabei sollte es doch gerade so sein, dass wir uns von diesen Seligpreisungen im Herzen ansprechen und ergreifen lassen und dass sie so unser Leben prägen und formen. Dann sind sie nämlich wirklich ein Weg zur Seligkeit, also zum wahren Glück, das sich zwar im Himmel erst vollendet, aber hier schon auf Erden im Herzen der Glaubenden seinen Anfang nimmt. Wir könnten auch sagen: Wer im Herzen begreift, was Jesus uns hier Wunderbares sagt, und wer danach zu leben sucht, der hat einen Schatz gefunden, der einzigartig ist und den man nicht mit Geld oder Besitz aufwiegen kann.

Aus aktuellem Anlass – nämlich im Hinblick auf den fortdauernden Krieg in der Ukraine – wollen wir drei Seligpreisungen näher bedenken. Da heißt es: „Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben“ (Mt 5,5). Das Wort „sanftmütig“ wurde bisher meist mit „gewaltlos“ übersetzt bzw. mit „selig, die keine Gewalt anwenden“. In der neuesten Fassung ist man zum Wort „sanftmütig“ zurückgekehrt, weil es mehr dem biblischen Wortlaut entspricht. Aber was ist das: Sanftmut? Sanft zu sein klingt allzu sehr nach Nachgiebigkeit. Es wären dann Menschen, die jedem Konflikt von vornherein aus dem Wege geben, vielleicht um ihre Ruhe zu haben und ungestört zu sein. Aber das ist so nicht gemeint. Das Wort muss vielmehr vom Leben und Beispiel Jesu her verstanden werden. Er ist tatsächlich „sanftmütig und demütig von Herzen“, wie er selbst sagt (Mt 11,29).

Dies aber bedeutet, dass wir das wahre, gelungene Mensch-Sein von unserem Herrn Jesus Christus lernen können und sollen. Er, der zugleich in seiner Person wahrer Gott und wahrer Mensch ist, hatte als Mensch die volle Kontrolle über sich selbst. Das heißt, das Gefühlsleben und all das, was wir mit dem Begriff „Leidenschaften“ bezeichnen, war bei Jesus wohlgeordnet. Bei ihm gab es keine Verfehlung, keine Sünde. Wenn wir ihn bitten, dass er unser Herz nach seinem Herzen bilde, dann bitten wir ihn auch darum, die rechte Demut und Sanftmut zu lernen.

Sanftmut bedeutet dann aber eine innere Ruhe und Stabilität inmitten von Prüfungen und Schwierigkeiten aller Art. Wir bleiben im Gleichgewicht und handeln gegenüber unseren Mitmenschen nicht feindselig. Wir ertragen auch lästige und widerwärtige Menschen.  Freilich darf auch der sanftmütige Mensch auf sein eigenes Recht hinweisen, wenn ihn jemand bedrängt. Es ist auch nicht ausgeschlossen, einem Angreifer gegenüber Widerstand zu leisten – notfalls mit Gewalt. Und doch wird ein sanftmütiger Mensch niemals die Gewaltanwendung als Lösung ansehen, sondern auf geduldige Annäherung und Verständigung – also auf Dialog – setzen, um den Frieden in wahrer Gerechtigkeit vorzubereiten. Auf diese Weise wird der Sanftmütige „das Land erben“, wie Jesus sagt, also die guten Ziele im Leben erreichen und schließlich eingehen dürfen ins Land des himmlischen Friedens.

Wir sollten daher die Seligpreisung der Sanftmütigen auch mit dieser Seligpreisung verbinden: „Selig, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden“ (Mt 5,6). Der Einsatz für einen Frieden in Gerechtigkeit ist wichtig. Dem Unrecht gegenüber darf man nicht einfach schweigen, sonst wird man vielleicht mitschuldig und macht sich zum Komplizen des Unrechts. Manchmal ist Zivilcourage nötig, um dem Bösen zu widerstehen und die Schwachen und Armen zu schützen. Auch dies gilt es zu bedenken.

Und dann gibt es noch eine Seligpreisung, die unser Verständnis für das Gute und Richtige erweitern kann: „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ (Mt 5,9). Im Blick auf den Ukraine-Krieg werden wir wohl sagen müssen: Genau diese Friedensstifter fehlen hier, beziehungsweise sie werden nicht wahr- und ernstgenommen. Wie oft hat der Heilige Vater Papst Franziskus schon gemahnt, Wege des Dialogs und der Verständigung zu suchen, um dem grausamen Blutvergießen auf beiden Seiten ein Ende zu bereiten! Und auch dort, wo man meint, es nütze nichts, wenn man miteinander spricht und verhandelt, müsste man sagen: Selbst wenn alles aussichtslos erscheint, ist das Gebet um den Frieden nie umsonst! Gerade die kleinen Schritte aufeinander zu können Großes bewirken.

Wir empfehlen daher in dieser heiligen Messe alle Menschen der Fürbitte der Gottesmutter Maria als Königin des Friedens! Und auch uns möge der Friede täglich neu geschenkt werden. Im Einsatz für den Frieden, die Gerechtigkeit und die Versöhnung erweisen wir uns wirklich als Kinder Gottes, die wir kraft der Gnade Gottes seit der Taufe auch sind, und wir erwarten die selige Vollendung im Himmelreich! Amen.