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Mutter Teresa - eine Patronin der Weltmission

30. Sonntag im Jahreskreis C (23.10.2016)

L1: Sir 35,15b-17.20-22a; L2: 2 Tim 4,6-8.16-18; Ev: Lk 18,9-14

Hirtenwort der österreichischen Bischöfe


Die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Das von Papst Franziskus ausgerufene „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ ist eine Zeit der Freude, der Gnade und der Umkehr. Es will alle einbeziehen: Arme und Reiche, Nahe und Ferne. Gottes Barmherzigkeit überwindet Entfernungen und Grenzen, sie trachtet danach,  jeden Menschen zu erreichen, und sie wird mitten unter uns gegenwärtig. Die Barmherzigkeit Gottes, die uns zuteil wird, ist stets, aber ganz besonders in diesem gnadenreichen Jahr, eine Einladung an jede und jeden von uns, die Werke der Barmherzigkeit zu leben. Indem die Kirche die Barmherzigkeit Gottes erfleht, rückt sie zugleich die gelebte Barmherzigkeit der Gläubigen, die praktische und konkrete Folge unseres Glaubens, ins Zentrum. Ganz besonders gilt das heute, am Weltmissions-Sonntag, der größten Solidaritätsaktion der Welt: An diesem Tag zeigen sich die Gläubigen weltweit durch Gebet und Spende solidarisch mit ihren Schwestern und Brüdern in den 1.180 ärmsten Diözesen. Durch unsere Solidarität mit den Geschwistern in aller Welt und unseren Beitrag zum Aufbau der Kirche, können wir alle daran mitwirken, dass „lebendige Zeichen der Liebe des Vaters“ auch jene Menschen erreichen, die allen Grund dazu hätten, die Hoffnung aufzugeben und an ihrem Leben zu verzweifeln. Die christliche Liebe und unsere Werke der Barmherzigkeit müssen an die Ränder jeder Gesellschaft, an die „existenziellen Peripherien“ gehen, wie es Papst Franziskus mehrfach unterstrichen hat.

Eine Ikone dieser christlichen Nächstenliebe, dieser bis an die Ränder gehenden Barmherzigkeit, ist Mutter Teresa, die vor wenigen Tagen heiliggesprochen wurde. Sie war ein „lebendiges Zeichen der Liebe des Vaters“. Darum ist sie auch eine Heilige der Mission, denn sie hat das Evangelium von der barmherzigen Liebe Gottes durch ihr rastloses Tun verkündet: Sie ließ die Liebe des Vaters in den Werken der Barmherzigkeit konkret ehrfahrbar werden. In den Slums von Kalkutta kümmerte sie sich um die, um die sich niemand anderer kümmert, um die Ausgestoßenen, die Sterbenden, die „Ärmsten der Armen“. Sie gab ihnen zu essen und zu trinken, bekleidete sie, wusch ihre Wunden, sammelte Sterbende von der Straße auf und  gab ihnen in einem Sterbehaus die Möglichkeit, umsorgt und in Würde zu sterben. Ihre Liebe und ihr Einsatz für ihre Nächsten waren authentisch und glaubwürdig, denn sie entsprangen ihrer tiefen Liebe zu Jesus Christus. Die heilige Mutter Teresa sah in den „Ärmsten der Armen“ Jesus selbst. Die Liebe zu ihm war das Motiv und die Kraft ihres Handels. Das Wort Jesu „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25, 40) war das Leitmotiv ihres Handelns. So erklärte sie auch den Kindern in den Slums von Kalkutta die göttliche Botschaft: Was immer wir für die Ärmsten tun, das tun wir für Jesus. Das ist der innerste Kern des Evangeliums: „You did it to me“ – „Das habt ihr mir getan“.

Mutter Teresa nahm die Identifikation Jesu mit den Geringsten seiner Schwestern und Brüder wörtlich: Jesus begegnete sie in der Heiligen Messe, in der Eucharistischen Anbetung und ebenso im Dienst an den Hungernden, Kranken, Sterbenden. Ihren täglichen Weg beschrieb  sie deshalb so: „From Jesus to Jesus“, von Jesus in der Gestalt der Eucharistie zu Jesus in der Gestalt der Armen. Zwischen diesen beiden Polen lebte sie ihre Berufung, von beiden bezog sie zugleich ihre Kraft. Dieses große Zeugnis Mutter Teresas beeindruckt auch heute noch unzählige Menschen, selbst jene, die Jesus noch nicht kennengelernt haben. Über die Grenzen von Nationen, Konfessionen, ja sogar  Religionen hinweg wurde Mutter Teresa zu einem Symbol der Barmherzigkeit, weil Menschen durch ihr Wirken die Liebe Gottes zu spüren begannen. Darum waren zu ihrem Begräbnis viele Hindus, Muslime, Shiks, Jainisten, Buddhisten und sogar Atheisten gekommen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen.

Mutter Teresa war, wie alle Heiligen, ein Geschenk des Himmels. In einem gewissen Sinn war sie aber auch „ein Geschenk Indiens an die Welt“[1]. Indien, die Wahlheimat Mutter Teresas, ist auch das diesjährige Beispielland der Päpstlichen Missionswerke in Österreich. Dort engagiert sich die Kirche gerade für Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Zugehörigkeit zu einer Kaste, ihrer Religion oder Ethnie diskriminiert werden. Vor allem Frauen gelten weithin als Menschen „zweiter Klasse“ und sind auf vielfache Weise Gewalt ausgesetzt: Kindsmord an weiblichen Babys, Eltern, die ihren Töchtern medizinische Versorgung und Nahrung verweigern, Vergewaltigungen und Mitgiftmorde prägen die Lebenswirklichkeit vieler indischer Frauen, insbesondere jener, die aus den untersten Kasten stammen. Die Kirche verbessert die Situation der Frauen, indem sie ihnen einen Zugang zu Schulen, zu Berufsausbildung und zu Gesundheitseinrichtungen ermöglicht.

Der Weltmissions-Sonntag, der heute auf der ganzen Welt gefeiert wird, dient dem weltweiten Aufbau der Kirche Christi. Indem wir für unsere Schwestern und Brüder beten, voneinander lernen und miteinander teilen, können wir die Barmherzigkeit Gottes auch in den 1.180 ärmsten Diözesen der Welt konkret erfahrbar machen. Durch ihren Einsatz in den ärmsten Regionen der Welt lässt die Kirche die Liebe Gottes überall erstrahlen, auch dort, wo Leid und Armut scheinbar alles überschatten, denn der Weg der Kirche ist immer „von Jesus zu Jesus“ – ganz im Sinne von Mutter Teresa, der großen Heiligen aus Indien.

 

Mit der Bitte um die mütterliche Fürsprache Mariens für die Mission und für uns alle erteilen wir Ihnen und allen, mit denen Sie in Liebe verbunden sind, den bischöflichen Segen!

 

Die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs im Oktober 2016.

 

Dieser Aufruf soll am Sonntag, den 23. Oktober 2016, in allen Gottesdiensten (auch am Vorabend) verlesen werden. Der Ertrag aller Kollekten ist ausschließlich – gemäß den Direktorien der Diözesen – für den internationalen Solidaritätsfonds der Päpstlichen Missionswerke (Missio) bestimmt.


[1] Kardinal Oswald Gracias gegenüber der römischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“.