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Geburtenregelung

Karl Hörmann: LChM 1976, Sp. 541-555

I. Durch die leibl. Einung können Mann und Frau ihre Liebe zueinander ausdrücken und pflegen und können zugleich männl. und weibl. Keimzellen zusammengeführt werden und kann neues Leben entstehen. Im AT finden wir den Fruchtbarkeitsauftrag (Gen 1,28). Wie das 2. Vat. Konz. sagt, will die Liebe des Schöpfers und Erlösers durch Mann und Frau seine eigene Familie immer mehr vergrößern und bereichern (GS 50).

1. Zunächst ist zu fragen, wer vom Fruchtbarkeitsauftrag betroffen wird.

a) Nicht jeder Mensch ist verpflichtet, Nachkommen zu haben. Viele sind außerstande, eine solche Forderung überhaupt oder sinnvoll zu erfüllen; sie wären durch sie überfordert. Ferner ist zu bedenken, daß die sittl. Grundaufgabe des Menschen die Verwirklichung personaler Liebe ist. Die Weckung neuen Lebens kann eine Betätigung solcher Liebe zu dem geweckten Leben, zugleich eine Betätigung der Liebe zum Partner, zur Familie, zur Gesellschaft, zum Staat, zur Kirche, zum Menschengeschlecht sein. Personale Liebe kann aber nicht nur auf diese Weise verwirklicht werden, und in manchen Situationen fordert die Liebe geradezu den Verzicht des Menschen auf eigene Nachkommen (wie Thomas von Aq. vermerkt, hängt die Erhaltung des Menschengeschlechtes nicht davon ab, daß jeder einzelne Mensch Nachkommen hat; S.Th. 2,2 q.152 a.2). Das Leben dessen, der nicht eigene Kinder zeugt und betreut, muß deshalb nicht von Liebe leer sein; das Freisein von dieser Aufgabe kann ihm gerade den Einsatz für andere Aufgaben der Liebe ermöglichen.

b) Bei Eheleuten kann man von einer grundsätzl. Pflicht, nach der Weckung neuen Lebens zu streben, sprechen, haben sie sich doch zu einer Liebe verbunden, die im gemeinsamen Dienst am Kind ihre Krönung erreicht (vgl. GS 48). Das 2. Vat. Konz. hebt die Aufgabe („munus“ GS 47 f 50; „ministerium“ GS 51) der Gatten hervor, „menschl. Leben weiterzugeben und zu erziehen, die als nur ihnen zukommende Sendung zu betrachten ist“ (GS 50); in der Erfüllung dieser Aufgabe seien sie „mitwirkend mit der Liebe Gottes des Schöpfers und gleichsam Interpreten dieser Liebe“ (GS 50). Auch Paul VI. kennzeichnet die eheliche Liebe als fruchtbare Liebe (HV 9); die eheliche Gemeinschaft sei auf den Dienst am Kind hingeordnet, durch den die Gatten mit dem lebenweckenden Gott mitwirken (HV 1 25); auf den Gatten liege die Aufgabe des Dienstes an neuem Leben (HV 1 17), durch dessen Leistung der Liebesplan Gottes für die Ehe erfüllt werde (HV 8).

Diese Standespflicht (vgl. Pius XII., UG 1071 f 1265 5457) bindet die Eheleute gegenüber einander, dem Menschengeschlecht, der Gesellschaft, dem Volk, dem Staat, der Kirche, letzlich gegenüber Gott.

2. Die Standespflicht drängt freilich wie jede Forderung einer Leistung nur unter entsprechenden Voraussetzungen und nicht bei ihrem Fehlen zur Erfüllung; also nur dann, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, daß die Weckung neuen Lebens ein Tun der Liebe sein kann und dabei nicht die Liebe nach irgendeiner Seite verletzt wird.

