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Predigt:

17. Sonntag im Jahreskreis C (29.07.2001)

L1: Gen 18,20-32; L2: Kol 2,12-14; Ev: Lk 11,1-13


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Was würden wir uns wohl denken, wenn wir irgendwo zu Gast wären und man spricht den ganzen Tag kein Wort mit uns? Gerade, daß wir nicht ganz ignoriert werden, aber es reicht nicht dazu, daß der Gastgeber mit uns in eine freundliche Unterhaltung eintritt. Mit Recht würden wir uns wohl bald wieder aus einem solchen Haus verabschieden!

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die zwischenmenschliche Kommunikation ist, wie unerläßlich sich das vertrauensvolle, von gegenseitiger Achtung und Aufmerksamkeit bestimmte Gespräch für das menschliche Zusammenleben darstellt.

Aber es gibt nicht nur das Gespräch zwischen uns Menschen, sondern auch unsere Verbindung zu Gott! Wir dürfen uns nicht nur auf die Kommunikation mit unseresgleichen beschränken, sondern sollen uns dem „Wort von oben“ öffnen und im Gebet unsere Antwort geben auf das von Gott geschenkte Heil.

Wenn der Mensch betet, dann ist dies keine Einbahnstraße, so als ob bloß wir unsere Bitten formulierten und auf der anderen Seite niemand wäre, der uns anhört. Dem allwissenden Gott, der uns als seine Kinder liebt, sind wir stets gegenwärtig. Noch bevor wir ihn um etwas bitten, weiß er, was wir brauchen. Er möchte, daß wir unser Herz vor ihm öffnen und es ihm ganz anvertrauen!

Unser christliches Beten ist auch nicht von der Art, daß es dabei zuerst auf den Menschen ankommen würde. Nicht wir machen den Anfang, sondern Gott hat längst den Anfang gemacht, indem er sich uns zugeneigt hat in Liebe und zu uns gesprochen hat. Er durch die Propheten des Alten Bundes die Menschen auf das Kommen seines Sohnes vorbereitet. In der Menschwerdung Jesu Christi ist das ewige Wort Gottes Fleisch geworden und hat uns alles mitgeteilt, was es vom Vater gehört hat.

Die Frage stellt sich für uns gar nicht, ob wir überhaupt beten sollen. Gott hat zu uns gesprochen, weil er uns liebt. Und wenn wir seine Liebe nur ein Stück weit erwidern wollen in dankbarer Anerkennung seiner Taten für uns, dann haben wir von Herzen das Bedürfnis, ihn zu loben, ihm zu danken und ihm auch unsere Bitten vorzutragen!

Die Geschichte der Menschheit ist wie ein ständiges Suchen nach Worten, um Gott in rechter Weise zu verehren und zu loben. Dieser Sehnsucht des menschlichen Herzens ist unser Herr Jesus Christus entgegengekommen, als er die Jünger beten lehrte. Im Gebet des „Vater unser“ ist alles Nötige enthalten, was wir vor Gott bringen sollen.

Vielleicht können wir ab und zu das „Vater unser“ ganz langsam beten und uns so bewußt machen, welche Schätze in diesem Gebet des Herrn enthalten sind:

Wir dürfen Gott unseren Vater nennen: Nicht nur Geschöpfe sind wir oder bloß Knechte, nein: zu Kindern Gottes hat uns der Sohn Gottes gemacht, als er am Kreuz für uns sein Blut vergossen hat. Untereinander sind wir Brüder und Schwestern geworden.

Der ewige Gott wohnt im Himmel und zugleich in jedem Herzen, das an ihn glaubt und ihn liebt. Der Name Gottes wird dann geheiligt, wenn wir ihm in allem die Ehre geben. Sein Reich ist bereits angekommen bei denen, die ihn lieben. Es wird sich vollenden am Ende der Zeiten, wenn Christus wiederkommt. Der Wille Gottes soll durch uns geschehen, wenn wir die Gebote Gottes halten und uns in der Gottes- und Nächstenliebe üben.

Wir bitten Gott um das tägliche Brot, wozu alles gehört, was wir im Leben brauchen. Nicht nur an die irdische Nahrung denken wir hier, sondern auch an das wahre Brot, das vom Himmel gekommen ist, an Jesus Christus, den Herrn, der das Brot des Lebens ist in der Heiligen Eucharistie. In unserem Bitten dürfen wir nicht nachlassen, wie uns das heutige Evangelium lehrt. Gott möchte, daß wir beharrlich bitten, und er wird uns sicher erhören; denn er weiß, was wir brauchen und was wirklich gut ist für uns!

Es ist keine Schande für uns Menschen, Gott um Vergebung der Schuld zu bitten. Gerade diese Bitte erfüllt uns mit Hoffnung, denn wir wissen, daß Gott barmherzig ist, wenn wir uns abwenden wollen von aller Sünde und allem Bösen. Zugleich ist es nötig, daß auch wir einander verzeihen.

Gott möge uns in der Versuchung stärken, damit wir nicht das Böse tun, sondern das Gute. Die Erlösung von allem Bösen hat hier auf Erden ihren Anfang und vollendet sich im himmlischen Reich, wenn wir in der Freundschaft Gottes leben und sterben.

Es ist zur kirchlichen Tradition geworden, daß wir das Beten des Vaterunser meist mit dem „Gegrüßet seist du, Maria“ abschließen. Die Mutter Jesu weiß, wie wir gut und richtig beten. Wenn wir unsere Bitten mit ihrem Gebet vereinen, dann finden wir sicher Erhörung.

Liebe Brüder und Schwestern, nehmen wir uns des Gebetes in besonderer Weise an! Pflegen wir das stille, private Gebet sowie das Familiengebet. Vielleicht ist es auch möglich, das Tischgebet dort wieder einzuführen, wo es abgekommen ist. Beten wir den Rosenkranz und die übrigen von der Kirche empfohlenen Gebete. Dann wird unsere Seele gestärkt. Wir werden erfahren, welcher Segen für uns und für andere vom Gebet ausgeht und wie unsere Familien, unsere Gesellschaft und unsere Kirche durch den Geist Gottes erneuert werden! Amen