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Predigt:

Worin besteht die wahre Religion?

32. Sonntag im Jahreskreis B (07.11.2021)

L1: Ez 47,1-2.8-9.12; L2: 1 Kor 3,9c-11.16-17; Ev: Joh 2,13-22


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Was bedeutet es eigentlich, wenn wir von „Religion“ sprechen? Ganz allgemein geht es hier um die Beziehung zum Höchsten, also zu Gott, aber auch zu allem Übrigen, insofern alles Geschaffene in Gott seinen Ursprung hat und sein Ziel findet.

Eine mögliche Bedeutung des Wortes Religion heißt so viel wie „Rückbindung“: Der Mensch bindet sich in Freiheit an Gott, dem er sein Leben und Dasein verdankt. Klarerweise ist es die Aufgabe einer Glaubensgemeinschaft, also auch der Kirche, die Menschen mit Gott bekannt und vertraut zu machen und zu ihm hinzuführen.

Die christliche Religion zeichnet sich aber nicht bloß dadurch aus, dass sie die Menschen in ihrer Gottsuche begleitet und zu Gott hinführen möchte. In Jesus Christus ist nämlich Gott selbst zu uns gekommen: Er setzt den Anfang, er wird Mensch, er offenbart sich als Gott der Liebe und des Lebens. Religion bedeutet dann, dass Gott selbst die Brücke schlägt vom Unendlichen zum Endlichen. Gott lässt uns nicht allein mit unseren Fragen, mit unserer Sehnsucht nach Glück, mit unserer Suche der Wahrheit und nach dem Guten. Er selbst kommt uns entgegen. Gott rettet und erlöst uns!

Das zeigt sich in den biblischen Lesungen dieses Sonntags:

So ist im Alten Testament der Prophet Elija von Gott zu seinem Volk gesandt. Auch wenn dieses Volk gesündigt hat und seine Anführer, also die Könige von Israel und Juda, wiederholt von Gott abgefallen sind, so überlässt doch Gott selbst die Menschen nicht einfach ihrem selbstgewählten Unheil. Immer wieder werden sie durch Propheten wie Elija auf den rechten Weg zurück geführt. In der Lesung zeigt sich die gläubige Bereitschaft einer Witwe aus Sarepta, bei der der Prophet einkehrt. Sie schenkt ihm Glauben und vertraut auf die Gnadenführung Gottes. Auf diese Weise wird in der Hungersnot das Leben dieser Witwe und ihres Sohnes erhalten. Der Prophet Elija hat dies im Auftrag Gottes ermöglicht.

In der Lesung aus dem Hebräerbrief ist die Rede von Jesus Christus als dem wahren Pontifex, also dem Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen. Er ist der Mittler des Heils, der ewige Hohepriester. Die Hingabe seines Leibes und Blutes am Kreuz ist das Opfer unserer Erlösung. Wir dürfen an seiner sakramentalen Vergegenwärtigung bei jeder Feier der Eucharistie teilnehmen. Voll Zuversicht treten wir also im Glauben hin zu unserem Herrn Jesus Christus. In der Verbindung mit ihm verwirklicht sich die wahre Religion, also die Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit, die uns allen das Heil schenkt.

Im Evangelium tritt Jesus als Religionskritiker auf. Er weist alle veräußerlichte Religiosität zurück. Ihm kommt es auf die Reinheit und Lauterkeit des Herzens an. Darum tadelt er die Pharisäer, welche selber in den Mittelpunkt treten wollen; ihnen geht es nicht um Gott, sondern um ihren eigenen Einfluss und um ihre eigene Ehre. Dabei schrecken sie auch nicht davor zurück, ungerechte Taten auszuführen. Ausdrücklich benennt Jesus, dass sie – wie es in der neuen Übersetzung heißt – die Häuser der Witwen „auffressen“. D.h. sie nehmen den Witwen das, was sie besitzen, um ihr eigenes Wohlleben zu unterhalten. Auf diese Weise wird die wahre Religiosität in ihr Gegenteil verkehrt!

Jesus hat aber auch ein positives Beispiel: Eine arme Witwe hat gerade zwei kleine Münzen in den Opferkasten beim Tempel geworfen. Die meisten Umstehenden werden urteilen: Was ist das schon? Sie gibt ja fast gar nichts. Und doch, sagt Jesus, hat sie mehr gegeben als alle Übrigen. Denn einerseits hat sie alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt. Andererseits hat sie dies aus wahrer Frömmigkeit und Liebe zu Gott getan. Ihr kommt es nicht darauf an, von den anderen anerkannt und gesehen zu werden. Sie weiß: Gott sieht auf das Herz und wird alles Gute belohnen! So ist sie zuversichtlich in ihrer Frömmigkeit, weil sie mehr auf Gottes Liebe vertraut als auf ihre eigene Leistung und Vollkommenheit.

Jesus Christus ist also gekommen, um uns zu lehren, wie wir durch ihn mit dem himmlischen Vater im Heiligen Geist in Verbindung treten können. Wenn wir uns darum bemühen – im Gebet, in der Mitfeier der Heiligen Messe, im Lesen und Hören des Wortes Gottes –, dann sind wir voll Zuversicht, dass er selber uns den Weg ins Himmelreich eröffnet. Die wahre Religion, die uns Gott selber schenkt, findet ihre Erfüllung darin, dass wir alle uns mit Jesus Christus dem Herrn als unserem einzigen Mittler zu Gott verbinden und dadurch einst die ewige Seligkeit im Himmelreich empfangen. Amen.