Daß der gelegentl. Vorwurf, die kath. Kirche rede der reichl. Zeugung das Wort, ohne sich darum zu kümmern, was aus ihnen werden soll, nicht stimmt, ergibt sich schon aus der alten Formulierung des ersten Sinnzieles der Ehe „procreatio et educatio prolis“ (CICc. 1013 §1); Zeugung kann man nur dann verantworten, wenn man für das gezeugte Leben auch entsprechend sorgen kann. Pius XII. trat für eine „Regulierung der Nachkommenschaft“ ein, die mit dem Gesetz Gottes vereinbar sei (UG 1119; vgl. 1079); damit wurde der Begriff der Geburtenregelung im kath. Bereich heimisch. Nach der Auffassung des 2. Vat. Konz. erfüllen Eheleute ihre Aufgabe am Kind nur dann richtig, wenn sie im Sinn der Liebe des Schöpfers handeln, „mitwirkend mit der Liebe des Schöpfers und gleichsam als Interpreten dieser Liebe“ (GS 50). Wenn Gott durch den Dienst der Gatten seine Familie nicht nur (zahlenmäßig) vergrößern, sondern auch (wertmäßig) bereichern will (vgl. GS 50), verhalten sich Gatten im Sinn seiner Liebe nur, wenn sie neues Leben nicht bloß ins Dasein treten lassen, sondern auch für sein Wohl vorsorgen. Die Aufgabe der Gatten verbindet beides, die Weitergabe und die Erziehung menschl. Lebens (GS 48 50 52). Verantwortl. (vgl. GS 50 f) kann die Zeugung von Kindern nur genannt werden, wenn für das Fortkommen und die menschl Entfaltung dieser Kinder Gewähr geboten ist. Die Enzyklika „Humanae vitae“ ist gerade der rechten Ordnung der Weitergabe des Lebens (HV Überschr. und 7) gewidmet. Paul VI. sieht in der verantwortungsbewußten Elternschaft (paternitas conscia), die er begriffl. klären will (HV 7 10), eine Forderung der Liebe, die von den Gatten zu verwirklichen ist (HV 10), und damit ein erlaubtes, sittl. geordnetes Unternehmen (HV 3 5 19–21 24), dem die Kirche bereitwillig zustimme (HV 16).

Als grundlegende Voraussetzung dazu, daß der Dienst am Kind als Dienst der Liebe geleistet werden kann, muß die eheliche Verbundenheit der Zeugenden angesehen werden; aus ihrem Fehlen entstehen für die körperl. und seelische Entwicklung des Kindes Gefahren. Das 2. Vat. Konz. bezeichnet die Aufgabe der Gatten, menschl. Leben weiterzugeben und zu erziehen, als „die nur ihnen zukommende Sendung (propria eorum missio)“ (GS 50).

Als sittl. Versagen ist die Ablehnung von Nachkommenschaft durch jene Gatten anzusehen, die nach ihren Lebensbedingungen verpflichtet wären, nach Zeugung zu streben (vgl. Pius XII., UG 1072).

II. Zum Wesen der verantwortungsbewußten Elternschaft gehört es, daß Gatten im Lichte des sittl. Grundauftrages der Liebe und unter Berücksichtigung ihrer eigenen Gegebenheiten prüfen, welches Ausmaß der Fruchtbarkeitsauftrag für sie konkret annimmt.

1. Wie das 2. Vat. Konz. erklärt, erstreckt sich die Liebe, die von den Gatten zu verwirklichen ist, nach vielen Richtungen („multiformis dilectio“, GS 48). Hinsichtl. der Zeugung haben sie daher zu überlegen, ob sie im gegebenen Fall nicht nur ihrer pflichtgemäßen Liebe zu dem zu weckenden Leben, sondern auch ihrer Liebe zueinander, zu schon vorhandenen Kindern, zur weiteren Familiengemeinschaft, zur Gesellschaft, zum Volk, zur Kirche, zur Menschheit entspricht (vgl. GS 50; HV 7 10 21). Des öfteren stehen manche dieser Rücksichten miteinander in Widerstreit und ist zu fragen, welche von ihnen stärkere Beachtung verdienen (Pflichtenkollision).

2. Die Aufgabe der gewissenhaften Prüfung liegt auf den Gatten selbst. Im Wissen um ihre Aufgabe, durch ihr Verhalten auf das Kind hin mit der Liebe Gottes mitzuwirken und sie zu interpretieren, „müssen sie in menschl. und christl. Verantwortlichkeit ihre Aufgabe erfüllen und in einer auf Gott hinhörenden Ehrfurcht und durch gemeinsame Überlegung versuchen, sich ein sachgerechtes Urteil zu bilden“ (GS 50).

