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Unser Glaube an das Leben nach dem Tode
(1. März 2001)

Reinhard Knittel

Einleitung

“Ihr irrt euch sehr“ (Mk 12, 27). Diese Worte entgegnet Jesus den Leugnern der Auferstehung von den Toten, den Sadduzäern. „Denn unser Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten“, so fährt Jesus fort, sodaß das Menschenleben nicht mit dem Tod abschließt.

Der ursprünglich von Jesus und den Aposteln her ererbte Glaube an das Leben des Menschen nach dem Tod kleidet sich auch in die einfachen und schlichten Worte des apostolischen Glaubensbekenntnisses, des Taufbekenntnisses der römischen Kirche : Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches und an das ewige Leben. Diese Bekenntnisworte sind nicht einfach bloß das Ende des Credos, sondern sie bilden vielmehr Gipfel und Zusammenfassung des schöpferischen, erlösenden und vollendenden Wirkens des dreifaltigen Gottes an uns. Es spannt den Bogen zwischen dem ersten Fiat Gottes, seinem ersten “Es werde”, wo damals aus Nichts die Erde und die Geschöpfe entstanden, und dem letzten und endgültigen “Es werde”, wo Gott den neuen Himmel und die neue Erde im Bild des auferstandenen Heilands erstehen läßt.

Wohlgemerkt, die wirklich voll entsprechende Fassung im kleinen Glaubensbekenntnis lautet “carnis resurrectio” – im deutschen korrekt mit “Auferstehung des Fleisches” übersetzt. Auf Anordnung des Heiligen Vaters wurde im Jahre 1983 von der Glaubenskongregation festgelegt, daß zukünftige Übersetzungen diese Fassung anstatt der mittlerweile vom großen Glaubensbekenntnis einfach übernommenen Übersetzung “Auferstehung der Toten” wieder beinhalten sollen. Um so mit besonderem Nachdruck auf die Auferstehung des materiellen Leibes des Menschen hinzuweisen, die allerdings erst anläßlich der herrlichen Wiederkunft Christi erfolgen wird.

Hauptteil

1. Es muß uns nicht wunder nehmen, daß diese letzten und geheimnisvollsten Wahrheiten über den Menschen seit jeher auf Unglauben und Spott gestoßen sind. Paulus selbst – von dem es in der Apostelgeschichte heißt, daß er in Athen das Evangelium von Jesus und von der Auferstehung verkündete – wurde verlacht und verspottet, als er von der Auferstehung zu sprechen begann (vgl. Apg 17, 18; 32)

Der Hl. Augustinus sagt deshalb ganz lapidar: “Der christliche Glaube stößt in keinem Punkt auf mehr Widerspruch als in bezug auf die Auferstehung des Fleisches” (Ps 88, 2.5).

Heute gilt dies umso mehr, wo das Menschenleben nur im Diesseits zwischen Geburt und Tod eingegrenzt gesehen wird und ein “Leben nach dem Tod” im christlichen Sinn – zumindest von der praktischen Lebensgestaltung der Masse her – schlichtweg geleugnet wird. Deshalb gelte es – so will es die heute vorherrschende Lebensweise – das Leben auf Erden zu genießen, soweit als möglich, denn mit dem Tod sei alles aus. Der Materialismus, der hier dahintersteht, leugnet die Existenz der Geistseele im Menschen, sodaß mit der materiellen Zersetzung des Leibes als Folge des Todes nichts mehr vom Menschen bestehen bleibt.

