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Predigt:

Erwählt, um gute Frucht zu bringen

27. Sonntag im Jahreskreis A (08.10.2023)

L1: Jes 5,1-7; L2: Phil 4,6-9; Ev: Mt 21,33-44


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

In den meisten Pfarren – so auch hier – wurde inzwischen schon Erntedank gefeiert. Die Natur bringt ihre guten Früchte, und dafür danken wir Gott dem Herrn jedes Jahr aufs Neue!

Die Lesung aus dem Buch Jesaja und das Evangelium nach Matthäus enthalten diesmal sogenannte Weinberg-Gleichnisse. So wie uns war auch dem jüdischen Volk der Weinbau bekannt, und man bemühte sich auf vielfache Weise, dass ein Weinstock ideale Bedingungen vorfand und dann auch die Frucht guter Trauben brachte, aus denen man den Wein keltern konnte.

In der alttestamentlichen Lesung wird die liebevolle und ganz persönliche Sorge Gottes für sein Volk mit dem verglichen, was ein Besitzer für seinen Weinberg tut, damit er zur rechten Zeit gute Frucht bringt. Aufgezählt wird im Detail, was hier dazugehört: das Umgraben des Bodens, das Entfernen der Steine, die Anpflanzung einer edlen Sorte von Weinreben. Dann aber errichtet er auch eine Kelter in einem Turm, den er baut. Allerdings: Der Weinstock bringt nur faule Beeren. Der Besitzer ist enttäuscht und macht all das rückgängig, was er für den Weinberg getan hatte. Er lässt ihn verwildern, denn er hat keine Frucht gebracht. In ähnlicher Weise – so der Prophet Jesaja – ist auch Gott gleichsam enttäuscht über sein Volk, das ihm nicht die erhoffte Frucht guter Taten bringt. In der Lesung bleibt die Frage offen, was dieses untreue Volk zu erwarten hat.

Im Evangelium nach Matthäus geht es um einen Gutsbesitzer, der einen Weinberg anlegte, ihn an verschiedene Winzer verpachtete und dann verreiste. Freilich möchte er als Eigentümer jährlich seinen Anteil an den Früchten erhalten. Die Winzer allerdings sind rebellisch und töten seine Knechte, ja schließlich sogar seinen Sohn. Jesus fragt seine Zuhörer, und das sind in diesem Fall die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes, was denn der Gutsbesitzer mit solchen untreuen und gewalttätigen Winzern tun wird. Er wird ihnen jedenfalls den Weinberg entziehen und ihn an andere verpachten. Die Übeltäter werden nach damaliger Sitte streng bestraft werden.

Was will Jesus hier sagen? Er richtet sich hier an die führenden Personen seines eigenen Volkes und klagt sie an, Gott gegenüber untreu gewesen zu sein. Deshalb kündigt er an, dass ihnen das Reich Gottes weggenommen wird und einem Volk gegeben wird, „das die Früchte des Reiches Gottes bringt“ (Mt 21,45).

Leider ist diese Schriftstelle oft einseitig ausgelegt worden – nämlich zu Lasten des jüdischen Volkes, dem eine Kollektivschuld am Tod Jesu zugeschrieben wurde. Wir müssen aber bedenken, dass sich Jesus hier nicht an sein ganzes Volk wendet und es tadelt, sondern gezielt an die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die ihm und seiner Lehre feindlich gesinnt waren und ihn abgelehnt haben. Prophetisch spricht Jesus im Gleichnis darum auch an, dass diese untreuen Knechte sogar den Sohn des Gutsbesitzers töten. Die damaligen Adressaten müssen dies so aufgefasst haben, wie Jesus es auch meinte: Er wurde vom himmlischen Vater in die Welt gesandt, um den Menschen das Heil zu bringen. Doch wurde er von maßgeblichen Personen der Priesterschaft und der Schriftgelehrten dem Tod am Kreuz ausgeliefert, den Jesus dann durch die Mitwirkung der römischen Besatzungsmacht auch tatsächlich erlitten hat.

Ist die Antwort Gottes auf dieses treulose Verhalten der Anführer seines Volkes tatsächlich, dass er dieses Volk preisgibt und das Heil anderen Menschen anbietet, die zur rechten Zeit ihre Frucht bringen? Gott verlässt das Volk, das er erwählt hat, in Wirklichkeit nicht. „Denn das Heil kommt von den Juden“ (Joh 4,22), wie Jesus selbst an anderer Stelle zu einer Frau aus Samarien sagt.

Gott möchte sein Volk zur Umkehr bewegen, und so gesehen, gibt er die Menschen nicht auf, sondern sendet seinen Sohn Jesus Christus, der am Kreuz für alle Menschen stirbt – für die Juden und für die Heiden. In Wahrheit hat Gott also seinen Bund der Liebe erweitert, der zuerst nur dem jüdischen Volk gegolten hat. Nun sind auch wir in diesen Bund mit eingeschlossen durch den Glauben an Jesus Christus und die heilige Taufe. Wir heißen Kinder Gottes und sind es.

Wir wollen diese Überlegungen abschließen mit einem Zitat aus der Erklärung „Nostra aetate“ des 2. Vatikanischen Konzils, das uns das rechte Verständnis dieser Schriftworte in Bezug auf das jüdische Volk eröffnet. Dort heißt es wörtlich: „Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. Gewiss ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der Heiligen Schrift zu folgern.“ Denn „die Juden [sind] nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich.“

Ja, wir glauben daran und vertrauen darauf, dass Gott alle Menschen retten will und ihnen das Heil in Jesus Christus anbietet. Auch wir persönlich sind in diese rettende Liebe Gottes miteingeschlossen. Dafür danken wir Gott aus ganzem Herzen und preisen ihn allezeit! Amen.