Wenn die Gatten nicht willkürl. vorgehen wollen, müssen sie ihr Gewissen nach dem göttl. Gesetz ausrichten, müssen sie daher auch das Lehramt der Kirche hören, das ihnen das göttl. Gesetz authentisch (kraft der Bevollmächtigung durch Christus; vgl. LG 25) auslegt; das göttl. Gesetz, das die eheliche Liebe in ihrer vollen Bedeutung zum Inhalt hat, sie aufzeigt, sie schützt und zu ihrer wahrhaft menschl. Vollendung drängt (GS 50).

In das Licht dieses göttl. Gesetzes müssen sie „die materiellen und geistigen Verhältnisse der Zeit und ihres Lebens“ stellen (GS 50), die sie zu einem Großteil aus eigener Erfahrung kennen, über die sie sich zum Teil aber auch von anderen (Erfahrenen, Fachleuten) informieren lassen müssen. Eine entsprechende Information zu vermitteln gehört zu den wichtigen Aufgaben echter Volksbildung (vgl. GS 87).

3. Das Endurteil sich zu bilden und die entsprechende Entscheidung zu treffen ist Recht und Pflicht der Gatten selbst. „Dieses Urteil müssen im Angesicht Gottes die Eheleute letztl. selbst fällen“ (GS 50). Sie selbst kennen ja ihre eigene Lage am besten und sie verwirklichen damit einen wichtigen Teil ihrer sittl. Lebensgestaltung.

Ärzte und Seelsorger dürfen ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, sondern nur dazu helfen. Die Ehegatten für diese Entscheidung auszurüsten ist eine wichtige Erziehungsaufgabe (vgl. Johannes XXIII., MM, AAS 1961, 447). Wenn Soziologen die durchschnittl. Kinderzahl berechnen, die zur Erhaltung einer bestimmten Gesellschaft notwendig ist, heißt das noch lange nicht, daß diese Zahl für jedes einzelne Ehepaar paßt. Schon gar nicht kommt dem Staat das Recht zu, über die Kinderzahl seiner Bürger zu entscheiden. „Nach dem unveräußerl. Menschenrecht auf Ehe und Kinderzeugung hängt die Entscheidung über die Zahl der Kinder vom rechten Urteil der Eltern ab und kann keinesfalls der staatl. Autorität überlassen werden“ (GS 87; vgl. HV 17 23). „Das Recht der Eltern auf Zeugung der Nachkommenschaft und auf Erziehung in der Familie ist zu sichern“ (GS 52).

Die Frage nach der richtigen Größe ihrer Familie sollten sich Gatten schon vom Anfang der Ehe an stellen, nicht erst dann, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Freilich kann die Lage eines Paares im Lauf der Zeit günstiger oder ungünstiger werden. Für einen solchen Fall sollen sie zum Abgehen von dem einmal gefaßten Entschluß bereit sein.

a) Das Ergebnis gewissenhafter Überlegungen kann das Ja zum Kind sein, auch zu einer größeren Kinderzahl. Verantwortungsbewußte Elternschaft und Geburtenregelung werden vielfach mit der Einschränkung der Kinderzahl gleichgesetzt; die Begriffe selbst haben jedoch nicht diesen negativen Charakter, sondern umfassen auch das Erstreben des Kindes. Dadurch unterscheiden sie sich von einer Geburtenkontrolle, der es prinzipiell um die Kleinhaltung aller Familien geht.

Christl. Lebensauffassung entspricht die tapfere und hochherzige Bereitschaft der Eheleute zum Kind (vgl. GS 50 f), wenn die Voraussetzungen für dessen gute Entwicklung bestehen. Das 2. Vat. Konz. rühmt jene Eheleute, „die in gemeinsamer kluger Beratung eine größere Zahl von Kindern, wenn diese entsprechend erzogen werden können, hochherzig auf sich nehmen.“ (GS 50; vgl. HV 10; Pius XII., UG 4762–72)

b) Nicht selten kommen gewissenhaft urteilende Gatten zur Einsicht, daß sie ein (weiteres) Kind auf kürzere oder längere Zeit nicht verantworten können. Das 2. Vat. Konz. sieht die einengenden Lebensbedingungen, die heute den verantwortungsbewußten Gatten die Vermehrung ihrer Kinderzahl häufig als unmöglich erscheinen lassen (GS 51; vgl. HV 10; Pius XII., UG 1073).