Als durchaus verständliche Reaktion gegen diesen platten Materialismus sind schon beginnend mit der Aufklärung (vgl. G. E. Lessing, Die Erziehung des Menschengeschlechtes), auch bei uns Vorstellungen aufgetreten, die allerdings mit dem katholischen Glauben grundsätzlich unvereinbar sind und meist mehr ein synkretistisches Gemisch darstellen. Diese gehen vom bekannten Prinzip der Wiedergeburt aus, das bei vielen anderen, nichtchristlichen Religionen bekannt ist. Wiedergeburt meint nun die Annahme eines Fortlebens der Seele nach dem Tod, nicht in der Vereinigung mit Gott, sondern hier auf Erden und dies in ganz verschiedenen Körperformen und Lebensweisen, bis schlußendlich, nach vielen durchlebten Existenzweisen, die Seele sich selbst ganz verwirklicht hat.

Diese Theorien leugnen jedoch die Auferstehung des Fleisches, da die Seele nach dem Tod völlig autonom gegenüber dem Leib abgegrenzt wird, aber auch eine ewige Verwerfung in der Hölle wird mit diesen emporführenden Seelenwanderungen geleugnet und ausgeschlossen. Im wesentlichen beruhen sie aber auf dem Prinzip der Selbsterlösung, die vom Christentum her absolut auszuschließen ist.

Eine andere Form der Auseinandersetzung mit dem vorherrschenden Materialismus ist eine Sicht, die nur ein gewisses, geistiges Fortexistieren des Menschen nach dem Tod annimmt. Der Leib des Menschen ist in dieser Sicht tatsächlich völlig uninteressant und kann keine endgültige Vollendung gewinnen. So nähern sich heute viele, ohne es wirklich zu merken, immer mehr jenen Positionen, die einst von der antichristlichen Gnosis vertreten und von der Kirche stets verurteilt wurden.

Auch in der kirchlichen Verkündigung und Lehre kam es in den letzten Jahrzehnten mitunter zu einseitigen und irrigen Darlegungen. Einmal etwa, weil die letzten Wahrheiten nach dem Tod als bloß jenseitige “Tröstung” abgewertet wurde und die Fragen christlicher Weltgestaltung im Diesseits nun viel mehr an Raum und Aufmerksamkeit gewannen. Dann aber auch, weil in der katholischen Theologie liberalprotestantische Theorien der Bibleexegese übernommen wurden, die einerseits die Existenz der Seele, ihr Weiterleben nach dem Tod, das ihr zukommende vergeltende Gericht, ihre endgültige Beseligung oder Verwerfung, oder auch ihr Reinigungszustand im Jenseits (= Fegefeuer) leugneten, die andererseits aber auch die Auferstehung des Fleisches bei der herrlichen Wiederkunft Christi irrtümlich ablehnten.

Die katholische Lehre über die Endvollendung des Menschen im individuellen und kollektiven Sinn, umgreift, im Gegensatz zu den vorher erwähnten Vorstellungen, das Ganze des Menschen, seine Geistseele ebenso wie seinen materiellen Leib. Sicher, der “ganze” Mensch ist Adressat der Endvollendung, jedoch nie ohne die volle Wahrung der ontologischen Eigenständigkeit und Verschiedenheit seines geistigen und materiellen Elementes, wodurch sich auch der verschiedene Weg von Leib und Seele hin auf die Endvollendung erklärt (d.h. der Leib ruht und wartet nach dem Tod im Grab auf seine Auferweckung bei der Wiederkunft Christi; die Seele hingegen durchlebt den Zwischenzustand zwischen Tod und Auferstehung bei Gott).

Grundlage und Wegweisung ist für die katholische Lehre die sehr klare und reiche biblische Lehre, die vom kirchlichen Lehramt mehrfach gegen alle Verfälschungen abgesichert wurde. Jüngst erschien im Jahre 1979 schließlich ein Dokument der Glaubenskongregation mit dem Titel “Schreiben zu einigen Fragen der Eschatologie”, wo gegen neuere Verkürzungen, Unvollkommenheiten und Unsicherheiten in der Lehre (sh. oben) Position ergriffen wurde.

