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Predigt:

Die Logik der Liebe: Wie Gott mir, so ich dir

7. Sonntag im Jahreskreis C (24.02.2019)

L1: 1 Sam 26,2.7-9.12-13.22-23; L2: 1 Kor 15,45-49; Ev: Lk 6,27-38


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Was bedeutet es, Jesus nachzufolgen? Die Apostel und Jünger Jesu konnten durch das gemeinsame Leben mit ihrem Herrn und Meister von ihm lernen, was es heißt, ein Christ, eine Christin zu sein. Wir aber, die wir auf den Namen Jesu getauft sind, gehören ebenfalls zur Schar seiner Jünger. Auch uns gelten die Worte, mit denen Jesus sich an alle jene richtet, die ihm nachfolgen wollen!

Die Rede auf der Ebene beim Evangelisten Lukas entspricht inhaltlich in vielem der Bergpredigt, die uns der Evangelist Matthäus überliefert. Was uns im heutigen Evangelium auffällt und vielleicht auch herausfordert, ist der Aufruf Jesu zur bedingungslosen Nächstenliebe, ja sogar zur Feindesliebe. Er tut dies mit Worten und Beispielen, wo wohl ein jeder von uns sagen wird müssen: Das kann ich so nicht erfüllen!

Und doch geben die Worte Jesu die Richtung an, in der sich unsere Einstellung gegenüber dem Mitmenschen positiv verändern soll!

Wenn uns Jesus aufruft, dem Mitmenschen Gutes zu tun, ja sogar den Feind zu lieben, denn sprengt er unsere üblichen Zuordnungen und Verhaltensmuster auf. Wir sind es ja gewohnt, in bestimmten Kategorien zu denken und zu handeln. Da ist die eine Gruppe von Menschen, die wir zu unseren Freunden zählen; ihnen erweisen wir Gutes und sind ihnen gegenüber zuvorkommend und freundlich. Und da ist eine andere Gruppe von Menschen, mit denen wir uns schwer tun, ja die uns vielleicht tatsächlich nicht gut gesinnt ist. Vor ihnen halten wir uns lieber zurück; sie meiden wir, und selten kommt ein gutes Wort über jene Personen von unseren Lippen, die wir nicht mögen oder die uns nicht mögen.

Das ist menschlich, und man könnte sagen: Das ist halt so. Da lässt sich nichts ändern. Und doch: Jesus kann und möchte etwas in unserem Herzen und im Zusammenleben der Menschen verändern!

Denn das Wunderbare am Wirken Gottes in den Herzen der Menschen ist ja, dass es eine Kraft gibt, welche die Herzen zu verwandeln vermag: es ist die Liebe. Nicht die Gewalt, nicht die Strenge, nicht die Härte oder Druck erreichen das Herz des Mitmenschen und bewirken eine innere Veränderung, eine Wandlung zum Besseren. Wenn überhaupt etwas dazu in der Lage ist, dann ist es die Liebe, die ein solcher Mensch erfährt. Jede Form der Liebe, die diesen Namen wirklich verdient, ist ein Widerschein, ein Abglanz der göttlichen Liebe. Und wenn wir selber mit Gott in Glaube, Hoffnung und Liebe geeint sind, dann wandelt die Liebe Gottes unser Herz und wir werden befähigt, die Mitmenschen und selbst die Feinde so zu lieben, wie Gott uns alle liebt!

In der Feindesliebe, zu der Jesus seine Jünger einlädt, liegt ein Moment der Überraschung! Es gehört ja zur Logik dieser Welt, nach dem Prinzip zu handeln: „Wie du mir, so ich dir.“ Und wenn man mit jemandem nicht gut steht, dann folgt dieser Grundsatz einer Logik der Vergeltung, vielleicht sogar der Rache. Auf diese Weise aber pflanzen sich Feindschaften fort und potenzieren sich, mitunter über Generationen. Am Schluss sind sich alle feind, und keiner weiß mehr warum. Wie schlimm!

Hier bietet Jesus einen Ausweg an: wir werden von Gott befähigt, auszusteigen aus der Logik der Vergeltung. Wir brauchen uns nicht weiter auf die Spirale des Hasses und der Vergeltung, auf die Logik des Heimzahlens einzulassen. Denn wir haben die unverdiente Liebe Gottes erfahren, und diese Liebe gilt allen Menschen. Wer sie empfängt, soll sie weitergeben. Dann aber handeln die Jünger Jesu nach dem Motto: „Wie Gott mir, so ich dir.“ So wie Gott an mir – an uns allen gehandelt hat – nämlich in vorbehaltlos schenkender Liebe, so können und dürfen auch wir anderen gegenüber handeln. Die Logik der schenkenden Liebe hebelt die die Logik der Vergeltung aus und überwindet sie.

Plötzlich geschieht es: Da erweist jemand einem anderen eine gute Tat, schenkt ihr oder ihm ein gutes Wort, mit dem die betreffende Person überhaupt nicht gerechnet hat. Denn man steht sich ja fern oder sogar feindlich gegenüber. Und dann ist auf einmal das Eis gebrochen. Die beiden vorher einander fremden Menschen kommen miteinander ins Gespräch und entdecken, dass der andere ja doch nicht so böse ist wie angenommen – ja, dass man eigentlich gut miteinander auskommen kann und vielleicht sogar einmal Freundschaft schließen wird!

Als David das Leben des Königs Saul geschont hat, der ihn verfolgte und der ihm feindlich gesinnt war, da hat David schon etwas von dem vorweggenommen, was uns Jesus Christus gelehrt hat: es ist mit Gottes Gnade möglich, sogar dem Feind Gutes zu tun und auf diese Weise das Herz des Gegners von innen her zu verwandeln.

Geben wir also der Liebe eine Chance – und zwar im ganz normalen Alltag, in den ganz gewöhnlichen und kleinen Dingen. Dann ändert sich fürs erste nicht viel, und doch ist der Grund gelegt für die Wandlung der Welt und der Herzen zum Guten, die sich im Reich Gottes einst vollenden wird. Amen.