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Predigt:

Von der Menschenwürde und den Talenten

33. Sonntag im Jahreskreis A (15.11.2020)

L1: Spr 31,10-13.19-20.30-31; L2: 1 Thess 5,1-6; Ev: Mt 25,14-30


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Einem jeden Menschen kommt das zu, was man „Würde“ nennt. Die Menschenwürde ist eine Auszeichnung, die jede menschliche Person von Anfang an besitzt, gleichsam naturhaft oder – wie wir als Gläubige sagen dürfen – von Gott geschenkt.

Denn Gottes Liebe ist der Ursprung unseres Daseins hier auf Erden, und Gott hat uns Menschen nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen. Wir sind ausgezeichnet mit einer besonderen Würde als Menschen. Ja noch mehr: In Jesus Christus, dem Erlöser, sind wir zu einer übernatürlichen Würde berufen, indem wir durch die heilige Taufe teilhaben an der Würde der Kinder Gottes. Wir sind zum ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott gerufen!

So gesehen ist dann jeder Mensch, der uns begegnet, wie ein Bruder oder eine Schwester für uns. Wir sehen im anderen Menschen eine Person mit gleicher Würde und gleichen menschlichen Rechten und Pflichten. Wir dürfen im Mitmenschen unseren Herrn Jesus Christus sehen und ihm begegnen. Er identifiziert sich besonders mit den Armen, Kranken und Leidenden. Daran denken wir heute am „Welttag der Armen“, und wir haben das Vorbild großer Heiliger vor Augen: so die hl. Elisabeth von Thüringen und auch den heiligen Markgrafen Leopold von Österreich, den wir heute feiern.

Im Evangelium spricht Jesus von den Talenten, welche den Dienern eines wohlhabenden Mannes, der auf Reisen ging, anvertraut wurden. Es handelte sich um Geldwerte, und die einen verstanden es, aus diesen Talenten Nutzen zu ziehen und sie zu vermehren, indem sie damit wirtschafteten; es gab aber auch einen Diener, welcher aus Angst vor dem Herrn das Geld in der Erde versteckte und keinen Zugewinn verbuchen konnte. Während die einen vom Herrn gelobt werden, weil sie das anvertraute Gut nicht nur bewahrt, sondern sogar vermehrt haben, wird der andere Diener als schlecht und nichtsnutzig getadelt. Er erhält keine Belohnung wie die anderen, sondern ihm wird auch noch das genommen, was er besitzt. Denn er hat in falscher Ängstlichkeit sein Talent vergraben, anstatt es fruchtbringend einzusetzen.

Unter „Talent“ können wir vieles verstehen: Wir denken heute gar nicht zuerst an Geld oder materielle Werte, sondern eher an Begabungen und Befähigungen. So gesehen sagen wir, diese/r oder jene/r hat ein Talent zum Musizieren oder als Handwerker, Koch, Lehrerin oder Professorin. Niemand ist ganz ohne Talente; es gilt sie nur zu entdecken und im Leben einzusetzen.

Das grundlegende Talent, das uns von Gott in der heiligen Taufe geschenkt wurde, ist, dass wir glauben, hoffen und lieben können. Als Christen gilt es gerade diese übernatürlichen Tugenden zu entfalten. Wer an Gott glaubt, auf seine Liebe hofft und diese Liebe erwidert, der vermag sich auch für den Nächsten einzusetzen. Sein Leben wird erfüllt sein, denn die Liebe gibt allem, was wir tun, einen Sinn. Wer Gutes tut, bewegt etwas. Sein Handeln bringt Frucht für andere. So gesehen werden dann unsere Talente in guter und fruchtbringender Weise eingesetzt. Ist das nicht schön, dass wir alle mit einer Vielzahl von Talenten beschenkt sind und so auch die natürlichen Gaben einsetzen dürfen für das Wachstum des Reiches Gottes? Im Himmelreich aber geht nichts verloren, und so sind wir voll Zuversicht.

Die Lesung aus dem Buch der Sprichwörter kündet das Lob einer tüchtigen Frau, die sich als fromm, arbeitsam, gütig und hilfsbereit erweist: zuerst in ihrer eigenen Familie, dann aber auch darüber hinaus. Wir können dieses Lob ausdehnen und erweitern auf alle Menschen, ob klein oder groß, die ihre Gaben und Talente einsetzen für das Wohl anderer und so Gottes Lob und Ehre bezeugen.

Die Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalonich fordert zur Wachsamkeit auf. Denn niemand weiß den Tag und die Stunde, wann der Herr kommt und Rechenschaft verlangt für den guten Gebrauch aller Talente. Wer aber im Glauben fest gegründet ist, darf auf Gott hoffen und vertrauen alle Tage seines Lebens. Die Liebe Gottes wird uns erfüllen und uns im Herzen reich machen, sodass wir auch den Armen und Notleidenden beistehen können! Amen.