4. Zu den Gegebenheiten, die zur verantwortungsbewußten Elternschaft zu überlegen sind, zählen der Gesundheitszustand, die Erbanlagen und die wirtschaftl. Lage der Partner sowie die Bevölkerungsverhältnisse; auch andere Dinge können dabei eine Rolle spielen. Das 2. Vat. Konz. leitet dazu an, die allg. Zeitverhältnisse und die besonderen Lebensbedingungen der Familie zu berücksichtigen (GS 50), sieht aber irdische Maßstäbe allein als ungenügend an: „Das menschl. Leben und die Aufgabe, es weiter zu vermitteln, haben nicht nur eine Bedeutung für diese Zeit und können deshalb nicht von daher allein bemessen und verstanden werden, sondern haben auch eine Beziehung zur ewigen Bestimmung des Menschen“ (GS 51). Die Weckung neuen Lebens kann sich trotz widriger Umstände als gerechtfertigt herausstellen, wenn der Blick in die Ewigkeit geweitet wird. Umgekehrt könnte die Sorge, Kinder unter den gegebenen Verhältnissen nicht zu Gott führen zu können, Eltern mit Recht von der Zeugung abhalten.

a) Eine der Gegebenheiten, die für die verantwortungsbewußte Elternschaft eine Rolle spielen, ist der Gesundheitszustand der Gatten. Sie können den Belastungen durch Schwangerschaft, Geburt und Betreueng des Kleinkindes durchaus gewachsen sein. Ihr Gesundheitszustand (vor allem jener der Frau) kann aber auch so sein, daß sie durch diese Belastungen in übergroße Schwierigkeiten geraten. Die Liebe legt dann nahe, auf die Dauer dieses Zustandes die Zeugung zu vermeiden (vgl. GS 50 f; HV 10 16); näml. die wahre Selbstliebe des Gatten, der durch das neue Leben gesundheitl. belastet würde; die Liebe zum Ehepartner, dem eine solche Belastung droht; die Liebe zu vorhandenen oder zu gewärtigenden Kindern, die unter solcher Belastung des Vaters oder der Mutter leiden müßten; die Liebe zu anderen Familienmitgliedern, ja sogar zur Gesellschaft, denen mit Kindern, für die die Eltern wegen gesundheitl. Mängel nicht ausreichend sorgen können, Lasten auferlegt würden.

b) In die pflichtgemäßen Überlegungen der Gatten ist das gesundheitl. Erbe einzubeziehen, das sie ihren Kindern mitgeben können (vgl. Eugenik). In den meisten Fällen müssen sie sich deshalb keine Sorge machen. Manche Ehepaare aber stehen vor der Erkenntnis, daß die Kinder, die sie zeugen können, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch Vererbung gesundheitl. geschädigt sein werden, daß sie es daher im Leben schwer haben werden und daß sie vermutl. die Eltern selbst und vielleicht auch die Gesellschaft belasten werden. Wenn es für Träger eines solchen Erbes Pflicht der Liebe zu sein scheint, nicht zu zeugen oder besser nicht zu heiraten, darf man doch nicht übersehen, daß sie andere Gründe, die der Grundforderung der Liebe durchaus entsprechen, zu Heirat und Zeugung drängen können; solche Menschen stehen also in einem Konflikt. Welche Gründe in ihrer Situation stärker zu berücksichtigen sind, können wohl am besten sie selbst erfassen. So ist es ihre Aufgabe und ihr Recht, nach gewissenhafter Prüfung ihrer Lage zu entscheiden, ob sie heiraten und Kinder haben wollen oder nicht.

c) Zur Pflege und zur Ausbildung des Kindes sind materielle Mittel notwendig, in unseren heutigen Verhältnissen mehr als in früheren Zeiten und in Ländern mit niederer Zivilisation. So gehört es zunächst zur Pflicht schon der Ehewilligen und weiterhin der Verheirateten, auf die Schaffung der materiellen Grundlagen für ihre Familie bedacht zu sein; die Forderung, daß die Gesellschaft dabei mithelfe, erscheint als durchaus berechtigt, wenn man die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft bedenkt.

