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Der Krisenhelfer
Mit der Erhebung des heiligen Josef zum Schutzpatron der ganzen Kirche reagierte der selige Papst Pius IX. auf Bittschriften von Gläubigen aus aller Welt.

Manfred Hauke

Hinweis/Quelle: Der Beitrag erschien in textlich leicht modifizierter Form in: Die Tagespost, 14. Januar 2021, S.12, und wird mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers auf stjosef.at publiziert.

Das Apostolische Schreiben „Patris Corde“ von Papst Franziskus vom 8. Dezember 2020 wurde veröffentlicht „anlässlich des 150. Jahrestages der Erhebung des heiligen Josef zum Schutzpatron der ganzen Kirche“. Franziskus bezieht sich hier auf den im Jubiläumsjahr 2000 seliggesprochenen Papst Pius IX., der 1846–1878 sein Vorgänger war und am 8. Dezember 1870 mit dem Dekret der Ritenkongregation „Quemadmodum Deus“ den hl. Josef zum Schutzheiligen der universalen Kirche proklamierte. Das Dekret nimmt Bezug auf die Bittschriften von Bischöfen und Gläubigen aus der gesamten Weltkirche, die um die Ernennung des hl. Josef zum Schutzpatron der katholischen Kirche gebeten hatten. Nachdem sie auch auf dem Ersten Vatikanischen Konzil erneut und noch dringlicher ihre Anliegen vorgebracht hatten, wollte Papst Pius IX. diese Bitten erhören. Das Fest des hl. Josef vom 19. März ist mit besonderer Feierlichkeit zu begehen (erster statt zweiter Klasse, allerdings wegen der Fastenzeit ohne Oktav). Pius IX. trug der Ritenkongregation auf, mit einem Dekret diese Erklärung zu veröffentlichen, und zwar am 8. Dezember, dem Fest zu Ehren der makellosen jungfräulichen Gottesmutter Maria und Braut des hl. Josef (Acta Sanctae Sedis 6, 193f).

Das Erste Vatikanische Konzil hatte genau ein Jahr zuvor begonnen (am 8. Dezember 1869), wurde aber am 20. Oktober 1870 auf unbestimmte Zeit vertagt. Das Zweite Vatikanum verstand sich als seine Fortsetzung. Das Konzil musste abgebrochen werden, weil der französische Kaiser das zum Schutz des Kirchenstaates entsandte Militär im Sommer 1870 abgezogen hatte, um es im Krieg gegen Preußen einsetzen zu können. Am 20. September 1870 drangen italienische Truppen in Rom ein und erklärten bald darauf nach einer Volksabstimmung den Anschluss des Kirchenstaates an das Königreich Italien. Bei der gewaltsamen Vereinigung Italiens unter der Führung des piemontesischen Herrscherhauses Savoyen spielte die Freimaurerei eine wichtige Rolle, vor allem in der Person von Giuseppe Garibaldi.

Dieses geschichtliche Umfeld ist der unmittelbare Anlass des Dekretes, in dem es heißt: „In diesen traurigen Zeiten greifen von allen Seiten Feinde die Kirche an. Sie ist dermaßen von schwersten Übeln bedrückt, dass böse Menschen meinten, dass schließlich die Pforten der Unterwelt den Sieg über die Kirche erlangt hätten“. Die Ernennung des hl. Josef zum Schutzheiligen der Kirche sollte auf diese Herausforderung antworten. Da sich die italienische Regierung anmaßte, päpstliche Dokumente zu approbieren, erschien die Verfügung „nur“ als Dekret der Ritenkongregation und nicht als Bulle oder Apostolisches Schreiben des Papstes.

Das Dekret beginnt mit einer typologischen Deutung des Alten Testamentes, wonach der Patriarch Josef des Alten Bundes die heilsgeschichtliche Aufgabe des hl. Josef vorbereitet: „Wie Gott den Josef, den Sohn des Patriarchen Jakob, zum Herrscher über ganz Ägypten stellte, um dem Volk das für das Leben notwendige Getreide sicherzustellen, so wählte der Ewige, als die Zeit erfüllt war, da er seinen Eingeborenen auf die Erde senden wollte, um die Welt zu erlösen, einen anderen Josef, für den der erste das Vorbild ist; er machte ihn zum Herrn und Fürsten seines Hauses und seiner Güter; er vertraute seiner Fürsorge die reichsten Schätze an“. Die schon zur Zeit der hl. Teresa von Avila übliche Formulierung „Geht zu Josef!“ (Ite ad Ioseph), die auch Papst Franziskus aufnimmt (Patris corde 1), geht auf diese Deutung zurück (vgl. Gen 41,55).

