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Sensibel für die verborgene Gegenwart Gottes
Zum „Jahr des heiligen Josef“: Gedanken Benedikts XVI. über den heiligen Josef

Josef Kreiml

Die Heiligen sind – so Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., in einer Predigt vom 18. März 1984 in Rom – „die Dauerkatechese, die Gott uns im Laufe der Geschichte erteilt“; sie sind „die immer neue Übersetzung des Wortes Gottes in die menschliche Geschichte hinein“ (Joseph Ratzinger, „Ohne Furcht die Gerechtigkeit Gottes leben“, in: ders., Predigten. Homilien – Ansprachen – Meditationen. Dritter Teilband [JRGS Bd. 14/3], Freiburg 2019, 1377–1380, hier 1377).

Das Leben des heiligen Josef, der in einer besonderen Nähe zu Christus steht, lässt „in außergewöhnlicher Weise die wesentlichen Punkte des christlichen Lebens durchscheinen“ (ebd.). Der Bräutigam der Gottesmutter lebte das christliche Leben „vor dem äußeren Ursprung des Christentums“. Er trug die Hoffnung, den Glauben und die Geduld Abrahams, der Patriarchen und Propheten in sich und streckte sich wie Simeon und Hanna auf Christus aus. Der Glaube dieser einfachen, stillen und unerschütterlich Glaubenden öffnete die Tür zu Christus.

Wie zeigt sich der Glaube des heiligen Josef? In den wenigen Worten der Evangelien über ihn finden wir einen „großen Reichtum“. Das Evangelium nennt den Mann aus Nazareth einen Gerechten (Zaddik). Woher kommt seine Gerechtigkeit? In der Sprache des Alten Testaments entspricht das Wort „gerecht“ dem neutestamentlichen Wort „treu“. „Gerecht“ ist der Ehrentitel, der die großen Glaubenden auszeichnet, beginnend mit Abraham, Isaak und Jakob, bis hin zum Messias. Ein Mensch, der das Wort Gottes annimmt und lebt, wird „gerecht“ genannt. Der heilige Josef war ein wahrhaft Glaubender. Gott war für sein Leben konkrete Wirklichkeit. Seine innere Offenheit für den lebendigen Gott war „die Quelle seiner Rechtschaffenheit“ (ebd., 1378) gegenüber anderen Menschen.

Der heilige Josef war auf das Wort Gottes ausgerichtet. Die Worte des Briefes an die Hebräer über Noach können auch als Porträt Josefs dienen: „Aufgrund des Glaubens wurde Noach das offenbart, was noch nicht sichtbar war, und er baute in frommem Gehorsam eine Arche zur Rettung seiner Familie“ (Hebr 11,7). Die heilige Familie von Nazareth ist „die wahre Arche“ geworden – zum Heil der ganzen Welt. Eine Arche zu bauen für das Heil – das ist auch ein Programm für uns. Jede lebendige Pfarrgemeinde und die christlichen Familien sind „Archen des Heils“. Es geschieht immer aufgrund des Glaubens, dass „eine Arche gebaut“ wird, dass Dinge wahrgenommen werden, die noch nicht für alle sichtbar sind.

Wie kann man ein Glaubender werden? Der heilige Josef war „innerlich bereit, verfügbar für die verborgene Gegenwart Gottes“ (Joseph Ratzinger, 1379). Mit der Sensibilität eines Menschen, der ein rechtschaffenes Herz hat, hörte er auf die Ratschläge des Herrn. „Der Glaubende ist der wahrhaft kluge Mann, weil er aufmerksam ist auf die wichtigeren Dimensionen der Wirklichkeit, die einer oberflächlichen, allein auf die flüchtige Aktualität ausgerichteten Mentalität verborgen bleiben“ (ebd.).

Das Fest des heiligen Josef feiert die Kirche immer in der Fastenzeit. Der Bräutigam der Gottesmutter ist „in einem sehr tiefen Sinn ein Heiliger der Fastenzeit“ (ebd.). Sein Glaube ist der Glaube Noachs. Dies ist ein Glaube, der sich in einer dunklen, Gott entgegengesetzten Welt, in der Gott abwesend zu sein scheint, ausdrückt.

Mit Kaiser Augustus und König Herodes treten die Mächtigen der Welt in das Leben des heiligen Josef ein und bestimmen seinen Weg: den Weg der Flucht und des Exils. „Josef nimmt eine Sendung an, deren Erfüllung er nicht sehen konnte, da er vor dem öffentlichen Leben Jesu gestorben ist. Er hat für die Dinge gelebt, die noch nicht zu sehen waren“ (ebd., 1380). Nur mit einem offenen Herzen – sensibel für die verborgene, aber reale Gegenwart des Herrn – kann man treu bleiben und gerecht sein. Gerade unsere heutige Welt braucht diese Gerechten in besonderer Weise. Bitten wir Gott, dass er auch uns „gerecht“ werden lässt und wir beten können: „Ich will in Gerechtigkeit dein Angesicht schauen, mich satt sehen an deiner Gestalt“ (Ps 17,15).

Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml