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Predigt:

Herr, öffne uns die Ohren und den Mund!

23. Sonntag im Jahreskreis B (05.09.2021)

L1: Jes 35,4-7a; L2: Jak 2,1-5; Ev: Mk 7,31-37


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Mit dem Kommen Jesu Christi in diese Welt – also mit der Menschwerdung Gottes – ist etwas unerhört Neues eingetreten. Das Alte ist vergangen, ein neues Zeitalter der Liebe und des Friedens hat begonnen. Als Glaubende freuen wir uns, dass wir auch dazu gehören!

Die Lesung aus dem Buch Jesaja lässt uns die Worte des Propheten vernehmen, der eine Wende in der Geschichte ankündigt. Nicht Menschen werden dies bewirken, sondern Gott selber. Der Gott des Bundes schenkt Heil und Rettung. Was hier für die messianische Zeit verheißen ist, stellt alles Bisherige in den Schatten. Denn nicht ein irdisches Reich wird den Glaubenden geschenkt, das vergänglich und angefochten ist durch Unruhen und Krieg. Das himmlische Reich wird durch die Propheten des Alten Bundes angekündigt, und in Jesus Christus, dem Erlöser, erfüllt sich alles! So sagt der Prophet Jesaja ausdrücklich: „Fürchtet euch nicht! Seht, euer Gott!Er selbst kommt und wird euch retten.“ (Jes 35,4). Und dann folgen Verheißungen des Lebens für alle Kranken und Leidenden: die Augen der Blinden werden geöffnet, die Ohren der Stummen aufgetan; Lahme können umherspringen. Ja selbst die Wüste wird sich wandeln in einen Ort der Fruchtbarkeit, wo es Wasser in Fülle gibt.

Dies sind einerseits bildhafte Worte, andererseits haben sie sich beim Kommen Jesu tatsächlich so erfüllt. So hören wir im heutigen Evangelium nach Markus von einem taubstummen Menschen, dem Jesus die Fähigkeit zu hören und zu sprechen neu schenkt. Auf die Anwesenden hat dies einen außerordentlichen Eindruck gemacht; so mancher hat sich an die Worte des Propheten Jesaja erinnert und die Erfüllung dieser Weissagungen im Glauben anerkannt. Tatsächlich ist uns in Jesus Christus das Himmelreich nahe gekommen; Gott ist bei uns. Er wohnt durch die heiligmachende Gnade in unserem Herzen, wo wir ihn anbeten dürfen. Wir sind ein Tempel des lebendigen Gottes, der uns liebt und uns zum ewigen Leben führt! Ja, das Reich Gottes ist uns verheißen; wir alle sind Erben des Himmelreiches, worauf die Lesung aus dem Jakobusbrief verweist. Es ist denen verheißen, die Gott lieben (vgl. Jak 2,5).

Bei der Spendung der Taufe gibt es den sogenannten Effata-Ritus: der Zelebrant berührt Ohren und Mund des Neugetauften. Die dabei formulierte Bitte an Gott lautet, dass Gott dem Neugetauften ähnlich wie dem Taubstummen im Evangelium Ohren und Mund öffnen möge, damit das Kind oder der Erwachsene das Wort Gottes vernimmt und den Glauben bekennt zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.

Sind wir uns dessen ausreichend bewusst, dass uns die fünf Sinne geschenkt sind, damit wir in Kontakt mit der uns umgebenden Welt kommen? Wer hier von Geburt an oder infolge eines späteren Ereignisses behindert ist, kann nur in eingeschränkter Weise am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Wenn nun Jesus den Taubstummen heilt, so schenkt er ihm die Gemeinschaft mit seinen Angehörigen und Freunden neu. Das Tor zur Welt ist ihm eröffnet. Wir nehmen all dies oft zu selbstverständlich wahr; erst wenn es im Alter oder infolge einer Krankheit gewisse Einschränkungen gibt, da wird uns beispielsweise der Verlust des Seh- oder Hörvermögens schmerzlich bewusst. Sind jedoch die Sinnesorgane, die uns Gott geschenkt hat, nicht eine Einladung, dass wir sie zum Guten hin ausrichten und auf rechte Weise nutzen sollen?

Das Wahre, Gute und Schöne sollen wir im Leben erkennen, und wir dürfen dazu beitragen, dass es auch andere Menschen erfahren. Gott selbst ist Mensch geworden und hat uns gezeigt, wie wir unsere menschlichen Fähigkeiten und Kräfte in guter Weise gebrauchen können, nämlich zur Erkenntnis der Wahrheit und zur Verwirklichung des Guten. All das, was wir unseren Mitmenschen an Gutem erweisen, kommt auch zu uns wieder zurück, wenn auch nicht immer direkt, so doch in der einen oder anderen Form.

Jedes Werk der Liebe, das wir einander erweisen, ist eingeschrieben im Herzen Jesu, des menschgewordenen Sohnes Gottes, der einst unser Richter und Seligmacher sein wird. Auf ihn wollen wir vertrauen, und wir erbitten in allen Lebenslagen die Fürbitte der seligen Jungfrau Maria, des heiligen Josef und aller Engel und Heiligen des Himmels. Amen.