Die Ritenkongregation betont freilich vor allem die Begründung im Neuen Testament: Josef „vermählte sich mit der unbefleckten Jungfrau Maria, von der durch die Kraft des Heiligen Geistes unser Herr Jesus Christus geboren wurde, der in den Augen aller als Sohn Josefs gelten wollte und sich würdigte, ihm untertan zu sein. Denjenigen, den so viele Propheten und Könige sehen wollten, sah Josef nicht nur, sondern unterhielt sich mit ihm, er schloss ihn mit väterlicher Zärtlichkeit in die Arme …; mit unvergleichlicher Fürsorge nährte er denjenigen, den die Gläubigen als das Brot des ewigen Lebens essen sollten. Aufgrund dieser erhabenen Würde, die Gott seinem überaus treuen Diener verlieh, hat die Kirche immer den heiligen Josef aus höchste geehrt und gepriesen, in der Reihenfolge nach der jungfräulichen Gottesmutter, seiner Braut; stets hat sie in bedrohlichen Situationen seine Hilfe angerufen“.

Dass dem hl. Josef in der kirchlichen Heiligenverehrung der Platz gleich nach der Gottesmutter gebührt, ist eine Frucht des gläubigen Nachdenkens in der westlichen Kirche, vor allem seit dem 14. Jh. Die Theologie spricht hier auch von der „Protodulie“ des hl. Josef, seinem ersten Rang unter den Heiligen nach der Gottesmutter, deren Verehrung als „Hyperdulie“ bezeichnet wird (Verehrung „über“, hyper, allen übrigen Heiligen).

Die Lehraussagen aus dem Pontifikat Pius‘ IX. über den hl. Josef beginnen bereits am 10. September 1847 mit dem Dekret der Ritenkongregation „Inclytus Patriarcha Joseph“, womit der Papst das Fest der Schutzherrschaft (patrocinium) des hl. Josef, damals am dritten Sonntag nach Ostern, auf die gesamte Kirche ausdehnte. Das Dekret enthält erstmals eine kurze offizielle Darlegung der Prinzipien der Theologie des hl. Josef. 1861 veröffentlichte Pius IX. das Apostolische Schreiben „Iam Alias“, das einen vollkommenen Ablass gewährte zur Förderung der täglichen Verehrung des Heiligen. Weitere Ablässe bewilligte er 1865 mit dem Dekret „Cum In“ und erwähnte dabei besonders den März als Monat der Josefsverehrung. Eine besondere Empfehlung des Gebetes „Virginum custos“ folgte 1877 mit dem Dekret „Iam Alias“. Am ausführlichsten äußert sich Pius IX. in seinem Apostolischen Schreiben „Inclytum Patriarcham“ vom 7. Juli 1871, das der Verehrung des hl. Josef einen Rang vor allen anderen Heiligen einräumt. Auch hier betont er die Aufgabe des hl. Josef als Schutzpatron der ganzen Kirche.

Wie Josef auf Erden Jesus und Maria beschützt hatte, so sollte er sich der ganzen Kirche als Schutzpatron annehmen. Seine Aufgabe als keuscher Bräutigam der Gottesmutter und Nährvater des menschgewordenen Sohnes Gottes findet gewissermaßen eine Fortsetzung in der Geschichte der Kirche. Das Patronat des hl. Josef für die Kirche erscheint als Folge des Geheimnisses der Menschwerdung Gottes.

Wer die „Sala dell’Immacolata“ in den Vatikanischen Museen betritt, gelangt vor ein gewaltiges Wandgemälde von Francesco Podesti, beauftragt von Pius IX., über die Proklamation des Immaculata-Dogmas: im Zentrum befinden sich die göttliche Trinität und eine Stufe darunter Maria (ohne Erbsünde empfangen); davor schauen die Apostel Petrus und Paulus auf die Betrachter, während Josef zwischen Jesus und Petrus zu stehen kommt, hingerichtet zu Jesus (sowie zur Dreifaltigkeit) und Maria. Möge er sich auch heute als Schutzpatron der Kirche erweisen, der sie vor ihren Feinden verteidigt und in ihrer geistlichen Hungersnot nährt. „Ite ad Joseph!“