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Predigt:

2. Sonntag der Osterzeit (16.04.2023)

L1: Apg 2,42-47; L2: 1 Petr 1,3-9; Ev: Joh 20,19-31


Pater Dr.h.c. Stefan Havlik OT

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

ein paar Apostel und die Gottesmutter: Das ist der Beginn von „Kirche“ nach der Auferstehung Jesu Christi in Israel, vor etwa 2000 Jahren. Heute leben wir in einer Welt, in der es so viele katholische Christen gibt wie noch nie zuvor. Wie war diese Entwicklung möglich? Wie konnte die Kirche überhaupt 2000 Jahre existieren, trotz aller menschlicher Makel, Fehler und Schwächen? Gerade jetzt, wo wir trotz eines weltweiten Wachstums schmerzlich die Schwäche unserer Kirche, den Glaubensabfall und formalen Austritt aus unserer Gemeinschaft hierzulande erleben müssen, ist die Antwort auf die Frage, wie die Kirche so stark werden konnte, umso wichtiger.

Die Antwort wird uns heute in der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte sehr konkret gegeben: Es ist die Lehre der Apostel, die Gemeinschaft, das Brotbrechen und das Gebet. Wie können wir diese vier Eckpfeiler unseres Glaubens aus der Schriftlesung hinübernehmen in unser konkretes Leben als Kirche, als Pfarrei, als Gottesdienstgemeinde?

„Die Lehre der Apostel“ erinnert uns daran, dass christliche Religion ganz unbedingt auch Glaubenswissen braucht. Erschreckend viele katholische Christen wissen heute in unserem Land viel zu wenig über die Lehre der Kirche, weil sie seit Jahren vor allem Predigten hören, die sich mit Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und Weltfrieden beschäftigen, aber die Katechese vernachlässigen. Dabei ist das Wissen um Glaube und Lehre der Kirche nicht etwas, was wir mit der Erstkommunion, der Firmung oder dem Eintritt ins Erwachsenenalter abschließen. Im Gegenteil, ein ganzes Leben lang können und sollten wir uns immer wieder den entscheidenden Fragen aussetzen, die – basierend auf Schrift und Tradition – unseren Glauben ausmachen. Warum etwa machen wir eine Kniebeuge, wenn wir eine Kirche betreten? Das ist keine katholische Gymnastikübung, sondern die Verehrung des Allerheiligsten im Tabernakel. Dort ist Jesus Christus real präsent, kein Symbol, keine Erinnerung, sondern ganz konkret. In der Heiligen Messe knien wir besonders bei der Wandlung, weil da aus den Hostien der Leib und aus dem Wein das Blut des Herrn wird. Beugen wir unsere Knie, verehrend und bekennend und nicht nur, weil man es eben so macht.

Die Apostelgeschichte nennt weiterhin die „Gemeinschaft“ als wichtigen Eckpfeiler. In den Jahren der Pandemie gab es ein großes Angebot an Heiligen Messen im Fernsehen und im Internet. Das war gut so und hat dazu beigetragen, wenigstens auf dieser Weise den Sonntag als Tag des Herrn zu feiern. Vor einigen Tagen hat der Rektor des österreichischen Hospizes in Jerusalem, ein Priester aus Österreich, für Aufsehen gesorgt in der katholischen Medienwelt, weil er erklärte, er werde die Heiligen Messen, die er zelebriert, nun nicht mehr übertragen lassen, denn die Pandemie sei vorbei, es sei jetzt wieder Zeit, sich sonntags auf den Weg zur Kirche zu machen. Das ist sehr richtig! Freilich: Für die Menschen, die ihr Pflegebett oder ihre Wohnung aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht verlassen können, bleiben die Übertragungen der Heiligen Messen ein gutes Angebot. Aber ich höre auch immer wieder, wie sich über die letzten Jahren bei manchen Christen Verhaltensweisen eingeschlichen haben, die zeigen, dass es dringend wieder der Rückkehr in die Pfarrkirchen zur Sonntagsmesse bedarf: „Ich koche sonntags, während die Messe im Fernsehen läuft“, ist so ein Satz. Nein! Heilige Messe ist Begegnung vor und nach dem Gottesdienst, vor Allem aber ist es das gemeinsame Beten und Singen und der gemeinsame Empfang des Sakraments, das die Gemeinschaft als „Kommunion“ ja schon im Namen trägt. Wir sind nicht Teil einer Religion, in der der Mensch sich nach Lust und Laune und so individuell wie möglich selbst erlöst, sondern brauchen uns, gerade als gottesdienstliche Gemeinschaft, auch wenn Gemeinschaft nicht immer nur leicht und einfach ist.

Das „Brotbrechen“ ist ebenfalls ein Hinweis auf den Wert der Eucharistie. In Zeiten des Priestermangels wird es immer mehr „Wortgottesfeiern“ geben. Diese können durchaus stärkend, bereichernd und damit segensreich sein. Aber die Heilige Messe ist und bleibt die Höchstform unserer Liturgie, darüber darf keine Täuschung sein. Vor einigen Jahren erlebte ich in Bayern eine Pfarrei, in der im Monat Mai alle Abendmessen durch Maiandachten ersetzt wurden. Liebe Schwestern und Brüder, ich bin ein begeisterter Freund von Maiandachten, aber die Gottesmutter will ganz bestimmt nicht, dass eine Maiandacht zu ihren Ehren das Heilige Messopfer ihres Sohnes ersetzt. Nichts ist stärker und hilfreicher in dieser Welt als Jesus Christus im allerheiligsten Sakrament des Altares und daraus lebt die Kirche in besonderer Weise seit 2000 Jahren, lassen wir uns davon nicht abbringen!

Und schließlich: Das Gebet als vierte, wichtige Säule der Kirche. Bei den vielen Gebetsformen, die die Tradition der Kirche kennt, dürfen wir als erstes darauf schauen, wie wunderbar es ist, dass wir uns jederzeit, in jeder Situation im Gebet an den wenden dürfen, der Alles in seiner Hand hält. Wie schwierig ist es, einem Mächtigen dieser Welt persönlich zu begegnen, ihm gar alle meine Herausforderungen erzählen zu können! Da braucht es Beziehungen und Netzwerke, Anträge, Briefe, Gesuche, Terminvereinbarungen. Der aber, der Alles weiß und vermag, hat immer, wirklich immer für uns Zeit. Und wenn uns die Worte fehlen, dann dürfen wir sogar diese Sprachlosigkeit vor den Schöpfer des Universums tragen. Und wenn wir in diesem Sinne die Summe aller Gebete betrachten, dann wissen wir: Solange die Kirche eine betende Gemeinschaft ist, so lange wird sie sein.

Liebe Schwestern und Brüder! Lassen wir die österliche Festfreude weiterhin lebendig sein, vertrauen wir auf den dreifaltigen Gott und bitten wir die Gottesmutter stets um ihren Beistand für diese eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die lebendig ist, weil sie getragen ist von der Lehre, der Gemeinschaft, dem Brotbrechen und dem Gebet.

Amen.