Welches sind nun im Einzelnen die Lehrinhalte der katholischen Kirche zur Frage des Lebens nach dem Tod, die heute besonders oft mißgedeutet werden ? Was von uns wird über die Verweslichkeit des Todes hinaus bestehen bleiben ?

2. Der Auferstehungssieg Jesu Christi über den Tod ist Ausgangspunkt und Modell für unser eigenes Leben nach dem Tod. Jesus Christus i s t die Auferstehung für uns (vgl. Jo 11,25), durch ihn weitet sie sich auch auf uns aus. Der ganze Mensch ist Adressat des Heilshandelns Jesu Christi, als ganzer kommt ihm auch das ewige Leben zu.

3. Doch nicht nur das Thema der Auferweckung der Toten aus ihren Gräbern erhält Raum in der Hl. Schrift, da sie – ebenso wie das philosophische Erbe der griechischen Philosophie – die Komplexität des Menschen in seinem geistigen und materiellen Element, Leib und Seele, voraussetzt und ernst nimmt.

So geht das NT an vielen Stellen von einer, unmittelbar nach dem Tod einsetzenden, Vollendung der Seele aus. So etwa in Lk 23, 43, wo der Heiland dem neben ihm am Kreuz hängenden guten Schächer verheißt: “Heute noch (!) wirst du mit mir im Paradiese sein”. Auch in Apg 7, 59 muß sie vorausgesetzt werden, wo der gesteinigte Stefanus laut ruft: “Herr Jesus, nimm meinen Geist auf”.

Diese Vollendung der Seele erstreckt sich zeitlich in einem Zwischenzustand, zwischen dem Tod des Menschen und der Wiederkunft Jesu Christi am Ende der Zeiten. Darin ist die Seele, durch den Tod ja getrennt vom Leib, der im Grabe ruht, allein gerufen, sich vor dem persönlichen Gericht Gottes zu verantworten, wie es auch im Hebräerbrief (9, 27) zu lesen steht: “So ist es denn dem Menschen bestimmt, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt ...”

Die Seele, in der das ganze durchlebte Menschenleben geistig Gegenwart gewinnt, erfährt also nach dem Tod schon die vergeltende Gerechtigkeit Gottes im Gericht, die übrigens sehr deutlich und klar im NT gelehrt wird. Etwa im Zweiten Korintherbrief, wo der hl. Paulus hinsichtlich des Gerichtes lehrt: “Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat” (2 Kor 5, 10).

Die Seelen der Verstorbenen werden also gleich nach dem Tod gerichtet und erfahren so ihre endgültige Bestimmung, ewige Seligkeit in der Vereinigung mit Gott(=Himmel) oder ewige Verwerfung in der leidvollen Trennung von Gott(=Hölle). Entweder darf die ganz heilig aus dieser Welt geschiedene Seele, die auch von allen Sündenresten rein ist, sofort die ewige Seligkeit genießen oder sie muß vorher noch eine leidvolle Zeit der Reinigung durchleben(=Fegefeuer), die aber durch unser stellvertretendes Eintreten für die Armen Seelen abgekürzt und erleichtert werden kann (= Hl. Messen für die Armen Seelen, Ablässe, Weihwasser, Gebet, etc.)

Das Weiterleben der Seele nach dem Tod und die darin erfolgenden Endgeschehnisse sind keine “hellenistischen Reste”, die nicht ursprünglich biblisch sind, wie manche liberalprotestantische Theologen des 20. Jhdts meinen. Zu groß sind die bestehenden Unterschiede (z.B. ist dem biblischen Denken die platonische Sicht des Leibes als Kerker der Seele völlig fremd; statt dessen gewinnt die Vollendung des Leibes in der Auferweckung am Ende der Zeiten eine wichtige und positive Bedeutung, die für das griechische Denken völlig unvorstellbar ist). Diese Lehre ist auch notwendig, um die bleibende Einheit zwischen dem Menschen in seinem Erdenleben und dem erst am Ende der Zeiten auferweckten Menschenleib zu gewährleisten.