Bei schon Verheirateten gehört es zur verantwortungsbewußten Gestaltung ihres Familienlebens, daß sie sich fragen, ob ihre wirtschaftl. Lage so ist, daß die Pflicht zum Kind für sie (weiter) drängend wird, oder so, daß sie ihnen ein (weiteres) Kind nicht gestattet. Auch in dieser Hinsicht ist vielfach ein Abwägen notwendig. Die positive Bedeutung von Kindern für ihre Eltern und deren Gattenliebe (vgl. GS 48 50) kann zur Zeugung ermutigen. Anderseits können drückende Lebensverhältnisse Gatten zur Überzeugung führen, daß sie die Weckung neuen Lebens nicht verantworten können, weil sie damit einander oder schon vorhandene Kinder zu sehr belasten würden oder für das entstehende Leben nicht genügend sorgen könnten (vgl. GS 51; HV 10 16).

d) Zu den Gegebenheiten, die in der Frage der verantwortungsbewußten Elternschaft zu berücksichtigen sind, gehören auch die gesellschaftl. Verhältnisse, unter denen die Gatten leben (vgl. GS 50; HV 7 10 17), im besonderen die demographischen Verhältnisse (HV 7).

Für die Gesellschaft als solche gab es bis ins 19. Jh. kaum einen gültigen Grund für die Geburtenbeschränkung, da die Menschheit in ihrem Bestand durch viele Gefahren bedroht war und zu ihrer Erhaltung großer Fruchtbarkeit bedurfte. Die Fortschritte der Medizin haben die Säuglingssterblichkeit auf einen geringen Prozentsatz herab- und das durchschnittl. Lebensalter der Menschen bedeutend hinaufgesetzt. Damit hat sich die Zahl nicht nur der Überlebenden, sondern auch derer, die wieder Kinder haben können, erhöht. In manchen Ländern stellt sich damit das Problem der Überbevölkerung (der Begriff ist relativ: Überbevölkerung herrscht überall, wo die verfügbaren Unterhaltmittel für die vorhandenen Menschen nicht ausreichen).

Zur Lösung werden verschiedene Vorschläge gemacht. Der Menschengeist findet immer wieder neue Möglichkeiten, Unterhaltmittel zu schaffen. Für die Zukunft ist noch mancher Erfolg dieser Bemühungen und die Behebung eines beträchtl. Teiles der Schwierigkeiten durch eine bessere Verteilung zu erhoffen (vgl. Pius XII., UG 4769; Johannes XXIII., MM, AAS 1961, 446 f). Das 2. Vat. Konz. verlangt internationale Zusammenarbeit zur Bewältigung des Problems (GS 87). Ausgehend von den angelsächsischen Ländern (International Planned Parenthood Federation; Family Planned Association) wurde eine weltweite Bewegung organisiert, die das Problem der Überbevölkerung hauptsächl. durch Einschränkung der Geburten zu lösen sucht.

In Ausrichtung auf verantwortungsbewußte Elternschaft müssen Gatten gewiß auch die demographischen Verhältnisse berücksichtigen. Von diesen her können sich verschiedene Entschlüsse nahelegen. In wirtschaftl. blühenden Ländern ist die Gesellschaft an einer größeren Fruchtbarkeit der Ehen interessiert als in Ländern, denen die Überbevölkerung zu schaffen macht. Ferner ist zu beachten, welcher Bevölkerungsgruppe ein Ehepaar angehört und in welcher konkreten Lage es sich befindet.

Die demographische Ermittlung der durchschnittl. Kinderzahl, die für ein bestimmtes Land wünschenswert ist, bietet einen Hinweis, der nicht übergangen werden soll, nimmt dem Ehepaar aber die Überlegung und die Entscheidung nicht ab. Es kann sein, daß für ein Paar in seiner Lage selbst diese Zahl zu hoch ist, während ein anderes in seiner Lage mehr leisten kann und dazu auch aufgerufen ist.

e) Schließl. kann in selteneren Fällen die Entscheidung von Gatten, keine eigenen Kinder zu haben, durch die Ausrichtung auf andere bedeutende Werte gerechtfertigt sein, näml. dadurch, daß sie von der Sorge für eigene Nachkommenschaft frei sein wollen, um einen anderen wertvollen Dienst leisten zu können.

