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Predigt:

In der heiligen Taufe sind wir ins Reich Gottes berufen worden!

21. Sonntag im Jahreskreis C (21.08.2016)

L1: Jes 66,18-21; L2: Hebr 12,5-7.11-13; Ev: Lk 13,22-30


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Vor 300 Jahren ist in Frankreich ein Mann verstorben, der sich in seinem nur 42 Jahre dauernden Leben buchstäblich bis zum Äußersten für das Reich Gottes verzehrt und hingegeben hat: Es ist der heilige Ludwig-Maria Grignion de Montfort (31.01.1673 – 28.04.1716). Er wirkte als Volksmissionar vor allem in der Vendée und erzielte mit seinen Mitarbeitern teilweise beachtliche Erfolge in der Erneuerung des religiösen und sittlichen Lebens. Seine Methoden waren vielfältig und originell. In allem ging es ihm darum, den Christgläubigen die Gnade der heiligen Taufe neu bewusst zu machen und zu einer persönlichen Erneuerung der Taufgelübde hinzuführen. Bei der Taufe von Kindern sind es ja normalerweise die Eltern und Paten, welche stellvertretend für das Kind dem Bösen absagen und den Glauben an Gott bekennen. Später, mit Erlangen des Vernunftgebrauchs, ist dann auch das Kind selber in der Lage, den Sinn und Inhalt des Taufversprechens zu begreifen und dieses zu erneuern. Das geschieht vor der Erstkommunion, vor der Firmung und jedes Jahr in der Osternacht.

Der heilige Ludwig-Maria war sich im Klaren darüber: Wer wirklich begriffen und verinnerlicht hat, was die Taufe bedeutet, der wird sich im Leben bemühen, Christus nachzufolgen.  Es ging dem hl. Ludwig-Maria nicht um „Taufscheinchristen“, sondern um Christen, die aus der Gnade der Taufe leben. Eben diese gemeinsame Berufung aller Christen zur Heiligkeit hat das 2. Vatikanische Konzil neu herausgestellt, und im „Jahr der Barmherzigkeit“, das Papst Franziskus ausgerufen hat, soll uns dies dankbar bewusstwerden.

Es gab damals in Frankreich den Brauch, große Kalvarienberge zu errichten. Dies geschah des Öfteren im Zusammenhang von Volksmissionen, und der hl. Ludwig-Maria hat sich mit diesem Anliegen identifiziert. In Pontchâteau konnte er hunderte Menschen für die Errichtung eines Kalvarienbergs begeistern. Der Bau dieser riesigen Anlage zog sich über Wochen, ja Monate hin, und es waren hunderte Menschen daran beteiligt. Wichtig war es dem hl. Ludwig-Maria, dass sich die Menschen diesen Bau zum Herzensanliegen machten: Auf diese Weise entstand ein ganz neues Gefühl der Zusammengehörigkeit, und viele gute Kräfte wurden geweckt. So ähnlich muss es gewiss auch hier in Mühldorf gewesen sein, als vor über 20 Jahren der verfallene Kreuzweg mit den dazu gehörigen Kapellen am Kalvarienberg in Unterranna wiederaufgerichtet wurde. Noch heute ist es den damals Beteiligten in lebhafter Erinnerung, was damals Großes geschehen ist. Es war ein Werk, das die Menschen in einem wichtigen Anliegen miteinander verbunden hat und auch heute noch verbindet. Letztlich geht es dabei nicht um Selbstdarstellung und persönliche Bestleistungen, sondern um die Ehre Gottes und das Heil der Seelen.

Wie aber erging es damals dem hl. Ludwig-Maria mit seinem Kalvarienberg, den die Leute auf seine Anregung hin errichteten? Als das Bauwerk im August 1710 fertig gestellt und der Tag der feierlichen Einweihung gekommen war, erließ der Bischof unerwarteter Weise ein Verbot. Ludwig-Maria war zuerst der Meinung, es müsse sich um ein Missverständnis handeln. Doch leider erwies sich die Sache noch weitaus schlimmer: Auf Anordnung des Königs, der von Mitgliedern der Jansenisten beeinflusst war, musste der Kalvarienberg wieder geschliffen werden: angeblich bestehe eine Gefahr für feindliche Eindringlinge aus England, dass sie den Kalvarienberg als Festung verwenden könnten. Ludwig-Maria hätte allen Anlass gehabt aufzubegehren und sich den Anordnungen des Bischofs zu widersetzen. Stattdessen nahm er alles an mit den Worten: „Gepriesen sei Gott!“ Die Leute freilich, die den Kalvarienberg errichtet hatten, waren nicht bereit, diesen wieder abzutragen. Hierzu musste dann das Militär ausrücken. Hundertzehn Jahre später, 1821, baute die gläubige Bevölkerung des Ortes den Kalvarienberg wieder auf, und noch heute kann man ihn besuchen; er ist ein beliebtes Wallfahrtsziel.

Die Lesung dieses Sonntags aus dem Brief an die Hebräer ermutigt alle an Jesus Christus Glaubenden, nicht zu ermatten und auch in Prüfungen nicht aufzugeben. Denn was menschlich gesprochen ein Rückschlag ist oder wie eine Niederlage aussieht, kann sich in geistlicher Hinsicht als überaus fruchtbar erweisen. So erging es dem hl. Ludwig-Maria Grignion immer wieder auf seinen Missionen: Er erfuhr nicht nur Anerkennung, sondern auch Unverständnis und Verfolgung. Stets vertraute er aber auf das Gnadenwirken Gottes, das sich oft in auffallender Weise in der Bekehrung von Menschen aus religiöser Lauheit und Sittenlosigkeit hin zu einem lebendigen Glauben an Gott und zu tatkräftiger Nächstenliebe zeigte.

So bewahrheitet sich immer wieder das Wort des Evangeliums: Viele sind geladen und ins Reich Gottes gerufen; und sie werden kommen von Osten und von Westen und von Norden und Süden und im Reich Gottes zu Tische sitzen (vgl. Lk 13,30). Zugleich aber erinnert uns Jesus daran, dass es eine bewusste Entscheidung des Glaubens braucht und ein ernsthaftes Streben nach dem Guten: „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen.“ (Lk 13,24a)

Gott schließt niemanden vom Heil aus; wir aber sind herausgefordert in unserer Freiheit, dass wir mitwirken mit der Gnade Gottes. Das Beispiel der Heiligen ermutigt uns, und ihre Fürbitte begleitet uns. So rufen wir in besonderer Weise die heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria um ihre Fürbitte bei Gott an, und zwar in all dem, was uns und unseren Mitmenschen zum Heile dient! Amen.