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Predigt:

Die Zeit des Heils und der Gnade

3. Sonntag im Jahreskreis C (27.01.2019)

L1: Neh 8,2-4a.5-6.8-10; L2: 1 Kor 12,12-31a; Ev: Lk 1,1-4; 4,14-21


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Mit dem Kommen Jesu Christi in diese Welt hat die Zeit der Gnade begonnen. Während im Alten Bund das Gesetz Gottes, die Torah – auch Weisung genannt – die bestimmende Rolle spielte, steht nun mit der Menschwerdung des Sohnes Gottes und mit seinem öffentlichen Auftreten das Evangelium von der Gnade Gottes im Mittelpunkt.

Gemäß der Auffassung vieler jüdischer Schriftgelehrter ging es im Alten Testament um eine möglichst buchstabengetreue Erfüllung des Gesetzes, also der Torah. Hier gab es gewiss oft ein wahres und echtes Streben nach Heiligkeit. Jene Frommen, die sich um die genaue Kenntnis des Wortes Gottes und seiner Weisungen bemühten, stellten jenen heiligen „Rest“ Israels dar, in welchem sich die Gegenwart Gottes offenbarte.

Und doch gab es auch jene, die aus der Religion ihren Nutzen zogen und sie für ihre eigenen Ziele missbrauchten. Was hier zählte, war die perfekte Inszenierung nach außen hin. Dies jedoch veranlasste Jesus zur harten Kritik an der veräußerlichten Gesetzespraxis der Pharisäer. Sie seien wie übertünchte Gräber, sagte er einmal (vgl. Mt 23,27). Im Inneren befinde sich der Gestank der Verwesung. Was Jesus hier kritisiert, ist eine Doppelmoral und Scheinheiligkeit. Diese Gruppe von Schriftgelehrten tut zwar besonders fromm und gibt sich so; in Wirklichkeit ist ihr Herz aber weit von Gott entfernt. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten ist in den Herzen vieler erkaltet (vgl. Mt 24,11). So etwas ist nicht echt und stößt ab. Ein derartiges Beispiel verbaut vielen den Weg zum wahren Sinn des göttlichen Gesetzes, den Jesus offenbaren will.

Denn er ist nicht gekommen, um das Gesetz abzuschaffen oder aufzuheben, sondern um es zu vollenden (vgl. Mt 5,17). Er offenbart den wahren Sinn der göttlichen Weisung, die darin liegt, dass sich das Herz der Liebe Gottes öffnet und den Mitmenschen zuwendet. Eben darum ist mit dem Kommen Jesu in diese Welt ein Gnadenjahr des Herrn angebrochen (vgl. Lk 1,19)!

Gott selbst will die Menschheit belehren und erlösen; Jesus Christus ist der Heiland, der Messias. Wer an ihn glaubt und auf ihn hofft, hat Anteil am göttlichen Leben. Auf diese Weise ist das Reich Gottes bereits im Herzen der Glaubenden angekommen. Die Freude am Herrn ist ihre Stärke (vgl. Neh 8,10).

Wie erleben wir die Welt um uns – gnadenlos oder von Erbarmen, Mitleid und Gnade erfüllt? Wie ist unser eigenes Leben beschaffen? Sind wir vom dankbaren Bewusstsein erfüllt, immer schon von Gott Beschenkte – also Begnadete – zu sein? Sind wir selber ein Segen für andere, also Menschen, durch welche die Gnadenzeit des Herrn spürbar und erfahrbar wird?

Als Christen sollte uns doch auszeichnen, dass wir in der lebendigen Verbundenheit mit unserem Herrn Jesus Christus leben. An Christus zu glauben ist nicht bloße Theorie. Wer sich vom Herrn ergreifen lässt und ein Geist mit ihm wird, der wird im Herzen verwandelt. Der „Wohlgeruch Christi“ (vgl. 2 Kor 2,15) strömt aus von einer solchen Person, das heißt, es gibt ein inneres Leuchten, eine Freude, ein Erfüllt-Sein vom Geist Gottes, welches auch nach außen hin spürbar ist. Und unmerklich, aber stetig verändert sich die Welt im Lebensbereich solcher Menschen, welche mit Gott verbunden und wahrhaft geisterfüllt sind.

War nicht in der Gegenwart der heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, in der Atmosphäre ihrer Reinheit und Heiligkeit, eine besondere Aura spürbar, die anzeigte, dass sie auf einzigartige Weise mit Gott verbunden war? Gibt es nicht auch heute viele Beispiele von Menschen, die im Alltag die Liebe Gottes bezeugen und auf diese Weise das Evangelium leuchtend und anziehend machen für andere? Gerade die Fragenden und Suchenden brauchen dieses Licht, welches uns als Glaubende anvertraut ist.

Je mehr wir uns der eigenen Schwäche und Niedrigkeit bewusst sind, desto mehr sollen wir auf die Gnade Gottes bauen und vertrauen. Niemand braucht perfekt zu sein; wir alle sind auf dem Weg. Doch wo sich das menschliche Mühen mit der Gnade Gottes verbindet, da kann im Kleinen Großes geschehen. Denn Großes hat der Herr an uns getan, denn er ist mächtig und heilig (vgl. Lk 1,49)!

Haben wir also Mut zu einer klaren Glaubensentscheidung! Es gilt auch für uns, die Zeit der Gnade anzunehmen. Es ist eine Zeit für uns, die uns Gott ganz persönlich schenkt. Hier geschieht Erneuerung des Herzens durch Glaube und Umkehr. Hier verwandelt sich das Antlitz der Erde von innen her. Der Ostersieg Christi leuchtet schon auf, auch wenn er erst am Ende der Welt in seiner ganzen Herrlichkeit sichtbar wird.

Wir haben bereits Anteil an der Liebe Gottes, die uns in Jesus Christus, seinem Sohn erschienen ist. Bezeugen wir mit Freude all das Große, das uns von Gott geschenkt und anvertraut ist – zu unserem eigenen Heil sowie zum Heil und zur Vollendung vieler Menschen, die mit uns verbunden sind und für die wir in Liebe da sein dürfen. Amen.