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Predigt:

Palmsonntag C (05.04.1998)

L1: Jes 50,4-7; L2: Phil 2,6-11; Passions-Ev: Lk 22,14-23,56


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Als Jesus auf einem jungen Esel unter dem Jubel der Menschen in die Stadt Jerusalem einzog, da wußte und ahnte außer ihm wohl niemand, daß er wenige Tage später von ebendiesen Menschen zum Tode verurteilt und gekreuzigt werden sollte. Wie schnell sich doch die öffentliche Meinung wandeln kann!

Es ist darum oberflächlich, wenn wir unsere Mitmenschen nur aufgrund ihres äußeren Erfolgs beurteilen, der sich sehr bald als Mißerfolg herausstellen kann. Dasselbe gilt auch umgekehrt. Im Reich Gottes gelten andere Gesetze. Nicht das Laute, Auffällige und massenhaft Begeisternde stammt von Gott, sondern das leise Wirken des Heiligen Geistes in den Herzen der Menschen ist es, das die Welt verändert und das Reich Gottes unter uns seinen Anfang nehmen läßt.

Wir sollen uns daher nicht allzusehr beeindrucken lassen vom Augenschein. Jesus ließ es zwar zu, daß die Menschen ihn wie einen König begrüßten, als er in Jerusalem einzog, aber er gab nichts auf diese Huldigung. Er war im Inneren ganz frei und unabhängig, ganz bereit, den Willen seines Vaters zu erfüllen und sein Leben hinzugeben für die Vielen.

Darum darf es uns auch nicht verwundern, daß uns die Liturgie der Kirche heute auch die Passionsgeschichte vor Augen stellt. Der Triumph des Palmsonntags wäre zu billig gewesen für Jesus. Er war nötig, daß er für uns den Tod auf sich nahm, daß er litt und am Holze des Kreuzes starb. Erst nachdem er drei Tage im Grab gelegen hatte, konnte er auferstehen und endgültig triumphieren.

In unserem Leben werden wir ähnliche Erfahrungen machen. Wir empfangen Anerkennung und Wohlwollen von den Menschen, und das ist gut so, sofern es uns nicht abhält, den Willen Gottes zu suchen. Aber wir müssen für die Erfüllung dieses Willens Gottes auch bereit sein, wie Jesus Verfolgung und Schmach auf uns zu nehmen. Nur wer mit Jesus in Kreuz und Leiden verbunden ist, wird es auch in der Auferstehung und im ewigen Leben sein.

Blicken wir auf die Gottesmutter Maria! Sie war vom lauten Jubel der Menge nicht beeindruckt, aber auch nicht vom Ruf „Kreuzige ihn!“, der bald erschallen sollte. Sie glaubte an Gott, der das Opfer seines menschgewordenen Sohnes zum Heil der Menschen zuließ und im Plan seiner göttlichen Vorsehung bestimmt hatte, und war bereit, ihm von ganzen Herzen zuzustimmen, auch um den Preis ihres blutenden Herzens. Auch Maria hat sich wie Jesus gleichsam zu Tode geliebt, und so verehren wir sie als „Königin der Märtyrer“, weil sie mit Jesus in geistiger Weise „gestorben“ ist aufgrund ihrer großen seelischen Anteilnahme an seinem Leiden und Sterben. Ihre Freude über die Auferstehung Jesu wird auch unsere Freude sein, wenn wir sie darum bitten. Amen