III. Daß Elternschaft verantwortungsbewußt zu verwirklichen ist, steht fest. Zu klären bleibt jedoch, welche Wege dazu eingeschlagen werden dürfen.

1. Vielfach wird die Auffassung vertreten: Wenn das Ziel sittl. in Ordnung ist, darf jeder zielführende Weg gegangen werden. Manche Theologen, bes. auf evon Seite, halten in der Frage der Geburtenregelung nur das durch entsprechende Gründe gerechtfertigte Ziel, nicht aber das zu seiner Erreichung angewandte Mittel für entscheidend. Die sittl. Qualifizierung eines Verhaltens hängt jedoch nicht nur vom angestrebten Ziel, sondern auch von den eingesetzten Mitteln ab. Die kath. Sittlichkeitslehre hat sich vom Anfang an gegen die Auffassung gewandt, der gute Zweck heilige jedes Mittel (vgl. Röm 3,8).

Das 2. Vat. Konz. sieht das Problem von Gatten, die aus Verantwortung die Zeugung vermeiden und doch um ihrer Liebe willen nicht auf die leibl. Einung verzichten wollen; dennoch erklärt es: „Wo es sich um den Ausgleich zw. ehel. Liebe und verantwortl. Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittl. Qualität der Handlungsweise nicht allein von guter Absicht und Bewertung der Motive ab, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschl. Person und ihrer Akte ergeben“ (GS 51); wem es um die sittl. Richtigkeit (= Keuschheit) des ehel. sexuellen Verhaltens zu tun ist (ein richtiges Verhalten ist nicht möglich „ohne aufrichtigen Willen zur Übung der Tugend ehelicher Keuschheit“, GS 51), der muß auch darauf achten, ob die gewählten Akte ihrem objektiven Gehalt nach zum Aufbau der menschl. Persönlichkeit beitragen. Das Konzil rechnet damit, daß manche Lösungen, die bei Schwierigkeiten zur Geburtenregelung angeboten werden, sittl. unerlaubt sind (GS 47 51 87; vgl. Pius XII., UG 1119; Johannes XXIII., MM, AAS 1961, 446 f), und wünscht, daß die Menschen über die wissenschaftl. Fortschritte in der Erforschung von sicheren und moralisch einwandfreien Methoden in kluger Weise unterrichtet werden (GS 87).

Auch hinsichtl. der Methode haben Gatten die Pflicht der Gewissensbildung (vgl. GS 50). Worauf es dabei ankommt, läßt das 2. Vat. Konz. erkennen, wenn es feststellt, daß manche Praktiken gegen die Fruchtbarkeit die ehel. Liebe entweihen und sittl. unerlaubt sind (GS 47); der Grund für ihre sittl. Unerlaubtheit liegt eben darin, daß sie die Liebe, wie sie den Gatten aufgetragen ist, entweihen. Die Gatten verhalten sich menschenwürdig oder sittl. richtig, wenn sie in ihrem Tun den Liebesauftrag Gottes erfüllen oder die Liebe Gottes wirksam werden lassen, mit der sie ja in der Aufgabe, menschl. Leben weiterzugeben und zu erziehen, mitwirken sollen (vgl. GS 50). Auch bei der Prüfung der Methode ist zu fragen, ob sie diese Liebe fördert oder nicht („germani amoris coniugalis fovendi“, GS 51; vgl. die Pflicht der Gatten, ihr Verhalten nach dem göttl. Schöpfungsplan hinsichtl. der Ehe, der ein Plan der Liebe ist, auszurichten, HV 8 10).

