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Predigt:

Erntedank

27. Sonntag im Jahreskreis A (04.10.2020)

L 1: Dtn 8,7-18 (Lektionar VIII, S.245 f); L 2: Phil 4,6-9 (wie am 27. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A); Ev: Lk 9,11b-17 (Lektionar VIII, S.409 f)


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Gott ist der Ursprung und der Spender aller guten Gaben. Dessen sollten wir uns jeden Tag aufs Neue bewusst werden. Bei der Erntedankmesse ist es jedenfalls angebracht, dass wir uns an die Güte Gottes erinnern, der uns mit seinen Wohltaten begleitet und beschenkt.

Wie groß, wie zahlreich und vielfältig sind die Gaben der Natur! Eine Auswahl davon wird heute vor den Altar gebracht; die Erntekrone bringt die Schönheit der Natur in ihren Früchten zum Ausdruck.

Gewiss: Der Mensch wirkt mit, indem er die Erde kultiviert und sie sich dienstbar macht. Und doch kann er mit der Arbeit seiner Hände und seines Geistes immer nur das in Dienst nehmen, verarbeiten und veredeln, was uns längst schon in der Natur von Gott dem Schöpfer gegeben ist: die Pflanzen, die Tiere, die unbelebten Ressourcen dieser Erde.

Wir erleben aufgrund der Corona-Krise derzeit ein schwieriges Jahr. Ein winzig kleiner Krankheitserreger, ein Virus, hat die Verletzlichkeit der Menschheit offenbar gemacht. Wie schnell kann etwas, das wir als selbstverständlich ansehen, in Frage gestellt werden. Gesundheit, Wohlergehen, materielle Güter und Lebensgrundlagen – all diese Werte sind immer wieder neu bedroht und gefährdet.

Weltweit gibt es große Herausforderungen, auf die tragfähige Antworten gefunden werden müssen. Der Mensch ist aufgerufen, Krankheiten zu behandeln und vielleicht auch ganz zu besiegen; als dankbar Empfangende sollen wir die Gaben der Natur und den Ertrag unserer Hände auch anderen zukommen lassen und mit ihnen teilen. Die Erde mit der Vielfalt ihrer Pflanzen- und Tierarten und der Unermesslichkeit ihrer Ressourcen soll gemäß dem Willen Gottes als Lebensraum auch für die zukünftigen Generationen erhalten bleiben.

Doch nicht immer ist sich der Mensch dieser Verantwortung bewusst. Wir leben und handeln manchmal so, als ob es Gott nicht gäbe und als ob wir alles aus uns selbst bewirken könnten. Diese Grundversuchung war auch schon dem Volk Israel gegenwärtig, wie die Lesung aus dem Buch Deuteronomium (8,7–18) zu erkennen gibt. „Denk nicht“, so heißt es dort, „ich habe mir diesen Reichtum aus eigener Kraft und mit eigener Hand erworben.“ (8,17b) Vielmehr hat Gott seinem Volk „die Kraft“ gegeben, „Reichtum zu erwerben“ (8,18a). Denn Gott hat einen Bund der Liebe und des Erbarmens mit seinem Volk geschlossen.

Papst Franziskus stellt an diesem Sonntag seine neue Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ – „wir alle sind Geschwister“ – vor. Es geht um Solidarität im Kleinen und im Großen. Ein jeder soll sich für den anderen verantwortlich fühlen, wie das in einer Familie der Fall ist. Inspiriert vom heiligen Franziskus, den die Kirche am 4. Oktober feiert, dürfen wir uns als Brüder und Schwestern erkennen und Gott als unseren gemeinsamen Vater preisen. Die Menschheitsfamilie hat ein natürliches Fundament, denn alle Menschen sind von gleicher Würde und haben grundlegende Rechte und Pflichten, die für alle gelten. Noch mehr aber ist die übernatürliche Dimension zu beachten, denn wir sind in Jesus Christus zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden. Miteinander sollen wir das Heil erlangen und im Himmelreich die Vollendung finden.

So schön also diese Erde ist, so gefährdet ist sie zugleich. Und in allem nehmen wir die Verheißung des Großen und Schönen wahr, welches Gott uns in seinem himmlischen Reich schenken will. Nicht die irdische Nahrung kann uns auf Dauer satt machen, sondern der Mensch verlangt nach mehr. Unser Herz ist auf die Erkenntnis der Wahrheit und die Gemeinschaft der Liebe mit Gott und den Mitmenschen ausgerichtet. Jesus schenkt sich uns selbst als das Brot des Lebens in der heiligen Eucharistie. Er bereitet uns auf das Mahl vor durch das Hören seines Wortes und die Teilnahme an seiner Hingabe aus Liebe am Kreuz, welche in jeder heiligen Messe sakramental vergegenwärtigt wird.

Im Oktober vertrauen wir uns alle der Fürbitte der Jungfrau und Gottesmutter Maria, der Rosenkranzkönigin an. Eine gute Mutter weiß, was ihre Kinder brauchen. So ist das heutige Erntedankfest zugleich ein Anlass, Gott um alles Gute zu bitten, das wir brauchen, damit wir auf gute und menschenwürdige Weise hier auf der Erde leben können und einst eingehen dürfen ins himmlische Paradies, wo der Jubel über Gott und seine Gaben kein Ende finden wird. Amen.

Video-Link zur Homilie (YouTube)