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Predigt:

Effata! - Öffne dich!

23. Sonntag im Jahreskreis B (09.09.2018)

L1: Jes 35,4-7a; L2: Jak 2,1-5; Ev: Mk 7,31-37


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Gott der Herr hat uns Menschen an Leib und Seele wunderbar ausgestattet. Wir sind nach dem Bild Gottes geschaffen und berufen zur Teilhabe am ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott im Himmel!

Wie aber gestaltet sich unser Leben hier auf Erden? Durch unsere fünf Sinne treten wir in Kontakt mit der Außenwelt. Im Normalfall setzen wir es voraus, dass wir gut hören, klar sehen, dass der Tastsinn und das damit verbundene Lust.- und Schmerzempfinden gegeben ist und dass der Geruchs- und Geschmackssinn intakt sind.

Wenn ein Mensch entweder von Geburt an oder aufgrund einer Verletzung oder einer Krankheit hier irgendwie eingeschränkt ist – oder wenn er gar völlig taub, stumm oder blind ist –, dann ist diesem Menschen sozusagen das Tor zur Welt verschlossen. Jedenfalls kann diese Person nicht mehr voll teilnehmen an dem, was sich im menschlichen Zusammensein ereignet, und der lebendige Austausch mit anderen ist in dieser oder jener Weise eingeschränkt.

Das war auch für jenen Mann der Fall, der von seinen Mitmenschen zu Jesus gebracht wurde. Er war taub, konnte also nicht hören, und er war auch stumm, das heißt, er war nicht in der Lage zu sprechen. Nun aber setzte dieser Mann und jene, die ihn zu Jesus brachten, auf Gott sein ganzes Vertrauen. Jesus hatte schon so vielen Menschen geholfen, gewiss würde er auch ihn nicht wegschicken, sondern ihn aufrichten und trösten und vielleicht sogar heilen!

Wenn ein Mensch derart eingeschränkt ist in seiner Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit wie dieser Taubstumme im Evangelium, dann liegt es auch nahe, dass die betreffende Person manchmal niedergeschlagen, mutlos oder gar verzweifelt ist. Es kann sogar so weit kommen, dass ein behinderter Mensch meint, sie oder er sei von Gott verlassen: „Warum mutet mir Gott dieses Schicksal zu? Bin ich weniger wert als andere? Ich habe doch nichts angestellt, nichts Böses getan, sodass ich dieses Los verdienen würde!“ So oder ähnlich könnten die Fragen und Anklagen lauten.

Was tut Jesus nun? Durch eine Zeichenhandlung offenbart sich die Liebe und Macht Gottes. Er berührt die Ohren des Taubstummen und befeuchtet dessen Zunge mit Speichel. Dann spricht er die Worte: „Effata! – Öffne dich!“ Das Wunder geschieht: der Taubstumme kann wieder hören und sprechen, und er dankt Jesus und lobt und preist Gott! Welche eine Freude!

Die Heilung dieses Taubstummen bedeutet, dass dieser Mensch wieder teilnehmen kann am gesellschaftlichen Leben und am familiären und freundschaftlichen Austausch. Vor allem aber ist seine Gottesbeziehung erneuert worden aus den Quellen der Liebe und des Lebens, die ihm Jesus erschlossen hat. Die Wunder und Machttaten Jesu sind ein Zeichen für die Nähe des Reiches Gottes! Einmal wird Gott alles vollenden; im Himmelreich gibt es keine Trauer und keinen Schmerz mehr, keine Einschränkung durch Leiden und Behinderungen, sondern es gilt dann wirklich: Gott hat alles gut gemacht!

Dort aber, wo wir hier auf Erden Menschen mit Behinderungen oder gewissen Einschränkungen antreffen, wollen wir dazu beitragen, dass sich diese Menschen angenommen und geliebt wissen. Wo immer es möglich ist, sollen Wege gesucht werden, sie am Leben ihrer Mitmenschen teilhaben zu lassen.

Im Hinblick auf das Evangelium dieses Sonntags ist noch etwas von Bedeutung: Bei der heiligen Taufe gibt es den „Effata-Ritus“: Dabei berührt der Priester (oder der Diakon) die Ohren des Kindes sowie dessen Mund und spricht die Worte: „N., der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf ‚Effata‘ dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, öffne er auch dir Ohren und Mund, dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.“

Hier wird sinnbildlich zum Ausdruck gebracht, dass Gottes Wort und Gottes Liebe auch über unsere fünf Sinne unser Herz erreichen sollen. Der Mensch wird von Gott herausgerufen aus seiner Einsamkeit und Verschlossenheit und darf sich Gott gegenüber öffnen! Das Ziel ist es, die Liebe Gottes aufzunehmen, die sich uns durch sein Wort kundtut, und selber durch Wort und Tat Zeugnis zu geben für die Gnade der Erwählung, die uns durch Jesus Christus zuteil geworden ist in der heiligen Taufe.

Wir alle wurden also von unserem Herrn Jesus Christus in der heiligen Taufe für die Liebe Gottes „geöffnet“. An uns liegt es jetzt, diesen Strahl der Liebe Gottes immer neu einzulassen. Die heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria, deren Geburtsfest wir am 8. September und deren Namensfest wir am 12. September feiern, hat uns hier ein Beispiel gegeben. Kein Mensch war derart empfänglich für die Gnade Gottes wie sie. In Verbundenheit mit ihr wollen auch wir die Gnade Gottes annehmen, sodass das Wort Gottes in uns gute Frucht bringt für Zeit und Ewigkeit. Amen.