4. In allen biblischen Texten tritt der fleischliche Realismus unserer Auferstehung hervor. Ebensowenig wie das Erdenfleisch Christi bloßer Schein war, wie dies schon die frühen Irrlehrer des Doketismus sagten, ebensowenig war auch sein Auferstehungsleib bloßes Phantasma für die Jünger. Alle Auferstehungsberichte heben hervor: es ist der eine und selbe Leib, der am Kreuz gemartert wurde, der nun durch Gottes Allmacht umgewandelt wurde in einen vergeistigten Leib der Herrlichkeit.

Auch der Leib des Verstorbenen ist also wesentlich miteinbezogen in das Geheimnis der Auferstehung der Toten. Er wird also mit seinem Leib aus dem Grabe auferstehen, denn dieser Leib ist ursprüngliche Gabe seines Schöpfers und kann deshalb nicht einfach im Tod vernichtet werden. Dieser selbe Leib wird wieder mit der Seele vereint und gewinnt nun die endgültige Gestalt der Herrlichkeit. Im Hinblick auf die Auferstehung des Fleisches ehrt der Begräbnisritus der Kirche auch den toten Leib, weil sie in ihm schon die herrliche Zukunftsgestalt des Auferstehungsleibes sieht.

Die Auferstehung des Fleisches ist im NT deutlich abgesetzt vom Zwischenzustand zwischen Tod und Auferstehung. Dieser ist noch Weg zur letzten Vollendung und betrifft erst einen Teil des Menschen, seine Seele.

Erst die Auferstehung des Fleisches schenkt uns die ganze Fülle des ewigen Lebens.

Nach dem 1. Korintherbrief gibt es tatsächlich eine klare Reihenfolge der Auferstehung: Erster ist Christus, dann erst folgen – wenn Christus wiederkommt als Richter – alle, die zu ihm gehören. Im NT gibt es keine einzige Stelle, die unsere Auferstehung nicht mit dem zukünftigen Zeitpunkt der herrlichen Wiederkunft Christi am Ende der Geschichte verknüpfen würde. Eine Auferstehung der Toten zum Zeitpunkt des Todes des Menschen ist also eine künstliche und unbiblische Konstruktion. Denn damit wird der biblische Auferstehungsrealismus ins Mark getroffen, da der Bezug zum toten Leib völlig fehlt, aber auch die gemeinschaftlich-kirchliche Dimension der Auferstehung wird so einfach ausgeblendet.

Erst im 20. Jhdt wurde diese Lehre vom Ganztod des Menschen entwickelt, woraus dann entweder die Theorie einer sogenannten Auferstehung im Tod erfunden werden mußte, die aber in der Folge die Verherrlichung des toten Leibes völlig außer acht läßt, oder aber eine Auferstehung am Ende der Zeiten, wo dann nichts mehr andauert vom Menschen und seinem irdischen Leben her, sondern wo alles am Menschen neu geschaffen werden muß. Hier wäre es richtiger von einer “Neuschöpfung” des Menschen als von der “Auferstehung der Toten” zu sprechen, die uns so aber in der Hl. Schrift nirgends verheißen wird.

Schluss

Die hier angeschnittenen Lehrpunkte betreffen die “letzten” Wahrheiten unseres Menschenlebens und greifen so über den Tod hinaus. Wie wir zugleich als einzelne und als Gemeinschaftswesen existieren, so wird auch das gottgewirkte Ende stets uns selbst als einzelne und in bezug auf die, mit denen wir in dieser Welt im Guten wie im Bösen verbunden waren, treffen.

Die Vollendung des Einzelmenschen und die Vollendung der Menschheit sind ineinander verschränkt. Erst am Ende der Zeiten wird beim Jüngsten Gericht alles offenbar und alles gerecht geschieden – und am Ende bleibt nur der Lohn der Guten und die Verwerfung der Bösen.