Ob ein Verhalten zur Erfüllung des Liebesauftrages geeignet ist oder nicht, ergibt sich manchmal auf den ersten Blick. Nicht selten aber ist ein gründlicheres Überprüfen notwendig, das nicht ohne Hilfe von Sachkundigen durchgeführt werden kann. Das Konzil ist der Meinung, daß Wissenschaftler, bes. in Biologie, Medizin, Sozialwissenschaften und Psychologie, dem Wohl von Ehe und Familie und dem Frieden des Gewissens sehr dienen können, „wenn sie durch ihre gemeinsame wissenschaftl. Arbeit die Voraussetzungen für eine sittl. einwandfreie Geburtenregelung genauer zu klären suchen“ (GS 52; vgl. HV 10).

Das kirchl. Lehramt überprüft, ob Methoden, die zur Geburtenregelung angeboten werden, der vom göttl. Gesetz gemeinten vollen Bedeutung der ehel. Liebe entsprechen oder nicht. Das 2. Vat. Konz. erklärt, es sei „den Kindern der Kirche nicht erlaubt, in der Geburtenregelung Wege zu beschreiten, die das Lehramt der Kirche in Auslegung des göttl. Gesetzes verwirft“ (GS 51). Das Konzil macht über solche Wege jedoch nur wenige konkrete Aussagen; als Grund gibt es an, daß bestimmte Fragen, die noch anderer sorgfältiger Untersuchungen bedürfen, auf Anordnung des Hl. Vaters einer besonderen Kommission übergeben worden seien; nach Beendung der Arbeit dieser Kommission solle der Papst selbst eine Entscheidung treffen. „Bei diesem Stand der Doktrin des Lehramtes beabsichtigt das Konzil nicht, konkrete Lösungen unmittelbar vorzulegen“ (GS 51, Anm. 14).

2. Geburtenregelung wird gewöhnlich als Geburteneinschränkung verstanden; der Begriff selbst umfaßt auch das Streben nach dem erwünschten Kind. Auch die Methoden dieses Strebens bedürfen einer sittl. Überprüfung. Einer der Wege, gegen den sich sittl. Einwände erheben, ist die künstl. Insemination.

3. Unter den Mitteln zur Erreichung der verantwortbaren Familiengröße ist die Tötung des ungeborenen oder geborenen Kindes eindeutig abzulehnen. „Manche wagen es, für diese Schwierigkeiten unsittl. Lösungen anzubieten, ja sie scheuen selbst vor der Tötung nicht zurück ... Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuungswürdige Verbrechen“ (GS 51; vgl. HV 14). Mit einer solchen Handlungsweise verfehlen sich die Menschen, bes. die Eltern, gegen die ihnen aufgetragene hohe Aufgabe, das Leben zu erhalten („Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen“, GS 51).

4. Wenn die Tötung entstandenen menschl. Lebens völlig abzulehnen ist, kann als Weg zur gebotenen Einschränkung der Familiengröße nur die Empfängnisregelung (im Sinn der Vermeidung der Empfängnis) in Betracht kommen.

a) Als einfachstes Mittel dazu erscheint die Enthaltung vom Geschlechtsverkehr. Dauernde Enthaltung setzt ein hohes Maß an Selbstbeherrschung voraus. Das 2. Vat. Konz. hat nicht übersehen, daß es dabei auch zu Krisen kommen kann: „Wo nämlich das intime eheliche Leben unterlassen wird, kann nicht selten die Treue als Ehegut in Mitleidenschaft gezogen werden; denn dann werden die Erziehung der Kinder und auch die tapfere Bereitschaft zu weiteren Kindern gefährdet“ (GS 51). Wenn aber Gatten, die in Liebe zueinander stehen, einsehen, daß ernste Gründe die Bewährung ihrer Liebe in der Enthaltung verlangen, können sie gerade dadurch noch enger miteinander verbunden werden und zur Reifung ihrer Persönlichkeiten gelangen (vgl. HV 10 21).

Nicht immer fordern die Gründe, die gegen eine neue Empfängnis in einer Ehe sprechen, ständige Enthaltung; häufig genügt die periodische Enthaltung in den fruchtbaren Tagen der Frau (vgl. Zeitwahl).

b) Viele Menschen, die zwar das Kind vermeiden, nicht aber sich des Geschlechtsverkehrs enthalten wollen, nehmen zum empfängnisverhütenden Eingriff ihre Zuflucht, der mancherlei sittl. Probleme mit sich bringt.


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