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Predigt:

Die Erwählung Israel und das Heil für alle Völker

11. Sonntag im Jahreskreis A (14.06.2020)

L1: Ex 19,2-6a; L2: Röm 5,6-11; Ev: Mt 9,36-10,8


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die Geschichte der Menschen ist nicht nur eine Geschichte der Sünde und des Unheils, sondern von Gott her gesehen eine Geschichte des Heiles. Dies gilt ganz allgemein, aber auch konkret im Blick auf jeden einzelnen von uns. Gott bietet uns das Geschenk seiner Liebe an. Wollen wir die ausgestreckte Hand ergreifen und Ja sagen zu seinem Bund, den er zuerst mit dem Volk Israel, dann aber durch seinen Sohn Jesus Christus mit allen Menschen geschlossen hat, die an ihn glauben?

Die Texte der ersten Lesung und des Evangeliums heben die herausragende Bedeutung der Erwählung Israels für das Heil aller Menschen hervor. Für manche Menschen ist es eine geschichtliche Provokation, dass Gott ausgerechnet das jüdische Volk auserwählt und zum Träger des Heiles für die Menschen gemacht hat. Gott hat ein bestimmtes Volk bevorzugt, so könnte man meinen. Doch wenn wir die Heilige Schrift genau lesen, dann müssen wir sagen: Dieser Vorzug bringt auch eine Verpflichtung mit sich. Und weil die Menschen diesem Bund nicht immer treu geblieben sind, sondern durch Unglauben und Sünden aller Art von Gott abgefallen sind, wurden ihnen auch so manche Heimsuchungen nicht erspart. Diese aber hatten pädagogischen Charakter und waren – auch dort, wo sie als Strafe empfunden und interpretiert wurden – immer zuerst Einladungen des liebenden Gottes, wieder umzukehren und den guten Weg neu aufzunehmen. Denn Gott hatte tatsächlich immer wieder Erbarmen mit dem Volk Israel, das dem Gesetz des Bundes so oft untreu geworden war. Gott trägt sein Volk wie auf Adlerflügeln, heißt es in der Lesung aus dem Buch Exodus (19,4); er befreit es von der Sklaverei der Ägypter und führt es in das Gelobte Land. Das erwählte Volk ist für Gott wie ein „Königreich von Priestern“ und als „ein heiliges Volk“ sein besonderes Eigentum (vgl. Ex 19,6a).

Erst mit der Ankunft Christi – also mit seiner Menschwerdung und seinem Leben auf Erden, bis zu seinem Tod und seiner Auferstehung – wird klar, dass Gott wirklich das Heil aller Menschen will. Zwar beginnt das Heil bei den Juden (vgl. Joh 4,22), doch soll die frohe Botschaft in der Folge allen Menschen verkündet werden. Denn vor Gott sind alle Menschen von sich aus im Zustand der Gnadenlosigkeit, also der Gottferne; Gott aber hat sich in Jesus Christus aller erbarmt, wie die Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer bekräftigt. Das Evangelium dieses Sonntags berichtet von einer ersten Aussendung der Apostel durch Jesus. Diese geschieht, als Jesus noch bei ihnen ist. Sie sollen zuerst nur zu den Angehörigen des Volkes Israel gehen. Dann aber, nach seiner Auferstehung, sendet Jesus die Apostel aus, damit sie allen Völkern die frohe Botschaft verkünden. In der heiligen Taufe werden die Menschen zu Kindern Gottes und erhalten Anteil am himmlischen Reich.

Inwieweit betrifft das alles unser persönliches Leben? Wir wurden meist schon als Kinder getauft und haben so das Geschenk der heiligmachenden Gnade erhalten. Gottes Liebe hat über uns gewacht und begleitet, und so sind wir immer mehr in den Glauben hineingewachsen. Freilich gibt es auch den Fall, wo jemand schlechte Erfahrungen gemacht hat mit anderen Personen, die ihm eigentlich ein gutes Beispiel geben sollten. Manche sind dann verbittert und verlieren sogar den Glauben an Gott. Es kommt auch vor, dass sich Menschen bewusst vom Glauben ihrer Kindheit distanzieren, weil sie meinen, er sei nicht mehr tragfähig. Und dann gibt es auch die Gnade einer späteren Einsicht und einer Bekehrung als erwachsener Mensch, wenn jemand vielleicht den Glauben neu entdeckt und jetzt umso dankbarer und entschiedener annimmt.

Wir alle sind kraft unserer Taufe von Jesus ausgesandt, damit wir unter den Menschen unserer Familie, unseres Freundes- und Bekanntenkreises für die Liebe Gottes Zeugnis ablegen. Nicht Menschenfurcht soll uns vom Guten abhalten, sondern die Freude daran, dass wir erlöst sind kann uns im Heiligen Geist beflügeln. Dann ändert sich etwas: zuerst im Kleinen, dann in größeren Dimensionen. Auch für uns gelten die Worte Jesu, die er an die Apostel gerichtet hat: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“ (Mt 9,8b). Denn der Glaube und das Heil Gottes ist immer ein Geschenk. Freilich fragt uns der gütige Gott, wie wir es halten wollen mit diesem Geschenk: Nehmen wir es an und wissen wir es zu schätzen – oder sagen wir, es bedeutet uns nichts?

Wenn wir wahrhaft begriffen haben, was Gott aus Liebe für uns tut und was er uns in seinem Sohn Jesus Christus schenkt, dann sehen wir die Dinge anders: Wir lassen uns im Glauben ein auf das, was Gott mit uns persönlich vorhat. Und wir vertrauen darf, dass er es gut mit uns meint und uns auf rechten Wegen leitet, wie ein Hirte, der seine Schafe auf gute Weide führt. Denn wahrhaft Großes ist uns verheißen: das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott im Himmel! Amen.

Video-Link zur Homilie (Youtube)