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Predigt:

Von der Radikalität des Evangeliums

26. Sonntag im Jahreskreis B (26.09.2021)

L1: Num 11,25-29; L2: Jak 5,1-6; Ev: Mk 9,38-43.45.47-48


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Das Tagesgebet dieses 26. Sonntags im Jahreskreis erinnert uns an „unseren Lauf“ hier auf Erden, den wir einst vollenden mögen, um „zur Herrlichkeit des Himmels [zu] gelangen.“ Es tut gut, sich des Zieles unseres Lebens immer wieder neu bewusst zu werden!

Als Menschen handeln wir normalerweise planmäßig und zielbewusst. Jedenfalls ist ein geordnetes Leben ohne vernünftige Überlegung und ein entsprechendes Handeln auf Ziele hin nicht denkbar. Wenn dies aber für den Alltag gilt, und zwar für die kleinen und großen Dinge, dann ist auch das Leben insgesamt etwas, das wir in guter Weise ordnen und auf ein Ziel hin beziehen sollen. Dieses Ziel ist Gott selber in seiner Liebe. Er ist bei uns und schenkt uns seine Gnade. Er hat uns seinen Sohn Jesus Christus gesandt, in dem wir das ewige Leben finden.

Die Lesung aus dem Buch Numeri zeigt auf, wie die Gaben des Heiligen Geistes damals von Mose auf die siebzig Ältesten übergegangen sind. Denn sie sollten mit Mose Verantwortung übernehmen und ihm helfen in der Leitung des Volkes Israel. Wenn Gott jemanden zu einer besonderen Aufgabe ruft, dann schenkt er dieser Person auch die entsprechenden Fähigkeiten und Gaben. Menschlich gesehen sind wir im Leben oft überfordert. Doch wir dürfen darauf vertrauen, dass uns zur rechten Zeit alles Nötige zuteil wird, wenn wir Gott den Herrn in Demut darum bitten.

Geisterfüllt sollen auch alle leben, die sich selbst als Christen ansehen. Der Jakobusbrief klagt über Menschen, die zwar den Glauben mit den Lippen bekennen, die in ihrem Leben aber nicht das verwirklichen, was sie zu glauben vorgeben. So setzen sie ihre Hoffnung auf den irdischen Reichtum und bedenken nicht, dass Rost und Motte die irdischen Güter schneller zerstören können, als man glaubt. Vor allem aber vergessen diese Menschen in ihrem Wohlleben auf die armen Menschen. Sie häufen viele Güter an und sind doch oft auf ungerechte Weise reich geworden, indem sie den Erntearbeitern den täglichen Lohn vorenthalten haben. Wie kann das auf Dauer gutgehen? Was wird Gott dazu sagen? Sind nicht auch wir manchmal in der Gefahr, bei aller nötigen Sorge um die zeitlichen Güter die ewigen zu vergessen und so das Evangelium Christi zu verraten?

Die Perikope aus dem Markusevangelium, die wir an diesem Sonntag hören, zeigt uns zweierlei: Wer Christus nachfolgt, soll gegenüber anderen Menschen ein offenes, weites Herz haben. Auch wenn sich jemand uns nicht anschließt, aber doch das Gute tut, verdient er Achtung und Anerkennung. Sogar scheinbar geringe Dinge haben vor Gott einen Wert, wenn sie aus dem Glauben an Christus heraus und in Liebe getan werden, so das Reichen eines Becher Wassers um Christi willen. Als Christen sollen wir uns also um eine Gesinnung bemühen, die andere nicht ausschließt und verurteilt, sondern durch das eigene gute Beispiel und die Werke der Nächstenliebe den anderen für das Reich Gottes zu gewinnen sucht.

Doch heißt es im Evangelium auch, dass wir als Christen entschieden und gleichsam von der Wurzel her – also „radikal“ – ansetzen sollen, wenn es um unsere eigene Ausrichtung auf Gott geht. Da verträgt es sich nicht, wenn wir uns mit Halbheiten zufrieden geben. So verwendet Jesus die provozierenden Bildworte vom Abhauen der eigenen Hand oder des eigenen Fußes und vom Ausreißen des eigenen Auges, wenn uns diese Körperteile Ärgernis geben, also zum Bösen verleiten. Natürlich dürfen wir das nicht im buchstäblichen Sinn verstehen und können es nicht direkt umsetzen. Doch wo Gefahr für das Heil unserer Seele droht und wir sie abwenden können, da sollen wir auch auf Liebgewonnenes verzichten und scheinbar Notwendiges abstoßen, um das Wesentliche zu retten.

Wenn beispielsweise in einer Familie das gute Einvernehmen gestört ist, weil jeder ohne Rücksicht auf den anderen seine Wege geht, da tut radikale Gesinnungsänderung not: Alle müssen sich ein Stück weit zurücknehmen, auf eigene Vorlieben verzichten und das Gemeinsame neu suchen. Nur dann kehrt der Friede wieder ein, und die familiäre Gemeinschaft kann gedeihen. Da mag es sein, dass jemand dies als schmerzliche, aber notwendige Entscheidung empfindet, sich auf den anderen in Liebe neu einzustellen. Doch wenn die giftige Wurzel des Egoismus aus dem Herzen herausgerissen ist, lebt es sich leichter. Wir gewinnen den Frieden des Herzens neu, und uns wird ein Glück geschenkt, das man nicht mit irdischen Dingen aufwiegen und bezahlen kann.

Jesus warnt schließlich davor, einem von den Kleinen Ärgernis zu geben: d.h. es gibt besonders schützenswerte Gruppen von Menschen, wie eben die Kinder und die einfachen Menschen. Wenn sie nicht geschützt werden, dann können sie zu Opfern der Gewalt oder des Missbrauchs werden, was nie zu rechtfertigen ist und ein Verbrechen darstellt, von wem es auch begangen wird. Jesus fordert uns also auf, gut achtzugeben, damit wir Ärgernisse vermeiden und die Menschen nicht ins Verderben führen, sondern auf den Wegen des Heiles. Genau dies verlangt die wahre Gottes- und Nächstenliebe.

Möge uns alle die Fürbitte der Gottesmutter Maria, des heiligen Josef sowie aller Engel und Heiligen des Himmels im Guten bestärken und auf den Wegen des irdischen Lebens begleiten – der ewige Heimat bei Gott entgegen. Amen.