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Predigt:

Die Freiheit, die wir suchen

28. Sonntag im Jahreskreis B (10.10.2021)

L1: Weish 7,7-11; L2: Hebr 4,12-13; Ev: Mk 10,17-30


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wann ist der Mensch wirklich frei? Diese Frage erscheint wichtig, aber sie lässt sich nicht leicht beantworten. Ist es dann, wenn ich alles tun und lassen kann, was ich will? Wenn mir niemand dreinredet, wenn ich auf niemanden Rücksicht nehmen muss, wenn ich meine Freiheit vielleicht sogar als Willkür verstehe?

Manche fassen die Freiheit so auf, und dann will man diese Freiheit natürlich auch durchsetzen gegen alle Widerstände, woher immer diese kommen. Solche Freiheit führt leicht zur Rücksichtslosigkeit. Das Motto lautet dann: „Meine Freiheit geht mir über alles. Die anderen Menschen müssen selbst zusehen, wie sie sich behaupten und wehren können.“ Eine derart verstandene Freiheit nimmt nicht Rücksicht auf Schwache, Alte und Kranke, schützt nicht die Ungeborenen und achtet auch nicht die Grenzen von Recht und Sitte. Wollen wir diese Form der Freiheit?

Im Evangelium nach Markus stellt uns Jesus einen Königsweg zur wahren Freiheit vor. Diese Freiheit finden wir dann, wenn wir nach oben blicken: zu Gott, und wenn wir uns achtsam und respektvoll umsehen und die Mitmenschen sowie die anderen Geschöpfe in den Blick nehmen.

Die wahre Freiheit bedeutet nicht die Verwirklichung des Egoismus, sondern sie findet in der Liebe ihre Erfüllung. Wahre Liebe zu Gott und zu den Menschen kann sich nur in Freiheit vollziehen. Eben darum gab uns Gott die Freiheit als Geschenk: damit wir fähig sind, in der Liebe eine persönliche Antwort auf jene zuvorkommende und erwählende Liebe zu geben, mit der uns Gott schon von Ewigkeit her geliebt hat.

Ein junger Mann fragt Jesus im heutigen Evangelium danach, was er denn tun müsse, um das ewige Leben zu erben. Wir können das auch mit anderen Worten formulieren: Wie kann dieser junge Mensch seine Freiheit am besten einsetzen, sodass sich sein Leben lohnt und er bei seinem Tod in Frieden zurückblickt, weil ihm noch Größeres verheißen ist?

Jesus weist darauf hin, dass das wahre Gut-Sein nur in Gott zu finden ist. Und dieser gute Gott hat uns seine Gebote geschenkt als Wegweisung zu einem erfüllten Leben! Eben diese Gebote soll der junge Mann halten, und nachdem Jesus einige von ihnen aufgezählt hat, sagt der junge Mann, er habe genau diese Gebote in seinem bisherigen Leben schon alle befolgt.

Wir können da nur zu ihm sagen: Gratulation! Und doch scheint diesem Mann noch etwas zu fehlen, worauf Jesus hinweist. Er hat nämlich die letzte Freiheit des Herzens noch nicht erreicht; er hängt an seinem irdischen Besitz, denn er ist ziemlich vermögend. Jesus schlägt dem Mann vor, alle irdischen Güter zu verkaufen und seinen wahren Schatz im Himmel zu suchen. Der junge Mann ist fürs erste überfordert: Er geht traurig weg. Ob er es sich später noch anders überlegt hat, wissen wir nicht.

Viele Jünger Jesu jedoch und hier vor allem die Apostel haben tatsächlich – wie Petrus im Namen der übrigen sagt – alles verlassen und sind Jesus nachgefolgt. Ihr Herz ist frei geworden von der Sorge um das Irdische; sie werden, wie Jesus sagt, das Hundertfache empfangen: hier auf Erden unter Verfolgungen, sowie in der kommenden Welt das ewige Leben. Dann aber erfüllt sich die Sehnsucht des menschlichen Herzens ganz: In der Gemeinschaft mit Gott im Himmel findet unsere Freiheit jene Erfüllung, die wir suchen. Nichts wird uns fehlen; Gott allein genügt.

Gibt uns das heutige Evangelium irgendeinen praktischen Ratschlag für unser Leben, wie immer dieses auch aussieht? Ja, gewiss! Auch wir können uns auf diese zwei Schritte einlassen, die Jesus vorschlägt. Da ist zuerst der Hinweis auf die Gebote Gottes. Wer Gott von Herzen liebt und wer den Nächsten liebt wie sich selbst, empfindet die Gebote Gottes als hilfreich und wegweisend. Sie sind keine Einengung unserer Freiheit, sondern sie ermöglichen uns die wahre Entfaltung des Menschseins. Denn in der Rücksichtnahme auf andere wachsen wir über uns selbst hinaus. Im Blick auf fremde Not werden wir selber zufriedener und dankbarer.

Wie aber sieht es aus mit dem Verzicht auf irdische Güter? Die buchstäbliche Umsetzung des Rates Jesu, alles zu verkaufen und das Geld den Armen zu geben, ist nur selten möglich. Wichtig aber ist die innere Freiheit: wir sollen innerlich loslassen und unser Herz nicht an die irdischen Dinge hängen. Besitzen wir etwas, so sollen wir davon leben, soweit dies nötig ist. Was darüber hinausgeht, soll auch anderen zugutekommen. Einmal werden wir ohnehin alles aufgeben und loslassen müssen, wenn Gott uns zu sich ruft. Werden wir dann dafür bereit sein?

Vertrauen wir alles Christus, dem Herrn, an, der uns liebt; die Gottesmutter Maria und der heilige Josef weisen uns den Weg. Wer innerlich loslassen kann, wird frei sein für Größeres: frei für die Liebe zu Gott und zu den Menschen. Amen.