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Predigt:

Umkehr tut immer not

3. Fastensonntag C (20.03.2022)

L1: Ex 3,1-8a.13-15; L2: 1 Kor 10,1-6.10-12; Ev: Lk 13,1-9


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wer ist Gott? Diese so einfach klingende Frage hat die Menschen seit jeher im Inneren ihres Herzens beschäftigt und herausgefordert. Suchend und tastend haben sie sich der Wahrheit Gottes angenähert; mitunter sind sie auch auf Irrwege geraten oder haben sich mit Berufung auf die eigene Freiheit von Gott abgewandt.

In der ersten Lesung aus dem Buch Exodus begegnet uns ein Gottsucher besonderer Art: Es ist Mose, der die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro weidet. Plötzlich wird er dessen inne, dass ein Dornbusch in gewisser Entfernung von ihm in Brand geraten ist: an sich ist dies in der Steppe ein wiederkehrendes Phänomen, denn die Trockenheit und Dürre können leicht einen Brand entfachen. Doch dieser Dornbusch brennt und verbrennt doch nicht – ein geheimnisvolles Zeichen!

Mose ist voll Entdeckerdrang und will sich dem Phänomen näheren, um es zu erforschen. Da ertönt die Stimme Gottes aus dem Dornbusch, er solle stehenbleiben und nicht näherkommen. Dies sei heiliger Boden.

Und dann offenbart sich Gott dem Mose! Er tut dies zuerst in Anknüpfung an bekannte Überlieferungen und bezeichnet sich als Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Diese großen Gestalten der Geschichte waren Mose wohlbekannt, und hier hatte sich Gott als der Treue und Mächtige erwiesen, der den von ihm erwählten Menschen beisteht und sie in ihrer Lebensgeschichte begleitet. Es ist ein Gott, der zwar nicht sichtbar, aber doch im Glauben erfahrbar ist. An diesem Gott kann sich der Mensch anhalten, denn keine Macht der Welt kommt gegen Gott an, welcher der Herr des Himmels und der Erde ist.

Doch dann kommt etwas Neues ins Spiel: Gott beauftragt Mose, das israelitische Volk aus der Sklavenherrschaft der Ägypter zu befreien. Mose soll zusammen mit Aaron dem Pharao entgegentreten und ihn auffordern, sein Volk ziehen zu lassen. Als Beglaubigung seiner Sendung offenbart Gott dem Mose seinen Namen. Dieser Name ist heilig und eigentlich unaussprechlich. Die Juden vermeiden es aus Ehrfurcht, den Gottesnamen zu nennen. „Jahwe“ aber bedeutet: Ich bin der Ich-bin-da (für euch). Gott besitzt also das Sein in Fülle; und er schenkt und verheißt seinen Beistand in unverbrüchlicher Treue. Der Mensch kann auf ihn bauen und darf sozusagen alles auf seine Karte setzen, wenn er dem einen und einzigen Gott im Glauben folgt und seine Gebote erfüllt.

Mose soll also das Volk Israel aufrufen, an diesen einzigen Gott zu glauben und ihm zu vertrauen. Gott ist der Retter, der Erlöser. Er führt sein Volk aus Ägypten, und mitten in der Wüste ist er diesem Volk nahe, auch wenn es ein störrisches und unbelehrbares Volk bleibt. Gott führt sie schließlich ins gelobte Land, weil er der Treue ist. Seine Huld währt ewig. In ihm verbinden sich Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Menschliches Begreifen muss hier haltmachen; hier können wir wie Mose nur die Schuhe ausziehen und anbetend verharren. Das Geheimnis Gottes ist unauslotbar und fordert uns immer wieder neu in unserem Leben.

Allerdings sind wir bei unserer Gottsuche nicht allein gelassen. Wie uns schon das Alte Testament zeigt und dann in seiner Erfüllung das Neue Testament spricht Gott zu uns Menschen. Er sendet uns schließlich seinen Sohn Jesus Christus, und dieser verkündet seinen Zuhörern Gott als barmherzigen Vater. Zwar fehlt auch der Hinweis auf die Gerechtigkeit Gottes nicht. Doch die Absicht Jesu ist es, die Menschen zur Umkehr zu rufen, damit sie gerettet werden und dem selbstgewählten Verderben entgehen. Bekehrung tut immer wieder not; sie ist nicht nur etwas für die öffentlich bekannten Sünder. Wie Jesus kundtut, haben die Bekehrung gerade Menschen nötig, die sich selber als die Frommen ansehen und sich in selbstgerechter Weise über andere erheben. Wir alle sind auf das Erbarmen Gottes angewiesen. Keiner kann sich selbst rechtfertigen. Wir brauchen den Erlöser!

Wenn in diesen Tagen im Krieg furchtbare Dinge geschehen, ist es leicht, sich aus der gesicherten Distanz heraus zu empören. Was aber führt letztlich zum Krieg und zur Zerstörung? Stets beginnt das Unheil im eigenen Herzen. Papst Franziskus spricht in „Laudato sí“ von der „Gewalt des von der Sünde verletzten menschlichen Herzens“ (Nr. 2). Diese Gewalt wirkt sich zerstörerisch aus im Zusammenleben der Menschen, aber auch gegenüber der Natur als Schöpfung Gottes. Demgegenüber sollten Wege der Geschwisterlichkeit beschritten werden. Nur das Gute kann das Böse besiegen; Gewalt kann nicht durch Gewalt überwunden werden, auch wenn es das Recht der militärischen Selbstverteidigung eines angegriffenen Landes gibt und dieses auch wahrgenommen werden darf, solange eine Erfolgsaussicht besteht und der erwartete Nutzen größer ist als der verursachte Schaden.

Ziemlich direkt formuliert es unser Heiliger Vater in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“, dass auch wir persönlich herausgefordert und betroffen sind. Wir sollen nicht sagen: Das geht mich nichts an; der Krieg und die Not der anderen interessieren mich nicht. Der Papst meint wörtlich, und dies passt zum heutigen Evangelium, dass „das harte Urteil über meinen Bruder oder meine Schwester in meinem Herzen, die nicht verheilte Wunde, das nicht verziehene Böse, der Groll, der mir nur wehtun wird, ein Stück Krieg ist, das ich in mir trage, ein Feuer in meinem Herzen, das gelöscht werden muss, damit es nicht zu einem Brand wird.“ (Nr. 243).

Wenn der Papst am 25. März Russland und die Ukraine dem Unbefleckten Herzen Mariens weiht, dann möchte er alle Menschen einladen, dasselbe zu tun: Unter dem Schutz der Gottesmutter dürfen wir uns an Jesus Christus wenden, welcher der König des Friedens ist! Er ist unser Erlöser, und er kann das bewirken, wozu wir selbst nicht in der Lage sind: nämlich die Herzen der Menschen zu verwandeln und mit Liebe zu erfüllen. Dann – und nur dann – wird der Welt, wie es in der Botschaft von Fatima heißt, „eine Zeit des Friedens geschenkt werden.“ Amen.